| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH-Urteil vom 20.1.1999 (I R 32/98) BStBl. 1999 II S. 369

Erwirbt eine Kapitalgesellschaft von ihrem Gesellschafter ein Wirtschaftsgut zu einem überhöhten Kaufpreis und wird dieser in Raten bezahlt, so ist die Ausschüttungsbelastung erst dann herzustellen, wenn die Ratenzahlungen den angemessenen Kaufpreis übersteigen.

KStG § 27.

Vorinstanz: FG Nürnberg (EFG 1998, 836)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine 1984 gegründete GmbH. An ihr ist zu 30 % B beteiligt.

Die Klägerin erwarb von B dessen Einzelunternehmen zu einem Kaufpreis in Höhe von 350.000 DM. Sie zahlte den Kaufpreis in Raten, davon im Streitjahr 1987 32.688 DM. Bis zum Ende des Streitjahres hatte sie insgesamt 98.324 DM gezahlt.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) vertrat die Auffassung, daß die Klägerin die Wirtschaftsgüter des Einzelunternehmens einschließlich Geschäftswert zu einem um 150.980 DM überhöhten Preis von B erworben habe und insoweit eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorliege. Aufgrund von Verlustvorträgen ergab sich im Streitjahr allerdings kein zu versteuerndes Einkommen. Die Körperschaftsteuer 1987 setzte das FA gemäß § 27 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) auf 7.906 DM fest. Dabei ging es davon aus, daß 43 % (= Verhältnis des überhöhten Kaufpreisanteils zum Gesamtkaufpreis) der im Streitjahr gezahlten Rate Ausschüttung i. S. des § 27 KStG sei.

Das Finanzgericht (FG) bestätigte im Grundsatz die Auffassung des FA, der Kaufpreis sei um 150.980 DM überhöht gewesen, und sah die Veranlassung hierfür im Gesellschaftsverhältnis. Da die Klägerin aber bis einschließlich des Streitjahres nur insgesamt 98.324 DM an B als Kaufpreis bezahlt habe, dieser Betrag als solcher aber nicht überhöht sei, liege im Streitjahr noch keine Ausschüttung i. S. des § 27 KStG vor (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1998, 836).

Das FA rügt mit seiner Revision Verletzung des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG und beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Klägerin hat sich zum Verfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist unbegründet. Im Streitjahr 1987 kann die Ausschüttungsbelastung (noch) nicht hergestellt werden, weil es am Abfluß einer Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 1 KStG fehlt.

1. Schüttet eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft Gewinn aus, so mindert oder erhöht sich ihre Körperschaftsteuer um den Unterschiedsbetrag zwischen der bei ihr eingetretenen Belastung des Eigenkapitals (Tarifbelastung), das nach § 28 KStG als für die Ausschüttung verwendet gilt, und der Belastung, die sich hierfür bei Anwendung eines Steuersatzes von (seinerzeit) 36 v. H. des Gewinns vor Abzug der Körperschaftsteuer ergibt (Ausschüttungsbelastung) - § 27 Abs. 1 KStG -. Beruht die Ausschüttung nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluß, ändert sich die Körperschaftsteuer für den Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr endet, in dem die Ausschüttung erfolgt (§ 27 Abs. 3 Satz 2 KStG).

Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 1 KStG ist eine Leistung einer Kapitalgesellschaft an ihren Anteilseigner in Erfüllung eines Gewinnverteilungsbeschlusses oder im Vollzug einer anderen Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 3 KStG. Eine andere Ausschüttung liegt vor, wenn die Leistung der Kapitalgesellschaft nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluß beruht, jedoch durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist und bei der Kapitalgesellschaft abgeflossen ist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. März 1998 I R 79/97, BFHE 186, 64, BStBl II 1998, 578, m. w. N.). Zahlt eine Kapitalgesellschaft für ein von ihrem Gesellschafter erworbenes Wirtschaftsgut einen überhöhten Kaufpreis, so liegt (nur) in Höhe des Überpreises eine Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 1 KStG vor, die bei Zahlung dieses Betrages zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung führt. Wird der Gesamtkaufpreis, der sowohl eine echte Gegenleistung als auch einen Ausschüttungsanteil enthält, in Raten bezahlt, so ist festzustellen, ob die Raten einen überhöhten Kaufpreisanteil (Ausschüttung) enthalten (Wassermeyer, Betriebs-Berater 1989, 1382).

2. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu überhöhten Zahlungen an den Gesellschafter im Rahmen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei Ratenzahlungen davon auszugehen, daß die Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 1, 3 KStG ab dem Zeitpunkt abfließt, ab dem die Zahlung den angemessenen Kaufpreis übersteigt.

a) Wie der Senat wiederholt entschieden hat, liegt bei überhöhten Zahlungen oder Zahlungsverpflichtungen der Kapitalgesellschaft eine (verdeckte) Ausschüttung nur insoweit vor, als der Betrag einer angemessenen Gegenleistung überschritten wird (BFH-Urteile vom 12. Oktober 1995 I R 27/95, BFHE 179, 88, BFH/NV 1996 R 44; vom 5. Oktober 1994 I R 50/94, BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549). Dementsprechend sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch Leistungen aus einem gegenseitigen Vertrag vorrangig auszugleichen (vgl. BFH-Urteil vom 8. Juni 1977 I R 95/75, BFHE 122, 491, BStBl II 1977, 704). Ist danach nur der Überpreis vGA gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, so ist es konsequent und auch sachgerecht, erst in dessen Zahlung die andere Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 1, 3 KStG zu sehen. Auch wenn zivilrechtlich nach dem Rechtsgrund eine einheitliche Kaufpreisforderung vorliegt, besagt dies nicht, daß keine den steuerlichen Vorschriften entsprechende Aufteilung vorgenommen werden kann (a. A. Dötsch/Jost/Eversberg/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 27 Rdnr. 152). Es entspricht auch dem natürlichen Sprachverständnis, eine "Ausschüttung" erst dann anzunehmen, wenn der Leistungsaustausch abgeschlossen ist.

b) Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß § 366 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) - entgegen Eppler, Deutsches Steuerrecht 1990, 136 - weder von seinem Inhalt noch von seiner Systematik her gesehen geeignet ist, zu einer jeweiligen anteiligen Aufteilung der einzelnen Rate in Kaufpreis einerseits und Ausschüttung andererseits zu führen. § 366 BGB setzt eine Vielzahl von Forderungen desselben Gläubigers voraus. Im Streitfall besteht, auch wenn der Kaufpreis wirtschaftlich bzw. steuerlich eine Ausschüttung enthält, nur eine einheitliche zivilrechtliche Kaufpreisforderung, die als solche auch zu passivieren ist (BFH-Urteil vom 29. Juni 1994 I R 137/93, BFHE 175, 347, BFH/NV 1995 R 4). Ferner stellt § 366 BGB in Abs. 1 auf den tatsächlichen und in Abs. 2 auf den mutmaßlichen Parteiwillen ab. Im Rahmen des nicht zur Disposition stehenden Steuerrechts kann, abgesehen von gesetzlichen Wahlrechten, Grund und Höhe der Besteuerung nicht vom Willen des Steuerpflichtigen abhängig gemacht werden. Im übrigen bestünden auch bei analoger Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB erhebliche Zweifel, ob aus der Sicht der Klägerin in Anbetracht der "Lästigkeit" der Körperschaftsteuererhöhung nach § 27 KStG nicht der Tilgung des angemessenen Kaufpreises der Vorrang einzuräumen wäre. Daß in jedem Fall, wie das FA meint, die Schulden verhältnismäßig getilgt würden, sieht § 366 Abs. 2 BGB ausdrücklich nicht vor. Die anteilige Aufteilung ist nur die ultima ratio.

c) Der Senat vermag nicht zu erkennen, inwieweit - wie das FA meint - die anteilsmäßige Aufteilung der einzelnen Kaufpreisrate zu einer praktikableren Lösung führt. Zwar hat der BFH in ständiger Rechtsprechung darauf Rücksicht genommen, daß Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens regeln und daher bei der Auslegung praktikable Lösungen anzustreben sind (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 12. Dezember 1990 I R 127/88, BFH/NV 1992, 104; vom 17. Oktober 1990 I R 182/87, BFHE 162, 307, BStBl II 1991, 336; vom 25. März 1986 IX R 4/83, BFHE 146, 403, BStBl II 1986, 603). Sowohl die dem FA vorschwebende als auch die in dieser Entscheidung vertretene Lösung bedingen eine Kontrolle der jährlich gezahlten Kaufpreisraten.