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BFH-Urteil vom 14.11.2000 (VI R 128/00)
BStBl. 2001 II S. 495 1. Die Einkünfte und Bezüge, die ein Kind im Kalenderjahr hat, sind um den ausbildungsbedingten Mehrbedarf für ein Zusatzstudium im Ausland entweder gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten zu kürzen, wenn es sich um Fortbildungskosten handelt, oder gemäß § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG als besondere Ausbildungskosten. 2. Ein erhöhter Lebensbedarf für Unterkunft und Verpflegung im Ausland ist dabei regelmäßig in beiden Fällen nicht zu berücksichtigen. EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3. Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz Sachverhalt Der 1970 geborene Sohn (S) des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) absolvierte, nachdem er im Februar 1995 die erste juristische Staatsprüfung abgelegt hatte, von April 1995 bis März 1996 an der Universität von Aberdeen ein Zusatzstudium mit dem Ziel "Master of Laws (LLM)" und trat im Juli 1996 den juristischen Vorbereitungsdienst an. Die Kindergeldkasse des Arbeitsamtes (Beklagter und Revisionskläger - Beklagter -) gewährte dem Kläger für S im Oktober 1995 technisch befristet bis zum März 1997 Kindergeld, das bis Oktober 1996 ausbezahlt wurde. Mit Bescheid vom 11. April 1997 wurde die Bewilligung von Kindergeld mit Wirkung vom Januar 1996 aufgehoben und gezahltes Kindergeld in Höhe von 2.000 DM zurückgefordert. Der hiergegen erhobene Einspruch wurde mit der Begründung zurückgewiesen, bei dem Aufbaustudium in Aberdeen habe es sich nicht um eine Berufsausbildung i.S. von § 32 Abs. 4 Nr. 2 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehandelt. Dem ist der Kläger mit der Klage entgegengetreten und hat zusätzlich ausgeführt, das zu versteuernde Einkommen seines Sohnes habe 1996 laut Einkommensteuerbescheid lediglich 11.160 DM betragen. Daneben habe S nur noch einmalig 1.500 Pfund für das Auslandsstudium als Stipendium erhalten. Dem hätten neben den im Jahr 1995 beglichenen Studiengebühren folgende Aufwendungen gegenübergestanden: Kosten für zwei Flüge zu 600 DM, für Unterbringung und Verpflegung in Höhe von ca. 2.500 DM, für Drucken und Binden der Magisterarbeit 300 DM sowie für einen 1995 zum Preis von 2.500 DM angeschafften Laptop. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. 1996 seien die Zeit des Auslandsstudiums und des Referendardienstes als Ausbildungszeiten (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 a EStG) und die restlichen Monate als Übergangszeit i.S. von § 32 Abs. 4 Nr. 2 b EStG anzusehen. Bei den Einkünften und Bezügen seien die aus dem Einkommensteuerbescheid ersichtlichen Einkünfte in Höhe von 14.022 DM zu erfassen. Hiervon seien als Aufwendungen für besondere Ausbildungszwecke 2.125 DM abzuziehen (zwei Flüge 1.200 DM, anteilige Mehraufwendungen für auswärtige Unterbringung und Verpflegung 625 DM, Magisterarbeit 300 DM), so dass sich eine Differenz von 11.897 DM ergebe. Da diese unter dem Jahresgrenzbetrag von 12.000 DM liege, brauche nicht entschieden zu werden, ob Kosten für den Laptop abziehbar seien. Mit der Revision rügt der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Es werde nicht mehr in Frage gestellt, dass S während des Auslandsstudiums für einen Beruf ausgebildet worden sei. Jedoch sei der maßgebende Jahresgrenzbetrag von 12.000 DM überschritten. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung sei der Begriff der Einkünfte in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG rechtstechnisch so zu verstehen, wie er in § 2 Abs. 2 EStG definiert werde. Dies schließe aus, bei den Einkünften zusätzlich zu den Werbungskosten noch ausbildungsbedingte Mehraufwendungen abzuziehen. Das Stipendium des S sei für besondere Ausbildungszwecke bestimmt gewesen und bleibe deshalb gemäß § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG außer Ansatz. Weiterer ausbildungsbedingter Sonderbedarf könne nur in den in der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG) 63.4.2.6 Abs. 7 (BStBl I 2000, 681) niedergelegten Fällen berücksichtigt werden. Hierzu gehörten die Kosten für Flüge, die Mehraufwendungen für auswärtige Unterbringung und Verpflegung sowie die Magisterarbeit nicht. Danach verbleibe es bei den im Einkommensteuerbescheid 1996 festgesetzten 14.022 DM, weshalb der Jahresgrenzbetrag überschritten sei, so dass für das ganze Jahr 1996 kein Kindergeldanspruch bestehe. Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen. Er tritt der Revision im Wesentlichen mit den Gründen des FG entgegen. Entscheidungsgründe Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). 1. Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht mehr streitig, dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 2 a bzw. b EStG bei S das ganze Jahr 1996 vorgelegen haben (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. Juni 1999 VI R 34/98, BFHE 189, 95, BStBl II 1999, 705, und BFH-Beschluss vom 10. Februar 2000 VI B 108/99, BFHE 191, 54, BStBl II 2000, 398). 2. Ob der Jahresgrenzbetrag von 12.000 DM im Streitfall überschritten wurde, lässt sich anhand der Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilen. a) Das FG hat zu Recht entschieden, dass bei den nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu erfassenden Einkünften und Bezügen der Begriff der Einkünfte so zu verstehen ist, wie er sich aus § 2 Abs. 2 EStG ergibt und dass Einkünfte im Sinne dieser Vorschrift dementsprechend nicht mit dem zu versteuernden Einkommen gleichzusetzen sind (BFH-Urteil vom 21. Juli 2000 VI R 153/99, BFHE 192, 316, BStBl II 2000, 566). Ob das Stipendium funktionsgebunden für besondere Ausbildungszwecke bestimmt war oder dem S frei zur Verfügung stand, ist nicht festgestellt. Darüber hinaus ist gegebenenfalls zu untersuchen, ob im Einzelnen geltend gemachte ausbildungsbedingte Mehraufwendungen mit dem Stipendium abgegolten wurden. Im Übrigen steht nicht fest, wann S das Stipendium erhalten hat. b) Ebenfalls dem Grunde nach zutreffend hat das FG entschieden, dass gemäß § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG die nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ermittelten Einkünfte und Bezüge auch um andere ausbildungsbedingte Mehraufwendungen zu kürzen sind, als die in DA-FamEStG 63.4.2.6 Abs. 7 aufgeführten. Es handelt sich dabei um solche im Einzelnen nachgewiesene Aufwendungen, die wegen der Ausbildung zu den Lebenshaltungskosten hinzukommen. Zur Begründung wird auf das zur Veröffentlichung bestimmte Senatsurteil vom 14. November 2000 VI R 62/97 verwiesen. Der Senat kann offen lassen, ob die Aufwendungen des S im Zusammenhang mit dem Zusatzstudium zu den als Werbungskosten abziehbaren Fortbildungskosten zählen (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 1996 VI R 24/95, BFHE 180, 360, BStBl II 1996, 452, m.w.N.), die mit den Einkünften und Bezügen des S zu verrechnen wären (BFH-Urteil vom 20. Juli 2000 VI R 121/98, Deutsches Steuerrecht 2000, 1951). Denn der insofern zu berücksichtigende Betrag deckt sich mit dem, der andernfalls gemäß § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG außer Ansatz bliebe. Danach können die Kosten für die Flüge und die Magisterarbeit abziehbare Aufwendungen sein, wobei es dem FG obliegt, den ausbildungsbedingten Bezug im Einzelnen zu würdigen. Dagegen sind im Hinblick auf die zur Lebensführung zählenden Kosten für Unterkunft und Verpflegung Anhaltspunkte für einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf im Streitfall nicht ersichtlich. Bei der Bemessung des Jahresgrenzbetrages des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist bereits berücksichtigt, dass viele in Ausbildung befindliche Kinder einen erhöhten Lebensbedarf haben, weil es an einer gemeinsamen Wirtschaftsführung mit den Eltern fehlt (BFH-Urteil in BFHE 192, 316, BStBl II 2000, 566, unter II. 2. e). c) Das FG wird die gebotenen Feststellungen nachzuholen und weitere vom Kläger geltend gemachte Aufwendungen für besondere Ausbildungszwecke zu würdigen haben.
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