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BFH-Urteil vom 3.7.1987 (VI R 218/84) BStBl. 1987 II S. 666

Sind zulagebegünstigte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 Abs. 3 Satz 2 BerlinFG im Verhältnis zum "Gesamtbetrag der Einkünfte" aufzuteilen, so ist dieser Begriff i. S. von § 2 Abs. 3 EStG 1979 zu verstehen (Anschluß an BFH-Urteil vom 5. Mai 1981 VIII R 113/78, BFHE 133, 481, BStBl II 1981, 639).

BerlinFG § 25 Abs. 3 Satz 2; EStG 1979 § 2 Abs. 3.

Vorinstanz: FG Berlin (EFG 1984, 596)

Sachverhalt

Streitig ist, ob bei der Ermäßigung veranlagter Einkommensteuer nach § 21, § 25 Abs. 3 Satz 2 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) die Höhe des auf zulagebegünstigte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entfallenden Teils dadurch beeinflußt wird, daß - hier wegen der Gewährung eines Altersentlastungsbetrages - die Summe der Einkünfte nicht mit dem Gesamtbetrag der Einkünfte übereinstimmt.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Ehegatten, haben im Streitjahr 1979 ausschließlich Einkünfte aus Berlin (West) in Höhe von 57.883 DM erzielt, wovon 11.979 DM auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entfielen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) zog von der Summe der Einkünfte einen Altersentlastungsbetrag von 3.000 DM ab und ermittelte auf dieser Grundlage die Einkommensteuer mit 8.708 DM. Hieraus errechnete das FA die insgesamt zu gewährende Steuerermäßigung nach dem BerlinFG mit 30 v. H. der Steuerschuld = 2.612,40 DM. Die auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entfallende anteilige Ermäßigung ermittelte das FA in der Weise, daß es die Gesamtermäßigung im Verhältnis Lohneinkünfte zum Gesamtbetrag der Einkünfte aufteilte. Da dieser Betrag (570 DM) durch die höhere ausgezahlte Arbeitnehmerzulage abgegolten war, gewährte das FA für die übrigen Einkünfte die Ermäßigung in Höhe von (2.613 DM 570 DM =) 2.043 DM. Die Kläger waren demgegenüber der Auffassung, die anteilig auf die übrigen Einkünfte entfallende Steuerermäßigung sei so zu ermitteln, daß die Gesamtermäßigung lediglich im Verhältnis der übrigen Einkünfte zum Gesamtbetrag der Einkünfte aufgeteilt werde.

Dem stehe nicht entgegen, daß die Summe aus diesem Betrag (2.185 DM) und dem auf die Lohneinkünfte entfallenden Ermäßigungsbetrag (570 DM) höher als 30 v. H. der Einkommensteuer sei. Zwar betrage die Ermäßigung grundsätzlich 30 v. H. der tariflichen Einkommensteuer, jedoch habe der Gesetzgeber gerade dann, wenn zu den Einkünften aus Berlin (West) auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gehören, über die Arbeitnehmerzulage eine höhere Begünstigung durchaus gewollt.

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1984, 596 veröffentlichten Gründen nur teilweise statt. Es errechnete die auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entfallende Ermäßigung abweichend sowohl vom FA als auch den Klägern, indem es die Gesamtermäßigung im Verhältnis der Lohneinkünfte zur Summe der Einkünfte aufteilte, mit 540,64 DM. Die auf die übrigen Einkünfte entfallende Steuerermäßigung ermittelte es durch Abzug dieses Betrages von der gesamten Steuerermäßigung mit aufgerundet 2.072 DM und setzte dementsprechend die Einkommensteuer fest.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 25 Abs. 3 Satz 2 BerlinFG.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger sind der Revision in der Sache nicht ausdrücklich entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Die Kläger erhalten deswegen eine - geringfügig - geringere Tarifermäßigung, weil ihnen ein Altersentlastungsbetrag zu gewähren ist. Dies ergibt sich aus einer einheitlichen Verwendung des Begriffs des Gesamtbetrags der Einkünfte im BerlinFG und im Einkommensteuergesetz (EStG).

Nach § 21 Abs. 1 BerlinFG ermäßigt sich bei zur Einkommensteuer veranlagten Personen die tarifliche Einkommensteuer unter den dort genannten Voraussetzungen, soweit die Einkommensteuer auf Einkünfte aus Berlin (West) entfällt, um 30 v. H. Sind in dem Einkommen nur Einkünfte aus Berlin (West) enthalten, wird gemäß § 25 Abs. 1 BerlinFG die Ermäßigung vorbehaltlich des Absatzes 3 in vollem Umfang gewährt. Der Vorbehalt besagt, daß im Veranlagungsverfahren eine Begünstigung für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nur noch insoweit stattfindet, als die auf diese Einkunftsart entfallende Ermäßigung die Zulagen nach § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BerlinFG übersteigt (Abgeltungsklausel). Des weiteren ist § 25 Abs. 3 BerlinFG der Aufteilungsmaßstab zu entnehmen, aus dem sich ergibt, welcher Teil der Gesamtbegünstigung auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entfällt und infolge der Abgeltungswirkung ggf. nicht mehr zu berücksichtigen ist.

1. Dem FG ist beizupflichten, daß beim Vorhandensein zulagebegünstigter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zunächst die auf diese Einkünfte entfallende Ermäßigung zu ermitteln ist und daß sich der Ermäßigungsbetrag für die übrigen begünstigten Einkünfte dadurch ergibt, daß von der Gesamtermäßigung die auf die zulagebegünstigten Einkünfte entfallende Ermäßigung abgezogen wird.

Nach § 25 Abs. 3 Satz 2 BerlinFG ist die Ermäßigung im Verhältnis der zulagebegünstigten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zum Gesamtbetrag der Einkünfte aufzuteilen. Zwar wird damit in erster Linie geregelt, nach welchem Maßstab die auf die zulagebegünstigten Einkünfte entfallende Ermäßigung zu ermitteln ist. Aus der Anordnung, daß "die Ermäßigung" im besagten Verhältnis "aufzuteilen" ist, ergibt sich jedoch gleichzeitig der für die übrigen begünstigten Einkünfte entfallende Anteil. Da die Gesamtbegünstigung (hier 30 v. H. der tariflichen Einkommensteuer) aufgeteilt werden soll und ein Teilbetrag davon nach besonderem Maßstab zu ermitteln ist, besteht der Rest aus der Differenz zwischen Gesamtbetrag und Teilbetrag. Hinweise dafür, daß im Falle der Aufteilung zur Ermittlung abgeltender Zulagen die Summe der auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einerseits und auf die übrigen begünstigten Einkünfte andererseits entfallenden Ermäßigungsbeträge nicht mit der insgesamt zu gewährenden Begünstigung übereinstimmen solle, sind dem Gesetz nicht zu entnehmen.

2. Sind im Einkommen nur Einkünfte aus Berlin (West) enthalten, entfällt auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Teil der Gesamtermäßigung, der dem Verhältnis der zulagebegünstigten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zum Gesamtbetrag der Einkünfte entspricht (§ 25 Abs. 3 Satz 2 1. Alternative BerlinFG). Dabei ist der Begriff des Gesamtbetrags der Einkünfte in dem Sinne zu verstehen, wie er in § 2 Abs. 3 EStG definiert wird.

Die Tarifvorschriften des BerlinFG sind auf der Grundlage des allgemeinen Einkommensteuerrechts auszulegen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. Mai 1977 VI R 144/73, BFHE 122, 373, BStBl II 1977, 589). Wie der VIII. Senat des BFH (Urteil vom 5. Mai 1981 VIII R 113/78, BFHE 133, 481, BStBl II 1981, 639) zum Begriff des Gesamtbetrags der Einkünfte in § 25 Abs. 2 Nr. 1 BerlinFG entschieden hat, spricht für eine inhaltsgleiche Anwendung dieses Begriffs bereits die enge Verknüpfung zwischen dem EStG und den Vorschriften über die Steuerermäßigung nach den §§ 21 bis 28 BerlinFG. Dem schließt sich der erkennende Senat für den gleichlautenden Begriff in § 25 Abs. 3 Satz 2 BerlinFG an.

Insbesondere ist nicht festzustellen, daß der Zweck der Berlinförderung gegen den Wortlaut des § 25 Abs. 3 Satz 2 1. Alternative BerlinFG eine Aufteilung der Gesamtermäßigung im Verhältnis der begünstigten Einkünfte zueinander erfordere. Vielmehr legt gerade die Verwendung unterschiedlicher Bezugsgrößen in § 25 Abs. 3 Satz 2 BerlinFG - zum einen der Gesamtbetrag der Einkünfte, zum anderen die Summe der Einkünfte aus Berlin (West) - die Annahme nahe, daß daraus abzuleitende unterschiedliche Ergebnisse vom Gesetzgeber gewollt waren.

Da das FG von anderen Erwägungen ausgegangen ist, war seine Entscheidung auf die Revision des FA aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif; die Klage wird abgewiesen.