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  BFH-Urteil vom 26.11.1993 (VI R 67/91) BStBl. 1994 II S. 248

Aufwendungen für einen Lehrgang, durch den Grundkenntnisse in einer gängigen Fremdsprache erlernt werden, können ausnahmsweise dann als Werbungskosten abziehbar sein, wenn der Lehrgang nicht im Ausland durchgeführt wird und wenn ein konkreter und enger Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht (Ergänzung des BFH-Urteils vom 22. Juli 1993 VI R 103/92, BFHE 171, 552, BStBl II 1993, 786).

EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, § 12 Nr. 1 Satz 2.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) war im Streitjahr 1987 als Sachgebietsleiterin bei einer Verwaltungsbehörde tätig. Sie arbeitet seit dem Jahre 1990 bei einer Oberbehörde (B). Sie machte in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr Aufwendungen für einen Spanischgrundkurs an einer Sprachenschule und an der Volkshochschule an ihrem Wohnort als Werbungskosten geltend. Zur Begründung führte sie an, sie habe die Chancen für ihr berufliches Fortkommen erhöhen wollen. Sie habe zur Verbesserung ihrer Aussichten, bei der B eingestellt zu werden, bewußt die spanische Sprache gewählt, weil damit das Feld geeigneter Mitarbeiter zwangsläufig kleiner gewesen sei. Spanisch sei die zweite Weltsprache und erlange als EG-Sprache im beruflichen Bereich zunehmende Bedeutung. Sie habe sich im Januar 1989 bei der B nach der Möglichkeit einer Anstellung erkundigt. Der Leiter der B habe ihre Bemühungen um Erlernung einer Fremdsprache sehr begrüßt.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte die Anerkennung der Aufwendungen ab. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es führte im wesentlichen aus: Die Kosten für den Spanischgrundkurs seien Fortbildungskosten, da sie der Klägerin dazu gedient hätten, in ihrem ausgeübten Beruf den Anforderungen einer Stelle bei der B gerecht zu werden. Unerheblich sei, ob die Fremdsprachenkenntnisse tatsächlich den Ausschlag dafür gegeben hätten, daß die Klägerin im Jahre 1990 dort eingestellt worden sei. Denn die Stellenausschreibungen der B hätten objektiv den Schluß zugelassen, daß Sprachkenntnisse bei den anstehenden Stellenbesetzungen eines von mehreren Entscheidungskriterien seien. Die Klägerin habe sich durch den Stellenwechsel eine höhere Besoldung versprochen. Gegen die Annahme von Fortbildungskosten spreche auch nicht, daß der Beginn der Sprachstudien (1986/1987) und die Bewerbung bei der B zeitlich auseinandergefallen seien. Erst nach Absolvierung der Sprachkurse habe die Klägerin bei ihrer Bewerbung bei der B auf vorhandene Sprachkenntnisse verweisen können, so daß die Kurse zwangsläufig vor der Bewerbung hätten liegen müssen. Der Umstand, daß die Sprachkenntnisse der Erweiterung der Bildung der Klägerin gedient hätten, führe nicht zu einer Versagung des Werbungskostenabzugs gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Das FA stützt seine Revision auf eine Verletzung des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Revision des FA ist nicht bereits deswegen begründet, weil der Senat mit Urteil vom 22. Juli 1993 VI R 103/92 (BFHE 171, 552, BStBl II 1993, 786) entschieden hat, Aufwendungen für einen Lehrgang, der Grundkenntnisse in einer gängigen Fremdsprache vermittele, seien nicht als Werbungskosten abziehbar. Es handelte sich bei dem entschiedenen Fall um einen Lehrgang im Ausland. In einem solchen Fall ist typisierend anzunehmen, daß die zu erwerbenden Grundkenntnisse gleichzeitig während dieses Auslandsaufenthalts auch im außerberuflichen Bereich von Vorteil sind und deshalb ein untrennbar gemischter Aufwand i. S. des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch hinsichtlich der Lehrgangsgebühren vorliegt.

Anders kann es sich hingegen bei Lehrgängen verhalten, die im Inland besucht werden. Hier können Aufwendungen für Fremdsprachenunterricht, durch den Grundkenntnisse und nicht ein berufsspezifisches Vokabular erworben werden sollen, dann Fortbildungskosten sein, wenn ein konkreter und enger Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. April 1992 VI R 141/89, BFHE 167, 525, BStBl II 1992, 666).

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Zwischen den Aufwendungen der Klägerin im Streitjahr 1987 für den Erwerb von Grundkenntnissen der spanischen Sprache und ihrer Berufstätigkeit hat weder in sachlicher noch in zeitlicher Hinsicht ein ausreichend konkreter und enger Zusammenhang bestanden.

Ein ausreichend konkreter sachlicher Zusammenhang könnte selbst dann nicht angenommen werden, wenn unterstellt wird, daß die Klägerin bereits im Streitjahr die Absicht gehabt hat, sich später bei der B um eine Anstellung zu bewerben. Denn Kenntnisse gerade der spanischen Sprache waren für die bei der B angestrebte Tätigkeit zwar von allgemeinem Vorteil, aber keineswegs unabdingbare Voraussetzung für die Einstellung. In diesem Punkt unterscheidet sich der Streitfall auch von dem Urteilsfall in BFHE 167, 525, BStBl II 1992, 666, in dem der Kläger gerade die spanische Sprache und nicht irgendeine andere Fremdsprache deshalb erlernen wollte, weil er bereits in Verhandlungen wegen einer Tätigkeit in Spanien gestanden hatte.

Aber selbst dann, wenn gerade Kenntnisse der spanischen Sprache Voraussetzung für eine Anstellung bei der B gewesen wären, hätte ein ausreichend enger zeitlicher Bezug zur Berufstätigkeit der Klägerin jedenfalls so lange nicht angenommen werden können, als der subjektive Wunsch nach einer beruflichen Veränderung sich nicht durch eine Bewerbung hinreichend konkretisiert hatte. Der vorsorgliche Erwerb von Grundkenntnissen in einer bestimmten gängigen Fremdsprache im Hinblick auf eine erst in der Zukunft angestrebte berufliche Veränderung reicht für die Anerkennung von Fortbildungskosten nicht aus. Denn es ist zu berücksichtigen, daß viele Menschen Grundkenntnisse einer gängigen Fremdsprache erlernen, die diese Kenntnisse nicht beruflich verwenden, sondern eine persönliche Bereicherung erfahren und ihre Bildung erweitern wollen. Deshalb betrifft, wie dargelegt, der Erwerb fremdsprachlicher Grundkenntnisse - anders als das Erlernen eines berufsspezifischen Vokabulars - auch die allgemeine Lebensführung i. S. des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Wegen der in jedem Einzelfall bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Zuordnung von Aufwendungen für Fremdsprachenunterricht zum Erwerb von Grundkenntnissen in einer gängigen Fremdsprache kann deshalb typisierend nur und erst dann, wenn zwischen der jeweiligen Fremdsprache und der beruflichen Tätigkeit ein konkreter sachlicher und ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht, angenommen werden, daß die beruflichen Interessen diejenigen der allgemeinen Lebensführung bei weitem überwiegen. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall nicht erfüllt.