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  BFH-Urteil vom 9.7.1991 (VII R 21/91) BStBl. 1991 II S. 893

Zur Beteiligung von sogenannten stellvertretenden Mitgliedern (Ersatzmitglieder) des Prüfungsausschusses an der Steuerberaterprüfung.

DVStB §§ 10, 24 Abs. 1.

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) nahm an der Steuerberaterprüfung 1987 teil. Für die von ihm gefertigten Aufsichtsarbeiten setzte der Prüfungsausschuß des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzministerium) in seiner Sitzung vom 18. Dezember 1987 aufgrund der Begutachtung der Arbeiten durch je zwei Prüfer die Noten 5, 4,5 und 4,5 fest. Mit Bescheid vom 29. Dezember 1987 teilte das Finanzministerium dem Kläger mit, seine Gesamtnote für die schriftliche Prüfung (4,66) übersteige die Zahl 4,5. Er sei deshalb nach § 25 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und habe die Prüfung nicht bestanden.

Der erkennende Senat hob nach erfolgloser Klage auf die Revision des Klägers die gerichtliche Vorentscheidung und die Prüfungsentscheidung des Finanzministeriums auf. Er sah einen wesentlichen Mangel des Prüfungsverfahrens darin, daß an der Sitzung des Prüfungsausschusses vom 18. Dezember 1987, in der die Noten für die schriftlichen Arbeiten festgelegt worden waren, der zum Erstgutachter für die Prüfungsarbeit des Klägers aus dem Gebiet Buchführung und Bilanzwesen bestellte Wirtschaftsprüfer und Steuerberater B wegen Verhinderung nicht teilgenommen hatte. Nach der Entscheidung des Senats müssen die mit der Begutachtung der Aufsichtsarbeiten betrauten Prüfer - auch wenn sie wie B nur zu stellvertretenden Mitgliedern des Prüfungsausschusses bestellt worden sind - an der Festsetzung der Note durch den Prüfungsausschuß (§ 24 Abs. 1 Satz 2 DVStB) beteiligt werden. Der Senat verpflichtete das Finanzministerium, das fehlerhaft durchgeführte Prüfungsverfahren ohne den beanstandeten Verfahrensmangel zu wiederholen und den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der Rechtsausführungen des Senats wird auf das Urteil vom 11. Juli 1989 VII R 109/88 (BFHE 157, 477, BStBl II 1989, 858) Bezug genommen.

Das Finanzministerium ließ die Aufsichtsarbeit des Klägers aus dem Gebiet Buchführung und Bilanzwesen, da der bisherige Erstgutachter B inzwischen auf seine Bestellung als Steuerberater verzichtet hatte und aus dem Prüfungsausschuß ausgeschieden war, von dem Mitglied des Prüfungsausschusses Dr. L als Erstgutachter erneut begutachten. Der Prüfungsausschuß setzte für diese Aufsichtsarbeit in der Sitzung vom 19. Dezember 1989 unter Mitwirkung von Dr. L - wie zuvor - die Note 4,5 fest. Das Finanzministerium teilte daraufhin dem Kläger mit Bescheid vom 3. Januar 1990 mit, daß er die Steuerberaterprüfung nicht bestanden habe.

Auf die Klage gegen die zweite Prüfungsentscheidung entschied das Finanzgericht (FG), die Entscheidung des Prüfungsausschusses sei nicht deshalb fehlerhaft, weil ein anderer Erstgutachter für die streitbefangene Aufsichtsarbeit bestellt worden sei. Dies sei notwendig gewesen, weil der frühere Erstgutachter B dem Prüfungsausschuß nicht mehr angehört habe (Urteil insoweit teilweise abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1991, 350).

Die Klage führe aber aus einem anderen als dem vom Kläger vorgebrachten Rechtsgrund zur Aufhebung der Prüfungsentscheidung und zur Verpflichtung des Finanzministeriums, den Kläger erneut zu bescheiden. Der Prüfungsausschuß sei nämlich in seinen Sitzungen vom 18. Dezember 1987 und 19. Dezember 1989, in denen die Noten für sämtliche Aufsichtsarbeiten des Klägers festgesetzt worden seien, fehlerhaft besetzt gewesen. Das Finanzministerium habe durch mehrere Berufungserlasse sowohl ordentliche als auch stellvertretende Mitglieder des Prüfungsausschusses bestellt. Obwohl die ordentlichen Mitglieder zu den Sitzungsterminen nicht verhindert gewesen seien, hätten jeweils auch stellvertretende Mitglieder des Prüfungsausschusses an der Bewertung der Aufsichtsarbeiten des Klägers mitgewirkt. Dem Senatsurteil in BFHE 157, 477, BStBl II 1989, 858 sei aber zu entnehmen, daß ein Vertretungsfall, der die Stellvertreter zu Mitgliedern des Prüfungsausschusses mache, nur dann eintrete, wenn ein ordentliches Mitglied dieses Ausschusses an der Ausübung des Amtes als Prüfer verhindert sei. Dagegen liege ein Vertretungsfall nicht vor, wenn die Zahl der Prüflinge so groß sei, daß ein Prüfungsausschuß die Prüfung nur unter Einschaltung von stellvertretenden Mitgliedern bewältigen könne; dieser organisatorischen Schwierigkeit sei durch Bildung mehrerer Prüfungsausschüsse zu begegnen (§ 10 Abs. 1 Satz 2 DVStB). Die Berufungserlasse des Finanzministeriums ließen im Hinblick auf die große Zahl der Ernennungen zu stellvertretenden Mitgliedern erkennen, daß von vornherein ein arbeitsteiliges Vorgehen bei der Erledigung der dem Prüfungsausschuß übertragenen Aufgaben beabsichtigt gewesen sei. Es seien dagegen nicht mehrere Prüfungsausschüsse mit einer verbindlich festgelegten Besetzungsordnung gebildet worden.

Mit der vom FG zugelassenen Revision vertritt das Finanzministerium die Auffassung, das FG gehe zu Unrecht davon aus, daß ein Vertretungsfall nicht vorliege, wenn die Zahl der Prüflinge so groß sei, daß ein Prüfungsausschuß die Prüfung nur unter Einschaltung von stellvertretenden Mitgliedern bewältigen könne. Die Kannvorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 2 DVStB lasse zur Bewältigung einer großen Zahl von Prüflingen neben der Bildung von mehreren Prüfungsausschüssen auch die Möglichkeit zu, nur einen Prüfungsausschuß mit einer entsprechend großen Zahl von stellvertretenden Mitgliedern zu bilden. Wie der Senat in BFHE 157, 477, BStBl II 1989, 858 entschieden habe, habe dies zur Folge, daß sich die Tätigkeit der Stellvertreter nicht nur auf die Begutachtung der Aufsichtsarbeiten beschränken dürfe, sondern daß sie als Mitglieder des Prüfungsausschusses auch an der Festsetzung der Note beteiligt werden müßten. Dies sei im Streitfall geschehen.

Entgegen den Ausführungen des FG seien der Aufgabenbereich und die konkrete Besetzungsordnung des Prüfungsausschusses festgelegt gewesen. Alle ordentlichen und stellvertretenden Mitglieder des Prüfungsausschusses seien bei Beginn der Steuerberaterprüfung 1987 als solche bestellt gewesen. Die Aufteilung der Erst- und Zweitbegutachtung sei bereits vor Beginn des schriftlichen Teils der Steuerberaterprüfung 1987 erfolgt, und die Besetzung des Prüfungsausschusses von der Prüfungsbehörde vor Beginn der jeweiligen Sitzung festgelegt worden.

Das Finanzministerium beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des Finanzministeriums ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Das Finanzministerium hat in dem angefochtenen Prüfungsbescheid aufgrund der Noten für die schriftlichen Arbeiten, die der Prüfungsausschuß in seinen Sitzungen vom 18. Dezember 1987 (Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete: 5, Ertragsteuerrecht: 4,5) und vom 19. Dezember 1989 (Buchführung und Bilanzwesen: 4,5) festgesetzt hat, zu Recht entschieden, daß der Kläger bei einer Gesamtnote für die schriftliche Prüfung von 4,66 von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen sei und er die Steuerberaterprüfung 1987 nicht bestanden habe (§ 25 Abs. 1, 2 und 3 DVStB). Die Neubewertung der Aufsichtsarbeit aus dem Gebiet Buchführung und Bilanzwesen durch den Prüfungsausschuß (§ 24 Abs. 1 DVStB) ist entsprechend den Auflagen des Senats in dem in BFHE 157, 477, BStBl II 1989, 858 veröffentlichten Urteil durchgeführt worden. Die Teilnahme der sogenannten stellvertretenden Mitglieder des Prüfungsausschusses an der Festsetzung der Noten für alle Aufsichtsarbeiten ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz rechtlich nicht zu beanstanden.

1. Der Senat hat in der vorangegangenen Entscheidung dem Finanzministerium aufgegeben, das fehlerhafte Benotungsverfahren hinsichtlich der Aufsichtsarbeit Buchführung und Bilanzwesen ohne den beanstandeten Verfahrensmangel zu wiederholen. Zu diesem Zweck sollte der Prüfungsausschuß unter Mitwirkung des Erstgutachters B, der an der Notenfestsetzung in der Sitzung vom 18. Dezember 1987 nicht mitgewirkt hatte, erneut über die Benotung dieser Aufsichtsarbeit entscheiden. Das Finanzministerium konnte dieser Auflage nicht wortgetreu nachkommen, weil B inzwischen - wie das FG festgestellt hat - wegen Ablaufs des dreijährigen Bestellungszeitraums (§ 10 Abs. 4 DVStB) dem Prüfungsausschuß nicht mehr angehörte und er wegen des Verzichts auf seine Bestellung als Steuerberater (ab 1. Januar 1988) gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 3 DVStB auch nicht mehr zum Mitglied des Prüfungsausschusses bestellt werden konnte. Unter diesen Umständen war die Verfahrensweise des Finanzministeriums, ein anderes Mitglied des Prüfungsausschusses (Dr. L) mit der erneuten Begutachtung der verfahrensfehlerhaft benoteten Aufsichtsarbeit zu betrauen und sodann unter dessen Mitwirkung in einer erneuten Sitzung des Prüfungsausschusses (19. Dezember 1989) die Note festsetzen zu lassen, auch unter Berücksichtigung der vorangegangenen Entscheidung des Senats sachgerecht.

Der Senat hat bereits in seinem Urteil in BFHE 157, 477, BStBl II 1989, 858 ausgeführt, daß bei länger dauernder Verhinderung des ursprünglichen Erstgutachters B an dessen Stelle ein anderer Gutachter für die Buchführungsklausur hätte bestellt werden müssen, der dann auch an der Festsetzung der Note durch den Prüfungsausschuß hätte mitwirken müssen. In entsprechender Weise ist das Finanzministerium bei der nunmehr vorliegenden endgültigen Verhinderung des B verfahren. Die Festsetzung der Note durch den Prüfungsausschuß unter Berücksichtigung des schriftlichen Erstgutachtens des B - wie der Kläger in der Vorinstanz beantragt hat - war rechtlich nicht möglich, weil nach der Entscheidung des Senats gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 DVStB die Gutachter an der Sitzung des Prüfungsausschusses, in der die Note festgesetzt wird, persönlich mitwirken müssen. Im übrigen wäre bei dieser Verfahrensweise der Bewertungsmangel, den der Senat im vorangegangenen Verfahren beanstandet hat, wiederholt worden.

2. Der Prüfungsausschuß ist bei der Festsetzung der Noten für die Aufsichtsarbeiten des Klägers nicht deshalb fehlerhaft besetzt gewesen, weil an den Sitzungen vom 18. Dezember 1987 und 19. Dezember 1989 auch Personen teilgenommen und an der Bewertung der Arbeiten mitgewirkt haben, die nach den Berufungserlassen des Finanzministeriums (nur) zu stellvertretenden Mitgliedern des Prüfungsausschusses bestellt worden waren. Die Prüfungsordnung für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte läßt die Berufung von Stellvertretern für die Mitglieder des Prüfungsausschusses zu (§ 10 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4, § 33 Abs. 2 Satz 2 DVStB). Sie unterscheidet sodann in sachlicher Hinsicht - wie der Senat in BFHE 157, 477, BStBl II 1989, 858 ausgeführt hat - nicht zwischen den ordentlichen und den stellvertretenden Mitgliedern des Prüfungsausschusses. Auch Personen, die durch den behördlichen Bestellungsakt (§ 10 Abs. 3 Satz 2 DVStB) zu stellvertretenden Mitgliedern berufen worden sind, sind, wenn der Vertretungsfall eintritt und sie mit der Begutachtung von Prüfungsarbeiten betraut werden, Mitglieder des Prüfungsausschusses i.S. des § 24 DVStB mit der Folge, daß sich ihre Tätigkeit nicht nur auf die Begutachtung der Aufsichtsarbeiten beschränken darf, sondern sie auch an der Festsetzung der Note nach § 24 Abs. 1 Satz 2 DVStB beteiligt werden müssen.

Der Senat sieht die Voraussetzungen, die die Mitwirkung von stellvertretenden Mitgliedern des Prüfungsausschusses an dessen Sitzungen zur Bewertung von Aufsichtsarbeiten rechtfertigen, im Gegensatz zur Vorentscheidung auch dann als gegeben an, wenn wegen der großen Zahl von Prüflingen die Begutachtung der schriftlichen Arbeiten durch mindestens zwei (ordentliche) Mitglieder des Prüfungsausschusses - wie in § 24 Abs. 1 Satz 1 DVStB vorgeschrieben - im Hinblick auf den Arbeitsanfall in angemessener Zeit nicht möglich wäre. Er hält es demnach für zulässig, daß die Besetzung des Prüfungsausschusses und die Bewertung der Aufsichtsarbeiten - wie es das beklagte Finanzministerium getan hat - so organisiert sind, daß neben einem festen Stamm von (ordentlichen) Mitgliedern des Prüfungsausschusses eine ausreichende Zahl von sogenannten Stellvertretern berufen wird, die neben den ordentlichen Mitgliedern mit der selbständigen Begutachtung der Arbeiten und der nachfolgenden Notenfestsetzung im Prüfungsausschuß betraut werden. Die Einschaltung dieser - stellvertretenden - Mitglieder des Prüfungsausschusses bei der Bewertung der Prüfungsarbeiten nach einem vorher festgelegten Plan ist demnach auch dann zulässig, wenn sie im Hinblick auf die Anzahl der berufenen Mitglieder des Prüfungsausschusses, ihrer Stellvertreter und der zu prüfenden Kandidaten von vornherein absehbar ist (ebenso: FG Rheinland Pfalz, Urteil vom 15. Dezember 1981 2 K 186/81, EFG 1982, 491, das aber im Gegensatz zum erkennenden Senat die Mitwirkung des begutachtenden Stellvertreters an der Notenfestsetzung nicht für erforderlich hält). Die Stellvertreter haben insoweit die Funktion von Ersatzmitgliedern, die bei hohem Arbeitsanfall mit Prüfungsaufgaben betraut werden. Es muß aber gewährleistet sein, daß sie in ihrer Rechtsstellung als Prüfer gegenüber den zu ordentlichen Mitgliedern des Prüfungsausschusses bestellten Prüfern nicht eingeschränkt sind (anders das vorstehend zitierte FG-Urteil).

In seinem Urteil in BFHE 157, 477, BStBl II 1989, 858 hat der Senat unter Hinweis auf § 10 Abs. 1 Satz 2 DVStB, wonach bei Bedarf mehrere Prüfungsausschüsse gebildet werden können, zwar ausgeführt, die Prüfungsordnung sehe zur verfahrensmäßigen Bewältigung einer größeren Zahl von Prüflingen vor, daß die notwendige Zahl von Prüfungsausschüssen mit unabhängigen und untereinander rechtlich gleichwertigen Prüfern gebildet werde. Aus dieser Bemerkung kann aber - entgegen der Vorentscheidung - keine abschließende Beurteilung über die notwendige Zahl der zu bildenden Prüfungsausschüsse hergeleitet werden. Sie steht vielmehr im Zusammenhang mit den vom Senat herausgestellten Erfordernissen der Unabhängigkeit und rechtlichen Gleichwertigkeit aller zur Begutachtung von Aufsichtsarbeiten berufenen Prüfer, die deshalb unabhängig von dem behördlichen Akt ihrer Bestellung (zum ordentlichen Mitglied oder zum Stellvertreter) an der Notenfestsetzung durch den Prüfungsausschuß persönlich mitwirken müssen. Aus der Auflage in der vorausgegangenen Entscheidung, die Festsetzung der Note für die Buchführungsklausur im Prüfungsausschuß nunmehr unter Mitwirkung des Erstgutachters B wiederholen zu lassen, folgt im übrigen, daß der Senat in der Mitwirkung von Prüfern, die - wie B - zu stellvertretenden Mitgliedern des Prüfungsausschusses bestellt worden waren, keinen Verfahrensmangel gesehen hat.

Wie die Revision zutreffend ausführt, enthält § 10 Abs. 1 Satz 2 DVStB lediglich eine Kannvorschrift, die bei Bedarf die Bildung mehrerer Prüfungsausschüsse zuläßt. Sie beläßt der Prüfungsbehörde daneben die Möglichkeit, die Bewältigung des Arbeitsumfangs, der bei einer großen Zahl von Prüflingen anfällt, auch auf andere Weise zu organisieren (vgl. FG Rheinland Pfalz, EFG 1982, 491). Dies kann - wie im Streitfall - in der Weise erfolgen, daß nur ein Prüfungsausschuß gebildet wird und dieser dann durch Besetzung mit einer ausreichenden Zahl von Stellvertretern oder Ersatzmitgliedern in die Lage versetzt wird, die Begutachtung der Aufsichtsarbeiten durch je zwei Prüfer und die anschließende Notenfestsetzung in angemessener Zeit zu bewältigen. Dabei stellt - wie oben ausgeführt - eine große Zahl von anfallenden Aufsichtsarbeiten, die von den ordentlichen Mitgliedern des Prüfungsausschusses innerhalb der zur Abwicklung des Prüfungsverfahrens zur Verfügung stehenden Zeit nicht begutachtet werden könnten, einen ausreichenden Grund zur Einschaltung des Stellvertreters dar. Die Prüflinge werden durch diese Verfahrensweise gegenüber dem Verfahren bei der Bildung mehrerer Prüfungsausschüsse in ihrem Recht auf ein faires und chancengleiches Prüfungsverfahren nicht beeinträchtigt, wenn sichergestellt ist, daß das mit der Begutachtung der Aufsichtsarbeit betraute stellvertretende Prüfungsausschußmitglied in seiner Eigenschaft als Prüfer ebenso selbständig und unabhängig sowie in gleicher Weise an der Notenfestsetzung (§ 24 Abs. 1 Satz 2 DVStB) beteiligt ist wie die ordentlichen Mitglieder des Prüfungsausschusses. Diese Voraussetzungen waren bei der Bewertung der Aufsichtsarbeiten des Klägers - jedenfalls nach der Neubewertung der Buchführungsklausur - erfüllt.

Der Senat ist mit der Revision der Ansicht, daß bei der vorliegenden Organisation des Prüfungsverfahrens der Aufgabenbereich der einzelnen Prüfer und die Besetzung des Prüfungsausschusses in den Sitzungen, in denen die Noten für die Aufsichtsarbeiten festgesetzt wurden, ebenso wie bei einer Bildung mehrerer Prüfungsausschüsse von vornherein festgelegt waren, so daß Manipulationen seitens der Prüfungsbehörde zu Lasten einzelner Prüflinge nicht vorgenommen werden konnten. Die konkrete Besetzungsordnung des Prüfungsausschusses ergab sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz aus den Berufungserlassen des Finanzministeriums, mit denen vor Beginn der Steuerberaterprüfung 1987 alle ordentlichen und stellvertretenden Mitglieder des Prüfungsausschusses bestellt waren, sowie aus der Verteilung der Erst- und Zweitbegutachtung für die Aufsichtsarbeiten auf die einzelnen Prüfer. Wie das Finanzministerium unwidersprochen vorgetragen und belegt hat, erfolgte die Aufteilung der Aufsichtsarbeiten zur Begutachtung auf die einzelnen Prüfer nach einem bestimmten Prüfungsplan, der vor dem Beginn des schriftlichen Teils der Steuerberaterprüfung anhand eines Nummernsystems für die Kandidaten aufgestellt worden war. Es bedarf hierzu keiner tatsächlichen Feststellungen durch das FG, da die Verteilung der Prüfungsarbeiten auf die einzelnen Prüfer nach einem vorher festgelegten Plan aus organisatorischen Gründen notwendig und selbstverständlich erscheint. Damit stand die konkrete Besetzung des Prüfungsausschusses für die Begutachtung und Notenfestsetzung der Aufsichtsarbeiten eines jeden Prüfungskandidaten vor dem Beginn der Prüfung fest. Dabei ist die Besetzung des Ausschusses für die Bewertung der jeweiligen Aufsichtsarbeit maßgebend (§ 24 Abs. 1 DVStB); denn die nach § 25 Abs. 1 DVStB für die schriftliche Prüfung zu bildende Gesamtnote errechnet sich nach § 15 Abs. 2 DVStB - ohne Bewertungsspielraum des Prüfungsausschusses - nach dem arithmetischen Mittel der Einzelnoten (vgl. zur Zulässigkeit verschiedener Prüfer oder Prüfungsgremien für einzelne Prüfungsabschnitte: Urteil des Senats vom 28. November 1978 VII R 70/78, BFHE 126, 502, BStBl II 1979, 207, 209, und Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, 2. Aufl., Rdnr. 420).

Der Prüfungsausschuß ist auch für die Neubewertung der Aufsichtsarbeit aus dem Gebiet Buchführung und Bilanzwesen in der Sitzung vom 19. Dezember 1989 nicht fehlerhaft besetzt gewesen. Da aufgrund des vorausgegangenen Senatsurteils und des Ausscheidens des ursprünglichen Erstgutachters aus dem Prüfungsausschuß zur Beseitigung des Bewertungsmangels ein neuer Gutachter (Prüfer) bestellt werden mußte, ist dessen Mitwirkung an der Notenfestsetzung in der Sitzung vom 19. Dezember 1989 nicht deshalb fehlerhaft, weil er in dem vor dem Beginn der Prüfung aufgestellten Verteilungsplan der Prüfungsbehörde noch nicht berücksichtigt werden konnte (vgl. Niehues, a.a.O., Rdnr. 436). Wie sich aus dem Urteil des Senats in BFHE 157, 477, BStBl II 1989, 858 und der Ersetzung des aus dem Prüfungsausschuß ausgeschiedenen Erstgutachters Steuerberater B durch den Steuerberater Dr. L bei der Neubewertung der Prüfungsklausur des Klägers ergibt, entsprach die Besetzung des Prüfungsausschusses in seinen Sitzungen vom 18. Dezember 1987 und 19. Dezember 1989 schließlich auch den formalen Besetzungsanordnungen des § 10 Abs. 3 DVStB. Da die angefochtene (zweite) Prüfungsentscheidung des Finanzministeriums somit nicht mit einem Verfahrensmangel behaftet ist, war die Vorentscheidung, der eine andere rechtliche Beurteilung zugrunde liegt (Bescheidungsurteil), aufzuheben und die Klage abzuweisen.