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BFH-Urteil vom 9.12.1982 (IV R 176/78) BStBl. 1983 II S. 417

1. Die nach § 3 Nr. 1 ErfVO erteilte Anerkennung einer Erfindung als "volkswirtschaftlich wertvoll" ist für das Veranlagungsverfahren auch insoweit bindend, als sie das Vorliegen einer "Erfindung" i. S. der ErfVO betrifft.

2. Übernimmt ein Erfinder im Rahmen eines Lizenzvertrages Nebenleistungen, die die Erfindung und Ihre Anwendung betreffen (wie z. B. die Übernahme der Verantwortung für das einwandfreie Funktionieren der Erfindung), so sind auch die hierfür geleisteten Entgelte als "Einkünfte aus der Erfindertätigkeit" bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nach § 4 Nr. 3 ErfVO begünstigt.

ErfVO § 3 Nr. 1, § 4 Nr. 3.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

Streitig ist unter den Beteiligten, in welchem Umfang Lizenzerträge nach § 4 Nr. 3 der Verordnung über die einkommensteuerliche Behandlung der freien Erfinder (ErfVO) begünstigt sind.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind die Miterben des am ... verstorbenen Ingenieurs ... (Erblasser). Dieser befaßte sich seit 1931 mit der Entwicklung von Maschinen, die der Automatisierung bestimmter Arbeits- und Transportabläufe auf dem Gebiet der ...technik dienen. Es handelt sich dabei um Maschinenaggregate, die aus einer Vielzahl von einzelnen Apparaten bestehen,...

Der Erblasser entwickelte zunächst das ...-System I und später - unter Verwendung einiger Funktionsbereiche des Systems I sowie eines neuen Verfahrens ... (im folgenden: X-Verfahren) - das System II.

Nachdem der Erblasser zunächst seine Erfindungen selbst ausgewertet hatte, gründete er mit seiner Ehefrau im Jahre 1956 eine GmbH, der er durch mehrere Lizenzverträge die Verwertung der von ihm entwickelten Systeme übertrug. Als Gegenleistung für die Überlassung der Erfindungen zahlte die GmbH Lizenzgebühren, die sich nach der Zahl der von der GmbH gelieferten Maschinen bemaßen (sog. Stücklizenzen). In den Lizenzverträgen übernahm der Erblasser die Verantwortung für das einwandfreie Funktionieren der Maschinen.

Aufgrund von Feststellungen, die im Rahmen einer Betriebsprüfung getroffen wurden, vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) bei der Veranlagung des Erblassers zur Einkommensteuer die Auffassung, daß die Lizenzgebühren für das System II nicht in vollem Umfang nach § 4 Nr. 3 ErfVO begünstigt seien, da einige der im System II verwendeten Erfindungen bereits die Grundlage des Systems I gebildet hätten und für diese Erfindungen der in § 4 Nr. 3 ErfVO vorgesehene Begünstigungszeitraum bereits abgelaufen sei. Bei dem im System II verwendeten neuen X-Verfahren habe es sich um keine patentfähige Erfindung gehandelt. Schließlich habe der Erblasser einen Teil der Lizenzgebühren im Hinblick auf das von ihm übernommene "Funktionsrisiko" erhalten; der hierauf entfallende Gebührenanteil sei ebenfalls nicht begünstigt.

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung erließ das FA Bescheide über die Einkommensteuer 1961 bis 1965. Hiergegen erhob der Erblasser mit Zustimmung des FA Sprungklage.

Im ersten Rechtsgang wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das FG aus, die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung nach § 4 Nr. 3 ErfVO scheitere schon daran, daß der Erblasser seine Erfindungen im eigenen Betrieb, nämlich in der von ihm zusammen mit seiner Ehefrau gegründeten und von ihm beherrschten GmbH verwertet habe. Der Bundesfinanzhof (BFH) hob die Entscheidung des FG mit Urteil vom 24. März 1977 IV R 39/73 (BFHE 121, 465, BStBl II 1977, 821) auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das FG zurück. Zur Begründung führte der BFH aus, eine - die Begünstigung ausschließende - Verwertung im eigenen Betrieb liege nicht vor, wenn - wie im Streitfall - die Verwertung der Erfindung einer durch Betriebsaufspaltung entstandenen Betriebskapitalgesellschaft überlassen werde.

Im zweiten Rechtsgang gab das FG der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1979, 347). Es führte aus, für die aus dem System II erzielten Lizenzerträge bestehe ein Anspruch auf volle Begünstigung nach § 4 Nr. 3 ErfVO. Das im System II verwendete neue X-Verfahren sei durch Bescheinigung des Berliner Senators für Finanzen vom 29. Januar 1963 als volkswirtschaftlich wertvolle neue Erfindung anerkannt worden. Diese Bescheinigung sei für das Veranlagungsverfahren bindend. Die weiteren im System II verwendeten Erfindungen, für die der Begünstigungszeitraum möglicherweise schon abgelaufen sei, hätten nach dem (privaten) Gutachten des Prof. Dr. A vom 17. März 1969 gegenüber dem im System II verwendeten neuen X-Verfahren nur eine untergeordnete Bedeutung. Mit Rücksicht auf die gestiegenen Anforderungen in diesem technischen Bereich seien diese Erfindungen ohne das neue X-Verfahren überhaupt nicht mehr verwendbar gewesen. Das werde auch dadurch bestätigt, daß das System I seit 1962 nicht mehr habe verkauft werden können. - Schließlich sei eine Kürzung der Erfindervergünstigung nicht deshalb veranlaßt, weil ein Teil der Lizenzeinnahmen auf ein vom Erblasser übernommenes Funktionsrisiko entfalle. Für die Behauptung des FA, ein Entgelt sei nicht nur für die Vergabe von Erfindungen, sondern auch für das gegenüber der GmbH übernommene Funktionsrisiko gezahlt worden, hätten keine überzeugenden Anhaltspunkte festgestellt werden können.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 4 Nr. 3 ErfVO i. V. m. § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dem FG könne nicht darin gefolgt werden, daß der Erblasser Anspruch auf die volle steuerrechtliche Begünstigung der aus dem System II erzielten Lizenzerträge habe. Das FG sei zu diesem Ergebnis nur gekommen, weil es das neue X-Verfahren als begünstigte Erfindung angesehen habe. Nach Auffassung des FG habe die für das X-Verfahren nach § 3 ErfVO erteilte Bescheinigung des Berliner Senators für Finanzen außer der Feststellung des volkswirtschaftlichen Werts auch eine verbindliche Aussage darüber enthalten, daß hier eine "Erfindung" i. S. der ErfVO vorliege. Eine solche Wirkung komme dieser Bescheinigung indessen nicht zu. Die Finanzverwaltung hätte vielmehr selbständig prüfen müssen, ob insoweit die Patentfähigkeit als materiell-rechtliche Voraussetzung für die Vergünstigung nach der ErfVO vorgelegen habe. Eine entsprechende Prüfung hätte auch das FG durchführen müssen. Sollte allerdings der erkennende Senat der Auffassung des FG folgen, daß die Bescheinigung des Berliner Senators für Finanzen auch hinsichtlich des Vorliegens einer "Erfindung" verbindlich sei, so müßte die Vergünstigung nach § 4 Nr. 3 ErfVO für das X-Verfahren auf 30 v. H. der Lizenzeinnahmen aus dem System II beschränkt werden. Die Ansicht des FG, die in dem System II verwendeten anderen Erfindungen seien nur von untergeordneter Bedeutung, da sie ohne das neue X-Verfahren wirtschaftlich nicht mehr verwendbar gewesen seien, treffe nicht zu. - Gerügt werde schließlich, daß das FG die Prüfung der Frage unterlassen habe, ob die Übernahme des "Funktionsrisikos" durch den Erblasser noch im Rahmen der Erfindertätigkeit liege.

Das FA beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und die Vergünstigung nach der ErfVO entsprechend den Ausführungen in der Revisionsbegründung zu vermindern.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Es ist nicht zu beanstanden, daß das FG die dem Erblasser in den Streitjahren zugeflossenen Lizenzeinkünfte in vollem Umfang nach § 4 Nr. 3 ErfVO als begünstigt angesehen hat.

1. Dem FG ist darin beizupflichten, daß die Anerkennung des Berliner Senators für Finanzen, nach der das X-Verfahren volkswirtschaftlich wertvoll ist, für das Veranlagungsverfahren auch insoweit bindend ist, als sie das Vorliegen einer "Erfindung" i. S. der ErfVO bejaht. Dies ergibt sich aus der Vorschrift des § 3 Nr. ErfVO, die das sog. "Anerkennungs"-Verfahren regelt.

In diesem - als Voraussetzung für die Gewährung von Steuervergünstigungen nach der ErfVO durchzuführenden - Verfahren muß die oberste Wirtschaftsbehörde des Landes, in dem die Erfindertätigkeit ausgeübt wird, mit Zustimmung des Bundesministers für Wirtschaft (BMWi) bestätigen und die oberste Finanzbehörde des Landes anerkennen, daß "der Versuch oder die Erfindung" volkswirtschaftlich wertvoll ist (§ 3 Nr. 1 ErfVO).

Die Entscheidung über die Anerkennung kann nicht getroffen werden, ohne daß geprüft wird, ob "ein Versuch oder eine Erfindung" i. S. der ErfVO vorliegt. Die Anerkennungsbehörden müssen sich dabei allerdings mit Fragen befassen, für die ihnen vielfach die erforderlichen Erkenntnismöglichkeiten fehlen. Denn die ErfVO stellt auf "patentfähige" Erfindungen ab (vgl. § 1 Nr. 2 ErfVO). Was aber als patentfähig anzusehen ist, läßt sich nur nach dem Patentrecht beurteilen. Da die Anerkennungsbehörden weder über die Dokumentation des Patentamts noch über ein entsprechend vorgebildetes Personal verfügen, kann die von diesen Behörden vorzunehmende Prüfung nicht in allen Einzelheiten dem Verfahren entsprechen, das nach dem Patentgesetz (PatG) Voraussetzung für die Erteilung eines Patents ist; die Entscheidung über die Erteilung eines Patents steht ohnehin allein dem Patentamt zu. An die Prüfung, ob eine "patentfähige" Erfindung vorliegt, können deshalb keine allzu großen Anforderungen gestellt werden. So genügt im Anerkennungsverfahren mangels besserer Erkenntnismöglichkeiten die Auskunft eines Patentanwalts oder eines anderen Sachverständigen, aus der ersichtlich ist, daß die Erfindung nach dem augenblicklichen Stand der Technik und der bisher bekannten Literatur in Anbetracht ihrer Neuheit und Erfindungshöhe voraussichtlich zur Erteilung eines Patents führen wird (vgl. Schnekenburger, Betriebs-Berater - BB - 1968, 1378, 1381). Diese - das Vorliegen einer patentfähigen Erfindung betreffende - Prüfung ist ein wesentlicher Bestandteil des Anerkennungsverfahrens (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1975 IV R 188/71, BFHE 117, 567, BStBl II 1976, 248; Schmitz/Sinn, Die einkommensteuerrechtliche Behandlung der freien Erfinder, S. 7 ff.; Schnekenburger, a. a. O.; Kröger, Forschungskosten, Erfindungen, Lizenzen und know-how im Steuerrecht, 2. Aufl., S. 62; Knoppe, Die Besteuerung der Lizenz- und know-how-Verträge, 2. Aufl., S. 118 ff.).

Hat die oberste Finanzbehörde des Landes nach Durchführung des in § 3 Nr. 1 ErfVO vorgesehenen Verfahrens "anerkannt", daß eine Erfindung volkswirtschaftlich wertvoll ist, dann bezieht sich die Anerkennung demgemäß nicht nur auf den volkswirtschaftlichen Wert, sondern auch darauf, daß überhaupt eine begünstigungsfähige Erfindung (bzw. ein begünstigungsfähiger Versuch) i. S. der ErfVO vorliegt.

An diese Bescheinigung ("Anerkennung") der obersten Finanzbehörde des Landes ist das FA bei seiner Entscheidung über die Gewährung der Vergünstigung gebunden. Das ergibt sich aus der Aufgabenteilung, die die ErfVO für die Prüfung der Begünstigungsvoraussetzungen vorsieht. Die Anerkennung durch die obersten Finanzbehörden betrifft patentrechtliche und volkswirtschaftliche Fragen, die ausschließlich durch die obersten Finanzbehörden des Landes (unter Mitwirkung der obersten Wirtschaftsbehörden des Landes und unter Zustimmung des BMWi) entschieden werden sollen. Gegen die Ablehnung der Anerkennung ist ein eigenes Rechtsbehelfsverfahren vorgesehen. Für eine nochmalige Entscheidung dieser Fragen durch die FÄ ist somit kein Raum (zur Bindungswirkung der insoweit vergleichbaren Bescheinigung des Bundesbeauftragten für den Steinkohlebergbau nach § 32 des Gesetzes zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlenbergbaus und der Steinkohlenbergbaugebiete - KoG - , vgl. BFH-Urteil vom 19. März 1981 IV R 49/77, BFHE 133, 144, BStBl II 1981, 538).

Das FG hat hiernach zu Recht entschieden, daß das FA an die vom Berliner Senator für Finanzen erteilte Bescheinigung über die Anerkennung des X-Verfahrens als volkswirtschaftlich wertvoll auch insoweit gebunden war, als hierin von dem Vorliegen einer patentfähigen "Erfindung" i. S. der ErfVO ausgegangen wurde. Die Bedenken, es fehle dem X-Verfahren an der nötigen Erfindungshöhe, konnten nach Erteilung der Anerkennungsbescheinigung bei der Einkommensteuerveranlagung des Erblassers nicht mehr Gegenstand erneuter Prüfung sein.

2. Dem FG ist weiter darin zu folgen, daß die Einkünfte aus der Erfindung des X-Verfahrens auch insoweit begünstigt sind, als sie auf das sog. "Funktionsrisiko" entfallen.

Nach § 4 Nr. 3 ErfVO wird "die anteilige Einkommensteuer, die sich für die Einkünfte aus freier Erfindertätigkeit im Verhältnis zum Gesamtbetrag der Einkünfte ... ergibt, auf Antrag für die Versuchszeit und für den Veranlagungszeitraum, in dem die Verwertung beginnt, und für die acht folgenden Veranlagungszeiträume, bei patentierten Erfindungen höchstens aber für die Laufzeit des Patents, nur zur Hälfte erhoben".

Zu den hiernach begünstigten "Einkünften aus freier Erfindertätigkeit" gehören insbesondere die Einkünfte, die sich aus der Überlassung der Erfinderrechte (§ 9 PatG) gegen Entgelt ergeben (BFH-Urteil vom 24. März 1977 IV R 39/73, BFHE 121, 465, BStBl II 1977, 821).

Übernimmt ein Erfinder im Rahmen eines Lizenzvertrags noch Nebenleistungen, die die Erfindung und ihre Anwendung betreffen, so sind auch die hierfür geleisteten Entgelte als Einkünfte "aus freier Erfindertätigkeit" nach § 4 Nr. 3 ErfVO begünstigt; denn diese Nebenleistungen sind Teil der Erfindertätigkeit (Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19. Aufl., ErfVO § 1 Tz. 8). Das gilt insbesondere, wenn der Erfinder - wie im Streitfall - die Verantwortung für das einwandfreie Funktionieren der von ihm entwickelten Erfindung übernimmt. Die hieraus erwachsenden einzelnen Verpflichtungen des Erfinders stehen in einem so engen Zusammenhang mit seiner Erfindertätigkeit, daß auch eine hierauf entfallende Vergütung zu den Einkünften aus freier Erfindertätigkeit zu rechnen ist.

Demgemäß hat das FG im Ergebnis zu Recht entschieden, daß eine Kürzung der steuerlichen Begünstigung wegen des vom Erblasser übernommenen "Funktionsrisikos" nicht geboten ist. Die insoweit maßgebenden vertraglichen Bestimmungen im Lizenzvertrag vom 16. Juli 1961 sehen vor, daß für jede von der GmbH gelieferte Maschine eine Stücklizenz von 3.200 DM gezahlt werden sollte (§ 3 des Vertrags). Der Erblasser sollte außerdem "die Verantwortung für das einwandfreie Funktionieren der von ihm entwickelten Konstruktionen" tragen; hieraus sollten allerdings geldliche Ansprüche weder für die GmbH noch für den Erblasser entstehen. Diese vertragliche Gestaltung ist so aufzufassen, daß mit der Zahlung der Stücklizenz von 3.200 DM nicht nur die Erfinderleistung, sondern auch die wegen etwa auftretender Konstruktionsmängel erforderlich werdenden "Nachbesserungs"-Arbeiten des Erblassers abgegolten sein sollten. In den Stücklizenzen war somit auch eine Honorierung von - möglicherweise zu erfüllenden - Nebenpflichten enthalten, die in untrennbarem Zusammenhang mit der Erfindertätigkeit des Erblassers standen. Hierauf entfallende Einkünfte sind ebenso wie die Haupteinkünfte als Erfindereinkünfte begünstigt. - Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb angezeigt, weil "das Funktionsrisiko" im Rahmen der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens anders behandelt worden ist. An die dortige - bei einer Hauptsacheerledigung für zutreffend erachtete - Sachbehandlung ist der Senat nicht gebunden.

3. Der erkennende Senat folgt der Entscheidung des FG schließlich auch insoweit, als die vom Erblasser für das System II erzielten Lizenzeinkünfte nicht als Gegenleistung für die Überlassung mehrerer im System II verwendeter Erfindungen, sondern in vollem Umfang als Entgelt für die Übertragung der Erfinderrechte am X-Verfahren angesehen wurden.

a) Dabei ist davon auszugehen, daß Lizenzeinnahmen, die nach der Stückzahl eines aufgrund mehrerer Erfindungen hergestellten Erzeugnisses bemessen und in einem Gesamtbetrag gezahlt werden, u. U. auf die einzelnen Erfindungen aufzuteilen sind, sofern für die einzelnen Erfindungen unterschiedliche Begünstigungszeiträume (§ 4 Nr. 3 ErfVO) laufen. Gegebenenfalls sind die auf die begünstigte Erfindertätigkeit entfallenden Einnahmen durch Schätzung zu ermitteln (BFH-Urteil vom 12. Oktober 1978 IV R 68/74, BFHE 126, 392, BStBl II 1979, 174). Bei der Schätzung, welcher Teil der Lizenzgebühr tarifbegünstigt ist, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (vgl. hierzu Der Betrieb - DB - 1969, 1375 - ohne Verfasserangabe).

Da die Schätzung ein Vorgang der tatsächlichen Würdigung ist, kommt eine revisionsrichterliche Überprüfung nur in einem begrenzten Umfang in Betracht. Der BFH ist gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, daß in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

b) Im Streitfall mußte durch Schätzung ermittelt werden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang in den an den Erblasser gezahlten Vergütungen außer der Honorierung für das neue begünstigte X-Verfahren auch noch Entgelte für andere - nicht mehr begünstigte - Erfindungen enthalten waren. Die hierzu vom FG durchgeführte Schätzung läßt Mängel bei der Sachverhaltsaufklärung sowie bei der Tatsachenwürdigung nicht erkennen.

Das FG geht davon aus, daß die im System II verwendeten Erfindungen teilweise bereits im System I verwendet worden sind. Diesen Erfindungen kommt nach Auffassung des FG gegenüber dem neuen X-Verfahren nur untergeordnete Bedeutung zu; sie seien ohne das neue X-Verfahren wirtschaftlich überhaupt nicht mehr verwendbar gewesen. Das FG stützt seine Auffassung auf ein Privatgutachten des Prof. Dr. A, in dem ausgeführt wird, das System I habe sich den durch den Einsatz moderner ...maschinen veränderten Verhältnissen in der ...industrie nicht anpassen lassen; insbesondere habe es den erheblich gestiegenen technischen und wirtschaftlichen Anforderungen nicht mehr genügt. Diese Entwicklung habe den Erblasser veranlaßt, auf der Grundlage des von ihm eigens dafür entwickelten neuen X-Verfahrens das System II zu konstruieren. Diese neue Maschine habe erstmals den technischen und wirtschaftlichen Anforderungen der ...industrie entsprochen. Bei dem System II handle es sich nicht um eine Weiterentwicklung des Systems I, sondern um eine im Prinzip grundlegend neuartige Anlage.

Die Schlußfolgerungen, die das FG aus dem Gutachten von Prof. Dr. A gezogen hat, können nicht als mangelhafte Tatsachenwürdigung angesehen werden. Insbesondere kann dem FA nicht darin gefolgt werden, daß eine Aufteilung der Lizenzgebühren auf die anderen im System II verwendeten Erfindungen schon deshalb geboten gewesen sei, weil dies "den kaufmännischen Gegebenheiten, wie sie zwischen einander fremden Lizenznehmern und Lizenzgebern üblich sind", entspreche.

Es trifft zwar zu, daß der wirtschaftliche Wert, der den einzelnen Funktionsbereichen einer Maschinenanlage zukommt, leichter zu ermitteln ist, wenn Lizenzverträge mit mehreren untereinander fremden Lizenzgebern und Lizenznehmern vorliegen. Hier kann aus dem Verhältnis, in dem die vereinbarten Lizenzgebühren zueinander stehen, der Wert der jeweiligen Erfindungen leichter ermittelt werden. Nicht zu verkennen ist auch, daß Lizenzverträge zwischen einem Erfinder und einer von ihm beherrschten Kapitalgesellschaft nicht den bei Vertragsabschlüssen unter einander fremden Vertragspartnern vorhandenen Interessengegensatz widerspiegeln. In diesem Fall muß durch andere Erkenntnismittel, insbesondere durch Gutachten, die erforderliche Klarheit über den technischen und wirtschaftlichen Wert der einzelnen Funktionsbereiche gewonnen werden. Dem ist im Streitfall durch Auswertung des Gutachtens von Prof. Dr. A Rechnung getragen worden.

Der Umstand, daß es sich bei dem der Entscheidung des FG zugrunde liegenden Gutachten um ein Privatgutachten handelt, steht seiner Verwendung im Prozeß nicht entgegen. Privatgutachten sind als Parteivorbringen zu würdigen. Das Gericht darf sie zu seiner Unterrichtung und als Hilfsmittel zur freien Würdigung benutzen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 41. Aufl., Übers. § 402 Anm. 5).

Das FG war unter den gegebenen Umständen nicht gehalten, ein neues Gutachten einzuholen, zumal das FA einen solchen Antrag im FG-Verfahren nicht gestellt hat. Es ist auch im Revisionsverfahren nicht gerügt worden, daß das FG verpflichtet gewesen sei, ein anderes Gutachten anzufordern.

Schließlich widerspricht die vom FG aus dem Gutachten übernommene Auffassung, daß die außer dem X-Verfahren verwendeten Erfindungen ohne das neu entwickelte Verfahren praktisch wertlos sind, nicht der Lebenserfahrung oder den allgemeinen Denkgesetzen.