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BFH-Urteil vom 23.10.1985 (VII R 196/82) BStBl. 1986 II S. 124

Der geschäftsmäßige Erwerb und die geschäftsmäßige Einziehung von Erstattungs- oder Vergütungsansprüchen ist auch in den Fällen der Sicherungsabtretung nur Bankunternehmen gestattet.

AO 1977 § 46 Abs. 4 Sätze 1 bis 3.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hat als Steuerberater Honorarforderungen gegen Frau K. Nach der von ihm bearbeiteten Umsatzsteuererklärung 1975 hatte Frau K einen Vorsteuererstattungsanspruch in Höhe von 1.807,98 DM. Diesen Anspruch ließ sich der Kläger von ihr abtreten. In der Abtretungsanzeige, die er dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) übersandte, ist als Abtretungsgrund vermerkt: "Sicherungsabtretung" (vorgedruckt), "Ausgleich von Honorarforderungen".

Das FA lehnte mit Verfügung vom 12. April 1978 die Auszahlung des abgetretenen Umsatzsteuerguthabens an den Kläger ab. Es vertrat die Auffassung, die Abtretung sei nichtig, weil ein geschäftsmäßiger Erwerb von Erstattungs- und Vergütungsansprüchen durch den Kläger nicht zulässig sei und weil ihm der Kläger und nicht die Zedentin die Abtretung angezeigt habe. Dem FA lagen im Zeitpunkt seiner Entscheidung sechs Abtretungsanzeigen zugunsten des Klägers aus dem Jahre 1971, zwei Anzeigen aus 1972, eine Anzeige aus 1974 und weitere sechs Anzeigen aus dem Jahre 1977 vor.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der der Kläger geltend machte, die Abtretung sei als Sicherungsabtretung zulässig und wirksam, blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat in seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 222 veröffentlichten Urteil vom 11. November 1981 V 270/78 die Ansicht, daß die Abtretung des Umsatzsteuererstattungsanspruchs durch Frau K an den Kläger gemäß § 46 Abs. 4 Satz 3 der Abgabenordnung (AO 1977) nichtig sei.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Das FG habe die Bedeutung des § 46 Abs. 4 Satz 2 AO 1977 verkannt. Mit dieser Regelung habe der Gesetzgeber hervorheben wollen, daß sich die Sicherungsabtretung deutlich von anderen Formen des Erwerbs von Erstattungs- und Vergütungsansprüchen - insbesondere vom Factoring - unterscheide. Hierzu habe Anlaß bestanden, weil mit der Regelung des § 46 AO 1977 (früher § 159 der Reichsabgabenordnung - AO -) die Mißstände hätten beseitigt werden sollen, die sich durch Blankoabtretungen von Lohnsteuererstattungsansprüchen und dem Handel mit Lohnsteuerkarten ergeben hätten. Wenn das FG für die vom Kläger vorgelegten Abtretungsanzeigen das Vorliegen von Sicherungsabtretungen in Zweifel ziehe, weil darin als Zweck der Abtretung der Ausgleich von Honorarforderungen angegeben sei, so liege darin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) und ein Verstoß gegen die Verpflichtung des Gerichts zur Sachaufklärung (§ 76 FGO). Dem FG sei aus der Klagebegründung erkennbar gewesen, daß der Kläger vom Vorliegen einer Sicherungsabtretung durch Frau K ausgegangen sei. Auch das FA habe niemals bestritten, daß es sich in den ihm vom Kläger angezeigten Abtretungsfällen um Sicherungsabtretungen gehandelt habe. Soweit das FG an diesem Tatbestand gezweifelt und deshalb unvorhersehbare Schlüsse gezogen habe, hätte es ihm Gelegenheit zur Äußerung geben und die Zedentin als Zeugin vernehmen müssen. Der zusätzlich in die Abtretungsanzeige aufgenommene Hinweis, daß die Abtretung zum Ausgleich von Honorarforderungen erfolge, stehe der Annahme einer Sicherungsabtretung im Streitfall nicht entgegen.

Aus dem Verhältnis des § 46 Abs. 4 Satz 2 AO 1977 zu Satz 1 dieser Vorschrift ergebe sich, daß die Sicherungsabtretungen ihrem Wesen nach von den Forderungsübertragungen des § 46 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 verschieden seien. Der geschäftsmäßige Erwerb gemäß Satz 1 ziele darauf ab, dem Zessionar durch Geschäftsbesorgung für den Zedenten und mit Hilfe von Abschlägen Einnahmen zu ermöglichen. Deshalb fielen Sicherungsabtretungen, die mit Geschäftsbesorgungen für den Zedenten nichts zu tun hätten, auch dann nicht unter den Begriff des geschäftsmäßigen Erwerbs, wenn bei ihnen Wiederholungsabsicht bestünde. § 46 Abs. 4 Satz 3 AO 1977 regele nur den Fall, daß bereits zur Sicherung abgetretene Ansprüche von einem weiteren Zessionar erworben bzw. von einem solchen eingezogen würden. Die Einziehung der zur Sicherung abgetretenen Erstattungs- und Vergütungsansprüche durch den Sicherungsnehmer selbst (hier Steuerberater) stelle aber nicht schon deshalb eine geschäftsmäßige Betätigung i. S. des § 46 Abs. 4 Satz 3 AO 1977 dar, weil sie in mehreren Fällen erfolge.

Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Verwaltungsentscheidungen das FA zu verpflichten, 1.807,98 DM an ihn auszuzahlen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist nicht begründet.

1. Nach § 46 Abs. 1 AO 1977 können Ansprüche auf Erstattung und Vergütung von Steuern abgetreten werden. Die Abtretung wird jedoch erst wirksam, wenn sie der Gläubiger in der nach § 46 Abs. 3 AO 1977 vorgeschriebenen Form der zuständigen Finanzbehörde nach Entstehung des Anspruchs anzeigt (§ 46 Abs. 2 AO 1977). Im Streitfall bestehen Zweifel, ob die Vorlage der formalisierten Abtretungsanzeige durch den Kläger (Zessionar) anstelle der Gläubigerin der abgetretenen Forderung (Zedentin) ausreicht und ob der Kläger die Anzeige in Vollmacht der Zedentin erstattet hat (vgl. hierzu das Urteil des Senats vom 25. Juni 1985 VII R 195/82, BFHE 144, 2, BStBl II 1985, 572, und Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., § 46 AO 1977 Tz. 4 Buchst. h).

Eine Einschränkung der Abtretbarkeit von steuerlichen Erstattungs- oder Vergütungsansprüchen enthält § 46 Abs. 4 AO 1977. Danach ist ihr geschäftsmäßiger Erwerb zum Zwecke der Einziehung oder sonstigen Verwertung auf eigene Rechnung nicht zulässig (Satz 1). Dies gilt aber nicht für die Fälle der Sicherungsabtretung (Satz 2). Die Vorinstanz hat im Streitfall einen geschäftsmäßigen Erwerb des Vergütungsanspruchs durch den Kläger angenommen und das Vorliegen einer Sicherungsabtretung zumindest in Zweifel gezogen. Die dagegen vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§§ 119 Nr. 3, 96 Abs. 2 FGO) und der mangelnden Sachaufklärung (§ 76 FGO) greifen nicht durch.

Es kann dahinstehen, ob die Ausführungen des FG zur Sicherungsabtretung überhaupt entscheidungserheblich waren oder ob dieses nach seiner Rechtsauffassung die Klage nicht auch dann abgewiesen hätte, wenn es die Sicherungsabtretung bejaht hätte. Der Senat kann im Streitfall das Vorliegen einer Sicherungsabtretung dahingestellt lassen. Er braucht auf die Zweifel des FG und auf die von ihm selbst aufgestellten Kriterien für die Abgrenzung der Sicherungsabtretung von der erfüllungshalber vorgenommenen Abtretung (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3. Februar 1984 VII R 72/82, BFHE 140, 412, BStBl II 1984, 411, und VII R 102/83, BFHE 140, 415, BStBl II 1984, 413) nicht näher einzugehen. Denn die an den Kläger bewirkte Abtretung des Vergütungsanspruchs ist gemäß § 46 Abs. 4 Sätze 1 und 3 i. V. m. Abs. 5 AO 1977 auch dann nichtig, wenn man zu seinen Gunsten das Vorliegen einer Sicherungsabtretung unterstellt. Das angefochtene Urteil kann demnach unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt auf der Verletzung der angeführten Verfahrensvorschriften beruhen, so daß auch die unter dem Aspekt der Überraschungsentscheidung erhobene Rüge der Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs nicht zu seiner Aufhebung führt (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 119 Anm. 6 F).

Da die Abtretung bereits aus den vorstehenden Gründen unwirksam ist, kommt es ferner auf die oben genannten Zweifel an ihrer Wirksamkeit wegen der vom Kläger anstelle der Gläubigerin (vgl. § 46 Abs. 2 AO 1977) vorgelegten Abtretungsanzeige nicht mehr an.

2. Das FG hat zu Recht die Unzulässigkeit der Abtretung im Streitfall auf § 46 Abs. 4 Satz 3 AO 1977 gestützt. Nach dieser Vorschrift sind zum geschäftsmäßigen Erwerb und zur geschäftsmäßigen Einziehung (auch) der zur Sicherung abgetretenen Ansprüche nur Unternehmen befugt, denen das Betreiben von Bankgeschäften erlaubt ist.

a) Die Regelungen der Sätze 1 bis 3 des § 46 Abs. 4 AO 1977 sind nicht eindeutig aufeinander abgestimmt. Insbesondere der Wortlaut des Satzes 3 und sein Verhältnis zu dem vorangehenden Satz 2 geben zu Zweifeln Anlaß (vgl. Tipke/Kruse, a. a. O., § 46 AO 1977 Tz. 8, und Schwarz, Kommentar zur Abgabenordnung - AO 1977 -, § 46 Anm. 22). Das grundsätzliche Verbot des geschäftsmäßigen Erwerbs von Erstattungs- und Vergütungsansprüchen zum Zwecke der Einziehung oder sonstigen Verwertung auf eigene Rechnung nach § 46 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 wird in Satz 2 für Fälle der Sicherungsabtretung wieder aufgehoben. Nach der Auslegung der Vorinstanz enthält § 46 Abs. 4 Satz 3 AO 1977 wiederum eine Ausnahme von der Regelung des Satzes 2, indem er den geschäftsmäßigen Erwerb und die geschäftsmäßige Einziehung auch der zur Sicherung abgetretenen Forderungen nur Bankunternehmen erlaubt (vgl. im Streitfall: Urteil des Niedersächsischen FG vom 11. November 1981 V 274/78, EFG 1982, 222). Diese Auslegung entspricht der Verwaltungsauffassung und der überwiegenden Meinung im Schrifttum, die als Ausnahme von dem generellen Verbot des Satzes 1 aus den zusammen zu lesenden Sätzen 2 und 3 des § 46 Abs. 4 AO 1977 ein Bankenprivileg entnimmt, das es nur Kreditinstituten erlaubt, ihnen zur Sicherung abgetretene Steuererstattungs- und -vergütungsansprüche geschäftsmäßig zu erwerben und einzuziehen (vgl. Einführungserlaß zur AO 1977, Anm. 5 zu § 46, BStBl I 1976, 576, 583; Manke in Koch, Abgabenordnung - AO 1977 -, 2. Aufl., § 46 Anm. 8; Offerhaus in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 46 AO 1977 Anm. 37; Klein/Orlopp, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 46 Anm. 6; Haehser, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1982, 338; Pfaff, Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A - DStZ/A - 1978, 213, 214; Völzke, Der Betrieb - DB - 1975, 1283, 1292; Lenke/Widera, DB 1985, 1367, 1370). Da demnach die Regelung des Satzes 2 unvollständig ist und für die Anwendung der Ausnahmeregelung die Tatbestandsmerkmale Sicherungsabtretung und Bankunternehmen zusammentreffen müssen, wäre nach dieser Auffassung dem Kläger als Steuerberater der geschäftsmäßige Erwerb und die geschäftsmäßige Einziehung der ihm sicherheitshalber abgetretenen Ansprüche untersagt. Eine solche Abtretung an ihn wäre, wie aus § 46 Abs. 5 Halbsatz 2 AO 1977 folgt, nichtig.

Im Gegensatz dazu vertreten Tipke/Kruse (a. a. O., § 46 AO 1977 Tz. 8) und Schwarz (a. a. O., § 46 Anm. 22) die Ansicht, jedermann sei es gestattet, sich geschäftsmäßig Erstattungs- und Vergütungsansprüche zum Zwecke der Sicherung und späteren Einziehung abtreten zu lassen. Diesem aus § 46 Abs. 4 Satz 2 AO 1977 hergeleiteten Ergebnis soll Satz 3 der Vorschrift nicht entgegenstehen. Den Satz 3 des Abs. 4 halten Tipke/Kruse für überflüssig; sie messen ihm lediglich den Aussagewert bei, daß auch Bankinstitute geschäftsmäßig nur Sicherungsabtretungen annehmen und einziehen dürfen, es ihnen aber nicht erlaubt sei, geschäftsmäßig Erstattungs- und Vergütungsansprüche allein zum Zwecke der Einziehung oder sonstigen Verwertung zu erwerben. Schwarz sieht den Sinn des Satzes 3 darin, daß den zugelassenen Bankgeschäften zusätzlich zu den Fällen des Satzes 2 auch der geschäftsmäßige Erwerb und die geschäftsmäßige Einziehung auf eigene Rechnung für solche Ansprüche erlaubt sei, die an andere zur Sicherung abgetreten waren.

b) Der erkennende Senat gibt der vom FG und von der herrschenden Auffassung getroffenen Auslegung den Vorzug. Sie hat den Vorteil, daß die in § 46 Abs. 4 Satz 3 AO 1977 für Bankinstitute, denen nach § 32 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) die Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften erteilt ist, besonders getroffene Regelung ihre eigenständige Bedeutung behält. Nach der Auslegung von Tipke/Kruse ist der Satz 3 dagegen überflüssig; der ihm zugesprochene Aussagewert ergibt sich bereits aus den beiden vorangehenden Sätzen des § 46 Abs. 4 AO 1977. Die über die Regelung des Satzes 2 hinausgehende Auslegung des Satzes 3 durch Schwarz, wonach Banken auch der geschäftsmäßige Erwerb und die geschäftsmäßige Einziehung für solche Ansprüche erlaubt sein soll, die an andere zur Sicherung abgetreten waren, teilt der Senat nicht. Entgegen dieser auch vom Kläger vertretenen Auffassung enthält das Gesetz keine Anhaltspunkte dafür, daß es den Fall der mehrfachen, aufeinanderfolgenden Abtretung unter Einschaltung von Banken als Letzt-Zessionaren besonders habe regeln wollen. Wenn in § 46 Abs. 4 Satz 3 AO 1977 von der Einziehung der zur Sicherung "abgetretenen Ansprüche" die Rede ist, so ist damit die der Einziehung notwendigerweise vorangehende Sicherungsabtretung an die Bank selbst gemeint.

Zwar enthält auch die Amtliche Begründung des heutigen § 46 Abs. 4 Satz 3 AO 1977, der als § 159 Abs. 3 Satz 3 AO mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes - 3. StBerÄndG - vom 24. Juni 1975 (BGBl I 1975, 1509) in das Gesetz eingefügt worden ist, die Aussage, die Vorschrift habe lediglich klarstellende Bedeutung, da das Betreiben von Kreditgeschäften nach § 32 KWG ohnehin nur Bankinstituten erlaubt sei (BT-Drucks. 7/2852 S. 47). Diese Gesetzesbegründung, auf die sich Tipke/Kruse berufen, ist mißverständlich. Sie enthält jedenfalls keine eindeutige Aussage in dem Sinne, daß es unbeschadet der Regelung des Satzes 3 jedermann gestattet sei, sich geschäftsmäßig Erstattungs- und Vergütungsansprüche zum Zwecke der Sicherung abtreten zu lassen.

Neben dem Wortlaut und dem von der herrschenden Meinung zutreffend gesehenen Verhältnis der Sätze 1 bis 3 des § 46 Abs. 4 AO 1977 zueinander spricht auch der Sinn und Zweck der mit dem 3. StBerÄndG geschaffenen Neuregelung für die Annahme, daß auch in den Fällen der Sicherungsabtretung der geschäftsmäßige Erwerb und die geschäftsmäßige Einziehung von Steuererstattungs- und -vergütungsansprüchen nur den genannten Bankunternehmen gestattet sein soll. Mit der Regelung sollte Mißständen im Zusammenhang mit der Vorfinanzierung von Erstattungsansprüchen insbesondere aus dem Lohnsteuer-Jahresausgleich durch unseriöse Kreditgeber begegnet werden (BT-Drucks. 7/2852 S. 47). Derartige Mißbräuche zum Nachteil des Erstattungsberechtigten sind auch in den Fällen der Sicherungsabtretung der Erstattungsforderung nicht schlechthin ausgeschlossen. Es erscheint deshalb sachgerecht, den geschäftsmäßigen Erwerb und die geschäftsmäßige Einziehung der sicherungshalber abgetretenen Forderungen nur solchen Unternehmen zu gestatten, denen das Betreiben von Bankgeschäften erlaubt ist und die der Aufsicht durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen unterliegen (§§ 6, 32 KWG). Daß in den Fällen der Abtretung der Erstattungsansprüche an Steuerberater zur Sicherung ihrer Honorarforderungen wie im Streitfall ebenfalls kein Mißbrauch durch den Zessionar zu befürchten und eine einschränkende Gesetzesregelung nicht erforderlich wäre, rechtfertigt keine andere Auslegung des § 46 Abs. 4 Satz 3 AO 1977. Denn Rechtsnormen, die notwendigerweise abstrakte und in zahlreichen Fällen typisierende Regelungen enthalten, können nicht von Fall zu Fall unterschiedlich ausgelegt werden.

3. Der Kläger hat sich von Frau K zur Sicherung seiner Honorarforderung deren Vergütungsanspruch zum Zwecke der Einziehung auf eigene Rechnung abtreten lassen. Denn die Sicherungsabtretung steht dem Vollrechtserwerb nicht entgegen, und der Kläger hatte von vornherein die Absicht, die abgetretene Forderung für sich selbst einzuziehen, weil die Zedentin hinsichtlich der Honoraransprüche zahlungsunfähig war. Nach den vorstehenden Ausführungen war der Kläger, da er kein Bankgeschäft betreibt, gemäß § 46 Abs. 4 AO 1977 zum Erwerb und zur Einziehung der ihm zur Sicherung abgetretenen Forderung nicht befugt, wenn er dabei geschäftsmäßig handelte.

a) Der Kläger verkennt, daß der Begriff der Geschäftsmäßigkeit im Sinne dieser Bestimmung nichts damit zu tun hat, ob der Zessionar eigene oder fremde (des Zedenten) Geschäfte besorgen will. Der Senat folgt der Auffassung der Vorinstanz und der einhelligen Meinung im Schrifttum, daß geschäftsmäßig i. S. des § 46 Abs. 4 AO 1977 handelt, wer die Tätigkeit (Erwerb) selbständig und mit der Absicht, sie zu wiederholen, ausübt (vgl. Tipke/Kruse, a. a. O., § 46 AO 1977 Tz. 8; Offerhaus in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a. a. O., § 46 AO 1977 Anm. 39; Klein/Orlopp, a. a. O., § 46 Anm. 6; Schwarz, a. a. O., § 46 Anm. 21; Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 46 AO 1977 Anm. 7; Lenke/Widera, DB 1985, 1367, 1369). Für diese Auslegung des Begriffs "geschäftsmäßig" bedarf es nicht des vom Kläger beanstandeten Rückgriffs auf die Auslegung, die derselbe Begriff in anderen Rechtsgebieten gefunden hat (vgl. § 107 a AO, § 2 StBerG, Art. 1 § 1 RBerG und Urteil des erkennenden Senats vom 24. Juli 1973 VII R 58/72, BFHE 110, 7, BStBl II 1973, 743, 745). Sie entspricht vielmehr dem allgemeinen Sprachgebrauch und wird von der Amtlichen Begründung des § 159 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 (jetzt § 46 Abs. 3 Satz 3 AO 1977) ausdrücklich gedeckt (vgl. BT-Drucks. 7/2852 S. 47).

Für eine Wiederholungsabsicht im Sinne dieser Auslegung spricht, wenn für den Erwerb von Erstattungsansprüchen organisatorische Vorkehrungen getroffen werden, wie z. B. das Bereithalten vorformulierter Abtretungserklärungen (EinfErlaß AO 1977 Anm. 5 zu § 46, BStBl I 1976, 576, 583; Offerhaus, Schwarz, Pfaff, Lenke/Widera, jeweils a. a. O.). Diese sind allerdings keine notwendigen Voraussetzungen für die Geschäftsmäßigkeit (Offerhaus, Schwarz, a. a. O.). Vereinzelte im Rahmen eines Handelsgeschäfts oder an einen steuerlichen Berater vorgenommene Abtretungen reichen für die Annahme der Geschäftsmäßigkeit nicht aus (EinfErlaß AO 1977, Offerhaus, Klein/Orlopp, Pfaff, Lenke/Widera, jeweils a. a. O.; Manke in Koch, a. .a. O., § 46 Abs. 9). Daraus folgt, daß grundsätzlich auch Steuerberater sich zur Sicherung ihrer Honorarforderungen Steuererstattungs- und -vergütungsansprüche ihrer Mandanten wirksam abtreten lassen können, soweit sie in dieser Weise nur gelegentlich anläßlich besonders begründeter Einzelfälle tätig werden.

b) Im Streitfall hatte sich der Kläger nach den Feststellungen des FG über viele Jahre hinweg Erstattungsansprüche seiner Mandanten abtreten lassen. Dem FA lagen sechs Abtretungsanzeigen zugunsten des Klägers aus dem Jahre 1971, zwei Anzeigen aus 1972, eine aus 1974 und neben der Anzeige über die streitbefangene Abtretung sechs weitere Abtretungsanzeigen aus dem Jahre 1977 vor. Diese nicht unerhebliche Zahl von Abtretungen insbesondere im Streitjahr 1977 zeigt, daß der Kläger die Sicherung risikobehafteter Honorarforderungen durch Abtretung von Steuererstattungsansprüchen zu einer feststehenden und nachhaltigen Einrichtung seiner beruflichen Tätigkeit gemacht hat. Darauf deutet auch sein gleichförmiges Vorgehen hin, bei dem auf allen Abtretungsanzeigen, für die der amtliche Vordruck verwendet worden ist, als Abtretungsgrund neben dem vorgedruckten Wort "Sicherungsabtretung" der Ausgleich von Honorarforderungen angegeben worden ist. Diese Abtretungen stellen sich nicht mehr als gelegentliche, im Rahmen der Steuerberatungspraxis des Klägers vereinzelt vorgenommene Abtretungen dar. Der Senat schließt sich vielmehr der Würdigung des FG an, daß der Kläger bei dem Erwerb der ihm sicherungshalber abgetretenen Erstattungs- und Vergütungsansprüche mit Wiederholungsabsicht und damit geschäftsmäßig i. S. des § 46 Abs. 4 AO 1977 gehandelt hat (ebenso für den Fall mehrfacher Abtretungen durch mehrere Mandanten eines Steuerberaters: Schwarz, a. a. O., § 46 Anm. 21). Für diese Beurteilung ist das Verhältnis der Zahl der Abtretungen zu den im Streitjahr insgesamt erteilten Honorarrechnungen ohne Bedeutung. Denn eine Abtretung von Erstattungsansprüchen ist nur in den Fällen möglich, in denen solche bestehen; ferner besteht aus der Sicht des Steuerberaters hierfür nur dann ein Bedürfnis, wenn seine Honorarforderung nicht als gesichert erscheint.

Der Kläger konnte demnach den ihm zur Sicherung abgetretenen Erstattungsanspruch nicht wirksam erwerben (§ 46 Abs. 4 Satz 3, Abs. 5 Halbsatz 2 AO 1977). Das FG hat seine auf die Einziehung des abgetretenen Anspruchs gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.