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  BFH-Beschluß vom 4.12.1996 (II B 116/96) BStBl. 1997 II S. 661

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, daß die formwechselnde Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft mangels Rechtsträgerwechsels nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt.

GrEStG 1983 § 1 Abs. 1, §§ 5 bis 7; UmwG 1995 § 1 Abs. 1 Nr. 4, §§ 190 ff.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin), eine GmbH & Co. KG, ist durch formwechselnde Umwandlung nach § 1 Abs. 1 Nr. 4, §§ 190 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG) 1995 aus einer GmbH hervorgegangen. Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 3. April 1995. Zum Gesellschaftsvermögen gehörte in diesem Zeitpunkt Grundbesitz.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) betrachtete den Formwechsel als nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983 der Grunderwerbsteuer unterliegenden Übergang des Eigentums am Grundbesitz von der GmbH auf die Antragstellerin und setzte gegen letztere mit Bescheid vom 13. Februar 1996 aus einer Bemessungsgrundlage von 350 v. H. der Einheitswerte Grunderwerbsteuer fest. Über den gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruch ist noch nicht entschieden.

Nach erfolglosem Antrag auf Vollziehungsaussetzung beim FA beantragte die Antragstellerin beim Finanzgericht (FG), die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheids auszusetzen, weil die formwechselnde Umwandlung mangels Vermögensübertragung nicht der Grunderwerbsteuer unterliege.

Das FG hat den Antrag mit Beschluß vom 13. Juni 1996 zurückgewiesen. Es ist der Auffassung, die GmbH sei ihrer Rechtspersönlichkeit entkleidet worden und ihr Vermögen in Art einer klassischen Umwandlung in das Eigentum ihrer zur KG verbundenen Mitglieder übergegangen.

Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie zur Gewährung der Aussetzung der Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Februar 1996.

Entgegen der Auffassung des FG bestehen an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids ernstliche Zweifel, die nach § 69 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 unterliegt der Grunderwerbsteuer der Übergang des Eigentums an inländischen Grundstücken unter der Voraussetzung, daß weder ein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist noch es einer Auflassung bedarf. Erfaßt wird dabei der Grundstückswechsel zwischen verschiedenen Rechtsträgern (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 1. April 1981 II R 87/78, BFHE 133, 97, BStBl II 1981, 488).

An der Erfüllung dieses Tatbestands bestehen ernstliche Zweifel, denn § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG 1995 beschreibt die Wirkung der Eintragung einer nach § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 190 Abs. 1, § 191 UmwG 1995 zugelassenen formwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft (hier: einer GmbH in eine KG) in das Handelsregister folgendermaßen: "Der formwechselnde Rechtsträger besteht in der im Umwandlungsbeschluß bestimmten Rechtsform weiter". Kennzeichnend für eine formwechselnde Umwandlung ist, daß an ihr nur ein Rechtsträger beteiligt ist, es weder zu einer Gesamtrechtsnachfolge eines Rechtsträgers in das Vermögen eines anderen kommt noch es der Übertragung der einzelnen Vermögensgegenstände bedarf (vgl. Laumann in Goutier/Knopf/Tulloch, Kommentar zum Umwandlungsrecht 1996, Tz. 1 zu § 202 UmwG 1995; Decher in Lutter, Kommentar zum Umwandlungsgesetz 1996, Tz. 2 vor § 190). Die formwechselnde Umwandlung wird durch das Prinzip der Identität des Rechtsträgers, der Kontinuität seines Vermögens (wirtschaftliche Identität) und der Diskontinuität seiner Verfassung bestimmt (so treffend K. Schmidt, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 1995, 1385, 1387). An dieser zivilrechtlichen Kontinuität des Rechtsträgers ändert sich auch nicht etwa dadurch etwas - wovon offenbar aber das FG ausgegangen ist -, daß der neue Rechtsträger, wie im Fall des Wechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personenhandelsgesellschaft, nicht selbst Träger des Unternehmensvermögens ist, dieses vielmehr seinen Gesellschaftern zur gesamten Hand zusteht.

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, daß das Grunderwerbsteuerrecht den zivilrechtlichen Vorgaben des Umwandlungsrechts mangels ausdrücklich anderslautender Vorschriften folgen muß, also grunderwerbsteuerrechtlich bei einer formwechselnden Umwandlung der vorliegenden Art kein Rechtsträgerwechsel anzunehmen ist. Dies entspricht auch der herrschenden Meinung im Schrifttum (vgl. u. a. Pahlke in Pahlke/Franz, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, Rz. 22 f. zu § 1; Söffing in Goutier/Knopf/Tulloch, a. a. O., Tz. 10 ff. zu § 14 UmwStG; Benkert in Haritz/Benkert, Kommentar zum Umwandlungssteuergesetz, Einf. Tz. 235; Hofmann, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, 6. Aufl., Rdnr. 10 zu § 1, jeweils mit weiteren Schrifttumsnachweisen).

Soweit dagegen von der Finanzverwaltung (vgl. Erlaß des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 12. Dezember 1994, Betriebs-Berater 1995, 82, und Erlaß des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 14. Juli 1995, Der Betrieb - DB - 1995, 1685) ähnlich wie von Thiel (DB 1995, 1196) aus den Vorschriften der §§ 5 bis 7 GrEStG 1983 gefolgert wird, wegen der Veränderung der Eigentumsform (Alleineigentum der Kapitalgesellschaft, Gesamthandseigentum der Mitglieder einer Personenhandelsgesellschaft) unterliege eine formwechselnde Umwandlung von einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft der Grunderwerbsteuer, vermag der Senat diese Auffassung nicht zu teilen. Die grunderwerbsteuerrechtliche eigenständige Rechtsträgerschaft der Personengesellschaften ist seit Jahren unbestritten anerkannt (aus der Rechtsprechung zur KG vgl. grundlegend BFH-Urteil vom 14. November 1956 II 46/56, BFHE 64, 51, BStBl III 1957, 19). Die Vorschriften der §§ 5 und 6 sowie die des § 7 Abs. 2, 3 GrEStG 1983 setzen diese voraus und gewähren nur Vergünstigungen für Erwerbsvorgänge zwischen den Gesamthandsgemeinschaften und den an ihr Beteiligten bzw. zwischen Gesamthandsgemeinschaften untereinander, soweit an ihrem Vermögen dieselben Personen beteiligt sind, wobei dem Umstand der gesamthänderischen Mitberechtigung am Vermögen Rechnung getragen wird. Steuerbegründende Funktion kann diesen Vorschriften nicht zugemessen werden.