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  BFH-Urteil vom 13.3.1990 (IX R 104/85) BStBl. 1990 II S. 514

Aufwendungen für eine Einbauküche können nur insoweit zu den Herstellungskosten einer Eigentumswohnung gehören, als sie auf die Spüle und den - nach der regionalen Verkehrsauffassung erforderlichen - Kochherd entfallen.

EStG §§ 21, 21a, 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, § 7b.

Vorinstanz: FG Berlin (EFG 1985, 609)

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erwarben mit Lastenwechsel zum 1. Mai 1981 eine Eigentumswohnung in Berlin. Der Kaufpreis betrug 85.000 DM. Die Wohnung befindet sich in einem vor der Jahrhundertwende errichteten Gebäude und war im Zeitpunkt der Anschaffung durch die Kläger nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) noch "unbewohnbar". Bevor die Kläger die Wohnung am 1. November des Streitjahres bezogen, ließen sie die elektrischen Leitungen erneuern, tapezieren, anstreichen und Teppich- und PVC-Bodenbeläge verlegen. Die Kosten dieser Maßnahmen betrugen 7.508 DM. Weitere 16.200 DM wendeten die Kläger für eine serienmäßig hergestellte Einbauküche auf, zu der neben einem Herd und einer Einbauspüle eine Dunstabzugshaube, Kühl- und Gefrierschrank sowie Geschirrspüler und Waschmaschine gehören.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 1981 machten die Kläger erhöhte Absetzungen gemäß § 15 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) in Höhe von 10.327 DM geltend (Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der Eigentumswohnung 103.273 DM). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erkannte hiervon bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 1981 6.929 DM an. Das FA berücksichtigte nicht die Kosten für die Renovierung der Wohnung: Sie gehörten zum laufenden Erhaltungsaufwand, der im Falle der Ermittlung der Einkünfte nach § 21a des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit dem Ansatz des Grundbetrages abgegolten sei. Die Kosten der Einbauküche seien keine Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Der Klage, mit der die Kläger die Renovierungskosten in voller Höhe sowie die Aufwendungen für die Einbauküche zeitanteilig mit 10 v.H. als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machten, hat das FG mit seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1985, 609 veröffentlichten Urteil stattgegeben.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung der §§ 21a und 7b EStG. Zwar sei den Klägern der Reparaturaufwand vor Bezugsfertigkeit der erworbenen Eigentumswohnung entstanden. Dies rechtfertige es jedoch nicht, den Aufwand als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Kläger abzuziehen. Die Renovierungsaufwendungen ständen in jedem Fall in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Eigennutzung der Wohnung, gleichgültig, ob die Renovierung vor dem Bezug oder nach dem Einzug durchgeführt werde. Entgegen der Ansicht des FG sei die Einbauküche nicht wesentlicher Bestandteil der von den Klägern angeschafften Eigentumswohnung. Wesentliche Bestandteile eines Wohngebäudes seien solche Einrichtungen, die nach der jetzigen Verkehrsanschauung ein Käufer bzw. Mieter darin vorzufinden erwarte. Danach seien nur die Spüle und in Berlin auch der Kochherd wesentliche Bestandteile der Eigentumswohnung. Im übrigen handele es sich um Einrichtungsgegenstände, deren Kosten gemäß § 12 EStG vom Abzug als Werbungskosten ausgeschlossen seien. Die Einbauküche könne auch nicht als Gesamtheit angesehen werden. Jeder Einrichtungsgegenstand für sich stelle ein selbständiges Wirtschaftsgut dar. Lediglich die Aufwendungen für die Spüle und den Kochherd in geschätzter Höhe von 800 DM gehörten zu den abschreibungsfähigen Anschaffungskosten der Eigentumswohnung. Für darüber hinausgehende Aufwendungen gelte das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG entsprechend; denn angemessen sei nur der Aufwand für die ortsübliche Ausstattung, die in Berlin dem Standard des sozialen Wohnungsbaus entspreche. Die Anerkennung weiterer Werbungskosten von 80 DM führe zu keiner Änderung der mit der Klage angefochtenen Einkommensteuerfestsetzung 1981.

Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kläger haben keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, weil das FG rechtsfehlerhaft die Aufwendungen für sämtliche Teile der Einbauküche als Herstellungskosten der Eigentumswohnung beurteilt hat. Zu Recht hat es allerdings die Instandsetzungskosten als sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Kläger behandelt.

1. Instandsetzungskosten

Diese Aufwendungen sind - wovon auch das FA ausgeht - Erhaltungsaufwendungen und als solche sofort abziehbare Werbungskosten. Sie sind nicht deshalb als Herstellungskosten zu beurteilen, weil das FG ausgeführt hat, daß die Wohnung der Kläger im Streitjahr der Anschaffung noch "unbewohnbar" gewesen sei.

Der Senat versteht diese Ausführungen nicht in dem Sinn, daß die Eigentumswohnung noch nicht fertiggestellt war. Er schließt dies insbesondere aus der Art der Maßnahmen, welche üblicherweise bei der Instandsetzung einer längeren Zeit nicht renovierten Altbauwohnung durchzuführen sind. Da die Aufwendungen der Kläger im Verhältnis zum Kaufpreis (Gebäudeanteil 67.682 DM) nicht so hoch waren, um eine wesentliche Verbesserung der Eigentumswohnung anzunehmen, sind sie ferner nicht im Hinblick auf ihre Anschaffungsnähe Anschaffungskosten oder Herstellungskosten (vgl. Senatsurteile vom 11. August 1989 IX R 87/86, BFHE 158, 326, BStBl II 1990, 130, und IX R 44/86, BFHE 158, 240, BStBl II 1990, 53).

Dem Abzug der Aufwendungen steht § 21a Abs. 3 EStG, wonach Erhaltungsaufwendungen vom Grundbetrag nicht abgesetzt werden dürfen, nicht entgegen; denn diese Vorschrift ist nur für die Zeit anzuwenden, in der der Nutzungswert der Wohnung nach § 21 Abs. 2 i.V. m. § 21a Abs. 1 EStG anzusetzen ist (Senatsurteil vom 7. April 1987 IX R 133-135/84, BFHE 150, 12, BStBl II 1987, 565), im Streitfall ab dem Bezug der Wohnung am 1. November 1981. Die Kläger haben die Instandsetzungsarbeiten jedoch vorher durchführen lassen.

2. Einbauküche

Begünstigt sind nach § 7b Abs. 1 EStG i.V. m. § 15 BerlinFG - erhöhte Absetzungen nach diesen Vorschriften in der für das Streitjahr geltenden Fassung machen die Kläger geltend - nur die Aufwendungen, die zur Herstellung oder Anschaffung des Gebäudes (oder der Eigentumswohnung) gemacht werden. Zum Gebäude rechnen die unselbständigen Gebäudeteile. Der erkennende Senat schließt sich der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) an, wonach von einer Einbauküche nur die Spüle und - entsprechend der regionalen Verkehrsauffassung - der Kochherd unselbständige Gebäudebestandteile sind (Urteile vom 11. Dezember 1973 VIII R 171/71, BFHE 112, 241, BStBl II 1974, 474; vom 11. Dezember 1973 VIII R 174/71, BFHE 113, 10, BStBl II 1974, 631, und vom 2. April 1974 VIII R 96/69, BFHE 112, 251, BStBl II 1974, 479).

Die einkommensteuerrechtliche Einordnung einer Anlage oder Einrichtung als unselbständiger Gebäudebestandteil richtet sich seit dem Beschluß des Großen Senats vom 26. November 1974 GrS 5/71 (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) danach, ob sie nach der allgemeinen Verkehrsanschauung in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude als solchem steht. Nicht zum Gebäude rechnen solche Bestandteile, die nicht der Nutzung des Gebäudes als solchem, sondern einem davon verschiedenen Zweck dienen. Der Große Senat hat als solchen Zweck z.B. die Ausübung eines Gewerbebetriebs in dem Gebäude angesehen und dementsprechend Betriebsvorrichtungen nicht als unselbständige Gebäudebestandteile beurteilt. Überträgt man diese Grundsätze auf Wohngebäude, so bedeutet dies, daß nur diejenigen Bestandteile in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude stehen, die für die Nutzbarkeit des Gebäudes zu Wohnzwecken vorausgesetzt werden und ohne die das Gebäude als Wohngebäude unfertig wäre. Demgegenüber ist dieser Zusammenhang nicht gegeben bei Bestandteilen, die dem über die Gebäudenutzbarkeit hinausgehenden Wohnen selbst einschließlich der Haushaltsführung dienen, wie dies bei Einrichtungsgegenständen der Fall ist. Die Aufwendungen für diese Gegenstände sind bei dem seine Wohnung selbstnutzenden Eigentümer als Kosten der Lebensführung gemäß § 12 Nr. 1 EStG nicht steuermindernd berücksichtigungsfähig.

Gegenstände der Inneneinrichtung sind danach auch bei entsprechender Verbindung mit dem Gebäude oder bei Einpassung in dieses grundsätzlich nicht dem Bereich der Gebäudenutzung zuzuordnen. Dies gilt auch für die Einbauküche; denn sie dient der Haushaltsführung. Ausgenommen von dieser Beurteilung sind nur die Sanitäreinrichtung des Bades vergleichbare Spüle und - entsprechend der regionalen Verkehrsauffassung - der Kochherd, weil ohne diese Ausstattung das Bauwerk als Wohngebäude unfertig wäre.

Entgegen der Auffassung des FG scheitert die unterschiedliche einkommensteuerrechtliche Beurteilung einzelner Bestandteile der Einbauküche nicht daran, daß die Einzelteile in ihrer Funktion aufeinander abgestimmt und in ihrer baulichen Gestaltung den jeweiligen räumlichen Verhältnissen angepaßt sind. Abgesehen davon, daß diese Auffassung dazu führen könnte, z.B. ihrer Natur nach nicht in einem Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude stehende Gegenstände durch entsprechende Anpassungsmaßnahmen zu unselbständigen Bestandteilen des Gebäudes zu machen, ist eine serienmäßig hergestellte Einbauküche regelmäßig nicht ein einheitliches ("zusammengesetztes") Wirtschaftsgut; sie besteht vielmehr aus mehreren selbständigen Wirtschaftsgütern. Die einzelnen Küchenbauteile sind nicht nur als Teile der Gesamtheit und in Verbindung mit anderen Gegenständen, sondern nach einem Ausbau auch jeweils für sich an anderer Stelle verwendbar.

Die Aufwendungen für die Spüle und den Herd als unselbständige Bestandteile des Gebäudes gehören zu dessen Anschaffungskosten, wenn diese Gegenstände bei Erwerb des Gebäudes (oder der Eigentumswohnung) bereits eingebaut sind. Läßt sie der Steuerpflichtige erstmals einbauen, so handelt es sich bei dem Aufwand um Herstellungskosten des Gebäudes. Werden vorhandene Gebäudebestandteile ersetzt, so führt dies in der Regel zu Erhaltungsaufwand. Dies gilt auch für die Spüle und den Herd.

3. Die Vorentscheidung, der andere als die unter 2. genannten Rechtsgrundsätze zugrunde liegen, war aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat - von seinem Standpunkt aus zu Recht - keine Feststellungen dazu getroffen, welche Aufwendungen auf die Spüle und den Kochherd entfallen. Den Einwendungen des FA, daß Aufwendungen von mehr als 800 DM für diese Gegenstände wegen Unangemessenheit nicht als Werbungskosten anerkannt werden dürften, vermag der Senat nicht zu folgen. Abgesehen davon, daß nach dem zur Veröffentlichung bestimmten BFH-Urteil vom 12. Januar 1990 VI R 29/86 § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG für den Bereich der Werbungskosten nicht gilt, sind vorliegend im Hinblick auf die Gesamtaufwendungen für die Einbauküche keine Anhaltspunkte gegeben, daß die Kläger für Spüle und Herd nach allgemeiner Verkehrsauffassung unangemessen viel aufgewendet hätten.

Die Sache wird gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an das FG zurückverwiesen, damit dieses Gelegenheit erhält, die Feststellungen zur Höhe der Aufwendungen für Spüle und Herd nachzuholen. Bei der erneuten Entscheidung wird das FG auch zu prüfen haben, ob die von den Klägern erworbene Eigentumswohnung bereits mit Spüle und Herd ausgestattet war. Sollten die Kläger diese Gegenstände ersetzt haben, so wären ihre Aufwendungen Erhaltungsaufwand. Für den Fall, daß das FG zu dem Ergebnis kommen sollte, bei den Aufwendungen für Spüle und Herd handele es sich um Herstellungskosten, weist der Senat noch darauf hin, daß dies nicht zu einer Umqualifizierung der Instandsetzungsaufwendungen in Herstellungskosten führt, weil vorliegend die Ausstattung der Küche und die Renovierung keine einheitliche Baumaßnahme in der Art einer Generalüberholung der Eigentumswohnung ist (vgl. BFH-Urteil vom 16. September 1986 IX R 126/84, BFH/NV 1987, 149 mit weiteren Hinweisen).