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  BFH-Urteil vom 29.11.1989 (X R 154/88) BStBl. 1990 II S. 570

1. Eine Spende nach § 10b Abs. 1 EStG fließt einem Empfänger i.S. von § 48 Abs. 3 Nr. 2 EStDV schon dann unmittelbar zu, wenn der Spender nach außen erkennbar im Auftrage des Empfängers für dessen satzungsmäßigen Zweck Aufwendungen in Form von Wertabgaben aus dem geldwerten Vermögen erbringt und ihm damit Ausgaben erspart. Es ist nicht erforderlich, daß der Spender gegen den Empfänger einen Erstattungsanspruch hat, auf den er verzichtet (Anschluß an BFH-Urteil vom 24. September 1985 IX R 8/81, BFHE 144, 439, BStBl II 1986, 726).

2. Zu den Anforderungen an die Spendenbescheinigung.

EStG 1985 § 10b Abs. 1; EStDV § 48 Abs. 3 Nr. 2.

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 1985 Vorsitzender eines gemeinnützigen Schullandheimwerks e.V. (Verein) und Vorsitzender einer Arbeitsgemeinschaft für Schullandheimvereine. In dieser Eigenschaft war er Mitglied des Vorstandes des Verbandes deutscher Schullandheime e.V. (Verband). Die vom Verein verfolgten gemeinnützigen Zwecke sind in Anlage 7 Nr. 2 und 5 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) als besonders förderungswürdig anerkannt.

In seiner Einkommensteuererklärung für 1985 machte der Kläger neben anderen Spenden 3.618 DM für Fahrten mit dem eigenen PKW zu dem vom Verein unterhaltenen Schullandheim und zu Vorstandssitzungen des Verbandes als Spenden gemäß § 10b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Zum Nachweis hierfür legte er eine Bescheinigung des Vereins vor, in der die einzelnen Fahrten jeweils nach Datum, Anlaß, Ziel und Fahrtstrecke aufgeschlüsselt waren. Die Kosten ermittelte er mit 59,6 Pfennigen pro Kilometer nach der ADAC-Tabelle für einen Mercedes 190 E.

Im Einkommensteuerbescheid 1985 berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Fahrtkosten nicht. Den Einspruch des Klägers wies das FA unter Bezug auf den gleichlautenden Erlaß der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder vom 27. August 1986 (BStBl I 1986, 479) als unbegründet zurück.

Das Finanzgericht (FG) ließ die Fahrtkosten mit einem Betrag von 21,61 Pfennigen pro Kilometer zum Abzug als Spende zu. Im übrigen wies es die Klage ab. Es war unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. September 1985 IX R 8/81 (BFHE 144, 439, BStBl II 1986, 726) der Auffassung, für den Abzug als Spende nach § 10b EStG reiche es aus, wenn der Spender nach außen erkennbar im Auftrag des Empfängers für dessen satzungsmäßige Zwecke Aufwendungen in Form von Wertabgaben aus seinem Vermögen erbringe und ihm damit Ausgaben erspare. Entgegen der Auffassung des FA sei nicht erforderlich, daß der Spender zunächst einen Erstattungsanspruch gegen den Empfänger habe, auf den er verzichte. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall erfüllt, denn sowohl die Fahrten zum Schullandheim als auch zu den Vorstandssitzungen dienten den satzungsmäßigen Zwecken des Vereines. Da Nutzungen nicht abziehbar seien, dürften jedoch nur die Aufwendungen abgezogen werden, die nach der Verkehrsauffassung durch den Betrieb des fahrenden Kraftfahrzeugs veranlaßt seien, wie die Kosten für Benzin, Öl, Reparaturen, Wartung und Reifenabnutzung; diese Kosten könnten nach der ADAC-Kostentabelle für Geschäftswagen ermittelt werden.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung des § 10b Abs. 1 EStG.

Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA hat aus anderen als den geltend gemachten Gründen Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Zutreffend hat das FG entschieden, daß Fahrtkosten auch ohne Verzicht auf einen entstandenen Erstattungsanspruch gegen den begünstigten Empfänger als Spenden nach § 10b Abs. 1 EStG abgezogen werden dürfen.

a) Nach § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr 1985 geltenden Fassung sind Ausgaben zur Förderung der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke in der im Gesetz näher bestimmten Höhe als Sonderausgaben abziehbar. Als Ausgabe im Sinne dieser Vorschrift gilt auch die Zuwendung von Wirtschaftsgütern mit Ausnahme von Nutzungen und Leistungen (§ 10b Abs. 1 Satz 4 EStG).

Als Spenden kommen nicht nur Zuwendungen von Geld in Betracht, sondern auch von sonstigen geldwerten Vorteilen, sofern der Spender "Ausgaben" i.S. des § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG gehabt hat und der Vorteil dem begünstigten Empfänger i.S. des § 48 Abs. 3 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) zugewendet worden ist. Wird der Steuerpflichtige persönlich für den begünstigten Empfänger in dessen Auftrag tätig, ist der Aufwand an Zeit und Arbeitskraft wegen des Ausschlusses von Nutzungen und Leistungen (§ 10b Abs. 1 Satz 4 EStG) nicht abziehbar. Aus dem Ausschluß von Nutzungen und Leistungen folgt nach ständiger Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 25. Juli 1969 VI R 269/67, BFHE 96, 471, BStBl II 1969, 681; vom 28. April 1978 VI R 147/75, BFHE 125, 170, BStBl II 1979, 297, und in BFHE 144, 439, BStBl II 1986, 726) jedoch nicht, daß Aufwendungen, die zur Durchführung der persönlich erbrachten Leistung des Spenders erforderlich sind und aus dessen Vermögen tatsächlich abfließen, nicht als Ausgaben abgezogen werden dürften. § 10b Abs. 1 Satz 4 EStG betrifft nur Leistungen des Spenders, die - anders als beispielsweise Beförderungskosten - keine Wertabgaben aus dem geldwerten Vermögen des Zuwendenden darstellen und Vermögensminderungen, die lediglich durch die Nutzung eines Wirtschaftsgutes bedingt sind.

b) Aus § 48 Abs. 3 EStDV folgert die Rechtsprechung, daß der Vermögensvorteil dem begünstigten Empfänger unmittelbar zufließen muß. Einen unmittelbaren Zufluß hat der BFH schon dann angenommen, wenn der Spender nach außen erkennbar im Auftrag des Empfängers für dessen satzungsmäßige Zwecke tätig wird, zur Durchführung seines Auftrags tatsächlich eigenes Vermögen aufwendet und damit dem Empfänger Ausgaben erspart (zuletzt BFHE 144, 439, BStBl II 1986, 726).

Entgegen der Auffassung des FA ist nicht erforderlich, daß der Steuerpflichtige zunächst nach der Satzung oder sonstigen Bestimmungen des Empfängers gegen diesen einen Erstattungsanspruch hat, auf dessen Geltendmachung er nachträglich verzichtet (BFHE 144, 439, BStBl II 1986, 726). § 10b Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 4 EStG setzt lediglich eine Wertabgabe aus dem geldwerten Vermögen des Steuerpflichtigen voraus. Eine solche Wertabgabe liegt nicht nur in dem Verzicht auf einen entstandenen Aufwendungsersatzanspruch, sondern ist auch zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige vor Durchführung eines Auftrages für einen begünstigten Empfänger auf vertragliche, satzungsmäßige oder gesetzliche (vgl. §§ 670 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) Ansprüche auf Erstattung seiner Aufwendungen verzichtet oder tätig wird, obwohl nach der Satzung oder sonstigen Bestimmungen der Ersatz von Aufwendungen jeglicher Art ausgeschlossen ist.

c) Der nunmehr nach dem Geschäftsverteilungsplan für Streitigkeiten über Sonderausgaben nach § 10b EStG zuständige erkennende Senat hält an der bisherigen Rechtsprechung fest. Dabei verkennt er nicht, daß § 10b Abs. 1 Satz 4 EStG auch anders ausgelegt werden könnte. So könnten Auslagen, auf deren Ersatz kein Anspruch besteht, lediglich als Kosten der Finanzierung von Nutzungen und Leistungen begriffen werden, die in so engem Zusammenhang mit diesen stehen, daß sie gleichfalls nicht als Spenden anerkannt werden könnten. Der Senat hält indessen dieses Gesetzesverständnis für nicht so zwingend, daß ihm vor dem Auslegungsergebnis der bisherigen Rechtsprechung notwendig der Vorrang eingeräumt werden müßte. Die Rechtsprechung des BFH zum Nachteil des Steuerpflichtigen zu ändern, erscheint um so weniger geboten, als die Rechtslage, zu der die bisherige Rechtsprechung ergangen ist, nur bis zum Inkrafttreten des Vereinsförderungsgesetzes Bedeutung hat und dieses Gesetz Anlaß geben kann, den Begriff der Ausgaben in § 10b Abs. 1 EStG aus seinem Gesamtzusammenhang neu zu interpretieren.

2. Soweit es sich um die Fahrten für satzungsmäßige Zwecke des Vereins handelt, hat das FG zu Recht auch die vom Verein ausgestellte Bescheinigung als Spendenbescheinigung i.S. von § 48 Abs. 3 Nr. 2 EStDV anerkannt.

Nach § 48 Abs. 3 Nr. 2 EStDV sind Zuwendungen an eine in § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) bezeichnete Körperschaft nur dann abziehbar, wenn die Körperschaft bestätigt, daß sie den zugewendeten Betrag nur für ihre satzungsmäßigen Zwecke verwendet. Diese Bestätigung (Spendenbescheinigung) ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH eine unverzichtbare sachliche Voraussetzung des Spendenabzugs (z.B. Urteil vom 23. Mai 1989 X R 17/85, BFHE 157, 516, BStBl II 1989, 879 m.w.N.).

Die an ihren Inhalt zu stellenden Anforderungen richten sich nach dem Zweck der Spendenbescheinigung: Sie soll zum einen nachweisen, daß der Empfänger zu dem in § 48 Abs. 3 Nr. 2 EStDV genannten Personenkreis gehört. Zum anderen muß sie belegen, daß die betreffenden Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach als Spende abziehbar sind. Letzteres erfordert bei sog. Sachspenden zusätzliche Angaben in der Spendenbescheinigung selbst, damit daraus unmittelbar erkennbar ist, daß die Voraussetzungen für die Abziehbarkeit der Sachspenden als Sonderausgaben erfüllt sind.

Für Aufwandsspenden der hier streitigen Art bedeutet dies: Aus der Bestätigung selbst muß sich für jede einzelne Fahrt ersehen lassen, daß sie zur Erfüllung der satzungsmäßigen Zwecke erforderlich war. Auch der Höhe nach ist ein solcher Nachweis nur erbracht, wenn sich aus der Bescheinigung für jede einzelne Fahrt ergibt, in welcher Eigenschaft und für welchen Anlaß (Zeit und Ort) der Betreffende tätig war. Außerdem müssen Fahrtstrecke und Benutzung des eigenen PKW in einer Weise bestätigt sein, daß sich aus den Angaben ohne weiteres die jeweilige Höhe des Aufwands und damit der zugewendete Vermögenswert ermitteln läßt. Diesen Erfordernissen ist im Streitfall genügt.

3. Zu Unrecht hat das FG allerdings auch die Aufwendungen für Fahrten des Klägers in seiner Eigenschaft als Mitglied des Vorstandes des Verbandes als Spende zum Abzug zugelassen. Diese Fahrten dienten nicht den satzungsmäßigen Zwecken des Vereins, so daß dieser hierüber auch keine Spendenbescheinigung ausstellen konnte.

4. Ferner hat das FG die Höhe der abziehbaren Aufwendungen nicht zutreffend ermittelt.

a) Kosten für Fahrten mit dem eigenen PKW können wegen des Abzugsverbots von Nutzungen und Leistungen (§ 10b Abs. 1 Satz 4 EStG) nur insoweit als Spende abgezogen werden, als sie beim Empfänger selbst angefallen wären, wenn ihm der Steuerpflichtige das Fahrzeug zur Nutzung überlassen hätte. Das sind nur die Aufwendungen für Benzin. Nicht berücksichtigt werden dürfen dagegen die durch die bloße Nutzung verursachten Vermögensminderungen (Verschleiß), sowie Aufwendungen, die die bestimmungsgemäße Nutzung des Fahrzeugs betreffen (z.B. Wartungskosten; ebenso Littmann/Stephan, Das Einkommensteuerrecht, § 10b EStG Anm. 61; Drasdo, Deutsches Steuerrecht 1987, 327; vgl. Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl. 1989, § 10b Anm. 2). Soweit der VI. Senat im Urteil in BFHE 96, 471, BStBl II 1969, 681 auch die Abnutzung von Fahrzeug und Reifen berücksichtigt und die für Dienstreisen geltenden Pauschbeträge als abziehbar angesehen hat, hält der erkennende Senat hieran nicht fest.

b) Weist der Steuerpflichtige die entstandenen Kosten nicht im einzelnen nach, können sie in Form von Kilometerpauschbeträgen geschätzt werden (vgl. § 162 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Das FG hat jedoch bei der Ermittlung des Kilometerpauschbetrages unzutreffende Schätzungsmaßstäbe angelegt: Da es alle Kosten für abziehbar gehalten hat, die nach der Verkehrsauffassung durch den Betrieb des fahrenden PKW veranlaßt sind, hat es bei der Ermittlung des Kilometerpauschbetrages zu Unrecht auch die durch Ölverbrauch, Reparaturen, Reifenabnutzung und Inspektionen anfallenden Kosten mitberücksichtigt.

5. Das FG hat die Spendenbescheinigungen des Vereins zu Unrecht als ausreichend auch für die Fahrten im Interesse des Verbandes angesehen und außerdem die Höhe der als Spende abziehbaren Fahrtkosten unzutreffend ermittelt. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben.

Der Senat kann in der Sache selbst nicht entscheiden, denn das FG hat von seinem Standpunkt aus zu Recht keine tatsächlichen Feststellungen zum Benzinverbrauch getroffen. Die Sache wird deshalb zur Nachholung dieser Feststellungen an das FG zurückverwiesen.