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  BFH-Urteil vom 20.2.1991 (X R 191/87) BStBl. 1991 II S. 690

Zahlungen eines Steuerpflichtigen, die dieser zur Erhaltung des unter Denkmalschutz stehenden Einfamilienhauses seiner mit ihm zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehefrau leistet, sind nicht als Spende (§ 10b Abs. 1 EStG) abziehbar.

EStG § 2 Abs. 4, § 10b Abs. 1, § 26 Abs. 1, § 26b.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 1978 bis 1982 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sie bewohnten eine unter Denkmalschutz stehende Burg, die als Einfamilienhaus bewertet war. Die Burg gehörte zunächst dem Kläger, der sie mit Wirkung ab 1. Januar 1978 der Klägerin schenkte.

Zur Erhaltung der Burg wurden Gelder eingesetzt, die der Landschaftsverband X., Amt für Denkmalpflege (Landschaftsverband), bei den Gebern als Spenden anerkannte. Schon 1954 hatte der Finanzminister des Landes X. die Anfrage des Klägers, ob seine Freunde Spenden zur Erhaltung der Burg nach § 10b des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerlich geltend machen könnten, bejaht. Voraussetzung der Abziehbarkeit - so war ihm mitgeteilt worden - sei, daß die Spenden an eine der in § 33 Abs. 3 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) 1953 (jetzt: § 48 Abs. 3 EStDV 1981) genannten Stellen geleistet würden. Dementsprechend waren in der Folgezeit die für die Burg bestimmten Spenden an den Landschaftsverband gezahlt worden. Die Spenden waren in der Zeit von 1967 bis 1977 ausschließlich von Dritten, im Jahre 1966 möglicherweise auch vom Kläger erbracht und bei den Spendern jeweils nach § 10b EStG steuermindernd berücksichtigt worden.

Ab 1978 leistete der Kläger selbst Spenden an den Landschaftsverband zur Erhaltung der nunmehr seiner Ehefrau gehörenden Burg. Das geschah jeweils auf folgende Weise: Er übersandte dem Landschaftsverband Aufstellungen über die im Laufe der Jahre angefallenen Erhaltungskosten und bat um Mitteilung der förderungsfähigen Beträge. Gleichzeitig kündigte er an, er werde "noch in diesem Jahre entsprechende Spenden" an den Landschaftsverband überweisen, und verband dies mit der Bitte, den überwiesenen Betrag an seine Ehefrau weiterzuleiten. Demgemäß verfuhr der Landschaftsverband. Er stellte anhand der vorgelegten Rechnungen den anzuerkennenden Betrag fest, sagte in dessen Höhe Weiterleitung von Spenden auf das Konto der Klägerin zu und erteilte dem Kläger hierüber Spendenquittungen.

In den Einkommensteuerbescheiden für 1978 bis 1981 erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die von den Klägern als Sonderausgaben gemäß § 10b EStG geltend gemachten Zahlungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung an. In den Änderungsbescheiden vom 28. Juni 1984 berücksichtigte das FA diese Spenden nicht mehr. Ebenso verfuhr das FA im Einkommensteuerbescheid für 1982 vom 7. August 1984. Die Einsprüche der Kläger blieben erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, die Zahlungen an den Landschaftsverband seien nicht nach § 10b EStG begünstigt, da sie nicht unentgeltlich geleistet worden seien. Dies ergebe sich aus den vorgelegten Akten und der Schilderung des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Danach sei dieser zu den Zahlungen an den Landschaftsverband nur insoweit bereit gewesen, als die unverzügliche und unmittelbare Weiterleitung der Gelder an seine Ehefrau gesichert gewesen sei. Auch auf die Grundsätze von Treu und Glauben könne sich der Kläger nicht berufen. Er könne weder aus der Spendenbehandlung in den Jahren 1954 bis 1977 noch danach aus der vorläufigen Anerkennung des Spendenabzugs für 1978 bis 1981 eine schützenswerte Vertrauensposition herleiten.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts, in formeller Hinsicht Verletzung der §§ 76 Abs. 1 und 96 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), in materiell-rechtlicher Hinsicht Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) sowie unzutreffende Anwendung des § 10b EStG und der Grundsätze von Treu und Glauben.

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG und die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen abzuändern und die strittigen Spenden zum Abzug als Sonderausgaben zuzulassen; hilfsweise, das FG-Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Während des Revisionsverfahrens hat das FA die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für 1981 und 1982 wiederholt aus hier nicht streitigen Gründen geändert. Die Kläger haben die Änderungsbescheide zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 FGO). FA und FG sind im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß die streitigen Beträge nicht als Spenden gemäß § 10b Abs. 1 EStG abgezogen werden dürfen.

1. Die von den Klägern erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Die Entscheidung bedarf insoweit keiner Begründung (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -).

2. Entgegen der Ansicht der Kläger war das FA gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) befugt und verpflichtet, die unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheide zu ändern. Denn nach dieser Bestimmung kann die Steuerfestsetzung grundsätzlich ohne weiteres aufgehoben oder geändert werden, solange der Vorbehalt wirksam ist.

Hieran war das FA auch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht gehindert. Aus den unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestellten Steuerfestsetzungen für 1978 bis 1981 können die Kläger wegen der Vorläufigkeit dieser Bescheide (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2. Oktober 1984 VIII R 20/84, BFHE 143, 304, BStBl II 1985, 428; vom 28. April 1987 IX R 7/83, BFHE 150, 406, BStBl II 1987, 814) und aus der Behandlung von Spenden in früheren Jahren wegen des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung keinen Vertrauensschutz herleiten (vgl. BFH-Urteile vom 14. November 1968 V 191/65, BFHE 94, 168, BStBl II 1969, 120; vom 19. Juni 1986 V R 11/85, BFH/NV 1986, 670).

3. Die Voraussetzungen für den begehrten Spendenabzug sind nicht erfüllt.

Nach § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG sind Ausgaben zur Förderung u.a. der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke innerhalb bestimmter betragsmäßiger Grenzen und nach Maßgabe des § 48 EStDV als Sonderausgaben abziehbar. Zu diesen Zwecken gehört auch die Förderung der Denkmalpflege (Nr. 4c des Verzeichnisses der allgemein als besonders förderungswürdig i.S. des § 10b Abs. 1 EStG anerkannten Zwecke, Anl. 7 zu Abschn. 111 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR -).

Unter Ausgaben im Sinne dieser Regelung sind alle Wertabgaben zu verstehen, die aus dem geldwerten Vermögen des Spenders zur Förderung des begünstigten Zwecks abfließen (BFH-Urteil vom 24. September 1985 IX R 8/81, BFHE 144, 439, BStBl II 1986, 726). Vorausgesetzt wird eine endgültige wirtschaftliche Belastung des Spenders. Daran fehlt es hier. Zwar sind die zum Abzug geltend gemachten Beträge tatsächlich aus dem Vermögen des Klägers abgeflossen (vgl. § 11 Abs. 2 EStG; Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 10b EStG Anm. 22, § 11 EStG Anm. 52) und in den Verfügungsbereich des Landschaftsverbandes gelangt (BFH-Beschluß vom 19. Juli 1978 I B 14/78, BFHE 125, 351, BStBl II 1978, 598). Sie haben aber beim Kläger zu keiner endgültigen wirtschaftlichen Belastung geführt; denn der Kläger ist für den Spendenabzug mit seiner Ehefrau, der Spendenempfängerin, als Einheit anzusehen. Das folgt aus dem systematischen Zusammenhang zwischen den §§ 10b Abs. 1, 26 Abs. 1, 26b EStG einerseits und § 2 Abs. 4 EStG andererseits.

Gemäß § 26 Abs. 1, § 26b EStG werden bei einer Zusammenveranlagung von Ehegatten diesen ihre Einkünfte (nach Zusammenrechnung) gemeinsam zugerechnet und die Ehegatten sodann "gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt". Dies gilt nach dem in § 2 Abs. 3 bis Abs. 6 EStG für die Ermittlung der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage festgelegten Schema auch für den Sonderausgabenabzug. Denn Sonderausgaben sind nach § 2 Abs. 4 EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, auf einer Ermittlungsstufe also, auf der zusammenveranlagte Ehegatten als ein Steuersubjekt mit einer gemeinsamen Berechnungsgrundlage gelten. Diese "Einheit der Ehegatten beim Sonderausgabenabzug" (Söhn in Kirchhof/Söhn, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 10 Anm. B 122) bedeutet nicht nur, daß es insoweit gleichgültig ist, wer von beiden Ehegatten den abziehbaren Aufwand schuldet und/oder tatsächlich geleistet hat (vgl. BFH-Urteil vom 22. März 1967 VI R 300/66, BFHE 89, 69, BStBl III 1967, 596; Söhn, a.a.O.), sondern auch, daß die Frage der wirtschaftlichen Belastung einheitlich zu beurteilen und insoweit zu verneinen ist, als der Wertabgabe bei einem Ehegatten ein entsprechender Zufluß bei dem anderen Ehegatten gegenübersteht. Das war hier der Fall: Durch die zwischen Kläger und Landschaftsverband getroffenen Abreden und die in Übereinstimmung damit geübte Praxis der Denkmalförderung war sichergestellt, daß beim Kläger "Spenden" nur in dem Maße abflossen, in dem sie der mit ihm zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehefrau zugute kamen.

Im Streitfall fehlt es daher schon objektiv an einer Spendenleistung i.S. des § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob nicht auch noch andere Mängel im Tatbestand dem begehrten Sonderausgabenabzug entgegenstehen.

4. Die hier zu beurteilende Fallgestaltung unterscheidet sich von anderen Maßnahmen der Denkmalförderung so grundlegend, daß schon aus diesem Grund eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nicht in Betracht kommt (BFH-Urteil vom 24. Januar 1958 VI 9/56 S, BFHE 66, 197, BStBl III 1958, 77; BFH in BFHE 89, 69, BStBl III 1967, 596).