| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH-Urteil vom 12.10.1995 (I R 27/95) BStBl. 2002 II S. 367

1. Behandelt das FG die Vereinbarung einer Gewinntantieme gegenüber einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nur unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs als unangemessen und deshalb als vGA, so darf es die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht auch auf den angemessenen Teil der Gewinntantieme erstrecken.

2. Eine im Jahre 1985 verwirklichte vGA kann nicht in den Erhebungszeitraum 1986 übertragen werden (Bestätigung des BFH-Urteils vom 29. Juni 1994 I R 137/93, BFHE 175, 347).

KStG §§ 8 Abs. 3 Satz 2, 27 Abs. 3 Satz 2.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die im Jahre 1981 von B und S gegründet wurde. Beide Gesellschafter wurden auch zu allein vertretungsberechtigten Geschäftsführern berufen. Sie waren von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches befreit.

Die Klägerin schloß mit ihren Geschäftsführern am 10. Februar 1982 schriftliche Geschäftsführerverträge, in denen jeweils eine Gewinntantieme in Höhe von 30 v.H. des näher definierten Gewinns neben festen Bezügen und sonstigen Nebenleistungen versprochen wurde. Die Gewinntantiemen waren jeweils einen Monat nach Genehmigung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung fällig. Die Gesellschafterversammlung sollte binnen sechs Monaten nach Schluß eines jeden Geschäftsjahres stattfinden.

Nach einer Betriebsprüfung für die Jahre 1987 bis 1989 erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die zum 31. Dezember 1986 und 1987 gebildeten Rückstellungen für Tantiemeverbindlichkeiten aus den Jahren 1985 (72.790 DM) und 1986 (4.984 DM) in Höhe von insgesamt jeweils 77.774 DM nicht an, weil die Tantieme für 1985 und für 1986 erst am 5. Dezember 1988 ausbezahlt worden sei, nachdem der Jahresabschluß 1985 erst am 15. März 1987 und der Jahresabschluß 1986 erst am 29. Februar 1988 genehmigt worden sei. Das FA setzte für 1986 eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) in Höhe von 77.774 DM an. Wegen Verlustrückträgen wirkte sich dies erst auf die Körperschaftsteuer 1988 und im übrigen auf die Gewerbesteuermeßbeträge 1986 und 1987 aus.

Das FA erließ am 9. Juli, 12. August und 10. September 1992 einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1988, geänderte Gewerbesteuermeßbescheide 1986 und 1987 und Feststellungsbescheide für das verwendbare Eigenkapital (vEK) zum 31. Dezember 1986 bis 1989. Die dagegen gerichteten Einsprüche wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 28. Januar 1993 als unbegründet zurück.

Die Klage blieb ohne Erfolg.

Mit ihrer vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung der §§ 8 Abs. 3 Satz 2 und 27 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG).

Sie beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des FG und der Einspruchsentscheidung den Körperschaftsteuerbescheid 1988 und die Gewerbesteuermeßbetragsbescheide für 1986 und 1987 zu ändern und die entsprechenden Änderungen in den Bescheiden über das vEK vorzunehmen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Die Revision betrifft zum einen das die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1988 abweisende Urteil des FG. Dazu weist der Senat darauf hin, daß die Ausführungen des FG in der Vorentscheidung nicht die von der Klägerin bezüglich des Körperschaftsteuerbescheides 1988 geltend gemachte Beschwer wiedergeben. Die Beschwer liegt allein in der für 1988 hergestellten Ausschüttungsbelastung. Das FA hat eine in 1988 abgeflossene andere Ausschüttung in Höhe von 77.774 DM angenommen. Nur dagegen richtet sich die Klage der Klägerin. Diesbezüglich hat das FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß die Klägerin in 1988 an B und S Gewinntantiemen für 1985 und 1986 in der genannten Höhe zahlte.

Die Zahlung der genannten 77.774 DM wäre eine im Jahre 1988 anzusetzende andere Ausschüttung, wenn die sie begründende Vereinbarung bzw. ihre tatsächliche Durchführung vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in den Wirtschaftsjahren 1985 und 1986 ausgelöst hätte. Insoweit ist unerheblich, ob die Körperschaftsteuerbescheide 1985 und 1986 einkommensmäßig noch geändert werden können bzw. ob eine bei der Einkommensermittlung für 1985 nicht berücksichtigte vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG noch bei der Ermittlung des Einkommens 1986 erfaßt werden kann. Die streitige andere Ausschüttung wird ausschließlich durch den Geldabfluß in 1988 bewirkt. Für ihn ist zu entscheiden, ob das dazugehörige Verpflichtungsgeschäft bzw. seine fehlende tatsächliche Durchführung eine vGA war.

Das FG hat eine vGA unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs bejaht. Dabei hat es die Frage offengelassen, ob eine solche auch deshalb anzunehmen ist, weil die Vereinbarungen über die Gewinntantieme tatsächlich nicht durchgeführt wurden. Dieses Vorgehen des FG ist fehlerhaft. Entscheidend ist, daß das FA eine andere Ausschüttung in Höhe der gesamten Tantiemen für 1985 und 1986 angenommen hat. Die Anwendung des Fremdvergleichsmaßstabes zwingt jedoch immer zur steuerlichen Berücksichtigung mindestens des Teils der Gewinntantieme, der noch als angemessen anzusehen ist. Der Senat hat dies zuletzt in seinem Urteil vom 5. Oktober 1994 I R 50/94 (BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549) entschieden. Das FG hätte deshalb die Entscheidung des FA nur dann bestätigen können, wenn es ebenfalls zu der Auffassung gelangt wäre, daß die Vereinbarungen über die Gewinntantieme tatsächlich nicht durchgeführt worden waren. Auf der Grundlage seiner Auffassung im übrigen hätte das FG dagegen nur einen Teil der Gewinntantiemen als andere Ausschüttungen behandeln dürfen.

2. Die Revision betrifft zum anderen das die Klage gegen die Gewerbesteuermeßbescheide 1986 und 1987 abweisende Urteil des FG. Auch dazu weist der Senat darauf hin, daß sich den Ausführungen des FG nicht entnehmen läßt, welche Auswirkungen sich aus dem streitigen Sachverhalt insbesondere auf den Gewerbesteuermeßbescheid 1987 ergeben.

Das FG hat jedenfalls das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 29. Juni 1994 I R 137/93 (BFHE 175, 347) nicht beachtet. Danach konnte das FA die für 1985 angenommene vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in Höhe von 72.790 DM nicht in den Erhebungszeitraum 1986 "übertragen". Für die in 1986 angefallene Gewinntantieme in Höhe von 4.984 DM gilt das unter II. 1. Gesagte entsprechend.

3. Schließlich betrifft die Revision das die Klage gegen die vEK-Bescheide zum 31. Dezember 1986 bis 1989 abweisende Urteil des FG. Auch insoweit lassen die Ausführungen des FG nicht erkennen, welche Beschwer von der Klägerin geltend gemacht wurde und weshalb die Klage abzuweisen war.

4. Die Vorentscheidung ist in ihrer Begründung und teilweise auch im Ergebnis fehlerhaft. Ob deshalb die Klage Erfolg haben wird, kann erst nach weiteren Sachverhaltsermittlungen entschieden werden. Sie nachzuholen ist die Aufgabe des FG. Deshalb war die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.