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BVerwG-Urteil vom 26.6.1980 (2 C 37.78) BStBl. 1980 II S. 625

Die Versagung der Genehmigung für die Nebentätigkeit eines Steuerbeamten in einem Lohnsteuerhilfeverein ist rechtmäßig.

GG Art. 2 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5; LBG Bln § 29; NTVO Bln F. 1978 § 5.

Sachverhalt

Der Kläger ist Steueramtmann im Dienst der Finanzverwaltung des Landes Berlin. Er ist Umsatzsteuersonderprüfer bei einem Finanzamt.

Im Jahre 1972 beantragte der Kläger, der damals noch Sachbearbeiter in einer Veranlagungsstelle für ehemalige Reichssteuern war, ihm die Genehmigung zur Nebentätigkeit bei dem "Lohnsteuerhilfe-Steuerberatungsverband für Arbeitnehmer Berlin e. V." zu erteilen. Die Nebentätigkeit soll darin bestehen, die Mitglieder des Vereins steuerlich zu beraten und nach individueller Besprechung mit dem einzelnen Mitglied den Antrag auf Lohnsteuerjahresausgleich oder Lohnsteuerermäßigung beziehungsweise die Einkommensteuererklärung zu erstellen und den zu erwartenden Erstattungsbetrag oder auch die Abschlußzahlung vorauszuberechnen. Die Oberfinanzdirektion Berlin lehnte nach Beteiligung der Personalvertretung diesen Antrag ab, weil es mit den beamtenrechtlichen Vorschriften nicht zu vereinbaren sei, daß der Kläger als Steuerbeamter die Interessen einer Gruppe gegen den von ihm vertretenen Steuerfiskus wahrnehme. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und der Klage stattgegeben. Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung der vom Kläger begehrten Genehmigung für die Nebentätigkeit in einem Lohnsteuerhilfeverein sind § 29 des Berliner Landesbeamtengesetzes in der seither unveränderten Fassung vom 1. Januar 1972 (GVBl. S. 288) - LBG - in Verbindung mit dem seit der Fassung vom 1. Januar 1971 (GVBl. S. 248) ergänzten § 5 der Berliner Verordnung über die Nebentätigkeit der Beamten in der Fassung vom 2. Oktober 1978 (GVBl. S. 2002) - NTVO - (zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Verpflichtungsklagen vgl. auch BVerwGE 29, 304 [305]; 31, 241 [243]; 41, 227 [230f.]; 52, 1 [3]).

Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 LBG bedarf der Beamte zur Übernahme einer Nebenbeschäftigung gegen Vergütung der Genehmigung. Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 LBG darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn zu besorgen ist, daß die Nebentätigkeit die dienstlichen Leistungen, die Unparteilichkeit oder die Unbefangenheit des Beamten oder öffentliche Interessen beeinträchtigen würde. § 29 LBG ist hiernach als "gebundene Erlaubnis" konstruiert. Liegt kein Versagungsgrund gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 LBG vor, so ist die beantragte Genehmigung der Nebentätigkeit zu erteilen. Dem Dienstherrn steht kein Ermessen zu. Er hat im Rahmen des § 29 Abs. 2 Satz 1 LBG auch keine Beurteilungsermächtigung (Beurteilungsspielraum). Bei dem gesetzlichen Versagungsgrund der Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Leistungen, der Unparteilichkeit oder Unbefangenheit des Beamten oder öffentlicher Interessen handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die verwaltungsgerichtlich voll nachprüfbar sind (Urteil vom 30. Juni 1976 - BVerwG 6 C 46.74 - [Buchholz 237.90 § 81 LBG Schleswig-Holstein Nr. 1]). Die Aufzählung in § 5 Abs. 2 Satz 2 NTVO konkretisiert wesentliche Anwendungsfälle des allgemeinen Versagungsgrundes nach § 29 Abs. 2 Satz 1 LBG, ohne abschließend zu sein. Aufgrund dieser Regelungen, gegen die keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (vgl. auch BVerwGE 29, 304 [307]; 31, 241 [243]), hat der Beklagte dem Kläger die erforderliche (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 3 NTVO) beantragte Genehmigung der beabsichtigten Nebentätigkeit mit Recht versagt.

Bei der Auslegung des § 29 Abs. 2 Satz 1 LBG und des § 5 Abs. 2 NTVO ist zu berücksichtigen, daß das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG), das grundsätzlich das Recht auf entgeltliche Verwertung der Arbeitskraft umfaßt, auch dem Beamten zusteht. Dieses findet aber seine Grenze in der verfassungsmäßigen Ordnung, zu der die Vorschriften des Beamtenrechts und die Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) gehören. Danach hat sich der Beamte mit "voller Hingabe" (§ 20 LBG) seinem Hauptamt zu widmen. Da er im allgemeinen seine Arbeitskraft nur nach Maßgabe der Arbeitszeitvorschriften zur Verfügung zu stellen hat, verbleibt ihm freie Zeit. Diese soll er in erster Linie für seine Erholung, darf sie daneben aber auch für eine entgeltliche Nebentätigkeit verwenden. Die Genehmigung für eine derartige Nebentätigkeit darf der Dienstherr jedoch versagen, wenn zu besorgen ist, daß die durch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums geschützten Interessen des öffentlichen Dienstes beeinträchtigt werden (BVerwGE 31, 241 [244, 248]; Urteil vom 17. September 1970 - BVerwG 2 C 2.69 - [Buchholz 232 § 65 BBG Nr. 4] und vom 30. Juni 1976 - BVerwG 6 C 46.74 - [a. a. O.]). Die durch die gebotene Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums bedingten Einschränkungen seiner Persönlichkeitsentfaltung muß der Beamte hinnehmen, zumal er sich diesen Grundsätzen durch den freiwilligen Eintritt in das Beamtenverhältnis unterworfen hat (BVerwGE 31, 241 [244]; vgl. auch BVerwGE 56, 227 [229]).

Da § 29 Abs. 2 Satz 1 LBG - ebenso wie die entsprechenden Beamtengesetze des Bundes und der anderen Länder - einen angemessenen Ausgleich der kollidierenden Verfassungsnormen des Art. 2 Abs. 1 und des Art. 33 Abs. 5 GG bezweckt und das individuelle Grundrecht des einzelnen Beamten aus Art. 2 Abs. 1 GG nicht weiter einschränken soll, als es die Rücksichtnahme auf dienstliche Interessen erfordert, sind die besonderen Umstände des Einzelfalles zu beachten. Die "Besorgnis" der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen darf nicht beschränkt auf abstrakte und generelle Gesichtspunkte beurteilt werden (BVerwGE 31, 241 [248]; Urteil vom 17. September 1970 - BVerwG 2 C 2.69 - [a. a. O.] und vom 30. Juni 1976 - BVerwG 6 C 46.74 - [a. a. O.]). Die "Besorgnis" der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weiter nur berechtigt, "wenn bei verständiger Würdigung der gegenwärtig erkennbaren Umstände unter Berücksichtigung der erfahrungsgemäß zu erwartenden Entwicklung eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen wahrscheinlich ist, wenn ein vernünftiger Grund für die Annahme besteht, daß eine solche Beeinträchtigung voraussichtlich eintreten wird" (Urteil vom 30. Juni 1976 - BVerwG 6 C 46.74 - [a. a. O.]). Auch wenn die bloße - nicht auszuschließende - Möglichkeit, eine fernliegende Gefahr der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen, nicht ausreicht, so muß doch andererseits eine solche Beeinträchtigung nicht in absehbarer Zeit im hohen Maße wahrscheinlich sein (BVerwGE 40, 11).

Für die Beurteilung dienstlicher Interessen können auch der dem jeweiligen Beamten übertragene Dienstposten oder die einer bestimmten Beamtengruppe übertragenen Aufgaben von Bedeutung sein (vgl. Urteil vom 30. Juni 1976 - BVerwG 6 C 46.74 - [a. a. O.]). Die dienstlichen Interessen beschränken sich hierauf aber nicht, wie offenbar das Berufungsgericht meint. Durch die gleichzeitige Verwendung des Begriffs der "öffentlichen Interessen", die zugleich dienstliche Interessen sind, ist vielmehr von Gesetzes wegen eindeutig klargestellt, daß § 29 Abs. 2 Satz 1 LBG nicht allein die mit der unmittelbaren Erledigung dienstlicher Aufgaben zusammenhängenden Interessen erfassen will, sondern auch die Interessen, welche durch die Verpflichtung des Beamten gegenüber dem Wohl der Allgemeinheit (§ 18 LBG) berührt werden (BVerwGE 12, 34 [36]). Sie sind - allerdings nur soweit sie die Interessen der jeweiligen Verwaltung, nicht aber soweit sie andere öffentliche Interessen ohne dienstlichen Bezug betreffen - im weitesten Sinne zu begreifen (BVerwGE 29, 304 [306]; 35, 201 [205]; Urteile vom 17. September 1970 - BVerwG 2 C 2.69 - [a. a. O.] und vom 30. Juni 1976 - BVerwG 6 C 46.74 - [a. a. O.]).

Als einen Fall der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen führt § 29 Abs. 2 Satz 1 LBG die Besorgnis der Beeinträchtigung der Unparteilichkeit oder der Unbefangenheit des Beamten an. Aus den vorangehenden Erwägungen ergibt sich, daß damit nicht nur eine mögliche Beeinträchtigung der Unparteilichkeit oder Unbefangenheit des Beamten bei der Wahrnehmung seiner Dienstaufgaben im konkreten Einzelfall erfaßt, sondern allgemein die Gefahr einer Beeinträchtigung der dienstlichen Interessen des Dienstherrn bei der Amtsausübung des Beamten vermieden werden soll. Durch die Versagung der Nebentätigkeitsgenehmigung soll in Fällen dieser Art von vornherein verhindert werden, daß - wie in § 5 Abs. 2 Nr. 3 NTVO ausdrücklich ausgesprochen - der Beamte in einen Widerstreit mit seinen dienstlichen Pflichten gerät (vgl. auch BVerwGE 31, 241 [251]), nach denen er aufgrund des besonderen gegenseitigen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses seine ganze Persönlichkeit in den Dienst seines Amtes zu stellen und auch außerhalb seines amtlichen Pflichtenkreises alles zu vermeiden hat, was die dienstlichen Interessen schädigen und damit das Wohl der Allgemeinheit gefährden könnte. In einen solchen Widerstreit mit seinen dienstlichen Pflichten kann ein in der Steuerverwaltung tätiger Steuerbeamter wie der Kläger - sogar unabhängig von dem von ihm zu bearbeitenden konkreten Steuerfall - in doppelter Weise geraten, wenn er gleichzeitig auf dem Gebiet des Steuerrechts auf privatrechtlicher Grundlage Dritte gegenüber seinem Dienstherrn gegen Entgelt berät.

Wie der Beklagte zutreffend dargelegt hat, ist ein Steuerbeamter Sachwalter der Steuerverwaltung und damit der Öffentlichkeit und hat in deren Interesse im Rahmen der gesetzlichen Bestimmung ein möglichst hohes Steueraufkommen anzustreben. Er hat das öffentliche Interesse mit nicht weniger Nachdruck durchzusetzen, als von privater Seite die privaten Interessen regelmäßig verfolgt werden. Bei einer Nebentätigkeit in einem Lohnsteuerhilfeverein ist er hingegen Sachwalter des jeweiligen Steuerpflichtigen, hat dessen Individualinteresse wahrzunehmen und unter Ausschöpfung des gesetzlichen Rahmens die Steuerschuld möglichst gering zu halten. Er hat ausschließlich die dem Vereinsmitglied günstigen, nicht ohne weiteres mit den Interessen seines Dienstherrn zu vereinbarenden Auffassungen zu vertreten. Er hat dem Steuerrecht nicht als Selbstzweck, sondern zur Durchsetzung des von ihm Beratenen zu dienen. Auch wenn der Beamte bei beiden Tätigkeiten die gesetzlichen Bestimmungen zu beachten hat, ist ein Interessenkonflikt bei einer derartigen Fallgestaltung im allgemeinen nahezu unvermeidlich. Da der Wille des Gesetzgebers nicht immer eindeutig ist, besteht häufig - was insbesondere die Fülle der Widerspruchs- und Gerichtsverfahren zeigt - eine Bandbreite rechtlich möglicher Lösungen, ohne daß gegen die eine oder die andere Auffassung der Vorwurf der Unredlichkeit oder gar der Steuerhinterziehung erhoben werden könnte. Ferner sind vielfach unterschiedliche Auffassungen bei der Bewertung der Steuersachverhalte - auch ohne deren Verfälschung - denkbar und vertretbar. Es ist aber von erheblicher Bedeutung, ob die rechtlichen Möglichkeiten für die Sphäre der öffentlichen Hand oder für die Individualsphäre ausgeschöpft werden. Der Beamte müßte in seinem Hauptamt eine andere Einstellung zeigen als bei der Ausübung seiner Nebentätigkeit. Bei dieser Sachlage besteht die begründete Besorgnis des Dienstherrn, daß der Beamte - bewußt oder unbewußt - nicht mehr innerlich unbefangen seine Dienstaufgaben als Steuerbeamter in der erforderlichen sachlichen Weise erledigt. Dabei ist unerheblich, ob sich der Beamte für befangen hält oder ob er tatsächlich befangen ist.

Diese Erwägungen gelten auch im Falle des Klägers, selbst wenn er gegenwärtig als Umatzsteuersonderprüfer eingesetzt und nicht mit der Prüfung von Lohn- und Einkommensteuersachen befaßt ist. In jedem Bereich der Finanzverwaltung hat er die Interessen seines Dienstherrn und damit der Steuerverwaltung zu vertreten. Der Interessenkonflikt ist nicht auf den Bereich beschränkt, der Gegenstand seiner Nebentätigkeit ist. In diesem Zusammenhang ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch bedeutsam, daß der Kläger Kenntnis von internen Verwaltungsanweisungen hat, die Art und Umfang der bei der Bearbeitung von Lohnsteuerermäßigungs- und Lohnsteuerjahresausgleichsanträgen sowie von Einkommensteuererklärungen vorzunehmenden Überprüfungen der Angaben des Steuerpflichtigen bestimmen und die lediglich im Interesse der Verwaltung zur Vereinfachung des Arbeitsablaufs ergangen sind. Aufgrund dieser Kenntnis kann der Kläger den Umfang und die Intensität der sachlichen Überprüfung von Anträgen vorhersehen. Diese Anweisungen, die der Dienstherr vor den Steuerpflichtigen geheimzuhalten berechtigt ist, könnten von dem Beamten - bewußt oder unbewußt - zugunsten der Steuerpflichtigen und zum Nachteil des Dienstherrn bei der Beratung in Steuersachen berücksichtigt werden und zu einer verstärkten Durchsetzung des Individualinteresses zu Lasten des öffentlichen Interesses führen. Der Dienstherr, der den Beamten auf dem Gebiet der Steuerverwaltung umfassend ausgebildet hat, braucht es nicht hinzunehmen, daß dieser gleichzeitig neben seiner Tätigkeit in der Steuerverwaltung - unter möglicher Verwertung seiner Kenntnis von Verwaltungsinterna - auf dem Gebiet des Steuerrechts Dritte gegen Entgelt in eigennütziger Weise berät.

Die Erwägung, daß der Steuerbeamte auch bei seiner Tätigkeit in der Steuerverwaltung die den Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen hat (§ 88 Abs. 2 der Abgabenordnung [AO 1977] vom 16. März 1976 [BGBl. I S. 613]) und auch dem Steuerpflichtigen zur Hilfeleistung verpflichtet ist (vgl. § 151 AO), kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Er wird dadurch ebensowenig Sachwalter des Steuerpflichtigen wie der Staatsanwalt, der auch zur Entlastung dienende Umstände zu ermitteln hat (§ 160 Abs. 2 StPO), deshalb zum Sachwalter des Beschuldigten wird.

Abgesehen von der Besorgnis der Beeinträchtigung der Unbefangenheit und Unparteilichkeit bei der gebotenen Interessenvertretung (Loyalitätskonflikt) besteht die Besorgnis, daß das für ein reibungsloses Funktionieren einer sauberen Verwaltung unbedingt erforderliche Vertrauen der Öffentlichkeit in die Unbefangenheit und Unparteilichkeit der Beamten der Steuerverwaltung und in die Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen durch eine entgeltliche Nebentätigkeit eines Steuerbeamten auf dem Gebiet des Steuerrechts beeinträchtigt würde. Aufgrund der das Revisionsgericht bindenden, mit zulässigen Verfahrensrügen nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) steht fest, daß die Mitwirkung des Beratenden in den Lohnsteuerjahresausgleichsanträgen, den Lohnsteuerermäßigungsanträgen beziehungsweise den Einkommensteuererklärungen jeweils kenntlich zu machen ist. Es ist deshalb damit zu rechnen, daß die Tätigkeit eines Steuerbeamten auf diesem Gebiet einem größeren Personenkreis bekannt würde. Es könnte der berechtigte Eindruck entstehen, daß der Steuerbeamte mit Billigung des Dienstherrn dienstliche mit privaten Interessen verquickt und damit die ojektive, gerechte und sachliche Erledigung der Dienstgeschäfte nicht mehr gewährleistet ist. Durch die ihm - aber nicht den Steuerpflichtigen und den steuerberatenden Berufen - unmittelbar zugänglichen internen Verwaltungsanweisungen sowie durch seine Verbindungen mit anderen Steuerbeamten, könnte darüber hinaus der Grundsatz der "Waffengleichheit" aller Steuerpflichtigen berührt sein. Es könnte - wie der Oberbundesanwalt mit Recht ausgeführt hat - in der Öffentlichkeit leicht der Anschein erweckt werden, daß der von dem Steuerbeamten beratene Steuerpflichtige einen "Fürsprecher" in der Verwaltung gefunden hat, dessen Mitwirkung sich günstig auswirkt. Bei der nach den vorangehenden Ausführungen erheblichen Gefahr eines Interessenkonflikts kann auch bei einem sachlich denkenden Bürger eine Vertrauenseinbuße eintreten. Der vom Berufungsgericht unter Bezugnahme auf das Urteil vom 30. Juni 1976 - BVerwG 6 C 46.74 - (a. a. O.) hervorgehobene Gesichtspunkt, daß eine aus unsachlichen, mit der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbarenden Erwägungen herrührende "Einbuße" an Vertrauen und Ansehen im Rahmen des § 29 LBG unbeachtlich ist, kann deshalb zu keiner anderen Beurteilung führen.

Der Beklagte hat die Versagung der beantragten Genehmigung für die Nebentätigkeit in dem Lohnsteuerhilfeverein mit Recht auch darauf gestützt, daß diese zu einer wesentlichen Einschränkung der künftigen Verwendbarkeit des Klägers und damit zu einer Beeinträchtigung dienstlicher Interessen führen kann (§ 5 Abs. 2 Nr. 4 NTVO). Da der Beamte im Interesse einer an den Grundsätzen der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit ausgerichteten effektiven Verwaltung nicht nur für einen bestimmten Dienstposten, sondern im Hinblick auf die erforderliche vielseitige Verwendbarkeit, Austauschbarkeit und Mobilität für den gesamten Aufgabenbereich seiner Laufbahn ausgebildet wird, ist seiner jeweiligen Verwendung von vornherein die Möglichkeit der Umsetzung immanent. Bei einer Umsetzung des Klägers auf einen Dienstposten für die Bearbeitung von Lohn- und Einkommensteuersachen bestünde die naheliegende Gefahr, daß er, etwa bei mit seiner Hilfe gestellten Anträgen, im jeweiligen Einzelfall von der Bearbeitung ausgeschlossen ist (§ 82 Abs. 1 Nr. 6 AO) und in weiteren Fällen die Besorgnis der Befangenheit aufgrund seiner Nebentätigkeit begründet ist (§ 83 AO). Diese Gefahr kann nicht ohne weiteres durch den Widerruf der Genehmigung ausgeräumt werden. Die Bearbeitung eines Steuerantrages im Verwaltungsverfahren kann sich über längere Zeit erstrecken. Ein Antrag kann von einem Steuerpflichtigen bei gleichem Steuersachverhalt wiederholt gestellt werden, und unabhängig davon können aufgrund des durch die entgeltliche Nebentätigkeit auf privatrechtlicher Grundlage entstandenen Vertrauensverhältnisses die Voraussetzungen des § 83 AO gegeben sein. Der Dienstherr braucht sich aber nicht der naheliegenden Gefahr auszusetzen, in derartigen Fällen für eine Vertretung sorgen und damit letztlich der Nebentätigkeit gegen Entgelt Vorrang vor den dienstlichen Interessen einräumen zu müssen.

Der Hinweis des Klägers auf seine Eigenschaft als Vertrauensmann der Schwerbehinderten und als Mitglied des Personalrats geht fehl. Die hier einschlägigen Regelungen des § 23 Abs. 3 des Gesetzes zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz - SchwbG) vom 8. Oktober 1979 (BGBl. I S. 1649) und des § 44 des Berliner Personalvertretungsgesetzes (PersVG) vom 26. Juli 1974 (GVBl. S. 1669) schließen die Umsetzung im Finanzamt auf einen anderen Dienstposten, d. h. die Übertragung eines anderen Amtes im funktionellkonkreten Sinne (vgl. Urteil vom 20. April 1977 - BVerwG 6 C 154.73 - [Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 18]), nicht aus. Die Zustimmung des Personalrats ist gemäß § 44 PersVG zwar auch bei der Übertragung eines anderen Arbeitsgebietes erforderlich, ist aber zu erteilen, wenn dies auch unter Berücksichtigung der Mitgliedschaft aus wichtigem dienstlichen Grund unvermeidlich ist. Im übrigen ist die Amtszeit des Vertrauensmanns der Schwerbehinderten und des Personalrats auf vier (§ 21 Abs. 7 SchwbG) beziehungsweise drei (§ 23 PersVG) Jahre begrenzt.

Die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit steht entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung nicht im Widerspruch zu dem bereits wiederholt angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 1976 - BVerwG 6 C 46.74 - (a. a. O.) zu einem besonders gelagerten Einzelfall, sondern vielmehr damit im Einklang. Jene Entscheidung betrifft nicht - wie hier - einen umfassend für seine Laufbahn ausgebildeten Beamten, der auf dem Gebiet des Steuerrechts hoheitsrechtliche Tätigkeit in einer die Rechte des Bürgers erheblich berührenden Eingriffsverwaltung ausübt, und der zugleich Dritte auf privatrechtlicher Grundlage auf dem gleichen Gebiet gegen seinen Dienstherrn - und damit im Hauptamt und bei seiner Nebentätigkeit von ihrer Anlage her sich widersprechende Interessen - vertreten will. Kläger jenes Rechtsstreits war vielmehr ein im Innendienst tätiger Schirrmeister mit einem speziellen Aufgabengebiet und einer entsprechenden Spezialausbildung, die die Übertragung eines anderen Dienstpostens unwahrscheinlich machte. Er konnte aufgrund seiner Nebentätigkeit nicht in den Konflikt geraten, in seinem konkreten oder in dem sonstigen Aufgabengebiet seines Dienstherrn gegen diesen die Interessen Dritter zu vertreten.