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BFH-Beschluß vom 17.12.1987 (V B 76/87) BStBl. 1988 II S. 390

Zur Zwischenvermietung von Tiefgaragenplätzen in einem Gebäude mit Sozialwohnungen.

UStG 1980 § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 9 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1; AO 1977 § 42.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

I.

Die Antragstellerin, Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin), die Immobilienanlagen verwaltet und bewirtschaftet, errichtete zwei Gebäude mit insgesamt 70 Mietwohnungen, drei Gewerberäumen, 41 Tiefgaragenplätzen, davon sechs Stellplätzen für den gewerblichen Bereich unter Inanspruchnahme von Aufwendungszuschüssen und Aufwendungsdarlehen im öffentlich-geförderten sozialen Wohnungsbau. Die Höhe dieser öffentlichen Mittel wurde jeweils aufgrund der Herstellungskosten des Gebäudes einschließlich der Tiefgarage berechnet. Die Antragstellerin hatte die Kosten der Tiefgarage als Teil der Herstellungskosten des Gebäudes in der Wirtschaftlichkeitsberechnung ausgewiesen. Für die geförderten Wohnungen setzte die Wohnungsbaukreditanstalt eine Durchschnittsmiete nach § 72 Abs. 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes - II. WoBauG - (i.d.F. der Bekanntmachung vom 30. Juli 1980, BGBl I 1980, 1085) fest. Die Antragstellerin räumte dem Landesamt für Wohnungswesen das Besetzungsrecht für die Wohnungen aufgrund des Wohnungsbindungsgesetzes 1965 - WoBindG 1965 - (i.d.F. vom 30. Juli 1980, BGBl I 1980, 1120 und i.d.F. vom 22. Juli 1982, BGBl I 1982, 972) ein. Die Gewerberäume und die geförderten Wohnungen vermietete die Antragstellerin im eigenen Namen. Sie ließ sich dabei durch die Hausverwalterin X vertreten. Die 41 Stellplätze für Kfz in den Tiefgaragen der beiden Gebäude überließ sie aufgrund von Mietverträgen vom 1. Juli 1983 und 1. Dezember 1983 insgesamt der Hausverwalterin für monatlich 40 DM und jeweils gesetzlich zulässige Mehrwertsteuer je Stellplatz. Dies geschah in Absprache mit der Firma A, die der Antragstellerin am 18. Dezember 1981 vertraglich einen Mietzins von 45 DM monatlich für die Vermietung eines Stellplatzes garantiert hatte. Die Kaufleute A waren persönlich haftende Gesellschafter der Antragstellerin.

Der Antragsgegner, Beschwerdeführer und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) versagte nach einer Umsatzsteuersonderprüfung in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden 1981 bis 1984 den geltend gemachten Abzug von insgesamt 308.089,55 DM Vorsteuerbeträgen aus den Herstellungskosten für die nicht gewerblich genutzten 35 Garagenplätze. Die Antragstellerin legte Einspruch ein, über den das FA noch nicht entschieden hat. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1981 bis 1984 in Höhe von 308.089,55 DM lehnte das FA ab. Das Finanzgericht (FG) gab dem darauf bei ihm in gleichem Umfang gestellten Aussetzungsantrag nur in Höhe der in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden enthaltenen Zahlungsaufforderungen von insgesamt 147.601,63 DM statt. Zur Begründung führte es u.a. aus, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 1981 bis 1984 sei ernstlich zweifelhaft. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe für den Vorsteuerabzug eine Zwischenvermietung von im sozialen Wohnungsbau errichteten Wohnungen und dabei hergestellten Garagen nicht anerkannt, weil sich der Verfügungsberechtigte nach dem Wesen des bestehenden Rechtsverhältnisses der Gebrauchsüberlassung von Sozialwohnungen an wohnberechtigte Personen nicht habe entziehen können. Eine derartige persönliche Verpflichtung bestehe für Garagen nicht. Das Zwischenmietverhältnis über die Garagen, für deren Überlassung die Antragstellerin auf 1/3 der zulässigen Miete verzichtet habe, sei auch nicht aus anderen Gründen unwirksam.

Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde beantragt das FA die Aufhebung der Vorentscheidung und die Ablehnung des Aussetzungsantrags.

Der Beschluß des FG verletze - so führt das FA zur Begründung aus - die Vorschriften des § 15 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 12 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 sowie des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977). Der BFH habe in seinen Urteilen vom 22. Dezember 1983 V R 35/73 (BFHE 140, 379, BStBl II 1984, 400) für Sozialwohnungen und vom 23. August 1984 V R 87/78 (BFHE 142, 156, BStBl II 1984, 731) für Wohnungen im steuerbegünstigten Wohnungsbau keinen rechtlichen Unterschied zwischen der Gebrauchsüberlassung von Wohnraum und derjenigen von Garagen und Stellplätzen gemacht, die zusammen mit dem Wohnraum hergestellt und gefördert worden seien. Der Grundsatz der Sachnähe und der Sinn und Zweck der öffentlichen Förderung mache es erforderlich, die Vergabebeschränkungen des WoBindG 1965 auf die zum Wohngebäude gehörenden Garagenplätze zu erstrecken.

Die Antragstellerin tritt der Beschwerde des FA mit dem Hinweis entgegen, daß die rechtlichen Vorgegebenheiten, die den BFH zu der umsatzsteuerrechtlichen Würdigung der Zwischenvermietung von Sozialwohnungen als Geschäftsbesorgung veranlaßt hätten, für die Zwischenvermietung der Garagenplätze nicht gelten könnten, weil dafür entgegenstehende höchstpersönliche Verpflichtungen weder aus dem WoBindG 1965 noch aus § 27 der Neubaumieten-Verordnung vom 14. Dezember 1970 (BGBl I 1970, 1669) vorhanden seien. Eine Zweckbindung sei nach den tatsächlichen Verhältnissen auch nicht durchführbar, weil eine Koppelung von Wohnungs- und Garagenmietvertrag nicht möglich sei. Der Eigentümer behalte das Vermietungsrisiko, da ihm wegen des Belegungsrechts der Wohnungsbehörde im allgemeinen ein Kreis von Wohnungsmietern vorgegeben sei, der nicht bereit sei, zusätzliche Kosten für die Nutzung eines Garagenplatzes aufzubringen, soweit er überhaupt ein Kfz besitze. Dem vorhandenen Zwischenmietverhältnis dürfe auch nach § 42 AO 1977 die Anerkennung nicht versagt werden. Die dafür als Begründung vom FA herangezogene Vermietung für einen unterhalb der garantierten Miete vereinbarten Mietzins sei aus der Verpflichtung gegenüber dem Garantiegeber erklärbar, Mietausfälle so gering wie möglich zu halten.

Die Antragstellerin beantragt - nach Ablauf der Beschwerdefrist - außerdem, den Beschluß des FG hinsichtlich der Kostenentscheidung aufzuheben und dem FA die Kosten im Verfahren vor dem FG insgesamt aufzuerlegen sowie diese Entscheidung für vollstreckbar zu erklären.

Entscheidungsgründe

II.

A. Die Beschwerde des FA.

Die Beschwerde des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückweisung des Antrags, die Vollziehung der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide für 1981 bis 1984 auszusetzen.

Entgegen der Auffassung des FG bestehen keine ernstlichen Zweifel i.S. des § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) daran, daß die Antragstellerin die anläßlich der Errichtung der Tiefgaragenplätze angefallene Umsatzsteuer nicht nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 als Vorsteuer abziehen kann. Dem Begehren der Antragstellerin steht entgegen, daß die für den Vorsteuerabzug maßgebliche erstmalige Verwendung der Tiefgaragenplätze durch eine den Vorsteuerabzug ausschließende steuerfreie Vermietung erfolgt ist bzw. erfolgen sollte (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1980). Die im Verfahren nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO erforderliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Rechts- und Tatfragen ergibt keine ernstlichen Zweifel, daß die Vermietung der Tiefgaragenplätze umsatzsteuerrechtlich ebenso zu behandeln ist, wie die Vermietung der Sozialwohnungen oder daß - bei anderer Beurteilung der vorstehenden Frage - die Einschaltung der Hausverwalterin als Zwischenmieter rechtsmißbräuchlich i.S. von § 42 Satz 1 AO 1977 war, so daß nicht die Vermietung an die Hausverwalterin, sondern an die Garagenplatzmieter für die steuerliche Beurteilung der Vermietungsumsätze der Antragstellerin maßgebend ist.

1. Zu den nach dem II. WoBauG mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungen gehören auch Garagenplätze, wenn sie sich auf demselben Grundstück wie die Wohnung befinden (wirtschaftliche Einheit) und für die Unterbringung von Personenkraftfahrzeugen der Wohnungsbenutzer bestimmt sind (vgl. auch Abschn. 6 Abs. 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Anerkennung steuerbegünstigter Wohnungen und über die Grundsteuervergünstigung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. August 1983, Beilage 43/83 zum Bundesanzeiger 1983 Nr. 168). Die Antragstellerin hat die Herstellungskosten der hier bedeutsamen 35 Tiefgaragenplätze in die Berechnungsgrundlagen zur Förderung der Wohnungen i.S. des II. WoBauG einbezogen. Sie hat diese Tiefgaragenplätze damit in der Wirtschaftlichkeitsberechnung als Zubehörräume (§ 42 Abs. 4 Nr. 1 der Zweiten Berechnungsverordnung - II. BVO -) zu den Sozialwohnungen ausgewiesen. Daran ändert sich nichts, wenn die Mieter der Sozialwohnungen die Garagenplätze nicht vollständig beansprucht haben und wenn Garagenplätze auch an andere Benutzer vermietet worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 13. Juni 1967 II 16/64, BFHE 90, 75, BStBl III 1967, 765 zu Garagen für grundsteuerbegünstigte Wohnungen). Denn die Garagen haben dadurch noch nicht ihre Zweckbestimmung verloren, der Unterbringung von Personenwagen der Wohnungsmieter zu dienen (vgl. auch BFH-Urteil vom 30. November 1984 III R 121/83, BFHE 143, 472, BStBl II 1985, 451). Anders wäre es erst, wenn die Garagenplätze einer anderen Zweckbestimmung zugeführt worden wären. Dafür liegen aber keine Anhaltspunkte vor. Nach den Ausführungen der Antragstellerin in der Antragsschrift vom 30. Dezember 1986 (S. 6) sind den Wohnungsmietern von der Hausverwalterin Garagenplätze zur Miete angeboten worden. Als Zubehörräume von Wohnungen (vgl. den für bewegliche Sachen geltenden, nur sinngemäß heranzuziehenden § 97 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) haben die Garagenplätze keine eigene rechtliche Eigenschaft. Sie teilen regelmäßig das Schicksal der Räume, zu denen sie gehören (vgl. Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, § 42 II. BVO Anm. 9). In diesem Sinn hat der Senat die Garagenvermietung in den vom FA angeführten Entscheidungen (BFH-Urteile in BFHE 140, 379, BStBl II 1984, 400; vom 22. Dezember 1983 V R 173/75, BFHE 140, 387, BStBl II 1984, 404) beurteilt. Ebenso wie die Sozialwohnungen werden die dazugehörenden Garagenplätze nur im Rahmen einer Geschäftsbesorgung von der Mittelsperson - hier der Hausverwalterin - weitervermietet.

2. Das FG ging bei seiner Aussetzungsentscheidung (aufgrund anderer Beurteilung der oben unter 1. behandelten Frage) auch zu Unrecht davon aus, daß die Einschaltung der Hausverwalterin als Zwischenmieter keinen Mißbrauch von Gestaltungen des Rechts i.S. von § 42 Satz 1 AO 1977 darstelle.

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt BFH-Beschlüsse vom 4. August 1987 V B 16/87, BFHE 150, 478, BStBl II 1987, 756; vom 29. Oktober 1987 V B 109/86, BFHE 151, 247, BStBl II 1988, 96) erfüllt die Einschaltung von sog. Zwischenmietern, d.h. von Personen, die das Mietverhältnis nur eingehen, um die gemieteten Wohnräume an Dritte zur Nutzung weiterzuvermieten, den Tatbestand des Rechtsmißbrauchs i.S. des § 42 Satz 1 AO 1977, wenn für die Einschaltung - abgesehen von dem Ziel der Vorsteuererstattung - wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen. Diese Beurteilung hängt nicht von einer bestimmten Zahl von vermieteten Wohnräumen ab. Sie gilt auch für Garagen, die Zubehörräume für Wohnungen sind.

Die Gestaltung der Vermietungsverhältnisse durch die Antragstellerin ist schon insoweit ungewöhnlich, als sie die Wohnungen selbst an die "Endmieter" vermietet und sich dabei derselben Hausverwaltung bedient, die sie bezüglich der Tiefgarage nicht als Verwalter, sondern als Zwischenmieter einschaltet. Dabei werden die Garagenplätze - jedenfalls soweit Bedarf besteht - den Mietern der Wohnungen vermietet. Zudem ist die Hausverwalterin eine frühere geschäftsführende Gesellschafterin der Antragstellerin.

Auf der Grundlage des vom Beschwerdegericht im summarischen Verfahren der Aussetzung der Vollziehung zu berücksichtigenden Tatsachenstoffs (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 22. November 1968 VII B 165/67, BFHE 94, 472 unter 5.) sind keine wirtschaftlichen oder sonst beachtlichen Gründe für die Angemessenheit der Zwischenvermietung der Garagenplätze an die Hausverwalterin erkennbar:

Die Ansicht der Antragstellerin, daß der Gesetzgeber eine Zwischenvermietung in dieser Form bis Ende 1984 toleriert habe, trifft nicht zu (BFH-Urteil vom 17. Mai 1984 V R 118/82, BFHE 141, 339, BStBl II 1984, 678 unter II 4). Der Hinweis auf die Abwälzung eines grundsätzlich bestehenden Mietausfallrisikos reicht ebenfalls nicht aus, weil die Antragstellerin weder konkret dargelegt noch mit geeigneten, im summarischen Verfahren der Aussetzung der Vollziehung zugelassenen Beweismitteln vorgebracht hat, daß sie ernsthaft mit einem Mietausfallrisiko hat rechnen müssen (vgl. BFH-Urteil vom 15. Dezember 1983 V R 112/76, BFHE 140, 375, BStBl II 1984, 388 zu 3.). Zudem kommt dem Argument der Überwälzung eines Mietausfallrisikos entgegen der Auffassung des FG keine tragende Bedeutung zu, wenn - wie hier - bereits eine Mietausfallgarantie von anderer Seite zugunsten der Antragstellerin bestand.

B. Die Beschwerde der Antragstellerin.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist unzulässig. Sie ist verspätet eingelegt worden (§ 129 Abs. 1 FGO).