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BFH-Urteil vom 20.1.1988 (X R 48/81) BStBl. 1988 II S. 557

Eine Personenhandelsgesellschaft ist, soweit sie an anderen Gesellschaften beteiligt ist, regelmäßig nicht Unternehmer. Offen bleibt, ob eine solche Gesellschaft, falls sie auch Publikumsgesellschaft ist, bei der Ausgabe eigener Anteile steuerbare Umsätze bewirkt.

UStG 1973 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 4 Nr. 8, § 15 Abs. 1 und 2; 2. EG-Richtlinie (Umsatzsteuer) Art. 2, Art. 4, Anhang A 2.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die sich selbst als Publikumsgesellschaft bezeichnet. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die ... mbH (GmbH). Kommanditisten sind die Herren Dr. H (Einlage 100.000 DM) und T (Einlage 20.000 DM). Gegenstand des Unternehmens ist insbesondere die Vorbereitung und Durchführung von Bohrungen zur Gewinnung von Erdöl und Erdgas sowie die Beteiligung an Unternehmen, deren Geschäftsgegenstand ebenfalls auf diese Tätigkeit gerichtet ist.

Die Klägerin warb alsbald nach ihrer Gründung im Mai 1977 um stille Gesellschafter. In den vorformulierten Beteiligungsverträgen war festgelegt, daß die stillen Gesellschafter im Verhältnis ihrer Einlage zum Gesamtbetrag aller Einlagen am Gewinn und Verlust sowie am Vermögen der Klägerin einschließlich der stillen Reserven beteiligt waren; dabei waren Vorabvergütungen und ein Vorabgewinn der Klägerin abzusetzen. Die stillen Gesellschafter waren zur Gewährung eines zinslosen Darlehens in dreifacher Höhe der Einlage verpflichtet. Der Vorabgewinn der Klägerin war zur Tilgung der Darlehen zu verwenden. Bis Ende 1977 waren 377 still Gesellschafter beigetreten und hatten Einlagen in Höhe von 5.062.750 DM gezeichnet.

Die Klägerin beteiligte sich 1977 als Limited Partner, vergleichbar einem deutschen Kommanditisten, an der ... Limited-Partnership (L-P) in Kanada mit einer Bareinlage von 8.240.000 Kanadische Dollars. Dieser Betrag entsprach 99 % des Gesamtkapitals der L-P. Aufgabe der L-P war es vor allem, in den USA und Kanada nach Erdöl zu suchen.

Die Klägerin machte in ihrer Umsatzsteuererklärung für 1977 einen Vorsteuerüberschuß von 334.166,88 DM geltend. Die Vorsteuerabzüge beruhten im wesentlichen auf Rechnungen von Finanzberatern und Rechtsanwälten, die sich mit der Ausarbeitung des Finanzierungskonzepts, dem Entwurf der Verträge und der Anwerbung der stillen Gesellschafter befaßt hatten.

Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ließ nur einen Teilbetrag von 6.587,79 DM zum Vorsteuerabzug zu (Umsatzsteuerbescheid für 1977 gemäß § 164 der Abgabenordnung - AO 1977 - vom 24. November 1978). Im übrigen nahm das FA an, daß die Vorsteuern auf die Gründung der stillen Gesellschaft und auf die Beteiligung an der L-P entfielen; insoweit scheide ein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1973 aus. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt. Es legte dar: Die Erwägungen des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Vorsteuerausschluß anläßlich des Beitritts von Kommanditisten in Publikums-Kommanditgesellschaften (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1975 V R 131/73, BFHE 117, 501, BStBl II 1976, 265) gälten auch für den Beitritt von atypischen stillen Gesellschaftern. Die Klägerin habe in ihrem Werbeprospekt darauf hingewiesen, daß die beitretenden Gesellschafter "wie Kommanditisten" beteiligt würden. Ein Vorsteuerabzug käme auch hinsichtlich der Darlehensgewährung nicht in Betracht. Die Darlehensgewährung habe in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Beteiligung gestanden. Auch sei die Tätigkeit der Betreuungs- und Werbefirmen "in erster Linie" auf die Vermittlung stiller Gesellschafter gerichtet gewesen. Entgegen der Auffassung des FA seien jedoch die Vorsteuern abziehbar, die sich auf das von der Klägerin verfolgte Explorationskonzept bezogen hätten (geschätzt 33.000 DM).

Die Klägerin und das FA haben Revisionen eingelegt.

Die Klägerin macht geltend: Das FG habe § 15 Abs. 2 UStG 1973 unrichtig angewandt. In der Aufnahme stiller Gesellschafter lägen nichtsteuerbare Innenumsätze. Die Rechtsprechung zur Ausgabe von Kommanditanteilen (BFHE 117, 501, BStBl II 1976, 265) sei nicht anwendbar. Selbst wenn aber mit dem FG die Aufnahme stiller Gesellschafter als steuerbar und steuerfrei anzusehen wäre, müßten weitere Vorsteuern in Höhe von 84.051,86 DM aus drei Rechnungen, die ebenfalls Konzeptionskosten beträfen, zum Abzug zugelassen werden.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Abänderung des Bescheids vom 24. November 1978 in Gestalt der Einspruchsentscheidung die Umsatzsteuer für 1977 auf minus 333.733,78 DM festzusetzen.

Das FA macht mit seiner Revision geltend: § 15 Abs. 2 UStG 1973 müsse auch auf die Vorsteuern angewandt werden, die für das Explorationskonzept angefallen seien. Auch diese Vorsteuern stünden im Zusammenhang mit den nach § 4 Nr. 8 UStG 1973 steuerfreien Umsätzen aus der Aufnahme stiller Gesellschafter.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin und das FA beantragen, jeweils die Revision der Gegenseite als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.

Eine Verfahrensunterbrechung ist nicht eingetreten.

Die Klägerin bleibt Verfahrensbeteiligte, obwohl sie während des Revisionsverfahrens mit vier weiteren Gesellschaften zu der ... Produktions KG zusammengefaßt wurde. Diese sog. "Umwandlung" war nicht mit einer Gesamtrechtsnachfolge verbunden. Die Klägerin ist umsatzsteuerrechtlich weiterhin Rechtssubjekt, weil noch nicht alle gegen sie gerichteten Steueransprüche abgewickelt sind (BFH-Urteile vom 21. Mai 1971 V R 117/67, BFHE 102, 174, BStBl II 1971, 540; vom 24. März 1987 X R 28/80, BFHE 150, 293). Die Vertretungsbefugnis der Komplementär-GmbH, die Liquidatirin geworden ist und ihrerseits fortbesteht, bleibt auch nach Löschung der Klägerin im Handelsregister erhalten (BFH-Urteil vom 14. Januar 1986 VII R 111/79, BFH/NV 1986, 384).

II.

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage in vollem Umfang.

1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973 kann ein Unternehmer unter weiteren, hier nicht streitigen Voraussetzungen als Vorsteuerbeträge die ihm von anderen Unternehmern in Rechnung gestellten Steuern für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Der Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen für Steuern auf Lieferungen und sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze i. S. des § 4 Nr. 6 ff. UStG 1973 verwendet oder in Anspruch nimmt (§ 15 Abs. 2 UStG 1973). Das FG hat stillschweigend unterstellt, daß die streitigen Vorsteuerbeträge auf sonstigen Leistungen beruhen, die für das Unternehmen der Klägerin in Anspruch genommen worden sind. Es hat die Nichtabziehbarkeit eines Teils der streitigen Vorsteuern auf § 15 Abs. 2 UStG 1973 i.V. m. § 4 Nr. 8 UStG 1973 gestützt. Der Abziehbarkeit der übrigen streitigen Vorsteuern steht entgegen, daß diese Vorsteuern nicht auf sonstigen Leistungen beruhen, die für das Unternehmen der Klägerin in Anspruch genommen worden sind (§ 15 Abs. 1 UStG 1973). Dahingestellt bleiben kann, ob die Nichtabziehbarkeit der erstgenannten Vorsteuern nicht auch bereits auf § 15 Abs. 1 UStG 1973 gestützt werden kann.

2. Die Klägerin ist eine Beteiligungsgesellschaft. Ihre Geschäftstätigkeit war nach den Feststellungen des FG im Streitjahr ganz überwiegend darauf gerichtet, "vergleichbar einem Kommanditisten" eine Beteiligung an der kanadischen Explorationsgesellschaft L-P zu halten und zu verwalten. Die Beteiligung machte 99 % des Kapitals der L-P aus und erforderte 1977 eine Bareinlage von 8.240.000 Kanadische Dollar. Daneben handelte die Klägerin in einem geringen Umfang mit Heizöl; die Umsätze aus dem Heizölhandel betrugen 1977 66.559 DM. Die Klägerin war nichtunternehmerisch tätig, soweit sie Beteiligungsgesellschaft war. Sie war unternehmerisch tätig, soweit sie mit Heizöl handelte; nur insoweit kommt ein Vorsteuerabzug in Betracht. Dahingestellt bleiben kann, ob die Klägerin bei der Einräumung stiller Beteiligungen (einschließlich der Darlehensaufnahmen von den stillen Gesellschaftern als Beteiligungsgesellschaft nichtunternehmerisch tätig war. Sollte insoweit eine unternehmerische Betätigung gegeben sein, kämen steuerbare Umsätze allenfalls als Ausgabe von Gesellschaftsanteilen in Betracht. Der Vorsteuerabzug wäre dann nach § 15 Abs. 2 i.V. m. § 4 Nr. 8 UStG 1973 zu versagen.

3. a) Auch eine Personengesellschaft kann einen nichtunternehmerischen Bereich haben, wie der V. Senat des BFH zutreffend für den Eigenverbrauch entschieden hat (Urteil vom 3. November 1983 V R 4/73, BFHE 140, 115, BStBl II 1984, 169; siehe auch Urteil vom 20. Dezember 1984 V R 25/76, BFHE 142, 524, BStBl II 1985, 176). Hieraus ergeben sich Folgerungen für den Vorsteuerabzug (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, § 15 Anm. 30). Zum Vorsteuerabzug können nur solche Leistungen führen, die die Klägerin für ihren unternehmerischen Bereich (hier: den Heizölhandel) bezogen hat. Ein Grundsatz der "Einheitlichkeit des Unternehmens" ist für den hier erörterten Problembereich nicht anzuerkennen.

b) Mit dem FG ist anzunehmen, daß die Beteiligung an einer Personengesellschaft nach dem möglichen Wortsinn des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG 1973 eine "Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen" ist (ebenso BFH-Urteil vom 15. Januar 1987 V R 3/77, BFHE 149, 272, 277, unter 2. a), BStBl II 1987, 512). Im letzteren Urteil hat der V. Senat des BFH indes ausgesprochen, daß das "bloße Erwerben und Halten einer Beteiligung" an einer Kapitalgesellschaft deswegen keine unternehmerische Tätigkeit sei, weil die Einnahmeerzielung durch Zufluß von Zinsen und Erträgen aus Kapitalanlagen und -beteiligungen nicht auf "nachhaltiger gewerblicher oder beruflicher Betätigung" beruhe. Das bloße "Einsammeln von Nutzungen" aus einem Kapitalbestand entspreche im Regelfall dem üblichen Bild einer privaten Vermögensverwaltung. Unternehmerische Beteiligung könne dann vorliegen, wenn jemand durch geschäftsmäßigen An- und Verkauf von Kapital- oder Gesellschaftsbeteiligungen aller Art wie ein Händler auftrete.

Des weiteren hat der V. Senat im Urteil in BFHE 149, 272, 278 f., unter 2. b), BStBl II 1987, 512 entschieden, daß allein die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Einbringung von Vermögensgegenständen (Sacheinlage) in eine Kommanditgesellschaft gegen Gewährung der Kommanditistenstellung das Tatbestandsmerkmal der unternehmerischen und damit steuerbaren Tätigkeit nicht erfülle (so schon - zur Beteiligung an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) - BFH-Urteil vom 9. August 1973 V R 13/73, BFHE 110, 147, 149, BStBl II 1973, 833). Diesen Rechtsgrundsätzen stimmt der erkennende Senat für den hier gegebenen Fall der Beteiligung an einer "limited partnership" als Personengesellschaft des US-amerikanischen Rechts (vgl. Stiefel/Dielmann, Der Betrieb - DB - 1987, 1.131) zu.

c) Nach der Rechtsprechung des V. Senats des BFH ist die Absicht, Einnahmen zu erzielen, nach § 2 Abs. 1 UStG 1967/1973 nur dann Merkmal der unternehmerischen Betätigung, wenn eine darauf gerichtete (Leistungs-) Tätigkeit sich auf Leistungen gegen Entgelt i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967/1973 bezieht (Urteil in BFHE 131, 114, BStBl II 1980, 622; ebenso Umsatzsteuer-Richtlinien - UStR - 1988, Abschn. 18 Abs. 3 Sätze 2 und 3; Giesberts in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Umsatzsteuergesetz (Mehrwertsteuer), Kommentar, § 2 Abs. 1 und 2 Rdnr. 259). Es kann dahingestellt bleiben, ob bereits nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 UStG 1973 der Begriff der "Leistung gegen Entgelt" in § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973 Bestandteil des umsatzsteuerrechtlichen Unternehmerbegriffs ist. Dieses Ergebnis folgt jedenfalls aus einer Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973 nach der gesetzlichen Systematik im Rahmen seines möglichen Wortsinns.

Der erkennende Senat folgt der Auffassung des V. Senats des BFH auch darin, daß der Gesellschafter einer Personen-(Handels-)gesellschaft dieser nicht in einem Austauschverhältnis gegenübersteht, soweit er nach Maßgabe seines Arbeitseinsatzes oder seiner Kapitalbeteiligung an dem Gewinn oder Verlust der Gesellschaft teilnimmt (Urteil in BFHE 131, 114, 118, unter 1. d), BStBl II 1980, 622).

Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973 umschreibt mit den Umsätzen, die "der Umsatzsteuer unterliegen" (steuerbare Umsätze) den "Steuergegenstand" (Überschrift vor § 1 UStG 1973), mithin den Inbegriff derjenigen wirtschaftlichen Vorgänge, die umsatzsteuerrechtliche Leistungsfähigkeit indizieren (vgl. zum Steuerobjekt = Steuergegenstand, Tipke, Steuerrecht, 11. Aufl., 1987, S. 145 ff., 447). Die Tatbestandsmerkmale "Unternehmer, Unternehmen" und "Lieferung, sonstige Leistung" werden durch die Legaldefinitionen der §§ 2 und 3 UStG 1973 umschrieben (vgl. Weiß, Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 1983, 53). Der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973 geregelte Grundtatbestand (vgl. Mößlang in Sölch/Ringleb/List, a.a.O., § 1 Rdnr. 4) ist wesentlich gekennzeichnet durch den Leistungsaustausch (Lieferungen und sonstige Leistungen gegen Entgelt). Damit werden die wegen Fehlens einer Leistung und/oder eines Entgelts nichtsteuerbaren Tätigkeiten aus dem "Steuergegenstand" ausgegrenzt.

Der Vorsteuerabzug als negative Besteuerungsgrundlage (BFH-Urteil vom 30. September 1976 V R 109/73, BFHE 120, 562, 565 f., BStBl II 1977, 227) setzt nach § 15 Abs. 1 UStG 1973 unternehmerische Tätigkeit voraus. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind daher Steuern auf Vorbezüge, die zur Ausführung mangels Unternehmereigenschaft nichtsteuerbarer Tätigkeiten verwendet werden und daher keinen Bezug zum "Steuergegenstand" des UStG 1967/1973 haben.

d) Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit der Zweiten Richtlinie des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Struktur- und Anwendungsmodalitäten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, 67/228/EWG, 2. EG-Richtlinie - (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - 1967, 1.303).

aa) Diese Richtlinie ist bei der Auslegung des UStG 1967/1973 zu beachten (vgl. - zur sog. richtlinienkonformen Auslegung - BFH-Urteile vom 12. November 1980 II R 1/76, BFHE 132, 319, BStBl II 1981, 279; vom 5. April 1984 V R 51/82, BFHE 140, 393, 395 f., BStBl II 1984, 499; vom 13. Dezember 1984 V R 32/74, BFHE 142, 327, 332, BStBl II 1985, 173). Für das UStG 1967/1973 ist davon auszugehen, daß der Gesetzgeber entsprechend der aus Art. 5 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25. März 1957 (EWGV) folgenden Verpflichtung zur Gemeinschaftstreue (Everling, Festschrift für Karl Carstens, 1984, S. 95 ff., 101, mit Nachweisen) die Richtlinie in dem Umfang in nationales Recht umsetzen wollte, wie diese - unter Berücksichtigung der Absätze 2 bis 3 der Begründungserwägungen - eine Harmonisierung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems bewirken wollte. Dies wird durch die Entstehungsgeschichte des UStG 1967 bestätigt. Es war erklärtes Ziel des Gesetzgebers, im Hinblick auf die 1. und 2. EG-Richtlinien vom 11. April 1967 (bzw. die während des Gesetzgebungsverfahrens vorliegenden Richtlinienentwürfe, BTDrucks IV/850, IV/2.454 und IV/3.355) einen Beitrag zur Harmonisierung der Umsatzsteuern in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften (EG) zu leisten (vgl. Bericht des Finanzausschusses zu BTDrucks V/1.581 S. 2; Bundesminister der Finanzen - BMF - Dr. h.c. Strauß in der 101. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 12. April 1967, Sitzungsbericht S. 4.691 B, C; Abgeordnete Frau Funcke in der 105. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 26. April 1967, Sitzungsbericht S. 4.854 B; Abgeordneter Dr. Schmidt (Wuppertal), ebenda, S. 4.895 D/4.896 A; BMF Dr. h.c. Strauß, ebenda, S. 4.900 B, C). Hiernach kann dahingestellt bleiben, ob sich die Verpflichtung zur richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts - in den Grenzen dessen möglichen Wortsinns - stets aus Art. 5 EWGV ergibt (vgl. hierzu - die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) referierend - Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 8. April 1987 2 BvR 687/85, UR 1987, 355, unter B. 2c, cc; Everling/Rabels, Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, 50. Jahrgang 1986, S. 193, 225, m. w. N.).

bb) Nach Art. 2 der 2. EG-Richtlinie "unterliegen der Mehrwertsteuer" die "Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger im Inland gegen Entgelt ausführt". Nach Art. 4 der 2. EG-Richtlinie gilt als "Steuerpflichtiger", "wer regelmäßig mit oder ohne Absicht Gewinn zu erzielen, selbständig Leistungen erbringt, die zu den Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden gehören". Nach Anhang A 2 zu Art. 4 der 2. EG-Richtlinie soll der Begriff "Tätigkeit eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden" "in weitem Sinn verstanden werden und alle wirtschaftlichen Tätigkeiten, also auch die Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe umfassen". Der EuGH hat durch Urteil vom 1. April 1982 Rs. 89/81 (EuGHE 1982, 1.277 = Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, 2. Umsatzsteuer-Richtlinie (EWG), Art. 4, Rechtsspruch 1 = UR 1982, 246) entschieden, aus Art. 4 der 2. EG-Richtlinie und dem "Gesamtzusammenhang des Systems" folge, daß als Steuerpflichtiger im Sinne dieses Artikels nicht angesehen werden könne, wer Dienstleistungen ausschließlich unentgeltlich erbringe. Vorsteuern könnten nicht mehr abgezogen werden, wenn die Kette der Umsätze beendet sei; die Steuer werde dann vom Endverbraucher erhoben, der sie nicht mehr abwälzen könne, da es an einem "weiteren Umsatz zu einem bestimmten Preis" fehle. Für unentgeltliche Leistungen - "Leistungen ohne unmittelbare Gegenleistung" - gebe es keine Bemessungsgrundlage. Daß steuerbare Umsätze entgeltlich sein müßten, folge aus Nr. 2 Abs. 1 des Anhangs A zur 2. EG-Richtlinie, derzufolge es sich bei den "wirtschaftlichen Tätigkeiten" um solche handeln müsse, die mit der Absicht, eine Gegenleistung zu erhalten, ausgeübt würden oder bei denen eine Gegenleistung nicht ausgeschlossen sei. Leistungen ohne unmittelbare Gegenleistung fielen nicht unter eine Vertragskategorie, die zum Gegenstand einer Wettbewerbsneutralität bewirkenden steuerlichen Harmonisierung gemacht werden könnte.

Diese Überlegungen gelten nach Auffassung des erkennenden Senats auch für Leistungen des Gesellschafters an die Gesellschaft. Wollte man die Sacheinlage eines Gesellschafters als Leistung i. S. des Art. 2 der 2. EG-Richtlinie ansehen, würde es dann jedenfalls an einem "Entgelt" im Sinne dieser Bestimmung fehlen, wenn diese Leistung - lediglich mittelbar - durch einen (etwaigen) Gewinn entgolten wird (vgl. EuGH-Urteil vom 5. Februar 1981 Rs. 154/80, EuGHE 1981, 445, 454 = StRK, 2. Umsatzsteuer-Richtlinie (EWG), Art. 8, Rechtsspruch 1 = UR 1981, 100, mit Anmerkung Weiß). Unter dieser Voraussetzung ist es nicht möglich, den Gegenwert für eine Leistung in Geld auszudrücken (vgl. BFH-Urteil vom 7. Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, 138, BStBl II 1981, 495). Da das harmonisierte Mehrwertsteuersystem gewährleisten soll, daß diejenigen wirtschaftlichen Tätigkeiten, die "der Umsatzsteuer unterliegen", wettbewerbsneutral belastet werden (EuGH-Urteil vom 14. Februar 1985 Rs. 268/83, EuGHE 1985, 660, StRK, 6. Umsatzsteuer-Richtlinie (EWG), Art. 4, Rechtsspruch 1 = UR 1985, 199), bedarf es hier keines Vorsteuerabzugs.

e) Allerdings ist nicht jede Beteiligung an einer Erwerbsgesellschaft der nichtunternehmerischen Sphäre zuzurechnen. Möglicherweise können zum Beispiel solche Beteiligungen anders zu beurteilen sein, die erworben werden, um sich Einfluß bei einem potentiellen Konkurrenten zu verschaffen oder um einen Lieferanten oder Kunden zu stützen (Rau, UR 1987, 121, 126). Wird eine Beteiligung begründet, um für ein bereits vorhandenes Unternehmen eingesetzt zu werden, dient sie dessen Zwecken. Vorsteuern, die für die Begründung und das Halten einer solchen Beteiligung anfallen, sind grundsätzlich nach § 15 Abs. 1 UStG 1973 abzugsfähig; die Anwendung des § 15 Abs. 2 UStG 1973 richtet sich danach, ob und inwieweit die Beteiligung für die Erzielung der steuerfreien Umsätze eingesetzt wird.

f) Die Beteiligung der Klägerin an der L-P war nichtunternehmerisch. Hieran ändert nichts, daß die L-P werbend im Explorationsgeschäft tätig war. Anders als im Einkommensteuerrecht (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) ist im Umsatzsteuerrecht die Tätigkeit der Personenhandelsgesellschaft nicht dem Gesellschafter zuzurechnen. Eine Zurechnung nach Organschaftsgrundsätzen kommt nicht in Betracht. Die L-P als Personenhandelsgesellschaft kann nicht organschaftlich (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1973) oder organschaftsähnlich eingegliedert sein (BFH-Urteil vom 7. Dezember 1978 V R 22/74, BFHE 127, 262, BStBl II 1979, 356). Die Beteiligung an der L-P diente auch nicht den unternehmerischen Zwecken der Klägerin im Rahmen ihres Heizölhandels. Der Heizölhandel war aus der Sicht der Anleger ohne Bedeutung und im Rahmen der Gesamtbetätigung der Klägerin nebensächlich. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Heizölhandel mit Öl aus den noch zu findenden Ölquellen in Übersee betrieben werden sollte.

4. Die Klägerin ist nicht nur eine Beteiligungsgesellschaft, sondern nach eigenem Bekunden auch eine Publikumsgesellschaft. Sie brachte das für die Beteiligung an der L-P erforderliche Kapital dadurch auf, daß sie eine Vielzahl stiller Gesellschafter aufnahm, die nach der nicht zu beanstandenden Würdigung des FG als atypische stille Gesellschafter zu beurteilen sind. Die Gesellschafter leisteten Einlagen und gewährten Darlehen in beträchtlicher Höhe. Die Klägerin war danach als "bewegliche Sammelstelle von Risikokapital" gestaltet (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 1986, S. 1.252). Die stillen Gesellschafter standen weder zu der Klägerin noch zu deren Gesellschaftern noch untereinander in persönlicher Verbindung.

Der V. Senat des BFH hat für eine Publikums-KG entschieden, daß sie mit der Ausgabe von Kommanditanteilen steuerbare Umsätze gegenüber den Anleger-Kommanditisten bewirkt (Urteil in BFHE 117, 501, BStBl II 1976, 265). Es ist zweifelhaft, ob diese Rechtsprechung auf Publikumsgesellschaften, die auch Beteiligungsgesellschaften sind, übertragbar ist. Die Leistungen, die eine solche Gesellschaft bei dem Einsammeln von Risikokapital bewirkt, könnten auch als Hilfsgeschäfte innerhalb ihrer nichtunternehmerischen Sphäre angesehen werden (BFHE 142, 524, 532, BStBl II 1985, 176; Probst, UR 1986, 225, 227). Der V. Senat hatte sich in dem Urteil in BFHE 117, 501, BStBl II 1976, 265 mit einer werbenden Publikumsgesellschaft zu befassen, die ihr Finanzierungsobjekt, ein Seeschiff, selbst bauen, betreiben und veräußern wollte. Diese Frage kann indessen unentschieden bleiben. Selbst wenn eine Publikums-Beteiligungsgesellschaft hinsichtlich der Ausgabe von Gesellschaftsanteilen unternehmerisch tätig sein sollte und wenn weiterhin mit dem FG eine Ausdehnung der Rechtsprechung auf die Einräumung von atypischen stillen Beteiligungen anzunehmen sein sollte (vgl. aus zivilrechtlicher Sicht Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 17. Dezember 1984 II ZR 36/84, Betriebs-Berater - BB - 1985, 372), entfällt ein Vorsteuerabzug. In diesem Fall wären steuerfreie Umsätze von Anteilen an Gesellschaften gemäß § 4 Nr. 8 UStG 1973 gegeben. Die Umsatzsteuern aus Rechnungen für die Bewirkung (insbesondere die Vermittlung) des Absatzes solcher Gesellschaftsanteile sind nach § 15 Abs. 2 UStG 1973 vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Das gilt auch für die Vermittlung von Gesellschafterdarlehen, da nach den Feststellungen des FG die Vermittlungstätigkeit der Betreuungs- und Werbefirmen in erster Linie auf die Vermittlung der Gesellschafter gerichtet war (BFH-Urteil vom 16. Juli 1987 V R 147/79, BFH/NV 1988, 196).

Eine andere Beurteilung könnte nur dann Platz greifen, wenn die Klägerin als "Kapitalsammelstelle" gegenüber den Gesellschafter-Anlegern nicht nur steuerfreie Umsätze (Ausgabe von Gesellschaftsanteilen), sondern auch steuerpflichtige Umsätze getätigt hätte; hier könnte an eine Verwaltung des Anlegerkapitals durch die Klägerin für die Dauer der Beteiligung gedacht werden, wobei die der Klägerin zustehenden Vorabvergütungen als Entgelt angesehen werden könnten. Dem Urteil in BFHE 117, 501, BStBl II 1976, 265 ist indessen nicht zu entnehmen, daß die gesellschaftsrechtliche Stellung der Publikums-Anlagegesellschafter gänzlich in Leistungsaustauschverhältnisse aufgelöst werden sollte und neben die (einmaligen) Umsätze bei der Ausgabe von Gesellschaftsanteilen auch eine Dauerleistung der Kapitalverwaltung treten sollte. Der Senat sieht keinen Anlaß zu einer Fortentwicklung der Rechtsprechung in dieser Richtung. Der zu beurteilende Sachverhalt ist nicht vergleichbar mit der Betätigung von Kapitalanlagegesellschaften, die gegenüber ihren Anteilsinhabern (dauernde) Verwaltungsleistungen erbringen (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1981 V R 36/76, BFHE 134, 465, BStBl II 1982, 178). Das Vermögen der Anleger wird bei einer Kapitalanlegegesellschaft getrennt vom sonstigen Vermögen der Gesellschaft in einem Sondervermögen gehalten, das rechtliche Selbständigkeit genießt (dazu BFHE 134, 465, 466, BStBl II 1982, 178). Demgegenüber geht das Vermögen der Anleger einer Publikumsgesellschaft in deren Vermögen ein; das gilt auch für die Vermögenseinlagen stiller Gesellschafter (§ 230 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches n. F.). Die Publikumsgesellschaft verwaltet eigenes Vermögen.

5. Danach sind sämtliche Vorsteuern, die auf die Entwicklung des Explorationskonzepts und den Beitritt von Gesellschaftern entfallen, nicht abziehbar. Die Vorentscheidung ist auf die Revision des FA aufzuheben. Die Klage ist im vollen Umfang abzuweisen. Der vom FA im angegriffenen Bescheid zugestandene Vorsteuerabzug übersteigt die abziehbaren Vorsteuern aus Heizölbezügen.