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BFH-Urteil vom 17.6.1993 (IV R 10/92) BStBl. 1993 II S. 843

Darlehen, die Kommanditisten zur Finanzierung ihrer Einlage aufgenommen haben, sind jedenfalls dann Dauerschulden, wenn eine ausreichend enge Verknüpfung mit einem Warengeschäft der KG fehlt.

GewStG § 8 Nr. 1.

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, wurde im Jahre 1978 mit einem Kommanditkapital i. H. von 3.300.000 DM gegründet, von dem auf die fünf Kommanditisten eine Kommanditeinlage von je 660.000 DM entfiel. Zweck der Gesellschaft war, das Grundstück ".... fabrik-Gelände" in B zu erwerben, es zu erschließen, zu parzellieren und zu bebauen, sowie einzelne bebaute Grundstücke zu veräußern. Der Kaufpreis für das .... fabrik-Gelände einschließlich Anschaffungsnebenkosten betrug 3.274.535 DM.

Die Kommanditisten zahlten 1978 auf ihre Einlage je 340.000 DM und 1979 je 320.000 DM ein. Zur Finanzierung der Einlagen nahmen sie 1978 Darlehen zwischen 335.000 DM und 340.000 DM auf. Drei Kommanditisten stockten die Kredite 1979 auf Beträge in Höhe von 652.000 DM bzw. 672.000 DM auf. In einem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreiben der kreditgebenden Bank an den Kommanditisten A heißt es:

"Die Rückzahlung erfolgt durch Anfallen von Veräußerungsgewinnen aus dem durch die vorstehend genannte Gesellschaft geplanten Bauvorhaben auf dem Gelände der .... fabrik."

In den Jahren 1981 bis 1983 erhielten die Kommanditisten Gewinnauszahlungen in folgender Höhe:

                   1981                                      je 100.000 DM

                   1982                                      je 340.000 DM

                   1983                                      je 225.000 DM

                   insgesamt mithin                    je 665.000 DM.

Die Kommanditisten verwendeten die Gewinnauszahlungen nach eigenem Ermessen für die Rückzahlung der aufgenommenen Darlehen und andere Zwecke. Am Ende der Jahre 1980 bis 1983 valutierten die Darlehen der einzelnen Gesellschafter wie folgt:

 

1980

1981

1982

1983

 

DM

DM

DM

DM

B

340.000

190.000

      0

      0

A

335.000

335.000

335.000

175.000

E KG

672.000

672.000

672.000

340.000

N KG

672.000

540.000

340.000

      0

K

652.000

652.000

472.666

442.000

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) rechnete die Zinsen für die von den Kommanditisten 1978 aufgenommenen und zum Teil im Jahre 1979 aufgestockten Krediten gemäß § 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) dem Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb hinzu. Hiergegen erhob die Klägerin nach erfolglosem Einspruch Klage. Sie machte geltend, Verbindlichkeiten, die ein Grundstückshändler aufnehme, um Gelände zu erwerben und es in Teilstücken zu verkaufen, stellten keine Dauerschulden dar (Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 10. Oktober 1939 I 38/38, RFHE 47, 325, RStBl II 1940, 357). Dasselbe müsse gelten, wenn der Grundstückshandel nicht von einem Einzelkaufmann, sondern von einer Personengesellschaft betrieben werde.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie Verletzung von § 8 Nr. 1 GewStG rügt.

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Gewerbesteuermeßbetragsbescheide 1980 bis 1983 in der Weise zu ändern, daß bei der Ermittlung des Gewerbeertrags keine Dauerschuldzinsen hinzugerechnet werden.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß Zinsen für ein Darlehen, das ein Gesellschafter aufgenommen hat, um den Erwerb seiner Beteiligung an einer Personengesellschaft zu finanzieren, als Sonderbetriebsausgaben den Gewerbeertrag nach § 7 GewStG mindern (Senatsurteil vom 9. April 1981 IV R 178/80, BFHE 133, 293, BStBl II 1981, 621). Das FG hat ferner zutreffend entschieden, daß nach den in dem genannten Senatsurteil niedergelegten Grundsätzen die von den Kommanditisten der Klägerin zur Finanzierung ihrer Einlagen aufgenommenen Kredite nach § 8 Nr. 1 GewStG dem Gewerbeertrag als Dauerschuldzinsen wieder hinzuzurechnen sind.

Die Einwendungen, die die Klägerin hiergegen erhebt, greifen nicht durch.

Allerdings zählt ein Kredit, der zum Zwecke der Finanzierung von zum Weiterverkauf bestimmtem Grundbesitz aufgenommen wird, nicht zu den Dauerschulden, wenn vertraglich vereinbart ist, daß das Darlehen aus dem Verkaufserlös zu tilgen ist (Senatsurteil vom 18. April 1991 IV R 6/90, BFHE 164, 381, BStBl II 1991, 584). Es handelt sich hierbei - wie generell bei den zur Finanzierung von bestimmten Warengeschäften aufgenommenen Krediten - um vorübergehende Verbindlichkeiten, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr des Unternehmens regelmäßig eingegangen und aus den laufenden Geschäftseinnahmen abgedeckt zu werden pflegen. Voraussetzung ist allerdings eine enge wirtschaftliche Verknüpfung zwischen dem Kredit und dem finanzierten Geschäft. Es kann dahinstehen, ob Darlehen, die von den Kommanditisten einer KG zur Finanzierung ihrer Einlage aufgenommen werden, überhaupt vorübergehende Verbindlichkeiten in diesem Sinne sein können. Dagegen spricht zum einen die Betonung der Selbständigkeit der unternehmerisch tätigen Personengesellschaft in der neueren Steuerrechtsprechung (vgl. etwa Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691, C. III. 2.), zum anderen die Vorschrift des § 169 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB), nach der die Kommanditisten lediglich die Auszahlung von Gewinnen, nicht dagegen die Auszahlung der Bruttoeinnahmen verlangen können, so daß diese - anders als bei Schulden des Unternehmens selbst - nicht in vollem Umfang zur Deckung der Schulden zur Verfügung stehen.

Aber selbst wenn man annehmen wollte, daß die von der Rechtsprechung geforderte wirtschaftliche Verknüpfung zwischen Kredit und finanziertem Geschäft auch dann besteht, wenn zwischen den Kommanditisten und deren Gläubigern vereinbart ist, daß lediglich die ausgezahlten Gewinne zur Tilgung der Kredite zu verwenden sind, so scheitert die Annahme vorübergehender Verbindlichkeiten zur Finanzierung laufender Geschäftsvorfälle im Streitfall an den tatsächlichen Umständen.

Eine enge wirtschaftliche Verknüpfung zwischen Kredit und finanziertem Geschäft ist nur dann anzunehmen, wenn vereinbart und nachprüfbar sichergestellt ist, daß der sich aus der Abwicklung des einzelnen Geschäfts ergebende Erlös dem kreditgebenden Gläubiger zusteht, zur Abwicklung des einzelnen Kreditgeschäfts verwendet wird und damit der freien Verfügung des Schuldners entzogen ist (BFH-Urteil vom 4. November 1964 I 206/62, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1965, 318; Grieger, Betriebs-Berater 1960, 40; Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, § 8 Nr. 1 Rdnr. 24). Demzufolge müßten im Streitfall zwischen den Kommanditisten und ihren Gläubigern Vereinbarungen getroffen worden sein, die die Gewinnauszahlungen der freien Verfügung der Kommanditisten entziehen. Davon kann nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) Feststellungen des FG keine Rede sein. Zwar heißt es in einem Schreiben der kreditierenden Bank an den Kommanditisten A, daß die "Rückzahlung durch das Anfallen von Veräußerungsgewinnen" aus der Bebauung und dem Verkauf des .... fabrik-Geländes erfolgen solle. In Wirklichkeit hat der Kommanditist A die Gewinnauszahlung des Jahres 1981 jedoch überhaupt nicht und die folgenden Gewinnauszahlungen in Höhe von insgesamt 665.000 DM lediglich in Höhe von 160.000 DM zur Rückzahlung seines Kredites über ursprünglich 335.000 DM verwendet. Hieraus und aus dem Rückzahlungsverhalten der Kommanditisten K, N KG und E KG konnte das FG schließen, daß die von der Klägerin behaupteten und unter Zeugenbeweis gestellten Vorstellungen der vertragschließenden Parteien über die Rückzahlung der Kredite aus den Verkaufserlösen nicht zu einer vertraglichen Bindung führten, die die ausgezahlten Verkaufsgewinne der Verfügungsbefugnis der Kommanditisten entzog. Hiergegen kann die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, daß die Kommanditisten aus den Gewinnauszahlungen vordringlich die von ihnen geschuldeten Schuldzinsen hätten entrichten müssen. Vielmehr würde auch dieser Umstand beweisen, daß die Gewinnauszahlungen gerade nicht primär zur Tilgung der streitigen Verbindlichkeiten zur Verfügung standen.