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  BFH-Beschluss vom 22.2.2001 (II B 39/00) BStBl. 2001 II S. 476

Ist der Einheitswert eines Grundstücks in Gesamthandseigentum nur noch für die Grundsteuer von Bedeutung, hat gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 seine Aufteilung auf die Gesamthänder zu unterbleiben. Die Aufteilung ist für Grundsteuerzwecke nicht erforderlich, weil das GrStG in § 10 Abs. 1 und 3 für beide denkbaren Möglichkeiten der Zurechnung (Gesamthandsgemeinschaft oder Gesamthänder) eine Regelung über den Steuerschuldner enthält.

BewG § 3, § 19 Abs. 3 und 4; AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 2; GrStG § 10 Abs. 1 und 3.

Vorinstanz: FG des Landes Brandenburg

Sachverhalt

I.

Die Eheleute A erwarben im Jahr 1993 in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), der Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin), eine Eigentumswohnung. Die Wohnung ist im Grundbuch auf die Eheleute als Gesamthänder umgeschrieben. Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA -) erließ am 14. November 1997 auf den 1. Januar 1995 einen an die GbR gerichteten Nachfeststellungsbescheid, in dem er das Grundstück hälftig jedem der Ehegatten zurechnete; außerdem erging auf den 1. Januar 1996 ein Wert- und Artfortschreibungsbescheid. Nach erfolglosem Vorverfahren erhob die Klägerin Klage gegen beide Bescheide, mit der sie sich gegen die Zurechnung des Grundstücks jeweils hälftig auf ihre beiden Gesamthänder wandte und eine Zurechnung auf sich als Gesellschaft verlangte. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt, weil gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, nur insoweit den Beteiligten anteilig zuzurechnen seien, als eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich sei. Ein derartiges Erfordernis bestehe im Streitfall nicht, da dem festgestellten Einheitswert Bedeutung lediglich für die Grundsteuer zukomme und gemäß § 10 Abs. 1 des Grundsteuergesetzes (GrStG) die Gesamthandsgemeinschaft Steuerschuldner sei.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht das FA grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wegen der Frage geltend, wem bei einer GbR die im Gesamthandseigentum befindlichen wirtschaftlichen Einheiten zuzurechnen seien.

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. vor In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2. FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I, 1757) zu. Diese Fassung ist maßgebend, weil sich die Zulässigkeit - und damit die Zulassung - eines Rechtsbehelfs gegen gerichtliche Entscheidungen, die vor 2001 verkündet oder an Stelle einer Verkündung zugestellt worden sind, gemäß Art. 4 2. FGOÄndG nach den bisherigen Vorschriften richtet. Die vom FA aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, da sie sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantwortet (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. November 1994 V B 64/94, BFH/NV 1995, 651). Ist der Einheitswert eines Grundstücks in Gesamthandseigentum nur noch für die Grundsteuer von Bedeutung, hat gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 seine Aufteilung auf die Gesamthänder zu unterbleiben. Die Aufteilung ist für Grundsteuerzwecke nicht erforderlich, weil das GrStG in § 10 Abs. 1 und 3 für beide denkbaren Möglichkeiten der Zurechnung (Gesamthandsgemeinschaft oder Gesamthänder) eine Regelung über den Steuerschuldner enthält.

Gemäß § 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) ist der Wert eines Wirtschaftsguts - gemeint ist der Wert einer wirtschaftlichen Einheit (vgl. Rössler/Troll, Bewertungsgesetz, Kommentar, § 3 Anm. 1) -, das mehreren Personen zusteht, im Ganzen zu ermitteln (Satz 1) und auf die Beteiligten nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen, soweit nicht nach dem maßgebenden Steuergesetz die Gemeinschaft selbständig steuerpflichtig ist (Satz 2). Nach dem Wortlaut des § 3 BewG ist somit die Aufteilung die Regel und das Unterbleiben der Aufteilung die Ausnahme. Für die Entscheidung darüber, ob der Einzelfall der Regel unterfällt oder die Ausnahme darstellt, wird auf die einzelnen Gesetze über die einheitswertabhängigen Steuern verwiesen. Ist nach diesen die Gemeinschaft selbständig steuerpflichtig, ist von der Aufteilung ausnahmsweise abzusehen.

Zutreffend geht das FG davon aus, dass für den Einheitswert des streitbefangenen Grundstücks als maßgebendes Steuergesetz nur das GrStG in Betracht kommt. Dies ergibt sich für den im Privatvermögen befindlichen Grundbesitz, der in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet belegen ist, aus der sachlichen Vermögensteuerbefreiung des § 136 Nr. 4 Buchst. a BewG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl I, 1250). Das GrStG enthält aber keine eigenständige Regelung darüber, wer bei gesamthänderisch gebundenem Grundvermögen der Grundsteuerschuldner ist. Das GrStG richtet sich vielmehr in der Frage der Steuerschuldnerschaft bei Grundstücken in Gesamthandsvermögen danach, wem das Grundstück zugerechnet worden ist, indem es in § 10 Abs. 1 vorschreibt, Steuerschuldner sei derjenige, dem der Steuergegenstand bei der Feststellung des Einheitswerts zugerechnet ist, und für den Fall, dass der Einheitswert mehreren Personen zugerechnet ist, in Abs. 3 der Vorschrift nur klarlegt, dass diese dann Gesamtschuldner sind.

Damit läuft die Verweisung in § 3 Satz 2 BewG leer. Die Vorschrift des § 10 GrStG, auf die verwiesen wird, knüpft ihrerseits an Zurechnungsentscheidungen an, die dem GrStG vorgegeben sind und auf anderer Rechtsgrundlage beruhen müssen. Diese andere Rechtsgrundlage ist § 39 AO 1977. Nach Abs. 2 Nr. 2 dieser Zurechnungsvorschrift ist aber umgekehrt das Nichtaufteilen des Einheitswerts solcher wirtschaftlichen Einheiten, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, die Regel und die Aufteilung die Ausnahme. Die Aufteilung hat danach nämlich nur zu erfolgen, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Im Gegensatz zu § 3 Satz 2 BewG lässt sich das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Ausnahme dem in Streitfall einzig noch in Betracht kommenden Steuergesetz, nämlich dem GrStG, eindeutig entnehmen. Für Grundsteuerzwecke ist eine getrennte Zurechnung nicht erforderlich, weil mit § 10 Abs. 1 und 3 GrStG beiden denkbaren Zurechnungsmöglichkeiten entsprochen werden kann. Infolgedessen hat die Aufteilung zu unterbleiben.

Nur dieses Ergebnis deckt sich auch mit der Regelung in § 19 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 BewG darüber, welche Feststellungen im Einheitswertbescheid zu treffen sind. Danach sind Feststellungen über die Höhe der Anteile mehrerer Beteiligter nur zu treffen, wenn und soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Das sind sie bezüglich der Grundsteuer bei Grundstücken in Gesamthandsvermögen nicht.