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  BFH-Urteil vom 10.3.1993 (II R 27/89) BStBl. 1993 II S. 368

Der Abzug der Zugewinnausgleichsschuld erfolgt mit dem Nennwert. Dies gilt auch dann, wenn die Forderung von dem Verpflichteten einvernehmlich mit dem Berechtigten durch Übereignung von Grundstücken erfüllt wird.

ErbStG 1974 § 10 Abs. 5, § 12; BewG § 12; BGB § 1371, § 1378.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

I.

Die Eltern der Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) setzten sich 1970 durch Testament gegenseitig als Alleinerben ein. Im Jahre 1976 starb der Vater. Durch notariell beurkundete Erklärung schlug die Mutter der Kläger das Erbe nach ihrem Ehemann aus. Weiter erklärte sie in derselben Urkunde auch den Verzicht auf ihren Pflichtteilsanspruch und ließ sich hierfür sowie als Abfindung für ihren Zugewinnausgleichsanspruch von den Klägern eine Anzahl Grundstücke zu Eigentum übertragen. Die Einheitswerte dieser Grundstücke waren deutlich niedriger als die Verkehrswerte.

Durch (Änderungs-)Bescheide vom 10. Februar 1983 und vom 17. März 1983 setzte das Finanzamt (FA) Erbschaftsteuer in Höhe von 654.777 DM (gegen den Kläger zu 1) und in Höhe von 597.562 DM (gegen den Kläger zu 2) fest. Bei der Berechnung der Steuer hatte das FA den steuerpflichtigen Erwerb der Kläger jeweils lediglich um die Einheitswerte der auf die Mutter übertragenen Grundstücke gemindert. Ansonsten ließ es weder die Pflichtteilsschuld noch die Zugewinnausgleichsschuld zum Abzug zu. Im Einspruchsverfahren ermäßigte das FA die Erbschaftsteuer für den Kläger zu 1 auf 595.081 DM. Der Einspruch des Klägers zu 2 blieb erfolglos.

Mit den dagegen gerichteten Klagen machten die Kläger geltend, daß sowohl die Pflichtteilsschuld als auch die Zugewinnausgleichsschuld Geldschulden seien. Deshalb müßten diese Schulden mit dem Nominalwert abgezogen werden. Im Klageverfahren beschränkten die Kläger ihr Begehren auf den Abzug der Zugewinnausgleichsforderung mit dem Nennwert.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben und unter Änderung der Erbschaftsteuerbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidungen die Steuer auf 449.753 DM für den Kläger zu 1 und auf 552.219 DM für den Kläger zu 2 herabgesetzt. Die Zugewinnausgleichsschuld nach § 1371 Abs. 1 und Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sei erbschaftsteuerrechtlich als Nachlaßverbindlichkeit abzugsfähig nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974. Sie stelle eine vom Erblasser herrührende Schuld dar. Sie sei mit dem Nennwert anzusetzen. Ihr Nennwert drücke sich in der Höhe der Geldschuld aus. Es sei zwar richtig, daß der Bundesfinanzhof (BFH) für den Pflichtteil im Urteil vom 17. Februar 1982 II R 160/80 (BFHE 135, 336, BStBl II 1982, 350) etwas anderes entschieden habe. Die entsprechende Anwendung dieses Urteils auf die Zugewinnausgleichsschuld verbiete sich jedoch.

Mit der Revision rügt das beklagte FA fehlerhafte Anwendung der §§ 3, 5, 10 und 12 ErbStG 1974.

Es beantragt, unter Aufhebung der Entscheidung des FG die Klagen als unbegründet abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des Beklagten ist unbegründet.

Das FG hat zutreffend erkannt, daß im Streitfall vom Erwerb der Kläger (§§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974) die (Zugewinn-)Ausgleichsforderung ihrer Mutter mit dem Nennwert abzugsfähig ist.

Die Mutter der Kläger war - nach Ausschlagung der Erbschaft nach ihrem Ehemann - weder dessen Erbin geworden noch stand ihr ein Vermächtnis zu. Sie konnte daher Ausgleich des Zugewinns nach den Vorschriften der §§ 1371 bis 1383, 1390 BGB verlangen (§ 1373 Abs. 2 und 3 BGB). Sie hat diesen Anspruch gegenüber den Erben ihres verstorbenen Ehemanns - den Klägern - auch geltend gemacht. Die Ausgleichsforderung war wirksam entstanden. Sie ist eine Nachlaßverbindlichkeit in der Form einer Erblasserschuld, die zwar den Erblasser selbst nie getroffen hat, jedoch aus einem Dauerrechtsverhältnis herrührt, in dem er zu Lebzeiten stand und das sich im Zeitpunkt seines Todes zur Ausgleichsforderung verengt hat (Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch - MünchKomm - § 1371 Rdnr. 45). Die Erben können diese Nachlaßverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG 1974 von ihrem Erwerb abziehen.

Die Ausgleichsforderung ist grundsätzlich eine Geldforderung (vgl. MünchKomm, § 1378 Rdnr. 3). Auch der Abzug nach § 10 Abs. 5 ErbStG 1974 hat daher mit dem Nennwert der Forderung zu erfolgen (§ 12 Abs. 1 ErbStG 1974, § 12 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes - BewG -). Dies gilt auch dann, wenn die Forderung von dem Verpflichteten einvernehmlich mit dem Berechtigten durch Übereignung von Grundstücken erfüllt wird. Auch in diesem Fall ist nicht der Steuerwert der hingegebenen Grundstücke maßgeblich. Zu Unrecht beruft sich die Revision für ihre gegenteilige Auffassung auf das zur Abfindung eines Pflichtteilsberechtigten ergangene Urteil des erkennenden Senats vom 17. Februar 1982 II R 160/80 (BFHE 135, 336, BStBl II 1982, 350), denn die dort vom Senat angestellten Überlegungen lassen sich auf die Ausgleichsforderung nach §§ 1371 Abs. 2 und 3, 1378 BGB nicht übertragen.

Die Ausgleichsforderung ist im Gegensatz zum Pflichtteilsanspruch eine Erblasserschuld. Auf der Seite des Anspruchsberechtigten führt sie - wiederum im Gegensatz zum Pflichtteilsanspruch - zu keinem der Erbschaftsteuer unterliegenden Erwerb. Die Ausgleichsforderung gehört nicht zum Erwerb von Todes wegen (§§ 3, 5 Abs. 2 ErbStG 1974). Die Regelung des § 5 Abs. 2 ErbStG 1974 hat insoweit nur klarstellende Bedeutung. Die Ausgleichsforderung ist daher wie jede andere Erblasserschuld zu behandeln.

Die Berechnung der Erbschaftsteuer im einzelnen durch das FG wird von der Revision nicht beanstandet.