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  BFH-Urteil vom 30.1.1996 (IX R 100/93) BStBl. 1996 II S. 359

Leben Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen in einer Eigentumswohnung, die einem von ihnen gehört, kann dieser seine Wohnung nicht steuerrechtlich wirksam zur Hälfte dem anderen vermieten.

EStG §§ 12, 21 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg (EFG 1994, 192)

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Eigentümer einer Wohnung, die 1985 fertiggestellt wurde. Seither nutzte der Kläger die Wohnung selbst.

Vom 1. Juli 1988 an vermietete er die Wohnung für 350 DM monatlich zur Hälfte an seine Lebensgefährtin. Lediglich das Arbeitszimmer sollte ihm allein zur Nutzung vorbehalten bleiben. Der Kläger errechnete für das Streitjahr bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Überschuß der Werbungskosten über die Einnahmen in Höhe von 3.871,14 DM. Einnahmen aus der Vermietung der Wohnung sowie die geltend gemachten Werbungskosten setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) nicht an, weil seiner Meinung nach die gesamte Wohnung vom Kläger genutzt worden sei.

Nach vergeblichem Einspruch erhob der Kläger Klage, die das Finanzgericht (FG) als unbegründet zurückgewiesen hat (Entscheidungen der Finanzgerichte 1994, 192).

Mit der Revision rügt der Kläger die unrichtige Anwendung der §§ 12 und 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 1990, sowie unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1988 vom 1. September 1989 die Einkommensteuer auf 25.605 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat es zu Recht abgelehnt, die geltend gemachten Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen (§ 21 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 EStG).

1. Es kann offenbleiben, ob die Klage mit dem FG bereits deshalb abzuweisen war, weil die ausschließliche Veranlassung der als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen durch die Einnahmen aus der Vermietung der Wohnung zu verneinen ist (§§ 9 Abs. 1, 12 EStG). Die Klage war aus anderen Gründen abzuweisen.

2. Der Senat geht mit dem FA davon aus, daß ein steuerrechtlich anzuerkennendes Mietverhältnis zwischen dem Kläger und seiner damaligen Lebensgefährtin nicht bestanden hat (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Wie das FG für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt hat, bewohnte der Kläger die Wohnung gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin. Zwischen ihnen bestand mithin im Streitjahr eine nichteheliche Lebensgemeinschaft. Wenngleich es sehr unterschiedliche Erscheinungsformen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gibt (vgl. Hausmann, Nichteheliche Lebensgemeinschaften und Vermögensausgleich, 1989 S. 20 ff.; de Witt/Huffmann, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, 2. Aufl. 1986, S. 5 ff., 20 f.), haben sie doch in der Regel gemeinsam, daß die Lebensgemeinschaft jedenfalls auch eine Wirtschaftsgemeinschaft ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 17. November 1992 1 BvL 8/87, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1993, 643, 645), deren wesentlicher Bestandteil - von Ausnahmen abgesehen - das gemeinsame Wohnen ist (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17. Mai 1995 5 C 16/93, NJW 1995, 2802 - zu § 122 des Bundessozialhilfegesetzes; Wacke in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Aufl., Anhang nach § 1302 Rdnr. 1; Palandt/Diederichsen, Bürgerliches Gesetzbuch, 54. Aufl., Einleitung vor § 1297 Rdnr. 9). Nicht ein zivilrechtlicher Vertrag, sondern die persönliche Beziehung ("innere Bindung") der Partner ist Grundlage dieses gemeinsamen Wohnens. Aus dem wirtschaftlichen Aspekt der Lebensgemeinschaft ergibt sich, daß beide Partner nach ihren Kräften finanziell zur gemeinsamen Lebensführung beitragen, wozu auch das Wohnen gehört. Die als "Mietzins" erklärten Zahlungen der Partnerin sind daher als Beiträge zur gemeinsamen Haushaltsführung zu werten (vgl. Grube, Deutsches Steuerrecht 1991, 297, 301).

Ein Mietvertrag über einen Teil der Wohnung des Partners, in der beide Partner gemeinsam wohnen, geht daher jedenfalls steuerrechtlich ins Leere, solange die Lebensgemeinschaft besteht (so im Ergebnis auch Urteil des Bundesfinanzhofs vom 8. August 1990 IX R 122/86, BFHE 162, 244, BStBl II 1991, 171, das allerdings über die Erfassung des Nutzungswerts gemäß § 21 Abs. 2 EStG zu entscheiden hatte). Da die Zahlungen der Lebensgefährtin mithin beim Kläger nicht als Einnahmen im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§§ 8 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG) zu werten sind, können auch die geltend gemachten Aufwendungen nicht als durch die Erzielung von Mieteinnahmen veranlaßt gewertet werden (§§ 9 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG).