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BFH-Urteil vom 20.9.1990
(IV R 17/89) BStBl. 1991 II S. 18 Treten Gesellschafter einer Personengesellschaft Darlehensforderungen gegen die Gesellschaft an nahe Angehörige ab und kommt es in Zusammenhang damit zu inhaltlichen Änderungen der Darlehensbedingungen, so sind die Darlehenszinsen Betriebsausgaben, wenn die (geänderte) Darlehensvereinbarung dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. EStG § 4 Abs. 4, § 12. Vorinstanz: Niedersächsisches FG (EFG 1989, 221) Sachverhalt Gesellschafter der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer KG, sind der Beigeladene A als Kommanditist und dessen Sohn B als Komplementär. Die Klägerin war mit Wirkung ab 1. Januar 1974 durch Einbringung des bisherigen Einzelunternehmens des A und einer Tantiemeforderung des B gegründet worden. Die Kapitaleinlage des A war auf 300.000 DM, die des B auf bis zu 300.000 DM festgesetzt worden. Im Gesellschaftsvertrag war vorgesehen, daß übersteigende Einlagen dem Gesellschafter als Darlehen geschuldet wurden. Aus dieser Bestimmung ergab sich für A schon in der Eröffnungsbilanz der Klägerin auf den 1. Januar 1974 ein Gesellschafterdarlehen von 379.291,49 DM. Hinsichtlich der Gesellschafterdarlehen war in § 3 des Gesellschaftsvertrags eine Verzinsung mit jährlich 10 v.H. vereinbart, wobei die Zinsen nach Wahl der Gesellschaft den Darlehenskonten gutzuschreiben oder auszuzahlen waren. Die Gesellschaft und der Komplementär waren berechtigt, die Darlehen jederzeit ganz oder in Teilbeträgen von mindestens 10.000 DM oder einem Mehrfachen hiervon zu tilgen. Die Gesellschafter konnten ihre Darlehen jederzeit ganz oder teilweise mit einer Frist von einem Monat kündigen, mußten hierbei aber auf die finanzielle Lage der Gesellschaft Rücksicht nehmen. In § 3 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags war ferner vereinbart, daß die Darlehen ganz oder in Teilbeträgen an Verwandte ersten Grades der Gesellschafter abgetreten werden konnten. Für diesen Fall war in § 3 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags u.a. folgendes festgelegt: "Andere Gläubiger können ihre Darlehen nur zum Jahresende und nur bis zu einem jährlichen Gesamtbetrag von DM 30.000, - kündigen. Die Aufteilung des Betrages auf die einzelnen Gläubiger ist von diesen zu vereinbaren. .... Eine Rückzahlung kann nur gefordert werden, soweit der Steuerbilanzgewinn des betreffenden Geschäftsjahres DM 180.000, - übersteigt ....." Am 1. Juli 1974 trat A an seine vier Kinder B, C, D, E aus seinem Darlehensanspruch gegen die Klägerin Teilbeträge von je 100.000 DM ab. Der Abtretung war ein Schriftwechsel zwischen A und den Kindern vorangegangen. Daraus ergibt sich, daß A, der damals 72 Jahre alt war, seinen Kindern vereinbarungsgemäß je 100.000 DM im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zukommen lassen wollte. Dazu hat die Klägerin vorgetragen, die Bedachten hätten die Schenkungen entweder ausdrücklich oder konkludent durch Anmeldung der Schenkung beim Finanzamt für Zwecke der Erbschaftsteuer angenommen. Bei den Akten befindet sich eine an A gerichtete Annahmeerklärung von C. Hinsichtlich der Verwendung der Darlehensmittel durch die Kinder hat die Klägerin ferner vorgetragen, die eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten seien zugunsten der Beschenkten nicht beachtet worden. B habe den geschenkten Betrag in die Klägerin eingebracht; E habe sich 1975 die gesamte Darlehenssumme zur Finanzierung seines Eigenheimes auszahlen lassen; C und D hätten der Klägerin die Gelder als Darlehen belassen, weil sie das Geld nicht benötigten. Zu weiteren Darlehensabtretungen im Zuge der vorweggenommenen Erbfolge durch A kam es im Streitjahr 1981. Abtretungsempfänger waren C, D und die Kinder von B und E. Auch insoweit lag den Schenkungen ein Schriftwechsel zugrunde, wobei in den Schreiben an C und D die Vereinbarungen in § 3 des Gesellschaftsvertrags wiedergegeben wurden. In der Bilanz zum 31. Dezember 1981 waren noch Darlehensverbindlichkeiten gegenüber den Kindern und Enkeln von A in Höhe von insgesamt 603.000 DM ausgewiesen. Dazu hat die Klägerin vor dem Finanzgericht (FG) vorgetragen, bis Ende 1983 sei der Gesamtbetrag zurückgezahlt worden. Bei ihren Gewinnermittlungen für die Streitjahre zog die Klägerin die auf die Darlehen entfallenden Schuldzinsen als Betriebsausgaben ab, und zwar je 20.000 DM für die Streitjahre 1978 bis 1980 und 60.000 DM für das Streitjahr 1981. Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) zunächst in den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) ergangenen Feststellungsbescheiden. Nach einer Betriebsprüfung bei der Klägerin stellten sich der Prüfer und, ihm folgend, das FA auf den Standpunkt, die Darlehenszinsen könnten nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, da es mangels notarieller Beurkundungen gemäß § 518 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht zu wirksamen Schenkungen gekommen sei, die Abtretungen an die Enkel nach § 3 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags nicht zulässig gewesen seien und zudem die Darlehensverträge nicht zu den zwischen Fremden üblichen Bedingungen abgeschlossen worden seien. Gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977 ergingen entsprechend geänderte Feststellungsbescheide für die Streitjahre. Die Einsprüche dagegen blieben ohne Erfolg. Die Klage wurde vom FG als unbegründet abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom FG gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassene Revision, mit der Verletzung des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gerügt wird. Entscheidungsgründe Die Revision ist unbegründet und muß deshalb zurückgewiesen werden (§ 126 Abs. 2 FGO). Dem FG ist darin zu folgen, daß die streitigen Darlehenszinsen nicht als Betriebsausgaben der Klägerin abziehbar sind. 1. a) Nach § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Eine betriebliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein wirtschaftlicher oder tatsächlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Davon kann bei einem Vertrag zwischen Angehörigen nach ständiger Rechtsprechung nur ausgegangen werden, wenn die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zustande gekommen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (vgl. für Darlehensverträge zwischen Eltern und Kindern bzw. Großeltern und Enkeln z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. März 1987 III R 197/83, BFHE 149, 464, BStBl II 1988, 603; vom 7. Mai 1987 IV R 73/85, BFH/NV 1987, 765, und vom 14. April 1983 IV R 198/80, BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555, m.w.N.). Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, daß die Vertragsbeziehungen tatsächlich im betrieblichen und nicht im privaten Bereich (§ 12 EStG) wurzeln. Der Große Senat hat diesen Rechtsgrundsatz mit Beschluß vom 27. November 1989 GrS 1/88 (BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160) erneut bekräftigt. b) Dieser Rechtsgrundsatz ist auch zu beachten, wenn Vereinbarungen nicht unmittelbar zwischen Angehörigen, sondern zwischen einer Personengesellschaft und Angehörigen der Gesellschafter geschlossen sind und die Gesellschafter, mit deren Angehörigen die Verträge bestehen, die Gesellschaft beherrschen (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 1988 IV R 29/86, BFHE 155, 543, BStBl II 1989, 500, m.w.N.). 2. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze im Streitfall erweist sich die Revision der Klägerin als unbegründet, da die Darlehensverträge zwischen der Klägerin und den Kindern bzw. Enkeln des Gesellschafters A und Geschwistern bzw. Neffen und Nichten des Gesellschafters B, also Verträge zwischen der Klägerin einerseits und nahen Angehörigen der Gesellschafter der Klägerin andererseits in mehrfacher Hinsicht dem nicht entsprechen, was unter Fremden üblich ist. In der Rechtsprechung des BFH ist wiederholt ausgesprochen worden, daß die langfristige Kapitalhingabe ohne Bestellung von Sicherheiten sowohl bei stillen Beteiligungen als auch bei Darlehensverträgen zwischen Fremden unüblich ist und daß deshalb das Fehlen solcher Sicherheiten der steuerlichen Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen entgegensteht (vgl. z.B. Urteile in BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555; in BFHE 149, 464, BStBl II 1988, 603, und BFH/NV 1987, 765). Dabei ist auch betont worden, daß der Wertung der Darlehenshingabe ohne Sicherheiten als unüblich die augenblicklich günstigen Vermögensverhältnisse des Schuldners grundsätzlich nicht entgegenstehen. Die Klägerin hat auch keinen Erfolg mit ihrem Hinweis, der vereinbarte Zinssatz von 10 v.H. enthalte einen Risikoaufschlag. Die Beurteilung nach dem Maßstab des Fremdvergleichs richtet sich nicht nach allen denkbaren, sondern nach den zwischen Fremden regelmäßig üblichen Bedingungen; diesen entspricht jedoch jedenfalls bei längerfristiger Kapitalhingabe die Vereinbarung und Gewährung verkehrsüblicher Sicherheiten. Unüblich sind auch die vereinbarten Tilgungsvereinbarungen, insbesondere die Klausel, daß Rückzahlungen nur gefordert werden können, soweit der Steuerbilanzgewinn des betreffenden Geschäftsjahres 180.000 DM übersteigt. Ein fremder Gläubiger wäre auch nicht bereit, einen jährlichen kündbaren Höchstbetrag (30.000 DM) mit anderen Darlehensgläubigern zu teilen und sich darüber mit diesen zu einigen. Unüblich ist ferner die Vereinbarung, daß der Darlehensschuldner (die Klägerin) darüber entscheidet, ob der jährliche Zinsbetrag ausgezahlt oder dem Darlehenskonto gutgeschrieben wird. Schließlich ist anzumerken, daß die Verträge auch nicht so wie vereinbart durchgeführt worden sind. Die Klägerin hat selbst darauf hingewiesen, dem Darlehensgläubiger E sei bereits 1975 die gesamte Darlehenssumme ausgezahlt worden, der Darlehensgläubiger B (Komplementär der Klägerin) habe die Darlehensforderung 1975 in die Klägerin eingelegt und im Jahre 1983 seien alle noch bestehenden Darlehensverbindlichkeiten getilgt worden. 3. Der Auffassung der Klägerin, nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 2. Mai 1984 VIII R 35/84 (BFHE 142, 28, BStBl II 1985, 243) dürfe die steuerliche Anerkennung der Darlehensverträge im Streitfall nicht vom Ergebnis eines Fremdvergleichs abhängig gemacht werden, folgt der Senat wegen der vom FG zutreffend erkannten und dargelegten Besonderheiten des Streitfalls nicht. Im Urteil in BFHE 142, 28, BStBl II 1985, 243 wurde von einem Fremdvergleich mit der Begründung abgesehen, die Darlehensgeber hätten keine Möglichkeit gehabt, die Darlehensvereinbarungen anders zu gestalten. Im Streitfall war dies nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), anders. Mit dem Übergang der Darlehensforderungen waren jeweils auch wirtschaftlich erhebliche Änderungen des Inhalts des Darlehensvertrags mit der Klägerin verbunden, nämlich die Beschränkung der bisherigen, wesentlich weitergehenden Kündigungsmöglichkeiten auf einen Jahreshöchstbetrag von 30.000 DM für alle Abtretungsempfänger gemeinsam und der Ausschluß jeglichen Rückzahlungsrechts, soweit der Steuerbilanzgewinn des Geschäftsjahres nicht mehr als 180.000 DM betrug. Mit dem Einverständnis der Abtretungsempfänger dazu war jeweils auch eine von deren rechtsgeschäftlichem Willen getragene Vertragsänderung verbunden. Bei diesen Änderungen handelte es sich auch um solche, die unter einander Fremden unüblich sind. Anders als im Streitfall war im Falle des Urteils in BFHE 142, 28, BStBl II 1985, 243 nach dem festgestellten Sachverhalt mit der Abtretung keine Änderung der Darlehensverträge verbunden. Auch die vorgesehene Abtretung (Sicherungsabtretung) der Darlehensforderung an einen anderen Kreditgeber der Personengesellschaft war bereits im Darlehensvertrag zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter vereinbart. Offenbar hat nur der Umstand, daß die Abtretungsempfänger nicht die Möglichkeit hatten, die Darlehensvereinbarungen zu ändern, den VIII. Senat veranlaßt, die Notwendigkeit eines Fremdvergleichs zu verneinen. Kommt es aber, wie im jetzigen Streitfall, in Verbindung mit der Abtretung tatsächlich zu inhaltlichen Änderungen des Darlehensvertrags, verliert diese Erwägung ihre Bedeutung. Der Senat kann deshalb offenlassen, ob er sich bei gleichgelagerten Sachverhalten der Auffassung des VIII. Senats anschließen könnte. Da somit entgegen der Auffassung der Klägerin auch kein Fall einer Abweichung i.S. des § 11 Abs. 3 FGO vorliegt, bedarf es auch nicht der Anrufung des Großen Senats. Danach war die Revision als unbegründet zurückzuweisen. |