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  BFH-Beschluß vom 2.7.1992 (IX B 169/91) BStBl. 1992 II S. 909

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, daß ein Steuerpflichtiger degressive AfA nach § 7 Abs. 5 EStG nicht mehr als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus der Vermietung eines Gebäudes abziehen kann, wenn er für dieses bereits einmal während der vorausgegangenen Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen degressive AfA in Anspruch genommen hatte.

EStG § 7 Abs. 5 Sätze 1 und 2, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, § 21.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) errichtete im Jahre 1982 ein Gebäude, das er mit Betriebsaufgabe zum 31. Dezember 1982 in sein Privatvermögen überführte, um anschließend hiermit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen.

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für den Veranlagungszeitraum 1982 nahm der Antragsteller degressive Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für das Gebäude in Höhe von 3,5 v. H. der Herstellungskosten in Anspruch. Für die Streitjahre 1983 bis 1988 nahm er degressive AfA bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf der Bemessungsgrundlage des gemeinen Werts des Gebäudes zum 31. Dezember 1982 vor.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte bei den Einkünften des Antragstellers aus Vermietung und Verpachtung nur lineare AfA nach § 7 Abs. 4 EStG von 2 v. H.

Gegen die Einkommensteuerbescheide 1983 bis 1986 haben die Antragsteller nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben, die noch beim Finanzgericht (FG) anhängig ist. Über die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide 1987 und 1988 hat das FA noch nicht entschieden.

Die Antragsteller hatten mit ihrem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beim FG keinen Erfolg.

Hiergegen wenden sie sich mit der vom FG zugelassenen Beschwerde.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde der Antragsteller ist hinsichtlich der Streitjahre 1983 bis 1985 begründet. Insoweit wird der angefochtene Beschluß aufgehoben.

1. Das FG hat zutreffend ernstliche Zweifel i. S. von § 69 Abs. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Einkommensteuerbescheide 1983 bis 1988 insoweit verneint, als das FA bei den Einkünften des Antragstellers aus der Vermietung seines in das Privatvermögen überführten Gebäudes nur lineare AfA gemäß § 7 Abs. 4 EStG von 2 v. H. als Werbungskosten berücksichtigt hat. Bei der im Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage stehen dem Antragsteller die begehrten degressiven AfA während der Nutzung des Gebäudes zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ein zweites Mal nicht mehr zu, nachdem er sie bereits einmal während der Zugehörigkeit des Gebäudes zu seinem Betriebsvermögen in Anspruch genommen hatte.

a) Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger abweichend von § 7 Abs. 4 EStG degressive AfA bei Gebäuden wählen, wenn er sie hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft hat. Im Fall der Anschaffung gilt dies nach § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG jedoch nur, wenn der Hersteller für das veräußerte Gebäude noch keine degressive AfA geltend gemacht hatte. Der Gesetzgeber wollte damit eine doppelte Begünstigung sowohl des Herstellers als auch des Erwerbers ausschließen (Bericht des Finanzausschusses BTDrucks 8/2201, S. 8). Im Falle des Antragstellers sind nicht sämtliche Voraussetzungen der vorstehenden Vorschrift gegeben.

b) Der Antragsteller erfüllte allerdings den Tatbestand des § 7 Abs. 5 Satz 1 EStG. Zwar kam für ihn eine Inanspruchnahme der degressiven AfA bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht mehr als Hersteller des Gebäudes in Betracht. Dies war nur bei seinen gewerblichen Einkünften möglich, solange das Gebäude im Jahre 1982 noch zu seinem Betriebsvermögen gehörte. Er war jedoch während der anschließenden Nutzung des Gebäudes zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einem Erwerber gleichzustellen, der ein Gebäude bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung i. S. von § 7 Abs. 5 Satz 1 EStG angeschafft hat.

Noch am letzten Tage des Jahres der Fertigstellung, am 31. Dezember 1982, entnahm der Antragsteller im Zuge der Betriebsaufgabe das Gebäude aus einem Betriebsvermögen und überführte es in sein Privatvermögen, um es zu vermieten. Dieser Vorgang war allerdings kein Veräußerungsgeschäft; denn der Kläger blieb auch weiterhin Eigentümer des Gebäudes. Die Rechtsprechung hat die Entnahme und Überführung in das Privatvermögen jedoch als einen anschaffungsähnlichen Vorgang beurteilt; denn - ebenso wie im Falle einer Veräußerung - werden auch bei einer Entnahme die stillen Reserven aufgedeckt, indem das entnommene Wirtschaftsgut mit seinem Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) oder im Falle der Betriebsaufgabe mit dem gemeinen Wert (§ 16 Abs. 3 Satz 3 EStG) bewertet wird (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Januar 1963 IV 214/58 S, BFHE 76, 713, BStBl III 1963, 261; vom 9. August 1983 VIII R 177/80, BFHE 139, 187, BStBl II 1983, 759). Nach der Entnahme bildet der Teilwert bzw. der gemeine Wert die neue Bemessungsgrundlage für den Abzug der AfA bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Zugleich beginnt mit dem anschaffungsähnlichen Vorgang der Entnahme ein neuer Abschreibungszeitraum i. S. von § 7 Abs. 5 EStG.

c) Der Antragsteller kann jedoch nach § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG keine degressive AfA mehr als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen; denn er hatte bereits als Hersteller des Gebäudes degressive AfA als Betriebsausgaben bei seinen gewerblichen Einkünften während der Zugehörigkeit des Gebäudes zu seinem Betriebsvermögen gewählt. Nach der als anschaffungsähnlicher Vorgang zu beurteilenden Entnahme kann er nicht noch ein zweites Mal degressive AfA bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Anspruch nehmen.

Der bereits oben angeführte gesetzgeberische Zweck des § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG gebietet es, den Antragsteller ebenso wie denjenigen zu behandeln, der ein Gebäude von einem dritten Hersteller anschafft, der bereits degressive AfA in Anspruch genommen hat. Andernfalls könnte der Antragsteller - entgegen dem Zweck dieser Vorschrift - die Steuervergünstigung der degressiven AfA doppelt in Anspruch nehmen, nämlich einmal während der Zugehörigkeit des Gebäudes zum Betriebsvermögen und ein zweites Mal nach der Entnahme auf Grund einer neuen Bemessungsgrundlage und eines neuen AfA-Zeitraums bei der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

d) Der Antragsteller hätte sich das Recht zur Wahl der degressiven AfA bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung offenhalten können, wenn er während der Zugehörigkeit des Gebäudes zum Betriebsvermögen nur die linearen AfA nach § 7 Abs. 4 EStG gewählt hätte. Nachdem er sich jedoch im Jahre 1982 dafür entschieden hatte, degressive AfA bei seinen gewerblichen Einkünften abzuziehen und für diesen Veranlagungszeitraum bestandskräftig zur Einkommensteuer veranlagt worden ist, hat er sein Wahlrecht ausgeübt. Er ist an die im Jahre 1982 getroffene Wahl infolge der Bestandskraft des Bescheids gebunden (Senatsentscheidung vom 25. Februar 1992 IX R 41/91, Der Betrieb, 1992, 1323; zur Bindung an die Ausübung von Wahlrechten vgl. auch den Überblick in Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1992, 9 ff.).

2. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist jedoch bezüglich der Einkommensteuerbescheide 1983 bis 1985 zu einem Betrag von 1.239 DM in 1983, von 1.278 DM in 1984 und von 1.622 DM in 1985 infolge der zwischenzeitlich geänderten Kinderfreibeträge begründet...