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BFH-Beschluss vom 1.2.2001 (V B 199/00)
BStBl. 2001 II S. 418 Eine Entscheidung im Rechtsstreit des leistenden Unternehmers über die Steuerpflicht seiner Umsätze berührt die rechtlichen Interessen des den Vorsteuerabzug begehrenden Leistungsempfängers, der den Vorsteuerabzug aus diesen Leistungen begehrt. Der Leistungsempfänger kann deshalb zum Rechtsstreit des leistenden Unternehmens, in dem es um die Steuerbarkeit und Steuerpflicht dieser Leistungen geht, beigeladen werden (Änderung der Rechtsprechung). FGO § 60; UStG 1980 § 15 Abs. 1 Nr. 1. Vorinstanz: FG Berlin Sachverhalt I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat nach der Auffassung des Beklagten (Finanzamt -FA-) durch Vortäuschung der Herstellung von Waren in Berlin (West) i.S. von §§ 1, 6 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) und ihrer entgeltlichen Lieferung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes -UStG- 1980) an die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) in den Umsatzsteuervoranmeldungen für das Streitjahr 1986 zu Unrecht Vergünstigungen nach dem Berlinförderungsgesetz in Anspruch genommen. Das FA setzte deshalb die Umsatzsteuer für 1986 abweichend von den Voranmeldungen fest (zuletzt durch Steuerbescheid vom 24. September 1992). Eine Jahressteuererklärung hat die Klägerin nicht abgegeben. Die Klägerin hat gegen den Umsatzsteuerbescheid 1986 Klage erhoben. Zu diesem Rechtsstreit hat die Antragstellerin ihre Beiladung beantragt; sie verweist darauf, dass das Finanzgericht (FG) München das Ruhen ihres Klageverfahrens wegen Umsatzsteuer 1986 (Az. 3 K 1902/92) mit Rücksicht auf die Vorgreiflichkeit des vorliegenden Klageverfahrens angeordnet hat. Das FG Berlin hat die Beiladung der Antragstellerin im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, die Steuerschuld des Leistenden und der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers seien jeweils getrennt in deren Steuerschuldverhältnissen nach eigenen Grundsätzen zu prüfen; Gleiches gelte auch, wenn der Kürzungsanspruch nach § 1 Abs. 1 BerlinFG streitig sei, der ebenfalls -wie § 2 BerlinFG- eine entgeltliche Lieferung in Berlin hergestellter Waren voraussetze. Es könne deshalb dahinstehen, ob sich die Antragstellerin auf eine für sie günstige Entscheidung im vorliegenden Verfahren berufen könne, obwohl sich das Klageverfahren der Antragstellerin und das vorliegende Klageverfahren gegen unterschiedliche FÄ unterschiedlicher Länder richteten (Beschluss vom 11. August 2000 7 K 7531/92). Gegen den ablehnenden Beschluss des FG wenden sich sowohl die Antragstellerin als auch die Klägerin mit der vorliegenden Beschwerde. Sie beantragen, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Beiladung der Antragstellerin. Entscheidungsgründe II. Die Beschwerden sind begründet. Nach § 60 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das FG von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden. Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung; § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO). 1. Der Klägerin und der Antragstellerin geht es zwar bei ihren Klagen gegen die Umsatzsteuerbescheide für 1986 in erster Linie um die Kürzungsansprüche nach §§ 1 und 2 BerlinFG für Berliner und westdeutsche Unternehmer. Diese Kürzungsansprüche hängen davon ab, ob die Klägerin in Berlin hergestellte Waren entgeltlich an die Antragstellerin geliefert hat. Damit ist untrennbar die Frage verbunden, ob der Antragstellerin der Vorsteuerabzug aus diesen Lieferungen zusteht. Das FG hat deshalb zu Recht auf die Grundsätze abgestellt, die für die Beiladung des den Vorsteuerabzug begehrenden Leistungsempfängers zum Rechtsstreit des leistenden Unternehmers gelten, wenn es in diesem Rechtsstreit um die Steuerbarkeit der den Vorsteuerabzug begründenden Umsätze geht. 2. Das FG hat auch zutreffend erkannt, dass die Beiladung der Antragstellerin nicht notwendig ist, da über die Steuerpflicht der Lieferungen der Klägerin und den entsprechenden Vorsteuerabzug der Antragstellerin und die entsprechenden Kürzungsansprüche der Klägerin nach § 1 BerlinFG und der Antragstellerin nach § 2 BerlinFG nicht nur einheitlich entschieden werden kann. 3. Durch ein Urteil im vorliegenden Klageverfahren werden jedoch die rechtlichen Interessen der Antragstellerin berührt. a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) setzt der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers voraus, dass eine Steuer für den berechneten Umsatz des leistenden Unternehmers geschuldet wird (EuGH-Urteil vom 13. Dezember 1989 Rs. C 342/87 - Genius Holding, Slg. 1989, 4227, 4242, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht -UVR- 1990, 113, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 1991, 83; BFH-Urteil vom 2. April 1998 V R 34/97, BFHE 185, 536, BStBl II 1998, 695). Entsprechend dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer besteht der Vorsteuerabzug nur aus einem steuerpflichtigen Umsatz (EuGH-Urteil vom 19. September 2000 Rs. C 454/98 - Schmeink & Cofreth und Manfred Strobel, UR 2000, 470 Rdnr. 53 und 56). Der über die Umsatzsteuerbarkeit und Umsatzsteuerpflicht seiner Leistungen geführte Rechtsstreit des Unternehmers berührt deshalb die rechtlichen Interessen des Leistungsempfängers, der den Vorsteuerabzug beansprucht. Der Leistungsempfänger hat ein rechtliches Interesse an der Entscheidung über die Steuerpflicht dieser Leistungen. Der BFH hat zwar bislang gemeint, eine Entscheidung im Rechtsstreit des leistenden Unternehmers über die Steuerpflicht seiner Umsätze berühre die rechtlichen Interessen des den Vorsteuerabzug begehrenden Leistungsempfängers nicht; die Umsatzsteuerschuld des Leistenden und der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers seien nicht materiell im Sinne einer gegenseitigen Abhängigkeit miteinander verknüpft; sie müssten jeweils getrennt in deren Steuerschuldverhältnissen nach eigenen Grundsätzen geprüft werden, wobei sich nur ein Teil der Merkmale der gesetzlichen Tatbestände überschnitten (Urteil vom 10. Dezember 1998 V R 58/97, BFH/NV 1999, 987; Beschluss vom 9. September 1993 V R 42/91, BFHE 173, 231, BStBl II 1994, 269). Diese Entscheidungen beruhen aber noch auf der durch das Urteil in BFHE 185, 536, BStBl II 1998, 695 überholten Rechtsprechung, nach der ein Steuerbetrag nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG unabhängig davon abziehbar war, ob er geschuldet wurde oder nicht. b) Da das FG München das Ruhen des bei ihm anhängigen Rechtstreits wegen Vorgreiflichkeit des vorliegenden Klageverfahrens angeordnet hat, ist eine Beiladung im Streitfall geboten.
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