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BFH-Urteil vom 6.2.1992 (IV R 8/91) BStBl. 1992 II S. 558

Macht der Steuerpflichtige erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG für sein Einfamilienhaus geltend, so kann er daneben keine Sonderabschreibung nach § 3 ZRFG für den Gebäudeteil beanspruchen, der beruflichen Zwecken (Arztpraxis) dient.

EStG 1986 § 7 a Abs. 5, § 7 b; ZRFG § 3.

Vorinstanz: FG Nürnberg

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt eine Praxis als Arzt für Allgemeinmedizin. In den Jahren 1985 und 1986 errichtete er ein Wohngebäude mit Praxisräumen, das im Streitjahr 1986 fertiggestellt und am 1. Januar 1987 als Einfamilienhaus bewertet wurde. Der Neubau diente zu 80,4 v. H. Wohnzwecken und zu 19,6 v. H. der freiberuflichen Tätigkeit. Von den Herstellungskosten des Gebäudes in Höhe von 630.682 DM machte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung 1986 neben Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG und Sonderabschreibungen nach § 3 des Gesetzes zur Förderung des Zonenrandgebietes (ZRFG) wie folgt geltend:

  

Für die Wohnung bei den Einkünften aus

Vermietung und Verpachtung erhöhte Ab-

setzungen nach § 7 b EStG zu 5 v.H. aus

250.000 DM = 12.500 zu 80,4 v.H-                                                     10.050 DM

  

Für die Praxisräume bei den Einkünften

aus selbständiger Arbeit AfA nach § 7

Abs. 4 EStG zu 2 v.H. aus 123.614 DM =

19,6 v.H. aus 630.682 DM für 6 Monate                                                1.236 DM

  

Sonderabschreibungen nach § 3 ZRFG

zu 40 v.H. aus 123.614 DM                                                                49.446 DM.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ging von der nach § 7 b EStG für Einfamilienhäuser geltenden Höchstgrenze der begünstigten Herstellungskosten von 200.000 DM aus; er ließ daher nur eine AfA von 8.040 DM (80,4 v. H. der AfA von 10.000 DM) zum Abzug zu, teilte dem Kläger jedoch mit, er könne Absetzungen nach § 7 b EStG in Höhe von 10.000 DM beanspruchen. Die geltend gemachte Sonderabschreibung nach § 3 ZRFG lehnte das FA unter Hinweis auf das Kumulationsverbot des § 7 a Abs. 5 EStG ab.

Der zu einer Beschwerde umgedeutete Einspruch hatte keinen Erfolg. Dagegen richtete sich die Klage, mit dem Begehren, das FA zu verpflichten, die beantragte Sonderabschreibung nach § 3 ZRFG neben der AfA nach § 7 b EStG zu gewähren. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Mit seiner dagegen gerichteten Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts. Das Kumulationsverbot des § 7 a Abs. 5 EStG finde keine Anwendung, da der zu Wohnzwecken und der zu eigenbetrieblichen Zwecken genutzte Teil des Einfamilienhauses jeweils für sich gesonderte Wirtschaftsgüter darstellten (Hinweis auf Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132, und die darauf beruhende Rechtsprechung). Die Vorschrift des § 7 a Abs. 5 EStG sei einschränkend auszulegen. Nur das Wohnzwecken dienende Wirtschaftsgut-Gebäude sei nach § 7 b EStG begünstigt; der eigenbetrieblich genutzte Gebäudeteil unterliege daher nicht dem Kumulationsverbot des § 7 a Abs. 5 EStG, so daß die begehrte Sonderabschreibung nach § 3 ZRFG zu gewähren sei.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung und die ablehnenden Bescheide des FA aufzuheben und das FA zu verpflichten, die Sonderabschreibung nach § 3 ZRFG in Höhe von 49.446 DM zu gewähren.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Nach § 7 a Abs. 5 EStG dürfen bei einem Wirtschaftsgut, bei dem die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von erhöhten Absetzungen oder Sonderabschreibungen auf Grund mehrerer Vorschriften vorliegen, erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen nur auf Grund einer dieser Vorschriften in Anspruch genommen werden.

Im Streitfall hat der Kläger die erhöhten Absetzungen nach § 7 b Abs. 1 Satz 1 EStG für sein Einfamilienhaus in Anspruch genommen, das zu mehr als 662/3 v. H. Wohnzwecken diente. Diese Absetzungen konnte er nicht auf den Wohnteil seines Hauses beschränken. Nach dem Wortlaut des § 7 b Abs. 1 Satz 1 EStG werden die gesamten und damit auch die auf den freiberuflichen Teil entfallenden Herstellungskosten des Einfamilienhauses gefördert. Einer diesem Wortlaut widersprechenden Auslegung des § 7 b EStG ist der Senat bereits in seinem Urteil vom 27. Januar 1972 IV R 82/67 (BFHE 105, 249, BStBl II 1972, 526) entgegengetreten. An dieser Auffassung hält der Senat auch im Streitfall fest.

Der Kläger vertritt demgegenüber die Auffassung, das Kumulationsverbot des § 7 a Abs. 5 EStG sei einschränkend in der Weise auszulegen, daß es nur auf selbständig bilanzierungsfähige Gebäudeteile anzuwenden und damit auf den Wohnzwecken dienenden Teil des Einfamilienhauses zu begrenzen sei.

Dem kann der Senat nicht folgen. Einer derart einschränkenden Auslegung des § 7 a Abs. 5 EStG bedarf es nicht, denn die Vorschrift bezieht sich auf das jeweilige Wirtschaftsgut und damit auch auf die nach den Grundsätzen der Entscheidung des BFH in BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132 als selbständige Wirtschaftsgüter zu behandelnden Gebäudeteile. Gleichwohl führt diese Regelung nicht zu einer Beschränkung der erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG auf den Wohnteil des Gebäudes, weil der Vorschrift des § 7 a EStG als allgemeiner Regelung für alle erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen grundsätzlich keine selbständigen Begünstigungen zu entnehmen sind (Schencking in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19. Aufl., § 7 a EStG Anm. 4). Vielmehr gehen die Regelungen in den jeweiligen Begünstigungsvorschriften der allgemeinen Vorschrift des § 7 a EStG vor (vgl. Bericht des Finanzausschusses, BTDrucks 7/2180, S. 17). Nach der gegenüber § 7 a EStG besonderen Vorschrift des § 7 b EStG aber werden ungeachtet der zulässigen Bilanzierung einzelner Gebäudeteile nur die dort genannten Objekte gefördert. Soweit es sich danach um ein gemischtgenutztes Einfamilienhaus und damit einen zu Wohnzwecken und einen beruflich genutzten Gebäudeteil handelt, sind die erhöhten Absetzungen zwingend einheitlich von beiden selbständigen Wirtschaftsgütern vorzunehmen.

Insofern unterscheidet sich die Regelung des § 7 b EStG auch von anderen Vorschriften über erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen. So beziehen sich etwa die erhöhten Absetzungen nach § 7 d EStG oder die Sonderabschreibung nach § 3 Abs. 2 ZRFG auf das einzelne Wirtschaftsgut, das dem Umweltschutz dient, oder dem Anlagevermögen einer Betriebsstätte im Fördergebiet zugehört. Auch § 7 Abs. 5 a EStG bestimmt ausdrücklich, daß die Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 4 und Abs. 5 auch auf Gebäudeteile Anwendung findet. Eine derartige Regelung zur Anwendung der Grundsätze des BFH in BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132 ist für § 7 b EStG indessen nicht getroffen worden. Vielmehr bestimmt § 7 b Abs. 1 Satz 1 EStG ausdrücklich, daß die erhöhten Absetzungen "abweichend von § 7 Abs. 4 und 5" vorgenommen werden.

Das FA hat danach zu Recht die Gewährung von Sonderabschreibungen nach § 3 ZRFG versagt.