| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

 

BFH-Urteil vom 26.2.1987 (V R 1/79) BStBl. 1987 II S. 521

1. Die materiell-rechtlich abschließende Entscheidung über den Vorsteuerabzug kann nur aufgrund der erstmaligen tatsächlichen Verwendung der bezogenen Leistung (§ 15 Abs. 2 UStG) und nicht aufgrund der beabsichtigten Verwendung getroffen werden.

2. Verfahrensrechtlich kann die Steuerfestsetzung für den Besteuerungszeitraum, in den die Vorsteuerbeträge fallen (§ 16 Abs. 2 UStG), nach § 164 Abs. 1, § 165 Abs. 1 AO 1977 schon vor der erstmaligen Verwendung der bezogenen Leistung vorgenommen werden. Sie kann nach §§ 164 Abs. 2, 165 Abs. 2 AO 1977 geändert werden, wenn der Vorsteuerabzug nach der erstmaligen Verwendung ausgeschlossen ist. Eine vorbehaltlose und endgültige Steuerfestsetzung kann unter diesen Voraussetzungen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 geändert werden.

3. Zur Unangemessenheit der Zwischenvermietung nur einer Wohnung.

UStG 1967 § 15 Abs. 1, Abs. 2; AO 1977 §§ 42, 175 Abs. 1 Nr. 2.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), die gemeinsam mit ihrem Ehemann einen Wäschereibetrieb führte, ließ im Rahmen eines Bauherrenmodells ab 1972 eine Zweizimmer-Eigentumswohnung errichten. Die Wohnung war am 27. Juni 1975 bezugsfertig. Die Klägerin schloß am 4./12. Dezember 1972 mit der Betreuerin des Bauvorhabens, der NBC, einen Formularvertrag, in dem diese bevollmächtigt wurde, die Wohnung ab Bezugsfertigkeit zu vermieten, wobei ihr gestattet war, die Wohnung selbst anzumieten. Die NBC garantierte der Klägerin die Vermietung zu einem bestimmten Mietzins. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) erfüllte die NBC die Vermietungsgarantie nach Fertigstellung der Wohnung nicht. Darauf kündigte die Klägerin das Vertragsverhältnis mit der NBC fristlos am 21. September 1975 und schloß zugleich mit Wirkung ab 1. Oktober 1975 einen Mietvertrag über ihre Eigentumswohnung mit ihrem Ehemann. Dieser war berechtigt, die Wohnung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung weiterzuvermieten. Die Miete war mit monatlich 295 DM zuzüglich umlagefähiger Betriebs- und Verwaltungskosten einschließlich Umsatzsteuer vereinbart worden. Im übrigen sollten die gesetzlichen Bestimmungen des Mietrechts gelten.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 1972 hatte die Klägerin dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) mitgeteilt, sie unterwerfe ihre Umsätze aus der Vermietung ihrer Eigentumswohnung gemäß § 19 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes 1967 (UStG 1967) der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften und verzichte auf die Steuerbefreiung dieser Umsätze nach § 4 Nr. 12a UStG. In der am 14. Mai 1973 bei dem FA eingegangenen Umsatzsteuererklärung für 1972 hatte sie Umsätze von 0 DM und Vorsteuerbeträge von 2.023,35 DM erklärt. Das FA hatte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß durch vorläufigen Bescheid vom 2. Juni 1975 nach § 100 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) veranlagt. In dem endgültigen Umsatzsteuerbescheid für 1972 vom 1. Dezember 1975 setzte es eine Umsatzsteuerschuld von 0 DM fest. Es begründete die Versagung des Vorsteuerabzugs damit, daß die Vereinbarung mit der NBC nicht als Mietvertrag nach § 535 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu beurteilen sei. Den Einspruch wies das FA in der Einspruchsentscheidung vom 2. März 1976 zurück, weil der zwischenzeitlich bekanntgewordene Zwischenmietvertrag zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann allein aus Steuerersparnisgründen geschlossen worden und deshalb nach § 6 Abs. 1, Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) unbeachtlich sei.

Im Verfahren vor dem FG machte die Klägerin abermals geltend, die von ihr mit der NBC und ihrem Ehemann geschlossenen Verträge seien umsatzsteuerrechtlich unbedenklich. An ihren Ehemann habe sie vermietet, weil die NBC ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen sei, sie - die Klägerin - aber an einen Unternehmer habe vermieten wollen. Ihr Ehemann habe sich zu einer Anmietung bereiterklärt und werde hierfür mit einem Abschlag gegenüber dem erzielten Mietzins honoriert. Da ihr Ehemann außerdem noch die Eigentumswohnung des Sohnes in dem Wohnkomplex angemietet habe, sei die Verwaltung vereinfacht worden. Sie selbst fühle sich den Verwaltungsaufgaben nicht gewachsen.

Die Klage, mit der die Klägerin unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids 1972 vom 1. Dezember 1975 und der Einspruchsentscheidung vom 2. März 1976 die Festsetzung einer Umsatzsteuerschuld auf ./. 2.023,35 DM begehrt hatte, war erfolgreich. Das FG führte u.a. aus, die Klägerin erfülle die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug. Der Vorsteuerabzug sei auch nicht nach § 15 Abs. 2 UStG 1967 ausgeschlossen. Sie habe Vermietungsumsätze an die NBC, einen Unternehmer, ausführen wollen. Danach seien die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Steuerfreiheit der Mietumsätze erfüllt. Die Klägerin habe die Ausführung steuerpflichtiger Mietumsätze beabsichtigt. Sie sei nicht so zu behandeln, als ob sie unmittelbar an Endmieter habe vermieten wollen. Der Zwischenmietvertrag mit dem Ehemann vom 21. September 1975 sei belanglos, weil er aus der Sicht des Jahres 1972 noch unbekannt und sein Abschluß nicht zu erwarten gewesen sei. Die Erwartungen der Klägerin hätten sich nur an dem Vertrag aus dem Jahr 1972 mit der NBC ausrichten können. Das Verhalten der Klägerin im Jahre 1975 - insbesondere der Abschluß des Zwischenmietvertrages mit dem Ehemann - könnte allenfalls Anlaß sein, im Rahmen der Umsatzteuerveranlagung für 1975 eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 7, § 15a UStG 1973 zu erwägen. Der Mietvertrag mit der NBC stelle keinen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts dar.

Das FG hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen.

Das FA rügt mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe verkannt, daß § 15 Abs. 2 UStG 1967 nicht vom Abschnittsprinzip beherrscht werde und daß das FA bei der Beurteilung der Verwendung der bezogenen Leistungen die im Zeitpunkt der Veranlagung vorhandenen Kenntnisse verwerten dürfe. Deshalb sei der Mietvertrag der Klägerin mit ihrem Ehemann vom 21. September 1975 für die Beurteilung des Vorsteuerabzugs in dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid für 1972 vom 1. Dezember 1975 von entscheidender Bedeutung. Dieser Zwischenmietvertrag stelle einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts dar. Auf diesem ungewöhnlichen Weg habe die Klägerin keinen besonderen wirtschaftlichen Zweck verfolgen können. Die Umsatzsteuer für 1972 sei daher wie geschehen festzusetzen.

Das FA beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Zur Begründung weist sie u.a. darauf hin, daß die für den Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendung der Wohnung nach dem Erlaß des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 28. Juni 1969 (BStBl I 1969, 349, Abschn. E Abs. 2) nach den geplanten Umsätzen, somit nach den mit der NBC vorbereiteten Umsätzen zu beurteilen sei.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Klägerin steht der Vorsteuerabzug im Veranlagungszeitraum 1972 nicht zu. Bei der Festsetzung der Umsatzsteuer 1972 durch Bescheid vom 1. Dezember 1975 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. März 1976 stand fest, daß die Klägerin die von ihr bezogenen Leistungen für vorsteuerabzugsschädliche steuerfreie Mietumsätze (§ 15 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, § 4 Nr. 12a UStG 1967) verwendet hatte. Als erstmalige Verwendung der durch die bezogenen Leistungen entstandenen Eigentumswohnung war die steuerfreie Vermietung an einen Endmieter anzusehen. Auf die Steuerbefreiung dieses Umsatzes konnte die Klägerin nicht wirksam verzichten (§ 9 Satz 1 UStG 1967).

1. Der Unternehmer, der im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführt, kann die ihm von anderen Unternehmern gesondert in Rechnung gestellte Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967). Vom Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen die Steuer für Lieferungen und für sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet oder in Anspruch nimmt (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 UStG 1967).

Das Urteil des FG war aufzuheben. Es beruht auf der Auslegung des § 15 Abs. 2 UStG 1967 dahingehend, daß die bloße Absicht des Leistungsempfängers bezüglich der (künftigen) Verwendung der Leistung (aus der Sicht bei Leistungsbezug) über die sowohl materiell als auch formell abschließende Gewährung/Versagung des Vorsteuerabzugs entscheidend sein soll. Diese Auslegung stimmt nicht mit der des Senats zu den Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs aus § 15 Abs. 1 und 2 UStG 1967 überein.

a) Wie der Senat in den Urteilen vom 25. November 1976 V R 98/71 (BFHE 121, 550, BStBl II 1977, 448) und vom 25. Januar 1979 V R 53/72 (BFHE 127, 238, BStBl II 1979, 394) dargelegt hat, sind die anspruchsbegründenden Merkmale des Vorsteuerabzugsanspruchs in § 15 Abs. 1 UStG 1967 geregelt. Entstehungszeitpunkt des Anspruchs ist in analoger Anwendung des § 13 Abs. 1 UStG 1967 der Ablauf des Besteuerungszeitraums, in dem die umsatzbezogenen Merkmale des § 15 Abs. 1 UStG 1967 vorliegen. Der Zeitpunkt der Anspruchsentstehung wird also nicht vom Zeitpunkt der Verwendung der bezogenen Leistung bestimmt. Diese Regelung entspricht dem (wenn auch im Gesetz nur unvollkommen umgesetzten) Sinn des seit dem UStG geltenden sog. Mehrwertsteuersystem, die alsbaldige Entlastung des Unternehmers von der ihm berechneten Umsatzsteuer für an ihn ausgeführte Leistungen zu bewirken (vgl. auch Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - vom 14. Februar 1985 Rs. 268/83, Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 1985, 199 zu Art. 17 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - L 145 Seite 1). Eine Auslegung der Regelung zur Anspruchsentstehung dahingehend, daß erst der Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung maßgeblich sei (so z.B. FG Münster, Urteil vom 12. Juli 1982 V 2.980/78 U, UR 1983, 134), ist damit nicht vereinbar.

b) Entgegen der Auffassung des FG kann aber die materiell-rechtlich abschließende Entscheidung über die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugsanspruchs für den Besteuerungszeitraum des Leistungsbezugs nicht anhand der bloßen Verwendungsabsicht des Unternehmers zu diesem Zeitpunkt getroffen werden. Allein die tatsächliche erstmalige Verwendung der bezogenen Leistung entscheidet über das Vorliegen der in § 15 Abs. 2 UStG 1967 umschriebenen negativen Anspruchsvoraussetzung, die nicht abschnittsgebunden ist (BFHE 127, 238, BStBl II 1979, 394). Erst nach der tatsächlichen Verwendung kann materiell-rechtlich abschließend entschieden werden, ob die im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG 1967 in den Besteuerungszeitraum (in dem die Entstehungsmerkmale des § 15 Abs. 1 UStG 1967 verwirklicht wurden) fallenden Vorsteuerbeträge nach § 15 UStG 1967 abziehbar sind.

c) Mit Ablauf des Besteuerungszeitraums, in den die Vorsteuern für bezogene Lieferungen oder sonstige Leistungen gemäß § 15 Abs. 1, § 16 Abs. 2 UStG 1967 fallen, entsteht der Vorsteuerabzugsanspruch materiell-rechtlich nicht abschließend, wenn zwar diese Leistungen zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur Ausführung von Umsätzen verwendet worden sind, wenn aber nach der mit den objektiven Gegebenheiten vereinbaren Absicht des Unternehmers eine Verwendung zur Ausführung abzugsschädlicher steuerfreier Umsätze nicht stattfinden soll. Andererseits entfällt der Vorsteuerabzugsanspruch materiell-rechtlich nicht abschließend, wenn mit Ablauf des Besteuerungszeitraums, in den die Vorsteuern fallen - bei noch ausstehender Verwendung zur Ausführung von Umsätzen -, erkennbar ist, daß nach der mit den objektiven Gegebenheiten vereinbaren Absicht des Unternehmers eine Verwendung zur Ausführung abzugsschädlicher steuerfreier Umsätze stattfinden soll.

Der Vorsteuerabzugsanspruch entsteht in diesen Fällen materiell-rechtlich abschließend mit Wirkung auf den Entstehungszeitpunkt (vgl. oben Abschn. 1a), wenn die bezogenen Leistungen später innerhalb der Festsetzungsfrist erstmals für nichtabzugsschädliche Umsätze verwendet werden. Er entfällt dagegen abschließend mit Rückwirkung auf den Entstehungszeitpunkt, wenn die bezogenen Leistungen später innerhalb der Festsetzungsfrist erstmals für abzugsschädliche Umsätze verwendet werden.

2. Da das Umsatzsteuergesetz zur verfahrensrechtlichen Behandlung des Vorsteuerabzugstatbestandes des § 15 Abs. 1, Abs. 2 UStG 1967 keine Sonderregelung enthält, gelten die allgemeinen abgabenrechtlichen Regeln zur Steuerfestsetzung und zur Änderung von Steuerbescheiden. So kann über den Vorsteuerabzug - trotz noch fehlender tatsächlicher Verwendung - zunächst anhand der durch objektive Nachweismöglichkeiten schlüssig dargelegten Verwendungsabsicht durch Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 der Abgabenordnung - AO 1977 -) oder durch vorläufigen Steuerbescheid (§ 165 AO 1977) entschieden werden (so aufgrund der festgestellten Fallgestaltung: BFHE 121, 550, BStBl II 1977, 448). Der Erlaß von Steuerbescheiden unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder von vorläufigen Steuerbescheiden für den Besteuerungszeitraum, in den die Vorsteuerbeträge fallen, ist aber nicht erforderlich. Die materiell-rechtlich nicht abschließende Behandlung des Vorsteuerabzugs kann auch in einer vorbehaltlosen oder endgültigen Steuerfestsetzung erfolgen; denn die besondere Gestaltung des § 15 Abs. 1 und Abs. 2 UStG 1967 ermöglicht es, eine spätere erstmalige Verwendung i. S. des § 15 Abs. 2 - einschließlich deren rechtlicher Qualifizierung durch Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9 UStG 1967) oder Rücknahme eines solchen Verzichts - gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 als Eintritt eines Ereignisses, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (d.h. auf die abschnittsgebundenen Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG 1967), durch Änderungsbescheid zugunsten oder zu Lasten des Unternehmers zu berücksichtigen (vgl. Reiß, Steuer und Wirtschaft - StuW -, 1980, 342, 350; Wagner in Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, 3. Aufl., § 15 Bem. 21). Kommt es hingegen - wie hier - erst nach der späteren Verwendung zur Steuerfestsetzung, so können ohnehin alle bis dahin vorliegenden erheblichen Umstände berücksichtigt werden.

3. Die Sache ist spruchreif. Der Senat kann aufgrund der vorhandenen Feststellungen in der Sache entscheiden. Die Klage ist abzuweisen.

Im Streitfall hat das FA in der Einspruchsentscheidung vom 2. März 1976 betreffend den nach § 225 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid für 1972 vom 1. Dezember 1975 zutreffend berücksichtigt, daß die Klägerin die von ihr 1972 bezogenen Leistungen erstmals 1975 zur Ausführung von steuerfreien Mietumsätzen verwendet hat (§ 4 Nr. 12a UStG 1967) und daß daher der Vorsteueranspruch abschließend nicht entstanden ist (§ 15 Abs. 2 UStG 1967).

Da die Feststellungen des FG nicht ergeben, daß die NBC die Wohnung der Klägerin tatsächlich als Mieterin erhalten und ihr Recht auf Gebrauchsüberlassung auch wirklich ausgeübt hat, kommt als erstmalige Verwendung der mit Hilfe der bezogenen Leistungen entstandenen Eigentumswohnung nur die Zwischenvermietung an den Ehemann der Klägerin im September/Oktober 1975 in Betracht. Diese erweist sich jedoch als Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts (§ 6 Abs. 1 StAnpG, jetzt § 42 Satz 1 AO 1977), so daß der Vorsteueranspruch so entstanden ist, wie er bei einer angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht (§ 6 Abs. 2 StAnpG, jetzt § 42 Satz 2 AO 1977).

Nach der Rechtsprechung des Senats stellt die Einschaltung eines Zwischenmieters bei der Vermietung nur einer Wohnung grundsätzlich keine angemessene rechtliche Gestaltung dar (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15. Dezember 1983 V R 112/76, BFHE 140, 375, BStBl II 1984, 398; BFH-Beschluß vom 19. Dezember 1986 V S 14/85, BFH/NV 1987, 271), insbesondere, wenn der Zwischenmieter am Wohnort des Vermieters wohnt. Ein Zwischenmieter, der sich - wie der Ehemann der Klägerin - möglichen Mietausfällen durch kurzfristige Kündigung mit gesetzlicher Kündigungsfrist entziehen kann, übernimmt auch kein wirkliches Mietausfallrisiko (BFH-Urteil vom 22. Dezember 1983 V R 173/75, BFHE 140, 387, BStBl II 1984, 404).

Unter diesen Umständen ist der Zwischenmietvertrag nur aus dem Bestreben der Klägerin erklärbar, den unberechtigten Zugang zum Vorsteuerabzug zu finden. Damit ergibt sich, daß dem Ehemann im Verhältnis zur Klägerin nach einer den wirtschaftlichen Vorgängen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Würdigung die Wohnung lediglich als Geschäftsbesorger (nichtsteuerbar) und nicht als Mieter überlassen worden ist. Die über die abschließende Entstehung oder Nichtentstehung des Vorsteuerabzugs für den Veranlagungszeitraum des Leistungsbezugs 1972 rückwirkend entscheidende erstmalige Verwendung der Wohnung bestand daher in der steuerfreien (§ 4 Nr. 12a UStG 1967) Vermietung der Wohnung durch den Ehemann an Endmieter. Die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Steuerbefreiung (§ 9 Satz 1 UStG 1967) dieser Umsätze lagen nicht vor. Ein Anspruch der Klägerin auf Abzug der ihr berechneten Leistungen war daher im Veranlagungszeitraum 1972 nach § 15 Abs. 1 und 2 UStG 1967 nicht entstanden.

4. Da das FG von anderen rechtlichen Erwägungen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.