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  BFH-Urteil vom 11.3.1992 (XI R 57/89) BStBl. 1992 II S. 798

Hat eine Personengesellschaft den ausschließlichen Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Gegenstand, unterfallen der Tarifermäßigung nach § 34 c Abs. 4 EStG auch die Sondervergütungen i. S. des § 15 Abs. 1 (Satz 1) Nr. 2 EStG, die die Gesellschafter (Mitunternehmer) dieser Personengesellschaft erhalten. Bei der mit der Sondervergütung abgegoltenen Leistung des Gesellschafters braucht es sich nicht um eine nach § 34 c Abs. 4 EStG begünstigte Tätigkeit zu handeln.

EStG § 15 Abs. 1 (Satz 1) Nr. 2, § 34 c Abs. 4.

Vorinstanz: FG Hamburg (EFG 1989, 412)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 12. Juni 1979 als Verlustzuweisungsgesellschaft gegründet. Sie erwarb mit Vertrag vom gleichen Tage drei Massengutfrachter unter Übernahme langfristiger Charterverträge. Die Bereederung erfolgte durch die persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin. Die drei Schiffe waren im Streitjahr in einem inländischen Schiffsregister eingetragen, führten die Flagge der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik), waren ausschließlich im Verkehr mit und zwischen ausländischen Häfen eingesetzt und wurden von der Klägerin ausgerüstet.

Die Beigeladene zu 1 ist Kommanditistin der Klägerin mit einer Einlage von 247.500 DM. Ihre Aufgabe war es, das Konzept für die Klägerin zu entwickeln und die Kapitalanleger zu werben. Hierfür erhielt sie eine vom Gewinn unabhängige Vorabvergütung von 7,5 v. H. der Ausschüttungen der Klägerin an die Kapitalanleger. Diese Vorabvergütung betrug im Streitjahr (1982) 79.800 DM.

Die Beigeladene zu 2 ist ebenfalls Kommanditistin der Klägerin, und zwar als Treuhänderin für über 100 Kapitalanleger mit einer Einlage von insgesamt 10.640.000 DM. Für ihre Treuhandtätigkeit erhielt auch sie eine gewinnunabhängige Vorabvergütung, die sich im Streitjahr auf 225.000 DM belief. Mit Vertrag vom 21. September 1982 erwarb sie mit Wirkung vom 1. Januar 1982 einen Kommanditanteil von 8.000 DM für eigene Rechnung.

Die Klägerin beantragte mit ihrer Feststellungserklärung 1982, die an die Beigeladenen geleisteten Vorabvergütungen, die in den Gewinn- und Verlustrechnungen als Aufwendungen behandelt waren, als nach § 34 c Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) begünstigte Einkünfte festzustellen. Dies lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ab.

Nach erfolglosem Vorverfahren hat die Klägerin Klage erhoben.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Gründe seiner Entscheidung sind in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1989, 412 wiedergegeben.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung der §§ 15 Abs. 1 (Satz 1) Nr. 2, 34 c Abs. 4 EStG.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Feststellungsbescheide dahin zu ändern, daß der Anteil der Beigeladenen an den ausländischen Einkünften i. S. des § 34 c Abs. 4 EStG unter Einbeziehung der Vorabvergütungen festgestellt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet; sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Stattgabe der Klage. Entgegen der Auffassung des FG ist die Tarifbegünstigung nach § 34 c Abs. 4 EStG auch im Hinblick auf die an die Beigeladenen geleisteten Vorabvergütungen für die von diesen erbrachten Tätigkeiten zu gewähren.

1. Gemäß § 34 c Abs. 4 Satz 1 EStG ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen auf Antrag die auf ausländische Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfallende Einkommensteuer nach dem Steuersatz des § 34 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG zu ermäßigen. Handelsschiffe werden nach der Legaldefinition des § 34 c Abs. 4 Satz 2 EStG im internationalen Verkehr betrieben, wenn eigene oder gecharterte Handelsschiffe, die in einem inländischen Seeschiffahrtsregister eingetragen sind und die Flagge der Bundesrepublik führen, im Wirtschaftsjahr überwiegend zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der freien See eingesetzt werden. Gemäß § 34 c Abs. 4 Satz 3 EStG gehört hierzu auch die Vercharterung von Handelsschiffen für die vorgenannten Zwecke, wenn die Handelsschiffe vom Vercharterer ausgerüstet worden sind, sowie die mit dem Betrieb und der Vercharterung im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Neben- und Hilfsgeschäfte. Werden im Sinne der vorgenannten Regelungen Handelsschiffe von einer Personengesellschaft eingesetzt, so wird die Steuerermäßigung den Mitunternehmern der Personengesellschaft gewährt, bei deren Einkommensteuerveranlagung oder Körperschaftsteuerveranlagung die von der Personengesellschaft erzielten Einkünfte angesetzt werden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. März 1987 IV R 65/85, BFHE 149, 473, BStBl II 1987, 564). Denn Personengesellschaften sind nicht Subjekte der Einkommensteuer. Aus der Beteiligung werden jedoch Einkünfte erzielt, die sich in ihrer Art nach der Tätigkeit der Personengesellschaft bestimmen, an der die Beteiligung besteht (BFH-Urteil in BFHE 149, 473, BStBl II 1987, 564). Jeder unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschafter kann die Tarifermäßigung nach § 34 c Abs. 4 EStG deshalb nur dann in Anspruch nehmen, wenn die Personengesellschaft als solche die übrigen Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt (Flick/Wassermeyer/Lüdicke in Flick/Wassermeyer/Becker, Kommentar zum Außensteuerrecht, 5. Aufl., § 34 c EStG Rdnr. 191).

2. Im Streitfall besteht zwischen den Beteiligten Einvernehmen darüber, daß die Klägerin die Tätigkeiten des § 34 c Abs. 4 EStG erfüllt hat. Streit besteht lediglich über den Umfang der Begünstigung.

Maßgeblich hierfür ist § 34 c Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG. Danach gelten bei einem Gewerbebetrieb, der ausschließlich den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Gegenstand hat, als ausländische Einkünfte i. S. des Satzes 1 der Vorschrift 80 v. H. des Gewinns dieses Gewerbebetriebes (§ 34 c Abs. 4 Satz 4 EStG). Ist Gegenstand eines Gewerbebetriebes hingegen nicht ausschließlich der Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr, so gelten 80 v. H. des Teils des Gewinns des Gewerbebetriebes, der auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt, als ausländische Einkünfte; in diesem Fall ist Voraussetzung für die Begünstigung, daß dieser Teil des Gewinns gesondert ermittelt wird (§ 34 c Abs. 4 Satz 5 EStG).

3. Die an die Beigeladenen geleisteten Vorabvergütungen für die Konzepterarbeitung, Anlegerwerbung und Anlegerbetreuung sind danach in die Begünstigung einzubeziehen.

a) Die Klägerin hatte nach den Feststellungen der Vorinstanz im Streitjahr ausschließlich den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Gegenstand. Denn (auch) die Beurteilung, ob ein Betrieb den Anforderungen des § 34 c Abs. 4 EStG ausschließlich genügt, bestimmt sich nach dem Wortlaut dieser Regelung allein danach, welchen tatsächlichen Aktivitäten dieser Betrieb nachgeht. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem Betrieb der Rechtsform nach um eine Personengesellschaft handelt. Die Begünstigung hängt nicht davon ab, welche Tätigkeiten die Gesellschafter im Interesse ihrer Beteiligung entfalten. Es kommt sonach nicht darauf an, ob die aus solchen Tätigkeiten erzielten Sonderbetriebseinnahmen ebenfalls die Vergünstigung des § 34 c Abs. 4 EStG genießen. Dem widerspricht nicht, daß die Sonderbetriebseinnahmen des Gesellschafters zu seinen gewerblichen Einkünften gehören und als Teil des Gewinns der Mitunternehmerschaft in die einheitliche Feststellung einbezogen werden. Aufgabe des § 15 EStG, auf den diese Feststellung zurückgeht, ist es, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb gegen die übrigen Einkunftsarten abzugrenzen. Bei § 34 c Abs. 4 EStG hingegen handelt es sich um eine Tarifermäßigung; sie kann, wovon das FA zutreffend ausgeht, auch auf einen Teil der für den einzelnen Gesellschafter festgestellten Einkünfte beschränkt sein.

b) Da es auf die betrieblichen Verhältnisse der KG ankommt, richtet sich die Tarifermäßigung des § 34 c Abs. 4 EStG grundsätzlich nach der Höhe des begünstigten Steuerbilanzgewinns der KG und nach dem Anteil, den der einzelne Gesellschafter an diesem Gewinn hat. Doch kann auch das Sonderergebnis des Gesellschafters von der Begünstigung erfaßt werden.

Dies liegt auf der Hand für das Ergebnis einer Ergänzungsbilanz des Gesellschafters, soweit davon Wirtschaftsgüter der Gesellschaft betroffen sind, die von dieser für den begünstigten Zweck eingesetzt werden. Darüber hinaus können auch Sonderbetriebseinnahmen des Gesellschafters für die Überlassung von Wirtschaftsgütern begünstigt sein, die von der Gesellschaft für die in § 34 c Abs. 4 EStG genannten Zwecke verwendet werden. Gleiches gilt für Vergütungen, die der Gesellschafter für eine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft erhalten hat, soweit hierdurch die nach § 34 c Abs. 4 EStG begünstigte Betätigung der Gesellschaft gefördert wird. Obwohl das Gesetz eine betriebsbezogene Vergünstigung enthält, für die die Verhältnisse im Betrieb der Personengesellschaft den Ausschlag geben, erfordert der Zweck der Vorschrift, die die deutsche Seeschiffahrt durch Gewährung von Steuererleichterungen im Wettbewerb gegenüber den sog. Billigflaggen unterstützen will (vgl. BFH-Urteil vom 7. Dezember 1989 IV R 86/88, BFHE 159, 446, BStBl II 1990, 433), ihre Ausdehnung auf das Ergebnis von Leistungen der Gesellschafter, die dem begünstigten Gesellschaftszweck dienen. Ob die hierfür benötigten Wirtschaftsgüter Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft werden oder Eigentum des Gesellschafters bleiben und gegen Entgelt zur Nutzung überlassen werden, und ob eine Tätigkeit des Gesellschafters als Gesellschafterbeitrag zum gemeinsamen Zweck oder gegen besondere Vergütung geleistet wird, steht in der rechtlichen Disposition der Gesellschafter. Um die Mitunternehmer einer Personengesellschaft dem Einzelunternehmer anzunähern, der keine Verträge mit sich selbst schließen kann, werden die Vergütungen nach § 15 Abs. 1 (Satz 1) Nr. 2 EStG dem Gewinn des Gesellschafters aus der Gesellschaft hinzugerechnet (BFH-Beschluß vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1, 14, BStBl II 1991, 691, 698). In entsprechender Weise kann der Zweck des § 34 c Abs. 4 EStG nur erreicht werden, wenn die auf die Gesellschafter ausgegliederten Tätigkeiten, die bei einem die Seeschiffahrt ausübenden Einzelunternehmer begünstigt gewesen wären, ebenfalls an der Steuerbegünstigung teilnehmen. Auf die Art der Tätigkeit kommt es dabei nicht an; ausschlaggebend ist, ob durch sie die begünstigte Betätigung der Klägerin gefördert worden ist. Es braucht sich beim Gesellschafter nicht um ein Neben- oder Hilfsgeschäft der in § 34 c Abs. 4 Satz 3 EStG bezeichneten Art zu handeln.

c) Im Streitfall besteht die Besonderheit, daß die gesamte Betätigung der Klägerin nach § 34 c Abs. 4 EStG begünstigt ist, und daß aufgrund des insoweit nicht angefochtenen Feststellungsbescheids davon auszugehen ist, daß die Beigeladenen Mitunternehmer waren und die strittigen Geldleistungen von der Klägerin als Vergütung für ihre Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft erhalten haben. Der Senat hatte danach nicht mehr zu prüfen, ob die Beigeladene zu 2 als Treuhandkommanditistin überhaupt Mitunternehmerin sein konnte (vgl. BFH-Urteil vom 21. April 1988 IV R 47/85, BFHE 153, 545, 552, BStBl II 1989, 722, 725, m. w. N.) und ob sie ihre Tätigkeit in Wahrheit im Dienste der Treugeber, nicht aber der Klägerin, erbracht hat. Sind die Beigeladenen aber auf Grund des Verfahrensstandes als im Dienste der Klägerin tätig gewesen anzusehen, so ist davon auszugehen, daß sie damit auch zu der begünstigten Betätigung der Klägerin beigetragen haben. Sie hätten ihre Dienste auch als Gesellschafterbeitrag erbringen und im Gewinnanteil abgelten lassen können. In diesem Fall wäre nicht zweifelhaft gewesen, daß ihr Gewinnanteil an der Steuervergünstigung des § 34 c Abs. 4 EStG teilnimmt; ebenso verhält es sich, wenn sie aufgrund eines Dienstvertrages für die Gesellschaft tätig werden und das erhaltene Entgelt als Sondervergütung anzusehen ist. Vergleichsweise wäre auch die für ein Gesellschafterdarlehen gewährte Vergütung in die Begünstigung einzubeziehen, auch wenn eine Darlehensgewährung keine nach § 34 c Abs. 4 EStG begünstigte Betätigung darstellen würde.

4. Die Vorentscheidung stimmt mit den aufgezeigten Grundsätzen nicht überein und ist aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die an die Beigeladenen gezahlten Vorabvergütungen in Höhe von 79.800 DM (Beigeladene zu 1) bzw. 225.000 DM (Beigeladene zu 2) sind bei der Ermittlung der Anteile der Beigeladenen an den ausländischen Einkünften i. S. des § 34 c Abs. 4 EStG zu berücksichtigen.