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BFH-Urteil vom 13.4.1988 (I R 104/86) BStBl. 1988 II S. 892

Entrichtet ein Gasversorgungsunternehmen bei dem Bezug von Erdgas neben einem Mengenpreis auch ein Entgelt für die dauernde Lieferbereitschaft seines Gaslieferanten, so gehört auch dieses Entgelt zu den Anschaffungskosten des bezogenen Erdgases.

KStG 1977 § 8 Abs. 1; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2.

Sachverhalt

I.

Umstritten ist die Bewertung eines zum Umlaufvermögen der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) gehörenden Gasvorrats.

1. Die Klägerin, eine AG, ist ein Gasversorgungsunternehmen. Sie bezieht die benötigten Erdgasmengen von der G-AG. Das Gas wird von G-AG durch Rohrleitungen zu den Übernahmestellen der Klägerin gepumpt. Die Klägerin führt es von dort den Verbrauchern zu; in verbrauchschwachen Zeiten preßt sie Gas auch in einen unterirdischen Speicher ein.

Das im Speicher befindliche Gas kann teilweise nicht zur Weiterleitung an Verbraucher ausgespeist werden (sog. Kissengas). Das übrige Gas kann bei Bedarf zu den Verbrauchern geleitet werden.

2. Für die Lieferungen und Leistungen der G-AG an die Klägerin waren im Streitjahr 1979 die Erdgaslieferungsverträge (ELV) Nr. I, II und IV maßgebend. Nach den ELV ist die G-AG zur Lieferung von Erdgas bestimmter Qualität zu je nach Vertrag unterschiedlichen Preisen verpflichtet. Die Verträge enthalten die Festlegung von Obergrenzen sowohl für die im Jahr als auch für die je Stunde zu liefernden Mengen. Die G-AG ist verpflichtet, bis zu diesen Obergrenzen Erdgas zur jederzeitigen Abgabe an die Klägerin bereitzuhalten ("vorzuhalten").

Nach § 5 ELV II und IV sowie nach § 6 ELV I i. d. F. des 6. Nachtragsvertrags setzt sich der Erdgaspreis aus einem Jahresleistungspreis und einem Arbeitspreis zusammen. Der Jahresleistungspreis wird für die höchste im Abrechnungsjahr (1. Oktober bis 30. September) bezogene Stundenmenge - zusätzlich zu dem für diese Menge geschuldeten Arbeitspreis - bezahlt. Der Jahresleistungspreis ist nach dem ELV I teilweise (§ 6 ELV I, 6. Nachtragsvertrag), nach dem ELV II (§ 5) in vollem Umfang nach der vereinbarten Stundenhöchstmenge zu zahlen, auch wenn die tatsächlich bezogene Stundenhöchstmenge dahinter zurückbleibt. Der Jahresleistungspreis für "Neumengen" nach dem ELV IV, also für Mengen, die über die Mengen, die nach den ELV I und II bezogen werden können, hinausgehen, ist nur bei tatsächlicher Abnahme einer entsprechenden Menge zu entrichten. Bei der monatlichen Abrechnung wird der Jahresleistungspreis mit 1/12 in Rechnung gestellt. Wird in einem Abrechnungsmonat die bisher im Abrechnungsjahr ermittelte Differenz zwischen der höchsten Stundenabnahme insgesamt und der Summe der Stundenhöchstmengen nach den ELV I und II überschritten, wird der Jahresleistungspreis für diese Neumengen insoweit für den Vormonat nachberechnet (§ 5 Nr. 3 ELV IV).

Nach Maßgabe - einer die ELV ergänzenden - Abrechnungsvereinbarung werden die insgesamt im Abrechnungszeitraum gelieferten Gasmengen den einzelnen Verträgen bei der Jahresabrechnung zugeordnet.

3. Die Klägerin speicherte in den Monaten Juli bis Dezember 1979 insgesamt - nach Abzug einer Ausspeisung im November - 154,9 Mio kWh Erdgas. Der Bezug dieser Menge wurde nach dem ELV IV abgerechnet. Für die Bezüge des Jahres 1979 war ein Jahresleistungspreis nach dem ELV IV nicht entstanden, da die Stundenhöchstmenge der ELV I und II nicht überschritten wurden. Am 20. Januar 1980 wurde eine über die Stundenhöchstmenge der ELV I und II hinausgehende Stundenmenge bezogen und demgemäß für diese Neumenge ein Jahresleistungspreis nach dem ELV IV gezahlt.

4. Die Klägerin bewertete das gespeicherte Arbeitsgas ohne Einbeziehung eines Jahresleistungspreises allein nach dem Arbeitspreis des ELV IV.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) war nach einer Außenprüfung der Auffassung, auch der nach den Neumengen bemessene Jahresleistungspreis des Abrechnungszeitraums 1979/80 sei anteilig für die Einspeisungen der Monate Oktober bis Dezember 1979 einzubeziehen. Den für den Abrechnungszeitraum 1978/79 nach den ELV I und II gezahlten Jahresleistungspreis ließ das FA außer Ansatz. Es ergab sich ein um 124.369 DM höherer Wert für den Gasvorrat. In dem angefochtenen Körperschaftsteueränderungsbescheid legte das FA ein dementsprechend erhöhtes Einkommen zugrunde.

5. Das Finanzgericht (FG) hat die mit Zustimmung des FA erhobene Sprungklage abgewiesen. Der Wert der Speichermengen ergebe sich aus dem Verhältnis der Bezugsmengen zu den Entgelten jedes der beiden betroffenen Abrechnungszeiträume. Der Gasvorrat sei gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Diese bestimmten sich nach dem vertraglichen Lieferentgelt. Dazu gehörten nach dem Wortlaut der Verträge auch die Jahresleistungspreise. Alle vorliegenden ELV seien "rechtlich zusammengehörig", weil nach dem ELV IV zusätzliche Gasmengen bezogen werden könnten und weil wegen der Bezüge nach den ELV I und II im ELV IV eine (für die Klägerin) "günstigere Preiskategorie" vereinbart worden sei. - Auch bei wirtschaftlicher Betrachtung gehöre der Jahresleistungspreis aller ELV anteilig zu den Anschaffungskosten des Speichergases. Nach den ELV werde Gas der nämlichen Qualität einheitlich bezogen. Die Zurechnung zu den einzelnen Verträgen werde nachträglich zu Abrechnungszwecken nach Maßgabe der Abrechnungsvereinbarung vorgenommen. Ebenso einheitlich wie diese Leistung sei auch das Entgelt dafür zu sehen. Daran ändere auch nichts, daß ein Teil des Entgelts nach dem Spitzenverbrauch einer Stunde bemessen werde. Diese Vertragsgestaltung habe ihren wirtschaftlichen Grund darin, daß die G-AG ihre Kunden möglichst zu einem gleichmäßigen Gasbezug unter Vermeidung von Verbrauchsspitzen anhalten wolle. Da die Klägerin berechtigt sei, die vereinbarten Höchstmengen während des ganzen Jahres abzunehmen, gehörten Arbeitspreis und Jahresleistungspreis untrennbar zusammen. Diese Zusammengehörigkeit bestehe auch, wenn sich der Arbeitspreis und der Jahresleistungspreis aus verschiedenen Verträgen ergäben. Es entspreche dem Zweck des ELV IV, daß bis zur Grenze der in den anderen ELV vereinbarten Stundenhöchstmengen Gas zum Arbeitspreis des ELV IV bezogen werden könne. Diese Möglichkeit gestatte aber nicht, den nach anderen ELV sich ergebenden Jahresleistungspreis nicht als Entgeltbestandteil solcher Lieferungen anzusehen, weil die G-AG sich - nach der Bekundung des Zeugen - der Klägerin gegenüber nicht ohne die Vereinbarung eines Jahresleistungspreises zur jederzeitigen Gaslieferung verpflichtet hätte. Daß der Jahresleistungspreis Bestandteil des Entgelts der während des Abrechnungszeitraums bezogenen Gasmengen sei, gehe auch daraus hervor, daß durch den Jahresleistungspreis die Bereitschaft der G-AG abgegolten werden solle, jederzeit die in den Verträgen vereinbarten Stundenhöchstmengen zu liefern. Diese Lieferbereitschaft erstrecke sich über den gesamten Abrechnungszeitraum und sei deshalb der gesamten in diesem Zeitraum bezogenen Gasmengen zuzuordnen.

6. Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 6 EStG. Der Jahresleistungspreis nach dem ELV IV werde nicht für die dauernde Lieferbereitschaft, sondern für die Aufrechterhaltung der Lieferbereitschaft zur Spitzenlaststunde gezahlt. Die Stundenspitzenmenge werde durch den Gasbezug in Niedriglastzeiten nicht beeinflußt. Bei Verlust des Speichergases könne dieses zum Arbeitspreis wiederbeschafft werden. Der Teilwert des Speichergases ergebe sich deshalb - ohne Berücksichtigung des Jahresleistungspreises - allein anhand der Arbeitspreise.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Körperschaftsteuerbescheid 1979 vom 14. Dezember 1984 dahin zu ändern, daß ein um 124.369 DM verminderter Bilanzansatz für Erdgasvorräte zugrunde gelegt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zu anderweitiger Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, daß der Jahresleistungspreis zu den Anschaffungskosten des Speichergases gehört; es hat aber keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, die eine Entscheidung über die Höhe des Teilwertes des Speichergases gestatten.

1. Das Vermögen der Klägerin, die als Kapitalgesellschaft verpflichtet ist, den Gewinn des Streitjahres entsprechend den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu ermitteln (§ 149 Abs. 1 des Aktiengesetzes - AktG - 1965) ist nach § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 unter Befolgung der Vorschriften über die Bewertung auszuweisen (§ 5 Abs. 4 EStG 1979). Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG 1979 ist Umlaufvermögen, zu dem der Gasvorrat gehört, um dessen Bewertung gestritten wird, mit den Anschaffungskosten oder Herstellungskosten anzusetzen. Anschaffungskosten sind alle Aufwendungen, die geleistet werden, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben und in einen dem angestrebten Zweck entsprechenden Zustand zu versetzen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Oktober 1983 IV R 160/78, BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 191, so nunmehr auch § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches - HGB - in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung; vgl. BFH-Urteile vom 14. November 1985 IV R 170/83, BFHE 145, 67, BStBl II 1986, 60, und vom 24. Februar 1987 IX R 114/82, BFHE 149, 233, 238). Dazu gehören neben dem Anschaffungspreis auch alle Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb des Wirtschaftsguts stehen, soweit diese Aufwendungen dem einzelnen Wirtschaftsgut direkt zugeordnet werden können (BFH-Urteile vom 31. Juli 1967 I 219/63, BFHE 90, 128, BStBl II 1968, 22, und vom 24. Februar 1972 IV R 4/68, BFHE 104, 549, BStBl II 1972, 422).

2. Die Würdigung des FG, die Jahresleistungspreise der ELV I, II und IV gehörten - anteilig - zu den Anschaffungskosten aller bezogenen Gasmengen und seien daher - unter Beachtung des Verböserungsverbots - dementsprechend bei der Bewertung des Gasvorrats mitanzusetzen, begegnet revisionsrechtlich - unbeschadet der Verpflichtung des FG, den Vertragsinhalt durch Auslegung unter Berücksichtigung der sich aufgrund der anderweitigen Verhandlung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO) ergebenden tatsächlichen Feststellungen erneut zu ermitteln - keinen Bedenken.

a) Die Feststellung des Wortlautes von Verträgen und deren Auslegung zur Ermittlung ihres gemeinten Inhalts gehört zu der dem FG obliegenden Tatsachenfeststellung (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 118 Rz. 17, m. w. N.). Auch die Auslegung von Verträgen durch das FG bindet daher das Revisionsgericht, wenn nicht in Bezug darauf zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht werden (§ 118 Abs. 2 FGO). Die Bindung an das Auslegungsergebnis entfällt nur dann, wenn entweder dem FG unterlaufende Verfahrensfehler (wirksam) gerügt werden oder wenn das Revisionsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils feststellt, daß dieses auf Verstößen gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze beruht. Die Beachtung der Denkgesetze und allgemeiner Erfahrungssätze gehört zur Rechtsanwendung (BFH-Urteil vom 13. Januar 1987 VII R 10/84, BFH/NV 1987, 728; Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz. 20, 21). Verstöße dagegen sind deshalb vom Revisionsgericht auch ohne Rüge von Amts wegen zu beanstanden.

Die Auffassung des FG, die ELV I, II und IV seien rechtlich miteinander verbunden und gehörten auch wirtschaftlich zusammen, ist schon deshalb denkgesetzlich nicht zu beanstanden, weil der ELV IV die Lieferung von sog. Neumengen über die nach den anderen Verträgen zu liefernden Mengen hinaus vorsieht und weil für alle ELV eine einheitliche Abrechnungsvereinbarung gilt. Ob auch ein anderes - etwa das von der Klägerin für zutreffend erachtete - Auslegungsergebnis möglich gewesen wäre, ist unerheblich.

Mit ihrem Einwand, das FG habe verkannt, daß der Jahrsleistungspreis für den Verzicht der Lieferantin gezahlt werde, die Gaslieferungen in Spitzenlastzeiten unterbrechen zu dürfen, rügt die Klägerin einen Widerspruch der tatrichterlichen Vertragsauslegung mit den Denkgesetzen. Ein solcher Widerspruch besteht indes nicht. Auch die Klägerin geht davon aus, daß sich im Herbst und im Winter wiederholt "Spitzenlaststunden", in denen der Gasverbrauch jeweils über den der vorangegangenen Bedarfsspitze hinausgeht, ergeben. Daraus folgt, daß sich Jahresleistungspreise schon in den Monaten Oktober, November und Dezember, also in der Zeit vor dem endgültigen Stundenspitzenverbrauch des Gaswirtschaftsjahres ergeben, die durch die nachfolgenden höheren Jahresleistungspreise abgelöst werden. Daran zeigt sich, daß der Jahresleistungspreis ein zusätzliches Entgelt für die Gaslieferung in Hochlastzeiten ist, aber nicht für die Lieferbereitschaft in einer bestimmten Stunde gezahlt wird. Der Jahresleistungspreis ist damit Entgelt für die Leistungsbereitschaft der Lieferantin nicht nur während der - endgültigen - Stundenspitzenabnahme im Gaswirtschaftsjahr, sondern er wird für die Lieferbereitschaft während der gesamten Zeit erhöhten Bedarfs geschuldet. Eine eindeutige Trennung der Lieferbereitschaft bei erhöhtem und nicht erhöhtem Bedarf erscheint nicht möglich. Im Hinblick darauf ist es auch revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das FG die Jahresleistungspreise auf die Lieferbereitschaft während des ganzen Gaswirtschaftsjahres bezogen und darin einen Teil der Gegenleistung für den Gasmengenbezug gesehen hat.

b) Zu Unrecht macht die Revision geltend, der bzw. die Jahresleistungspreise gehörten zu den Gemeinkosten der Klägerin, nicht aber zu den Anschaffungskosten für den Gasvorrat und das FG habe auch deshalb § 6 EStG unrichtig angewandt.

Anschaffungskosten sind die Kosten, die der Erwerber aufwendet, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben (Schmidt/Glanegger, Einkommensteuergesetz, 6. Aufl., § 6 Anm. 23, m. w. N.); Gemeinkosten, auch soweit sie im Anschaffungsbereich entstehen, gehören nicht zu den Anschaffungskosten (Schmidt/Glanegger, a.a.O., § 6 Anm. 26, m. w. N.).

Das FG hat angenommen, der Jahresleistungspreis wäre für die von dem Gasbezug nicht zu trennende Lieferbereitschaft der Lieferantin der Klägerin entrichtet und sei deshalb - neben dem Mengenpreis, dem sog. Arbeitspreis - Teil der Anschaffungskosten. Auf der Grundlage der für den erkennenden Senat bindenden Würdigung der ELV ist die Folgerung des FG, Jahresleistungspreise seien Teil des Entgelts für das bezogene Gas und gehörten anteilig zu den Anschaffungskosten des Gasvorrats, unbedenklich; denn die Entstehung von Jahresleistungspreisen ist ohne die Abnahme von Gasmengen nicht vorstellbar, so daß die Jahresleistungspreise, wenn sie - wie das FG meint - für die dauernde Lieferbereitschaft gezahlt werden, Teil der Kosten für den Erwerb des Gases sind.

c) Der Zugehörigkeit der Jahresleistungspreise zu den Anschaffungskosten steht auch nicht entgegen, daß deren Höhe erst bei Abnahme der Stundenhöchstmenge des Gaswirtschaftsjahres - und damit im Streitfall erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres - feststeht; denn der Maßstab für die Feststellung des Jahresleistungspreises ist vertraglich festgelegt und die zu bewertende Gasmenge steht mit Ablauf des Wirtschaftsjahres ebenfalls fest. Die Bestimmung des Jahresleistungspreises anhand der Stundenhöchstmenge steht deshalb nicht dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung (§ 6 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes - BewG -) oder Zeitbestimmung (§ 8 BewG) gleich, sondern ist sachlich Teil der Abrechnungsvereinbarung, bei deren Durchführung die tatsächlich bezogenen Gasmengen den ELV sachlich zugeordnet und damit der dafür geschuldete Preis festgestellt wird. Insofern liegt darin ein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit (vgl. § 175 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -; BFH-Urteil vom 26. Juli 1984 IV R 10/83, BFHE 141, 488, BStBl II 1984, 786), das bei der Aufstellung der Steuerbilanz zu berücksichtigen ist.

3. Der Senat kann anhand der vorhandenen tatsächlichen Feststellungen nicht entscheiden, ob der Teilwert des Speichergases unter den Anschaffungskosten liegt. Das finanzgerichtliche Urteil war daher aufzuheben und die Sache zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das FG zurückzuverweisen.

Die Klägerin hat das Speichergas in ihrer Bilanz mit einem sich aus den sog. Arbeitspreisen ergebenden Wert angesetzt. Dazu könnte sie nach § 155 Abs. 2 AktG 1965 berechtigt und verpflichtet gewesen sein, so daß der niedrigere Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auch in der Steuerbilanz anzusetzen wäre. Das FG hat keine Tatsachen festgestellt, vermöge derer der erkennende Senat entscheiden könnte, ob der Bilanzansatz für das Speichergas unter Teilwertgesichtspunkten gerechtfertigt ist.

Für die Bestimmung des Teilwerts hat die Rechtsprechung eine Reihe von Vermutungen aufgestellt. Danach ist bei Vorräten davon auszugehen, daß ihr Teilwert im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung nicht unter den Anschaffungs- oder Herstellungskosten liegt und zu späteren Zeitpunkten den Wiederbeschaffungskosten entspricht (BFH-Urteile vom 13. März 1964 IV 236/63 S, BFHE 79, 529, BStBl III 1964, 426; vom 13. Oktober 1976 I R 79/74, BFHE 122, 37, BStBl II 1977, 540, und vom 30. Januar 1980 I R 89/79, BFHE 130, 28, BStBl II 1980, 327). Der Ansatz des niedrigeren Teilwerts ist nur dann anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige nachweisen kann, daß und in welcher Höhe zwischen dem Anschaffungszeitpunkt und dem Bilanzstichtag wesentliche Umstände eingetreten sind, die die Annahme rechtfertigen, daß am Bilanzstichtag die Wiederbeschaffungskosten in nicht unerheblichem Umfang unter den ursprünglichen Anschaffungskosten liegen oder daß sich die Anschaffung als Fehlmaßnahme erwiesen habe. Je kürzer der zeitliche Abstand zwischen dem Anschaffungszeitpunkt und dem Bilanzstichtag ist, desto stärker ist die Vermutung der Übereinstimmung von Teilwert und Anschaffungskosten und desto größer sind die an den Nachweis einer Teilwertminderung zu stellenden Anforderungen (BFH-Urteil vom 17. Januar 1978 VIII R 31/75, BFHE 124, 441, BStBl II 1978, 335).

Im Streitfall hat die Klägerin nicht geltend gemacht, der Gasbezug nach Maßgabe der ELV I, II und IV sei eine Fehlmaßnahme oder die Preise für Erdgas seien in der Zeit zwischen den Einspeisungen in den Erdgasspeicher und dem Bilanzstichtag nennenswert gesunken. Sie meint vielmehr, der Teilwert liege deshalb unter den Anschaffungskosten, weil sie außerhalb der Spitzenlastzeiten sog. "Spot-Mengen" zu Preisen, die etwa den Arbeitspreisen entsprechen, hätte beziehen können, wie dies bei der Auffüllung des Gasspeichers nach dem Speicherbrand geschehen sei.

Der Senat ist schon deshalb gehindert, über die Höhe des Teilwerts des Speichergases zu befinden, weil keine Feststellungen über die Höhe des Gaspreises für Einzelbezüge (außerhalb der bestehenden ELV) getroffen sind. Hinzu kommt, daß die Klägerin mit dem Bezug von sog. Spot-Mengen gegen ihre Bezugsverpflichtungen aus den ELV I, II und IV verstoßen haben könnte. Die zur Beantwortung dieser Frage erforderliche Vertragsauslegung obliegt allein dem FG als Tatrichter.

4. Verfahrensrügen hat die Klägerin binnen der Revisionsbegründungsfrist nicht erhoben. Soweit sie unzutreffenden Ansatz der Speichergasmenge infolge zu gering bemessenen Kissengasanteils oder anderweitig unrichtiger Berechnung erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, kann dies vom erkennenden Senat nicht berücksichtigt werden (§ 120 Abs. 1 und Abs. 2 FGO).