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  BFH-Urteil vom 29.3.1994 (VIII R 7/92) BStBl. 1994 II S. 843

Lädt eine GmbH & Co. KG, die Kfz-Handel und eine Vertragswerkstätte betreibt, führende Mitarbeiter des von ihr vertretenen Unternehmens zu Karnevalsveranstaltungen eines Vereins ein, dem der Gesellschafter-Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH und Kommanditist als Mitglied angehört, so handelt es sich um gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht abziehbare Repräsentationsaufwendungen.

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 Satz 2.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, erzielte in den Streitjahren 1981 bis 1985 als Vertragshändlerin und Vertragswerkstätte der A-AG gewerbliche Einkünfte aus dem Handel mit Kfz und deren Reparatur. Nachdem die von ihr für die Streitjahre erklärten Gewinne durch den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) der Gewinnfeststellung unter Vorbehalt der Nachprüfung zugrunde gelegt worden waren, wurde bei einer im Jahre 1987 durchgeführten Außenprüfung festgestellt, daß bei den Betriebsausgaben der Streitjahre auf einem gesonderten Konto Aufwendungen für Eintrittskarten und Bewirtung von Geschäftsfreunden anläßlich von karnevalistischen Veranstaltungen in Höhe von 2.127 DM, 3.272 DM, 4.514 DM, 5.410 DM und 4.080 DM abgezogen worden waren. Hierzu eingeladen hatte der Kommanditist und alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH C. C. (künftig: C), der zugleich Mitglied eines Karnevalsvereins ist. Der Prüfer behandelte diese jeweils durch Einzelnachweise belegten Ausgaben anläßlich von mehreren jährlichen Karnevalssitzungen als nicht abziehbaren Aufwand i. S. des § 12 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und demzufolge Entnahmen des C; nach seiner Auffassung waren diese Veranstaltungen überwiegend privat geprägt und wegen ihrer großen Teilnehmerzahl zu speziellen geschäftlichen Kontaktgesprächen auch nicht geeignet. Ein besonderes Interesse des Unternehmers am karnevalistischen Konsum oder ein besonderer Werbeeffekt für das spezielle Unternehmen seien hier nicht gegeben.

Der Einspruch der Klägerin gegen die dementsprechend ergangenen Änderungsbescheide blieb erfolglos. Auch die Klage wurde vom Finanzgericht (FG) als unbegründet abgewiesen. Dem Betriebsausgabenabzug stehe das Abzugsverbot des § 12 EStG entgegen, weil "das persönliche Erlebnis" des "gedrängten karnevalistischen Programms .... der entscheidende Anlaß für die Einladung an die Geschäftsfreunde und das maßgebende Motiv für den Besuch solcher Veranstaltungen" sei. Dadurch trete die Bewirtung in den Hintergrund (Hinweis auf Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16. Februar 1990 III R 21/86, BFHE 160, 166, BStBl II 1990, 575).

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts (§ 4 Absätze 1, 4, 5 Nrn. 2 und 7 sowie § 12 Nr. 1 EStG).

Sie bringt im wesentlichen vor: Bei den eingeladenen Personen habe es sich um Verhandlungspartner der Klägerin in für diese außerordentlich wichtigen Positionen gehandelt (Vertrieb, Kundendienst, Garantieabteilung der A-AG und Mitarbeiter der D-Bank).

Für die betriebliche Veranlassung des Abzugs als Betriebsausgaben genüge die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen. Das FG habe rechtsfehlerhaft auf das persönliche Vergnügen, also das subjektive Empfinden der eingeladenen Geschäftsfreunde abgestellt, während es darauf angekommen wäre, ob die Aufwendungen aus der Sicht des einladenden Steuerpflichtigen seiner eigenen privaten Lebensführung dienten. Das sei jedoch nicht der Fall.

Die Einladungen hätten der Pflege schon bestehender Geschäftsbeziehungen gedient, um sich das Wohlwollen und die Aufmerksamkeit der Ansprechpartner beim Hersteller der von der Klägerin vertriebenen Produkte zu erhalten. Dazu seien die Karnevalsveranstaltungen auch geeignet gewesen.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des FG-Urteils und der Einspruchsentscheidungen vom 30. Oktober 1989 die Gewinnfeststellungsbescheide 1981 bis 1985 i. d. F. vom 20. Dezember 1988 dementsprechend zu ändern.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Der Senat tritt dem FG-Urteil im Ergebnis darin bei, daß die von der Klägerin als Betriebsausgaben geltend gemachten Aufwendungen nicht abgezogen werden dürfen, weil es sich um Lebenshaltungskosten (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG) des Gesellschafter-Geschäftsführers ihrer Komplementär-GmbH und Kommanditisten handelt.

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind als Betriebsausgaben die Aufwendungen abziehbar, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Eine betriebliche Veranlassung liegt vor, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb wirtschaftlich zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind (BFH-Beschlüsse vom 27. November 1989 GrS 1/88, BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160, und vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 823). Die Aufwendungen müssen ausschließlich oder weit überwiegend auf betrieblichen Erwägungen beruhen. Sind sie ganz oder zum Teil durch die Lebensführung veranlaßt, steht dem Betriebsausgabenabzug gemäß § 4 Abs. 5 Satz 3 EStG die Regelung des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG entgegen. Danach können Aufwendungen für die Lebensführung, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch dann nicht abgezogen werden, wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG enthält nach ständiger Rechtsprechung (vgl. insbesondere Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17, und vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213) zur Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit auch ein Aufteilungsverbot für Aufwendungen, die sowohl der Lebensführung dienen als auch den Beruf fördern.

Diese Grundsätze gelten nach dem Senatsurteil vom 29. Oktober 1991 VIII R 148/85 (BFHE 167, 309, BStBl II 1992, 647, 649) sinngemäß, wenn es bei einer Personengesellschaft um die Anerkennung bestimmter Aufwendungen als Betriebsausgaben geht. Es ist dann die Veranlassung durch den Betrieb der Personengesellschaft bzw. die private Lebensführung eines oder mehrerer Gesellschafter, hier auch die des Gesellschafter-Geschäftsführers der Komplementär-GmbH, zu prüfen.

Im vorliegenden Fall bilden die Aufwendungen für die Einladungen zu den Karnevalsveranstaltungen Lebenshaltungskosten des C gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Es handelt sich um nicht abziehbaren Repräsentationsaufwand. Denn C genügte damit jedenfalls auch gesellschaftlichen Konventionen, die sich aus seiner sozialen bzw. gesellschaftlichen Stellung einerseits als Geschäftsführer-Gesellschafter der Komplementär-GmbH und Kommanditist der Klägerin, andererseits der Mitgliedschaft in dem alten Karnevalsverein ergeben. Für ein Mitglied eines Karnevalsvereins ist es üblich, daß man für den privaten wie den beruflichen Bekanntenkreis Karten zu Veranstaltungen des Vereins besorgt und - je nachdem, ob ein bestimmter Anlaß gegeben ist oder eine besondere Beziehung zu der eingeladenen Person besteht - auch die Kosten der Einladung ganz oder teilweise übernimmt.

Der Einwand der Klägerin, für die Anerkennung der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen genüge bereits der allgemeine Zusammenhang mit dem Betrieb durch die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen, geht fehl. Denn mit dieser Begründung hat die ständige Rechtsprechung lediglich den Betriebsausgabenabzug für Beiträge an Berufsverbände als möglich erachtet (vgl. Senatsurteile vom 18. September 1984 VIII R 324/82, BFHE 142, 251, BStBl II 1985, 92, und vom 4. März 1986 VIII R 188/84, BFHE 146, 151, BStBl II 1986, 373, Ziff. II 3 der Gründe). Hier geht es dagegen um die der Privatsphäre des C zuzuordnende Mitgliedschaft in einem Karnevalsverein (vgl. dazu auch BFH-Urteile vom 15. Mai 1992 VI R 106/88, BFHE 168, 532, BStBl II 1993, 840, und vom 2. Oktober 1992 VI R 11/90, BFHE 169, 185, BStBl II 1993, 53). Auch letzterer Umstand spricht als Indiz für die private Mitveranlassung der strittigen Aufwendungen. Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung des Sachverhalts kann ferner nicht außer acht gelassen werden, daß Aufwendungen für die Bewirtung von Gästen aus einem privaten Anlaß, wie er auch bei gesellschaftlichen Veranstaltungen von Vereinen gegeben ist (vgl. schon BFH-Urteil vom 1. August 1968 IV R 232/67, BFHE 93, 152, BStBl II 1968, 713), grundsätzlich in den Anwendungsbereich des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG fallen. Daß sich hier die Einladungen auf Geschäftsfreunde der Klägerin beschränkten, hat deren private Mitveranlassung nicht beseitigt, selbst wenn sie aus der Sicht des C entscheidend beruflich motiviert gewesen sein mögen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Dezember 1991 IV R 58/88, BFHE 167, 46, BStBl II 1992, 524, Ziff. 2 der Gründe).

Im übrigen lassen sich weder aus den Feststellungen des FG noch aus dem Vorbringen der Klägerin besondere Umstände dafür entnehmen, daß diese Einladungen zu den Karnevalssitzungen ausnahmsweise allein oder ganz überwiegend durch berufliche Gründe veranlaßt gewesen sein könnten.

Die Vorentscheidung wird schon durch diese Begründung des sich aus § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ergebenden Abzugs- und Aufteilungsverbots getragen. Der Senat läßt dahingestellt, ob auch das vom FG unter Berufung auf das BFH-Urteil in BFHE 160, 166, BStBl II 1990, 575 in den Vordergrund gestellte "persönliche Erlebnis des gedrängten karnevalistischen Programms", das die Bewirtung in den Hintergrund treten lasse, zum selben Ergebnis führen könnte. Er braucht sich deshalb mit den hiergegen durch die Revision erhobenen Einwänden nicht auseinanderzusetzen.