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  BFH-Urteil vom 21.3.2002 (IV R 15/00) BStBl. 2002 II S. 429

Die Vermietung eines Gebäudeteils an einen Dritten für dessen Betrieb erfüllt nicht die Voraussetzung der Verwendung zu eigenbetrieblichen Zwecken i.S. des § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b FöGbG. Das gilt auch dann, wenn die Vermietung zu dem Zweck erfolgt, daraus einen Nutzen für den eigenen Betrieb zu erzielen.

FöGbG § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b.

Vorinstanz: FG Münster (EFG 2000, 689)

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Steuerberater. Im Oktober 1995 erwarb er in Thüringen ein Geschäftsgrundstück, das er zu zwei Drittel für seine Steuerberatungspraxis nutzte und zu einem Drittel an einen Rechtsanwalt für dessen Kanzlei vermietete. In der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für das Streitjahr (1995) erfasste der Kläger eine Sonderabschreibung nach § 4 Abs. 2 des Fördergebietsgesetzes (FöGbG) in Höhe von 373.980 DM (50 v.H. der Anschaffungskosten des gesamten Gebäudes).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte die Sonderabschreibung nur in Höhe des auf die von der Steuerberatungspraxis genutzten Räume entfallenden Anteils von 2/3 (249.320 DM) an. Die Vermietung an eine (fremde) Rechtsanwaltskanzlei sei keine eigenbetriebliche Nutzung i.S. des § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b FöGbG.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 689 veröffentlicht.

Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b FöGbG.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen des § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b FöGbG hinsichtlich der vermieteten Gebäudeteile nicht erfüllt sind.

1. a) Nach § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b FöGbG in der für den Streitfall maßgebenden Fassung des Standortsicherungsgesetzes (StandOG) vom 13. September 1993 (BGBl I 1993, 1569, BStBl I 1993, 774) ist die Anschaffung eines abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsguts begünstigt, wenn das Wirtschaftsgut beim Erwerber zu einem Betriebsvermögen gehört, nach dem Jahr der Fertigstellung und nach dem 31. Dezember 1993 angeschafft worden ist und mindestens fünf Jahre nach seiner Anschaffung zu eigenbetrieblichen Zwecken verwendet wird.

b) Mit dieser Einschränkung der Förderung für Altgebäude ab 1994 durch das Erfordernis einer eigenbetrieblichen Verwendung hat der Gesetzgeber eine Formulierung aufgegriffen, die schon Bestandteil der Richtlinien zu § 3 des Zonenrandförderungsgesetzes (ZRFG) war (Schreiben des Bundesministers der Finanzen - BMF - vom 27. Dezember 1989, BStBl I 1989, 518). Dort hieß es unter Tz. 6, die Vergünstigungen würden u.a. unter der Voraussetzung zugelassen, dass "die unbeweglichen Wirtschaftsgüter und die ausgebauten oder hergestellten Teile der Gebäude vom Steuerpflichtigen zu eigenbetrieblichen Zwecken verwendet werden". Daran schloss sich ein Hinweis auf die Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. April 1983 IV R 60/80 (BFHE 138, 396, BStBl II 1983, 529), vom 21. April 1983 IV R 217/82 (BFHE 138, 292, BStBl II 1983, 532), vom 6. Juli 1983 I R 252/82 (BFHE 139, 113, BStBl II 1983, 699) und vom 10. Februar 1988 VIII R 159/84 (BFHE 153, 188, BStBl II 1988, 653) an.

Mit dem Hinweis auf das Urteil in BFHE 139, 113, BStBl II 1983, 699 nahm der BMF Bezug auf die Rechtsprechung des BFH, wonach bei einem Gebäude, das teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils zu eigenen und teils zu fremden Wohnzwecken genutzt wird, jeder der unterschiedlich genutzten Teile des Gebäudes ein eigenständiges Wirtschaftsgut ist (Beschluss des Großen Senats vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132). Deshalb führte der BMF unter Tz. 12 des Schreibens aus, unter Verwendung zu eigenbetrieblichen Zwecken sei eine im Gegensatz zu fremdbetrieblichen Zwecken, zu fremden Wohnzwecken oder zu eigenen Wohnzwecken stehende Verwendung zu verstehen.

c) In gleicher Weise ist nach Auffassung des erkennenden Senats auch die durch das StandOG eingefügte Regelung des § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b FöGbG zu verstehen. Aus den Gesetzesmaterialien lassen sich keine entgegenstehenden Anhaltspunkte entnehmen. Die Regelung wurde auf Vorschlag des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau des Deutschen Bundestags, den sich der Finanzausschuss anschließend zu Eigen gemacht hatte, nachträglich in das StandOG aufgenommen (BTDrucks 12/5016, S. 48, 76, 82, 104). Ziel der Regelung sollte es sein, eine Inanspruchnahme der Sonderabschreibung durch gewerbliche Wohnungsgesellschaften zu verhindern, die Altbestand an Mietwohnungen aufkauften und diesen nach Inanspruchnahme der Abschreibung ohne Modernisierung wieder veräußerten. Der Gesetzestext geht auf eine Formulierungshilfe des BMF zurück (BTDrucks 12/5016, S. 76), der sich mutmaßlich an der Vorgängerregelung in den Richtlinien zum ZRFG orientiert hat.

2. a) Nach den vorstehenden Grundsätzen kann der Kläger die Sonderabschreibung gemäß § 4 FöGbG nur für die für seine Steuerberatungspraxis genutzten Gebäudeteile in Anspruch nehmen. Diese werden für Zwecke des freiberuflichen Betriebs des Klägers verwendet. Die an die Rechtsanwaltskanzlei vermieteten Gebäudeteile bilden demgegenüber ein eigenständiges Wirtschaftsgut, für das die Voraussetzungen des § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b FöGbG nicht erfüllt sind. Denn diese Gebäudeteile werden nicht eigenbetrieblich im Sinne der Vorschrift verwendet. Die Vermietung von Gebäudeteilen an einen fremden Betrieb schließt die eigenbetriebliche Verwendung aus. Dass die Vermietung auch zu dem Zweck erfolgt, daraus einen Nutzen für den eigenen Betrieb zu erzielen, tritt hinter die unmittelbare Verwendung im Betrieb des Mieters, also hinter die fremdbetriebliche Nutzung zurück (ebenso die BFH-Rechtsprechung zu § 3 ZRFG - vgl. Urteile in BFHE 139, 113, BStBl II 1983, 699; in BFHE 153, 188, BStBl II 1988, 653; vom 16. Juni 1994 IV R 48/93, BFHE 175, 109, BStBl II 1996, 82; vom 29. Januar 1997 XI R 85/95, BFHE 182, 237, BStBl II 1997, 377, und vom 21. Oktober 1999 I R 1/98, BFH/NV 2000, 691 -, die Finanzverwaltung, vgl. BMF-Schreiben vom 24. Dezember 1996, BStBl I 1996, 1516, unter II. 2., sowie nahezu einhellig das Schrifttum, vgl. Stuhrmann, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1993, 1125, 1126; ders., Neue Wirtschafts-Briefe - NWB - F. 3 8989, 8993; ders., DStR 1997, 103, 105; ders. in: Die neue Investitionsförderung in den neuen Bundesländern, 4. Aufl. Köln 1996, Rdnr. 123 ff.; ders. in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 3 FöGbG Rz. 19 ff.; Beck, Steuern sparen mit Immobilien, 2. Aufl. Berlin 2000, 16; Best, Betriebs-Berater - BB - 1993, 1568, 1570; Kaligin, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 1994, 23, 25 f.; ders., Harzburger Steuerprotokoll 1997, 245, 250 f.; Töben, Das Fördergebietsgesetz, 2. Aufl. Köln 1996, Rz. 520 f.; a.A. z.T. Roland/Masuch in Bordewin/ Brandt, Einkommensteuergesetz, § 3 FöGbG Rdnr. 14, die abweichend von den o.a. BFH-Urteilen in einigen Fällen eine Verwendung zu eigenbetrieblichen Zwecken annehmen).

b) Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob der nicht eigenbetrieblich genutzte Gebäudeteil gleichwohl zum gewillkürten oder notwendigen Betriebsvermögen des Eigentümers gehört. Selbst wenn dies - wie der Kläger geltend macht - der Fall ist, scheidet die Inanspruchnahme der Vergünstigung aus (vgl. Senatsurteil vom 14. März 1991 IV R 54/90, BFHE 165, 119, BStBl II 1991, 808, zum Wohngebäude eines Landwirts im Zusammenhang mit § 3 ZRFG). Aus den Voraussetzungen des § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b FöGbG ist eindeutig zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Förderung über die im Einleitungsteil des Satzes 2 genannte Eigenschaft des Wirtschaftsgutes als Betriebsvermögen hinaus an die in Buchst. b zusätzlich verlangte eigenbetriebliche Nutzung knüpfen wollte. Diese Eingrenzung steht im Ermessen des Gesetzgebers, der damit Mitnahmeeffekte verhindern wollte, und schließt fremdbetrieblich genutzte Wirtschaftsgüter bewusst von der Förderung aus.