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BFH-Urteil vom 20.9.1990
(V R 85/85) BStBl. 1991 II S. 2 Die Entscheidung des FA in einem Umsatzsteueränderungsbescheid, daß "der bisher festgesetzte Verspätungszuschlag unverändert erhalten" bleibe, erfolgt durch Verwaltungsakt. Gegen diesen Bescheid braucht der Steuerpflichtige nicht erneut Beschwerde einzulegen, wenn er gegen die vorangegangene Festsetzung des Verspätungszuschlags rechtzeitig Beschwerde erhoben hatte, die noch nicht beschieden worden war. AO 1977 § 152 Abs. 1 und 2, § 365 Abs. 3. Sachverhalt I. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) forderte den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) - einen regelbesteuerten Architekten - durch Schreiben vom 11. Mai 1983 auf, die Umsatzsteuererklärung für 1982 bis zum 30. September 1983 abzugeben. Der Kläger hatte am 11. Mai 1983 noch keine Umsatzsteuervoranmeldungen für 1982 abgegeben. Einen Antrag der Prozeßbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 23. September 1983 auf Fristverlängerung wegen Arbeitsüberlastung für die Abgabe der Steuererklärung für 1982 lehnte das FA durch Schreiben vom 5. Oktober 1983 ab. Es bat, die Steuererklärung möglichst umgehend einzureichen. Als dies nicht geschah, veranlaßte das FA am 11. November 1983 die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzsteuer 1982. Mit dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Umsatzsteuerbescheid für 1982 vom 9. Januar 1984 setzte das FA die Umsatzsteuer auf 30.500 DM und einen Verspätungszuschlag von 1.000 DM fest. Am 11. Januar 1984 ging die Umsatzsteuererklärung für 1982 bei dem FA ein. Am 10. Februar 1984 erhob der Kläger gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags im Bescheid vom 9. Januar 1984 Beschwerde. Mit Bescheid vom 19. April 1984 änderte das FA die Umsatzsteuerfestsetzung für 1982 von 30.500 DM auf 27.418,94 DM (zugleich Abschlußzahlung) und setzte weiterhin einen Verspätungszuschlag von 1.000 DM fest. Dazu wird in dem bezeichneten Bescheid erläutert: "Der bisher festgesetzte Verspätungszuschlag bleibt unverändert erhalten". Die in den Erläuterungen vom FA gestellte Frage, ob die am 10. Februar 1984 eingelegte Beschwerde gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags über 1.000 DM im Bescheid vom 9. Januar 1984 aufrechterhalten werde, beantwortete der Kläger mit dem am 13. Juni 1984 bei dem FA eingegangenen Schriftsatz dahin, daß er die Beschwerde gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Umsatzsteuer für 1982 nicht zurücknehme. Das FA half der Beschwerde nicht ab, die Oberfinanzdirektion (OFD) wies sie durch die Beschwerdeentscheidung vom 1. August 1984 als unbegründet zurück. Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Mit der Revision rügt das FA unrichtige Anwendung von § 152 der Abgabenordnung (AO 1977). Entscheidungsgründe II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz haben die Finanzbehörden bei der Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Umsatzsteuer für 1982 von dem ihnen eingeräumten Ermessen nicht fehlerhaft Gebrauch gemacht (§ 102 FGO). 1. a) Allerdings ist die Revision des FA nicht schon deshalb begründet, weil die Festsetzung des Verspätungszuschlags, den das FA zusammen mit dem Umsatzsteueränderungsbescheid vom 19. April 1984 bekanntgegeben hat, unanfechtbar geworden war. In der Vorentscheidung ist dies nicht geprüft worden. Das FG hat lediglich eine "Verspätungszuschlagsfestsetzung zur Umsatzsteuer 1982" beurteilt. Es hat nicht beachtet, daß das FA einen Verspätungszuschlag sowohl durch Bescheid vom 9. Januar 1984 als auch durch Bescheid vom 19. April 1984 festgesetzt hatte. Gegen den erstbezeichneten Bescheid hatte der Kläger - rechtzeitig - (§ 122 Abs. 2, § 355 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 3 Satz 1 AO 1977) - am 10. Februar 1984 - Beschwerde (§ 349 Abs. 1 AO 1977) eingelegt. Gegen den zuletzt bezeichneten Bescheid hat er mit einem am 13. Juni 1984 bei dem FA eingegangenen Schreiben erklärt, er halte seine am 10. Februar 1984 eingelegte Beschwerde aufrecht. Der Kläger brauchte gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags von 1.000 DM wegen verspäteter Abgabe der Umsatzsteuererklärung für 1982 in dem Bescheid über die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für 1982 vom 19. April 1984 nicht erneut innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Bescheids Beschwerde einzulegen, weil sich seine am 10. Februar 1984 eingelegte Beschwerde nunmehr gegen die bezeichnete Festsetzung des Verspätungszuschlags richtete. Das FA hat zugleich mit der Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für 1982 auf einen geringeren Steuerbetrag (von 30.500 DM auf 27.418,94 DM) durch Bescheid vom 19. April 1984 entschieden, daß der bisher festgesetzte Verspätungszuschlag "unverändert erhalten" bleibe. Dies ist dahin zu verstehen, daß eine Überprüfung mit dem Ergebnis der Aufrechterhaltung stattgefunden hat (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. März 1979 V R 69/77, BFHE 128, 17, BStBl II 1979, 641). Die Ersetzung (§ 131 Abs. 1, § 132 Abs. 1, § 368 Abs. 1 AO 1977) der bisherigen Festsetzung vom 9. Januar 1984 durch die Festsetzung vom 19. April 1984 führte dazu, daß der neue Verwaltungsakt ohne erneute Einlegung eines Rechtsbehelfs Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens geworden ist (vgl. dazu auch § 365 Abs. 3 AO 1977 mit Wirkung ab 1. Januar 1987 durch das Steuerbereinigungsgesetz - StBereinG 1985 - vom 19. Dezember 1985, BGBl I 1985, 2436, BStBl I 1985, 735, und für die Rechtslage zuvor - jeweils zum Einspruchsverfahren - BFH-Urteile vom 4. November 1981 II R 119/79, BFHE 134, 510, BStBl II 1982, 270; vom 16. Oktober 1979 VII R 53/77, BFHE 129, 235, BStBl II 1980, 165; vom 19. Januar 1977 I R 89/74, BFHE 121, 421, BStBl II 1977, 517; vom 4. Februar 1976 I R 203/73, BFHE 119, 168, BStBl II 1976, 551; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13. Aufl., § 367 AO 1977 Tz. 8; Buchstab in Koch, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 367, Rdnr. 10). b) Schließlich ist das Beschwerdeverfahren über die zum Gegenstand dieses Verfahrens gewordene Festsetzung eines Verspätungszuschlags wegen verspäteter Abgabe der Umsatzsteuererklärung 1982 vom 19. April 1984 auch durch die Beschwerdeentscheidung der OFD vom 1. August 1984 erfolglos abgeschlossen worden. In den Gründen dieser Entscheidung hat sich die OFD ausdrücklich mit den für die Festsetzung am 19. April 1984 maßgebenden Ermessenserwägungen (Zahlungsanspruch nur noch 27.418,94 DM; Abgabe der Erklärung erst nach Festsetzung der Umsatzsteuer 1982 aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen) auseinandergesetzt. Damit hat die OFD klargestellt, daß sich die Beschwerde nicht nur gegen die Festsetzung vom 9. Januar 1984 richtet, wie dies - mißverständlich - im Tenor der Beschwerdeentscheidung dargestellt worden ist. 2. Die Revision des FA ist jedoch begründet, weil das FG zu Unrecht angenommen hat, der Verspätungszuschlag in dem Bescheid vom 19. April 1984 sei rechtswidrig festgesetzt worden. |