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BFH-Urteil vom 1.3.2001 (IV R 24/00)
BStBl. 2001 II S. 486 Die Tarifbegrenzung nach § 32c EStG 1994 war für gewerbesteuerbefreite Einkünfte (hier aus dem Betrieb eines Krankenhauses) nicht zu gewähren. EStG 1994 § 32c; GewStG § 3 Nr. 20; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1 Satz 1. Vorinstanz: FG Hamburg Sachverhalt Der Kläger zu 1 und Revisionskläger (Kläger) war in den Streitjahren (1994 und 1995) gemeinsam mit dem Kläger zu 2 in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als atypisch stiller Gesellschafter an der C-GmbH beteiligt. Die C-GmbH betrieb ein Privatkrankenhaus, das nach § 3 Nr. 20 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) von der Gewerbesteuer befreit war. Die atypisch stille Gesellschaft wurde am 4. August 1997 durch Übertragung der GbR-Anteile auf die C-GmbH beendet. In den Gewinnfeststellungsbescheiden für die Streitjahre wurden die Gewinnanteile der Kläger als gewerbliche Einkünfte qualifiziert, die nicht der Tarifermäßigung nach § 32c des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterliegen. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Mit der Revision rügt der Kläger eine unzutreffende Anwendung des § 32c EStG. Das Tatbestandsmerkmal "der Gewerbesteuer unterliegen" des § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG sei in § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG dahin gehend definiert, dass jeder stehende Gewerbebetrieb im Inland der Gewerbesteuer unterliege. Der Gesetzgeber habe bei der Formulierung des § 32c EStG bewusst nicht auf die tatsächliche direkte Belastung mit Gewerbesteuer abgestellt, da er die Gewerbesteuer insgesamt nicht habe in Frage stellen wollen. Nach der Gesetzesbegründung habe der Gesetzgeber mit der Tarifbegrenzung das Ziel verfolgt, das gesamtwirtschaftliche Wachstum durch Stärkung der Investitionstätigkeit zu fördern. Dieser Gesetzeszweck gebiete ebenfalls die Anwendung des § 32c EStG, da die Kläger erhebliche Investitionen in das Krankenhaus getätigt hätten. Darüber hinaus solle § 32c EStG die rechtsformabhängige Ungleichbehandlung zwischen Körperschaften und Personenunternehmen abmildern. Um eine gleichheitswidrige Wettbewerbsverzerrung im Vergleich zu insbesondere öffentlichen Krankenhäusern zu vermeiden, die in den Streitjahren einem Körperschaftsteuersatz von 42 % unterlagen, hätten die Kläger auch aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) bei verfassungskonformer Auslegung des § 32c EStG Anspruch auf Einbeziehung in diese Tarifermäßigung. Entscheidungsgründe Die Revision ist nicht begründet. Das FG hat zutreffend entschieden, dass der den Klägern zuzurechnende Gewinn nicht der Tarifentlastung nach § 32c EStG unterliegt und sich auch aus dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) kein Anspruch der Kläger auf eine derartige Tarifentlastung ergibt. 1. Nach § 32c Abs. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung war von der tariflichen Einkommensteuer ein Entlastungsbetrag abzuziehen, wenn in dem zu versteuernden Einkommen gewerbliche Einkünfte enthalten waren, deren Anteil am zu versteuernden Einkommen mindestens 100.278 DM betrug. Gemäß § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG waren gewerbliche Einkünfte im Sinne dieser Vorschrift -vorbehaltlich der Ausnahmen des Satzes 2- Gewinne oder Gewinnanteile, die nach § 7 oder § 8 Nr. 4 GewStG der Gewerbesteuer unterlagen. Die Kläger erzielten als atypisch stille Gesellschafter zwar gewerbliche Einkünfte. Diese waren nach § 3 Nr. 20 GewStG jedoch von der Gewerbesteuer befreit. Auf Einkünfte, die gemäß § 3 GewStG von der Gewerbesteuer befreit sind, war die Tarifentlastung des § 32c EStG nicht anzuwenden, da diese Norm darauf abzielte, durch Reduzierung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer einen Ausgleich für die Belastung gewerblicher Einkünfte mit Gewerbesteuer zu schaffen. Im Rahmen der Einführung dieser Tarifbegrenzung durch das Standortsicherungsgesetz wählte der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages bewusst die Gesetzesformulierung des § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG, um hierdurch weitgehend sicherzustellen, dass "die Tarifbegrenzung nur für solche Gewinne gilt, die auch tatsächlich der Gewerbesteuer unterliegen" (BTDrucks 12/5016, S. 17 und S. 88). Dabei führte die Gesetzesbegründung ausdrücklich einige Beispiele von Steuerbefreiungen nach § 3 GewStG auf, die durch die im Vergleich zum ursprünglichen Gesetzentwurf geänderte Formulierung des § 32c Abs. 2 EStG nicht in den Genuss der Tarifbegrenzung kommen sollten, darunter auch Krankenhäuser (§ 3 Nr. 20 GewStG; BTDrucks 12/5016, S. 88). Dieser gesetzgeberische Wille hat im Gesetzeswortlaut hinreichenden Ausdruck gefunden. Zwar unterliegt nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, der Gewerbesteuer. Diese Definition des Steuergegenstands umfasst auch die Betriebe, die nach § 3 GewStG von der Gewerbesteuer befreit sind. Gleichwohl trifft die Ansicht der Kläger nicht zu, hieraus sei zu folgern, dass die von der Gewerbesteuer befreiten Gewerbebetriebe i.S. des § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG "der Gewerbesteuer unterliegen". § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG setzte nämlich voraus, dass "Gewinne oder Gewinnanteile nach § 7 oder § 8 Nr. 4 des Gewerbesteuergesetzes der Gewerbesteuer unterliegen". Bei den gemäß § 3 GewStG von der Gewerbesteuer befreiten Betrieben kommt es dagegen nicht zu einer Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 7 oder § 8 Nr. 4 GewStG. Die Verweisung in § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG diente dazu, solche Gewinne von der Tarifbegünstigung auszuschließen, die zwar einkommensteuerlich unter § 15 EStG fallen, aber gleichwohl der Gewerbesteuer sachlich nicht unterliegen, etwa weil eine Gewerbesteuerbefreiung vorliegt (vgl. z.B. M. Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach -HHR-, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 32c EStG Anm. 31 und 32; Lindberg in Frotscher, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 32c Rz. 26; Hörger in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 32c EStG Rz. 19; Schmidt/ Glanegger, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 32c Rz. 11). 2. Auch aus dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ergibt sich kein Anspruch der Kläger auf Anwendung der Tarifbegrenzung. Trotz der Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Tarifbegrenzung des § 32c EStG scheidet sowohl eine Begünstigung der Kläger im Wege einer verfassungskonformen Auslegung als auch eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG im Streitfall aus. a) Die im Schrifttum ganz überwiegend als verfassungswidrig angesehene Tarifbegrenzung des § 32c EStG (vgl. die Nachweise bei M. Wendt in HHR, § 32c EStG Anm. 7) hat den X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) zu einem Normenkontrollverfahren veranlasst (Beschluss des BFH vom 24. Februar 1999 X R 171/96, BFHE 188, 69, BStBl II 1999, 450). Auch der erkennende Senat hat in einem Beschwerdeverfahren über die Aussetzung der Vollziehung beiläufig seine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 32c EStG zum Ausdruck gebracht (Beschluss vom 3. März 1998 IV B 49/97, BFHE 185, 418, BStBl II 1998, 608) und auf Anfrage des BVerfG in dem erwähnten Normenkontrollverfahren 2 BvL 2/99 zum Vorlagebeschluss in BFHE 188, 69, BStBl II 1999, 450 erklärt, er trete der Auffassung des X. Senats zur Verfassungswidrigkeit der Vorschrift in den wesentlichen Argumenten bei. Gleichwohl kann § 32c EStG nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auf die Kläger ausgedehnt werden, da nur eine mehrdeutige Gesetzesfassung nach der Rechtsprechung des BVerfG einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich ist, die im Übrigen weder gegen den Wortlaut einer Vorschrift noch gegen den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers erfolgen darf (vgl. Senatsurteil vom 4. November 1999 IV R 40/99, BFHE 190, 408, BStBl II 2000, 186, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BVerfG). Wie unter 1. ausgeführt, entsprach es dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers, gewerbliche Einkünfte, die nach § 3 GewStG von der Gewerbesteuer befreit sind, nicht in die Tarifbegünstigung des § 32c EStG einzubeziehen. b) Einer Vorlage an das BVerfG (Art. 100 GG) wegen der oben erwähnten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 32c EStG steht entgegen, dass es bei der Entscheidung des Rechtsstreits auf die Verfassungsmäßigkeit des § 32c EStG nicht ankommt. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass die Kläger im Falle der Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift in die Begünstigung einbezogen werden könnten. Der erkennende Senat hat mit Urteil in BFHE 190, 408, BStBl II 2000, 186 entschieden, dass eine rückwirkende Einbeziehung derjenigen Steuerpflichtigen in eine im Fall der Verfassungswidrigkeit erforderliche Neuregelung des § 32c EStG ausgeschlossen erscheint, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit bezogen haben. Zur Begründung hat der erkennende Senat auf das vorrangige Ziel des Gesetzgebers verwiesen, einer kumulativen Belastung der Erträge durch Einkommensteuer und Gewerbeertragsteuer Rechnung zu tragen. Gleiches gilt für die Bezieher gewerblicher Einkünfte, die von der Gewerbesteuer befreit sind. Auch eine Einbeziehung dieser Steuerpflichtigen in eine ggf. erforderliche gesetzliche Neuregelung erscheint angesichts des vorrangigen Anliegens des Gesetzgebers, einer kumulativen Belastung der Erträge durch Einkommensteuer und Gewerbeertragsteuer Rechnung zu tragen, schlechthin ausgeschlossen. c) Der Hinweis des Klägers, dass öffentliche Krankenhäuser als Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 23 Abs. 2 in der in den Streitjahren geltenden Fassung des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) einem besonderen Körperschaftsteuersatz von 42 % unterlagen, kann ebenfalls weder zur Einbeziehung der Kläger in den Anwendungsbereich des § 32c EStG im Wege einer verfassungskonformen Auslegung führen noch zu einer Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 GG. aa) Wie oben unter a) ausgeführt, kommt eine Anwendung des § 32c EStG auf die Kläger im Wege einer verfassungskonformen Auslegung nicht in Betracht, da die Einbeziehung der Betreiber der von der Gewerbesteuer befreiten Krankenhäuser in die Tarifbegünstigung dem klaren Willen des Gesetzgebers widerspräche. bb) Einer Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 GG wegen einer gleichheitswidrigen Benachteiligung der Kläger im Vergleich zu konkurrierenden öffentlichen Krankenhäusern steht entgegen, dass es an tatsächlichen Feststellungen fehlt, welche Auswirkungen die unterschiedliche Besteuerung der Kläger einerseits und öffentlicher Krankenhäuser andererseits auf deren Wettbewerbslage hatte. In Deutschland existiert keine rechtsformunabhängige Unternehmensbesteuerung. Vielmehr knüpft die Besteuerung an die Rechtsform der unternehmerischen Betätigung an. Dabei kommt es zu einer Vielzahl von Belastungsunterschieden zwischen Kapitalgesellschaften einerseits und Einzelunternehmen oder Personengesellschaften andererseits (vgl. z.B. den Überblick bei Hey in HHR, Einf. KStG Anm. 163, m.w.N.). Diese Unterschiede bei der Besteuerung von Kapitalgesellschaften und Personenunternehmen lassen es nicht zu, allein aus Unterschieden bei einem einzelnen Besteuerungselement darauf zu schließen, hierin liege eine verfassungswidrige Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der einen oder anderen Rechtsform. So bliebe etwa bei einem alleinigen Vergleich der Spitzensteuersätze von Einkommen- und Körperschaftsteuer unbeachtet, dass der Körperschaftsteuertarif proportional, der Einkommensteuertarif dagegen progressiv ausgestaltet ist. Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung, ob natürliche und juristische Personen so verschieden sind, dass es generell ausgeschlossen ist, die tarifliche Steuerbelastung von Körperschaften einerseits und Einzelunternehmen oder Personengesellschaften andererseits am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG zu messen (so Reiß in Wassermeyer -Hrsg.-, Grundfragen der Unternehmensbesteuerung, Veröffentlichungen der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft Bd. 17, 1994, S. 3, 20; Birk, Steuer und Wirtschaft 2000, 328, 333; vgl. auch BVerfG-Urteil vom 24. Januar 1962 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331, 352, BStBl I 1962, 500, 505: Körperschaftsteuer und Einkommensteuer seien "schwer vergleichbar", und BFH-Beschluss in BFHE 188, 69, BStBl II 1999, 450, B. VII. 4. b der Entscheidungsgründe, m.w.N.). Auch wenn man eine Vergleichbarkeit nach dem Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes bejaht (vgl. etwa R. Wendt in Festschrift für Friauf, 1996, S. 859, 866 ff., sowie die Nachweise bei Kanzler, Finanz-Rundschau 2000, 1245, 1254 zu der Diskussion, ob die o.g. Entscheidung des BVerfG zwischenzeitlich noch dem "Stand der Dinge" entspricht), führt ein bloßer Vergleich des Spitzensteuersatzes bei beiden Tarifen aufgrund der unterschiedlichen Tarifgestaltung nicht zu einer zutreffenden Aussage über die Steuerbelastung der verschiedenen Rechtsformen. Vielmehr ist für einen aussagekräftigen Belastungsvergleich mindestens ein Vergleich der konkreten Steuerbelastung nach dem Einkommensteuertarif mit der Belastung eines vergleichbaren Wettbewerbers nach dem Körperschaftsteuertarif erforderlich. Die Vorinstanz hat keine Feststellungen dazu getroffen, zu welcher Einkommensteuerbelastung der Kläger die angegriffenen Feststellungsbescheide in den Streitjahren geführt haben und wie die Wettbewerbssituation der C-GmbH im Vergleich zu öffentlichen Krankenhäusern war, da die Kläger erstmals in der Rechtsmittelinstanz eine wettbewerbsverzerrende Ungleichbehandlung im Vergleich zu öffentlichen Krankenhäusern geltend machen. Hierbei handelt es sich um ein neues tatsächliches Vorbringen, das im Revisionsverfahren nicht zulässig ist (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).
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