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  BFH-Urteil vom 5.6.2002 (I R 86/01) BStBl. 2002 II S. 683

Erzielt eine in Deutschland ansässige Kapitalgesellschaft Einkünfte aus der Vermietung eines in der Schweiz befindlichen Rechners, so sind diese Einkünfte nicht nach dem DBA-Schweiz von der Körperschaftsteuer befreit. Das gilt unabhängig davon, ob der Rechner als Betriebsstätte i.S. des DBA-Schweiz angesehen werden kann oder nicht.

DBA-Schweiz Art. 24 Abs. 1 Nrn. 1 und 2.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG (EFG 2001, 1535)

Sachverhalt

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob Einkünfte der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-Schweiz) von der deutschen Körperschaftsteuer ausgenommen sind.

Die Klägerin, eine inländische GmbH, war in den Streitjahren (1993 und 1994) als Agentur für Telekommunikation tätig. Sie war u.a. Eigentümerin eines Rechners, der in angemieteten Räumen in der Schweiz installiert war und dazu diente, Informations- und Unterhaltungsprogramme an einen Schweizer Kundenkreis weiterzuleiten. Diese von Drittunternehmen bereitgestellten Programme wurden mittels einer Standleitung in den Schweizer Rechner eingespeist, die der X-KG - einer Schwestergesellschaft der Klägerin - gehörte. Der Betrieb des Rechners erforderte keine Anwesenheit von Personal der Klägerin an dem Schweizer Standort.

In technischer Hinsicht wurde für die Übermittlung der Informationen das damals geläufige Übertragungssystem BTX verwendet. Die X-KG betreute die BTX-Anwendungen und war verantwortlich für die BTX-Präsentationen, die von dem Schweizer Rechner abrufbar waren. Die Gebühren, die für die BTX-Seitenanrufe anfielen, schrieb die schweizerische Telefongesellschaft unter Einbehalt von Inkassogebühren der Klägerin gut. Die Klägerin überwies ihrerseits die erhaltenen Gebühren nach Abzug eines Entgelts für die Bereitstellung des Rechners an die X-KG.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) veranlagte die Klägerin für die Streitjahre (1993 und 1994) zur Körperschaftsteuer und erfasste dabei auch diejenigen Einkünfte, die auf den Betrieb des Schweizer Rechners entfielen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1535 abgedruckt.

Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung von Art. 5 DBA-Schweiz. Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG. Das FA hat zu Recht angenommen, dass die vermittels des Schweizer Rechners erzielten Einkünfte der Klägerin nicht nach dem DBA-Schweiz von der deutschen Körperschaftsteuer freizustellen sind. Jedoch lassen die Feststellungen des FG keine abschließende Beurteilung der Frage zu, ob und ggf. inwieweit die Klägerin eine Anrechnung in der Schweiz erhobener Steuern verlangen kann.

1. Die Klägerin hatte sowohl ihren Sitz als auch ihre Geschäftsleitung in Deutschland und war deshalb gemäß § 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) unbeschränkt steuerpflichtig. Das hat zur Folge, dass sie mit ihrem Welteinkommen und also auch mit den in der Schweiz erzielten Einkünften der deutschen Körperschaftsteuer unterlag. Darüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

2. Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Schweiz werden bei einer Person, die in Deutschland ansässig ist, bestimmte aus der Schweiz stammende Einkünfte von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen. Zu diesen Einkünften zählen u.a. Gewinne i.S. des Art. 7 Abs. 1 DBA-Schweiz aus eigener Tätigkeit einer Betriebsstätte, soweit diese Gewinne durch bestimmte - in Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz aufgezählte - Tätigkeitsformen erzielt werden. Einkünfte aus einer Schweizer Betriebsstätte, die nicht einer dieser "aktiven" Tätigkeiten dient, sind nicht gemäß Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Schweiz begünstigt (vgl. hierzu Senatsurteil vom 14. Juli 1993 I R 71/92, BFHE 172, 422, BStBl II 1994, 91); bei ihnen kommt lediglich eine Anrechnung der schweizerischen auf die deutsche Steuer (Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz) in Betracht.

3. Im Streitfall muss nicht abschließend über die zwischen den Beteiligten streitige Frage befunden werden, ob der in der Schweiz installierte Rechner - ggf. in Verbindung mit dem ihn umgebenden Raum - eine Betriebsstätte der Klägerin i.S. des DBA-Schweiz darstellt. Denn auch wenn dies zu bejahen wäre, könnte die Klägerin die begehrte Steuerfreistellung nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Schweiz nicht erhalten, da die von ihr ausgeübte Tätigkeit nicht dem Katalog der abkommensrechtlich begünstigten Tätigkeiten unterfällt.

a) Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz beschränkt die Steuerfreistellung in der Schweiz erzielter Betriebsstätteneinkünfte auf Einkünfte aus der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Gegenständen, dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen, aus Bank- und Versicherungsgeschäften sowie aus dem Handel und der Erbringung von Dienstleistungen. Sie gilt aber nicht für die schlichte Überlassung von Wirtschaftsgütern im Rahmen eines Miet- oder Pachtvertrags. Diese ist vielmehr steuerrechtlich der Vermögensverwaltung zuzuordnen, die nicht "aktiv" i.S. des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz ist (ebenso Wingert/Strohner in Flick/ Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA-Schweiz, Art. 24 Anm. 97; Scherer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 24 Schweiz Rz. 85). Deshalb sind Einkünfte aus einer Schweizer Betriebsstätte, deren Tätigkeit sich auf den Bereich der Vermietung und Verpachtung beschränkt, nicht nach dieser Vorschrift von der deutschen Steuer befreit. Das gilt nicht nur für die Vermietung oder Verpachtung von Grundbesitz, sondern auch für die Überlassung beweglicher Wirtschaftsgüter, soweit einzelne Objekte langfristig überlassen werden.

b) Im Streitfall liegt eine solche Situation vor. Die Klägerin verbreitete in den Streitjahren nicht selbst Programme über den ihr gehörenden Schweizer Rechner, sondern überließ den Rechner ausschließlich der X-KG zur Nutzung. Das ergibt sich aus den Feststellungen des FG, die über den Rechner gesendeten Informationsprogramme seien von der X-KG betreut und verantwortlich betrieben worden und die Klägerin habe von der X-KG nur ein Entgelt für die Bereitstellung des Rechners erhalten. An diese Feststellungen, die die Klägerin nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffen hat, ist der Senat gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden. Legt man sie zu Grunde, so hat die Klägerin durch den in Rede stehenden Rechner keine aktive Tätigkeit, sondern nur Vermögensverwaltung betrieben. Das schließt die Steuerbefreiung nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz aus.

4. Die übrigen in Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Schweiz genannten Freistellungstatbestände sind im Streitfall ersichtlich nicht einschlägig. Eine etwa eingetretene Doppelbesteuerung kann deshalb nur im Wege der Anrechnung schweizerischer Steuer (Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz) vermieden werden. Die hierzu erforderlichen Feststellungen hat das FG - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht getroffen. Das ist nunmehr nachzuholen. Zu diesem Zweck muss das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen werden (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

Im zweiten Rechtsgang wird das FG nicht nur feststellen müssen, ob und ggf. in welcher Höhe die in den Streitjahren erzielten Einkünfte der Klägerin mit schweizerischer Ertragsteuer belegt worden sind. Es wird auch prüfen, inwieweit eine in der Schweiz erhobene Steuer auf "aus der Schweiz stammende" Einkünfte i.S. des Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz entfällt. Hierzu weist der Senat - ohne Bindungswirkung für das FG - darauf hin, dass möglicherweise nur die Einkünfte "aus der Schweiz stammen", die speziell der Funktion des Schweizer Rechners zuzuordnen sind. An die Auffassung der Beteiligten, die im ersten Rechtsgang sämtliche in der Schweiz vereinnahmten Entgelte dem dortigen Rechner zugeordnet haben, ist das FG nicht gebunden.