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BFH-Urteil vom 28.2.2001 (I R 48/94)
BStBl. 2001 II S. 401 Hat der Mehrheitsgesellschafter einer GmbH kurz vor seinem Bilanzstichtag eine Vorabausschüttung der von ihm beherrschten Gesellschaft veranlasst, so darf er nicht zu dem betreffenden Bilanzstichtag den Anspruch auf eine weitere Dividende ("phasengleich") aktivieren, deren Ausschüttung erst nach diesem Stichtag beschlossen worden ist. KStG § 8 Abs. 1; EStG § 5 Abs. 1. Vorinstanz: FG Köln Sachverhalt I. Die Revisionsbeklagte ist infolge mehrerer Verschmelzungen Rechtsnachfolgerin der D-GmbH. Sie führt den Rechtsstreit, in dem ursprünglich die D-GmbH Klägerin und Revisionsbeklagte war, in dieser Eigenschaft fort. Die D-GmbH, eine Holdinggesellschaft, hatte mit Vertrag vom 20. November 1986 insgesamt 90 v.H. des Stammkapitals einer anderen GmbH (A-GmbH) erworben. Durch Beschluss vom 23. Dezember 1986 erhielt sie von der A-GmbH eine Vorabausschüttung in Höhe von 6,5 Mio. DM zzgl. anrechenbarer Körperschaftsteuer in Höhe von 3.656.250 DM (= 9/16). Die steuerrechtliche Behandlung dieser Ausschüttung ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 15. Dezember 1987 schüttete die A-GmbH für 1986 weitere 3,4 Mio. DM zzgl. anrechenbarer Körperschaftsteuer in Höhe von 1.912.500 DM an die D-GmbH aus. Ob im Zeitpunkt der Beschlussfassung die Bilanz der D-GmbH bereits aufgestellt war, hat das Finanzgericht (FG) nicht festgestellt. Die D-GmbH aktivierte den Anspruch auf die in 1987 beschlossene Gewinnausschüttung in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1986. Den sich hieraus ergebenden Gewinn verrechnete sie mit Verlustvorträgen aus dem Veranlagungszeitraum 1981. Demgegenüber ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA-) im Anschluss an eine Betriebsprüfung davon aus, dass der Dividendenanspruch erst im Rahmen der Veranlagung 1987 gewinnerhöhend zu berücksichtigen sei. Er erließ demgemäss geänderte Körperschaftsteuerbescheide 1986 und 1987, die von der D-GmbH mit Einspruch und Klage angefochten wurden. Die Klage wegen Körperschaftsteuer 1986 hat die D-GmbH später zurückgenommen. Der Klage wegen Körperschaftsteuer 1987 hat das FG stattgegeben. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt das FA eine Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Im Verlauf des Revisionsverfahrens ist die Steuerfestsetzung wiederholt, und zwar zuletzt am 17. Juni 1997, geändert worden. Die Revisionsbeklagte hat die Änderungsbescheide gemäß § 123 i.V.m. § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung zum Verfahrensgegenstand gemacht. Sie beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den Körperschaftsteuerbescheid 1987 vom 17. Juni 1997 in der Weise zu ändern, dass bei der Neufestsetzung der Körperschaftsteuer 1987 ein um 5.312.500 DM niedrigeres zu versteuerndes Einkommen berücksichtigt wird. Entscheidungsgründe II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage. 1. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Insbesondere ist das FA in ihm zu Recht davon ausgegangen, dass der streitige Ausschüttungsanspruch der D-GmbH gegenüber der A-GmbH den Gewinn des Streitjahres -und nicht denjenigen des Vorjahres- erhöht. a) Nach dem Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 7. August 2000 GrS 2/99 (BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632) kann eine Kapitalgesellschaft, die mehrheitlich an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt ist, Dividendenansprüche aus einer am Bilanzstichtag noch nicht beschlossenen Gewinnverwendung der nachgeschalteten Gesellschaft grundsätzlich nicht aktivieren. Diese Entscheidung ist zwar unmittelbar zu einem Fall ergangen, in dem es sich bei der nachgeschalteten Gesellschaft um eine AG handelte. Die dort angestellten Erwägungen beruhen jedoch nicht auf dieser Besonderheit und müssen deshalb auf die hier zu beurteilende Beteiligung an einer GmbH übertragen werden. Diese Beurteilung entspricht derjenigen des VIII. Senats des BFH, der die vom Großen Senat entwickelten Grundsätze auch im Bereich der Personengesellschaften für anwendbar erachtet hat (Urteil vom 31. Oktober 2000 VIII R 85/94, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2001, 294). b) Wie der Große Senat weiter entschieden hat, ist es allerdings denkbar, dass eine Dividendenforderung als wirtschaftlich verselbstständigtes Wirtschaftsgut nicht erst mit der Fassung des Gewinnverwendungsbeschlusses, sondern schon zu einem früheren Zeitpunkt entsteht (BFH-Beschluss in BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632, 635, unter C. II. 3. der Entscheidungsgründe). Das setzt jedoch zum einen voraus, dass in dem betreffenden Zeitpunkt ein Bilanzgewinn der beherrschten Gesellschaft auszuweisen und der mindestens ausschüttungsfähige Gewinn bekannt ist. Zum anderen muss anhand objektiver Gesichtspunkte nachgewiesen sein, dass die Gesellschafter der beherrschten Gesellschaft schon zu jenem Zeitpunkt endgültig entschlossen waren, eine bestimmte Gewinnverwendung künftig zu beschließen. Wenn und soweit diese Voraussetzungen am Bilanzstichtag des Gesellschafters erfüllt sind, kann -und muss- der Gesellschafter die Dividendenforderung in seiner Steuerbilanz auf den betreffenden Stichtag aktivieren. Diese Voraussetzungen für eine vorzeitige ("phasengleiche") Aktivierung müssen nach der Entscheidung des Großen Senats an Hand objektiver, nachprüfbarer und nach außen in Erscheinung tretender Kriterien festgestellt werden können. Das Vorliegen der Kriterien darf weder unterstellt noch vermutet werden (BFH-Beschluss in BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632, 635 f., unter C. II. 3. der Entscheidungsgründe). Das gilt auch dann, wenn der Gesellschafter die Beteiligung in der erkennbaren Absicht erworben hat, durch die phasengleiche Aktivierung einer Dividendenforderung einen vom Verfall bedrohten Verlustvortrag zu nutzen (BFH-Beschluss in BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632, 637, unter C. II. 9. der Entscheidungsgründe). c) Vor diesem Hintergrund kann die Revisionsbeklagte mit ihrem Begehren, die Dividendenforderung gegenüber der A-GmbH in der Steuerbilanz der D-GmbH auf den 31. Dezember 1986 zu aktivieren, im Ergebnis keinen Erfolg haben. Dabei kann offen bleiben, in welchen Fällen die vom Großen Senat geforderten Voraussetzungen für eine vorzeitige Aktivierung von Dividendenansprüchen vorliegen könnten. Im Streitfall sind diese Voraussetzungen jedenfalls schon deshalb nicht gegeben, weil die D-GmbH kurz vor dem maßgeblichen Bilanzstichtag eine Vorabausschüttung der A-GmbH bewirkt hat. Hierdurch hat sie zum einen dokumentiert, dass sie zu diesem Zeitpunkt gerade nicht bereit war, eine weitergehende Ausschüttung endgültig zu beschließen. Zum anderen ist die Begrenzung der Vorabausschüttung ersichtlich darauf zurückzuführen, dass aus der damaligen Sicht der D-GmbH nicht zuverlässig erkennbar war, ob über den vorab ausgeschütteten Betrag hinaus ein weiterer Bilanzgewinn der A-GmbH zur Ausschüttung zur Verfügung stand. Unter beiden Gesichtspunkten fehlt es mithin an den vom Großen Senat aufgestellten Bedingungen für eine Aktivierung des hier in Rede stehenden Dividendenanspruchs zum 31. Dezember 1986. Daraus folgt wiederum, dass dieser Anspruch aus steuerlicher Sicht im Streitjahr -erst mit der Fassung des Gewinnverwendungsbeschlusses durch die Gesellschafterversammlung der A-GmbH- gewinnwirksam wurde. 2. Das FA war nicht nach Treu und Glauben gehindert, die hiernach gebotene gewinnerhöhende Erfassung des Dividendenanspruchs in dem angefochtenen Bescheid vorzunehmen. Dem steht insbesondere die von der Revisionsbeklagten angesprochene verbindliche Auskunft des FA nicht entgegen. Diese Auskunft ging nämlich sowohl ausweislich des FG-Urteils als auch nach dem Vortrag der Revisionsbeklagten dahin, dass "eine im Jahr 1986 erfolgende Gewinnausschüttung der A-GmbH an die D-GmbH bei dieser in vollem Umfang zu den steuerpflichtigen Erträgen des Jahres 1986" gehöre. Sie bezog sich damit ihrem Wortlaut nach nur auf Ausschüttungen, die im Jahr 1986 "erfolgten", also in diesem Jahr -zumindest- beschlossen wurden. Eine Zusage dieses Inhalts war unter den gegebenen Umständen schon insoweit sinnvoll, als die D-GmbH die Beteiligung erst kurz vor dem Jahresende erworben hatte und deshalb befürchten musste, dass noch in 1986 ausgeschüttete Gewinne ganz oder teilweise dem Veräußerer der GmbH-Anteile zugerechnet werden könnten (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 9. März 1982 VIII R 160/81, BFHE 136, 72, BStBl II 1982, 540). Angesichts dessen diente die vom FA gegebene Auskunft ersichtlich dem Ziel, der D-GmbH die Gewissheit zu geben, dass solche Gewinne in vollem Umfang bei ihr erfasst wurden und mit den bestehenden Verlustvorträgen aus 1981 verrechnet werden konnten. Ein darüber hinausgehender Aussageinhalt im Hinblick auf erst in 1987 erfolgende Ausschüttungen der A-GmbH kann ihr hingegen nicht entnommen werden.
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