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  BFH-Urteil vom 28.6.2001 (IV R 41/00) BStBl. 2002 II S. 724

Prämien für eine Rückdeckungsversicherung, die der Absicherung der dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer Personengesellschaft erteilten Pensionszusage dient, stellen Entnahmen dar, die allen Gesellschaftern nach Maßgabe ihrer Beteiligung zuzurechnen sind.

EStG § 4 Abs. 4, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Münster (EFG 2000, 931)

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Kommanditist an der Beigeladenen zu 5, einer GmbH & Co. KG (KG) beteiligt. Weitere Kommanditisten sind seine Geschwister und sein Vater. Die Komplementär-GmbH ist am Gewinn der KG nicht beteiligt.

Die Komplementär-GmbH hatte mit dem Kommanditisten H, dem Beigeladenen zu 3, einen Geschäftsführervertrag geschlossen. Nach diesem Vertrag erhält H seine Bezüge unmittelbar von der KG, für die er in der Hauptsache tätig ist. In diesem Geschäftsführervertrag ist auch geregelt, dass H nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst eine Pension erhalten soll, die sich nach seinem Tod auch auf seine überlebende Ehefrau erstreckt.

Im Jahre 1992 trug H der Gesellschafterversammlung den Wunsch vor, die im Anstellungsvertrag zugesagte Altersversorgung durch eine Rückdeckungsversicherung abzusichern. Die übrigen Gesellschafter nahmen diesen Wunsch grundsätzlich zustimmend zur Kenntnis. In der Folgezeit schloss H für die KG den Versicherungsvertrag ab. Die KG verpfändete die Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung mit Zustimmung aller übrigen Gesellschafter an H und seine Ehefrau.

In ihren Bilanzen hatte die KG die dem Gesellschafter H erteilte Pensionszusage nicht passiviert, weil es sich um eine Zusage aus der Zeit vor dem 1. Januar 1987 handelte, für die nach Art. 28 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch (EGHGB) eine Passivierungspflicht nicht bestand. Korrespondierend hiermit wies die KG für den Rückkaufswert der Rückdeckungsversicherung keinen Aktivposten aus. Im Rahmen ihrer handelsrechtlichen Gewinnermittlung für die Streitjahre (1994 und 1995) behandelte die KG die Beiträge zur Rückdeckungsversicherung in Höhe von 26.892 DM und 52.908 DM als Betriebsausgaben. In der steuerlichen Gewinnermittlung rechnete die KG diese Beträge nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) allen Kommanditisten nach Maßgabe ihrer Beteiligungsverhältnisse als Gewinnanteile zu. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte dem bei den einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungen für die Streitjahre.

Gegen diese Bescheide erhob der Kläger nach erfolglosem Einspruch Klage. Er machte geltend, dass die Beiträge zur Rückdeckungsversicherung allein dem begünstigten Gesellschafter H zugerechnet werden dürften. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab; sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 931 abgedruckt.

Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt wird.

Der Kläger beantragt, das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und die angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide 1994 und 1995 dahin gehend zu ändern, dass die aus der Hinzurechnung der Beiträge zur Rückdeckungsversicherung entstandene Gewinnerhöhung allein dem Beigeladenen zu 3 zugerechnet wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Beteiligten (Beigeladenen) zu 3. und 5. beantragen ebenfalls, die Revision zurückzuweisen. Sie haben dies - im Gegensatz zum FA - ausführlich begründet.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Korrekturbeträge, mit denen die KG und das FA die Behandlung der Prämien für die Rückdeckungsversicherung als Betriebsausgaben rückgängig gemacht haben, dem Gesamtgewinn der KG und nicht den Sonderbetriebseinnahmen oder Entnahmen des Gesellschafter-Geschäftsführers H zuzurechnen sind.

1. Gewährt ein Unternehmen einem Arbeitnehmer, der nicht Mitunternehmer ist, eine Pensionszusage, so sind entweder die Zuführungen zur Pensionsrückstellung (§ 249 des Handelsgesetzbuchs - HGB -) oder, wenn eine solche Rückstellung entsprechend dem für "Altzusagen" geltenden Wahlrecht (R 41 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR -) nicht gebildet worden ist, die Pensionszahlungen bei dem Unternehmen Betriebsausgaben.

Hat das Unternehmen eine derartige Pensionszusage durch Abschluss eines Versicherungsvertrages rückgedeckt, so ist der Versicherungsanspruch (Rückdeckungsanspruch) in der Steuerbilanz zu bilanzieren. Die Prämien für die Rückdeckungsversicherung stellen Betriebsausgaben dar (Reuter, GmbH-Rundschau - GmbHR - 1997, 1125). Der Rückdeckungsanspruch ist regelmäßig mit dem geschäftsplanmäßigen Deckungskapital der Versicherungsgesellschaft zuzüglich eines etwa vorhandenen Guthabens aus Beitragsrückerstattungen zu aktivieren (R 41 Abs. 26 EStR; Reuter, GmbHR 1997, 1126; vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. November 1961 I 191/59 S, BFHE 74, 266, BStBl III 1962, 101). Eine Saldierung des Rückdeckungsanspruchs mit der Pensionsrückstellung ist gemäß § 246 Abs. 2 HGB nicht zulässig. Eine tatsächliche wirtschaftliche Verflechtung der Versorgungsverpflichtung mit dem zu ihrer Deckung abgeschlossenen Versicherungsvertrag bestünde nur dann, wenn der Versicherungsvertrag als Vertrag zugunsten Dritter (Direktversicherung) abgeschlossen würde (BFH-Urteil vom 1. Februar 1966 I 90/63, BFHE 85, 108, BStBl III 1966, 251).

Daraus folgt zugleich, dass der Rückdeckungsanspruch auch dann zu aktivieren ist, wenn das Unternehmen keine Pensionsrückstellung gebildet hat (Reuter, GmbHR 1997, 1126).

2. Handelt es sich bei dem Geschäftsführer, dem die Pensionszusage erteilt worden ist, um einen Mitunternehmer, so dürfen die Zuführungen zur Pensionsrückstellung den Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft nicht mindern. Dieses Ergebnis wird dadurch erreicht, dass der Passivposten in der Steuerbilanz durch einen gleich hohen Aktivposten ausgeglichen wird. Im steuerlichen Schrifttum ist umstritten, ob der Aktivposten in der Sonderbilanz des begünstigten Gesellschafter-Geschäftsführers oder in den Sonderbilanzen aller Mitunternehmer zu bilden ist (vgl. Nachweise bei Schmidt, Einkommensteuergesetz, 20. Aufl., § 15 Rdnr. 586, 587).

Diese Frage ist indessen im Streitfall ohne Bedeutung. Wie vorstehend unter 1. dargelegt, stellt sich die Frage, ob und ggf. wie die Behandlung als Betriebsausgaben durch korrespondierende Zurechnungen bei den Sonderbetriebseinnahmen auszugleichen ist, nur bei den Zuführungen zur Pensionsrückstellung oder - wenn eine Pensionsrückstellung nicht gebildet wurde - bei den Pensionszahlungen. Bei den Prämien für die Rückdeckungsversicherung, die eine reine Finanzierungsmaßnahme darstellt, stellt sich diese Frage nicht. Hier bleiben die Beitragszahlungen, selbst wenn die Pensionszusage einem fremden Arbeitnehmer gewährt wird, im Ergebnis gewinnneutral. Zwar können sie als Betriebsausgaben abgezogen werden, der Abzug wird aber teils durch die Aktivierung des Rückdeckungsanspruchs, teils durch die gewinnerhöhende Behandlung der späteren Versicherungsleistung korrigiert.

3. Die Klage könnte lediglich unter zwei anderen Erwägungen - zumindest teilweise - Erfolg haben. Beide Gesichtspunkte greifen jedoch nicht durch.

a) Zum einen wäre der Klage stattzugeben, wenn es sich bei der Rückdeckungsversicherung um eine verdeckte Direktversicherung handeln würde. Das ist jedoch nicht der Fall. Eine Rückdeckungsversicherung liegt nach dem BFH-Urteil vom 12. Juli 1957 VI 3/56 U (BFHE 65, 147, BStBl III 1957, 289) dann vor, wenn

(1) dem Arbeitnehmer ausreichend bestimmt eine Versorgung aus den Mitteln des Arbeitgebers zugesagt ist,

(2) zur Gewährleistung der Mittel für die Ausführung dieser Versorgung eine Sicherung geschaffen ist,

(3) die Sicherung nicht zusätzlich den Belangen des Arbeitnehmers dient, sondern allein oder überwiegend den Belangen des Arbeitgebers zu dienen bestimmt ist.

Das ist gewährleistet, wenn der Arbeitgeber Versicherungsnehmer, alleiniger Prämienzahler und Bezugsberechtigter auf die Versicherungsleistungen ist (Ellrott/Rhiel in Beck'scher Bilanzkommentar, § 249 HGB Rdnr. 247).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und somit für den Senat nach § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bindenden Feststellungen des FG erfüllt. Etwas anderes folgt insbesondere nicht daraus, dass das Anstellungsverhältnis des Gesellschafters H zur Komplementär-GmbH besteht. Da die GmbH Gesellschafterin der KG ist, wird das Anstellungsverhältnis als ein solches zwischen den Gesellschaftern der KG angesehen (Senatsurteil vom 22. Januar 1970 IV R 47/68, BFHE 98, 479, BStBl II 1970, 415; Reuter, GmbHR 1997, 1128, m.w.N.).

Auch die Verpfändung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung an H und seine Ehefrau macht die Rückdeckungsversicherung nicht zu einer Direktversicherung. Aufgrund der Verpfändung erwarben H und seine Ehefrau lediglich Sicherungsrechte für den Fall, dass die KG mit der Zahlung der Pension in Verzug geraten könnte. Nach dem im Normalfall zu erwartenden Geschehensablauf wird die KG die Pension jedoch aus der ihr zufließenden Versicherungsleistung zahlen können. Wirtschaftlich ist die Verpfändung einer aufschiebend bedingten Abtretung an den pensionsberechtigten Arbeitnehmer vergleichbar, die dann wirksam werden soll, wenn der Pensionsanspruch gefährdet ist. Auch in diesem Fall wird die Rückdeckungsversicherung erst dann zur Direktversicherung, wenn die aufschiebende Bedingung wirksam wird (vgl. auch R 41 Abs. 26 Satz 4 EStR; Reuter, GmbHR 1997, 1125).

b) Der Klage wäre (wegen des Aktivierungsgebots für den Rückdeckungsanspruch nur zum Teil) stattzugeben, wenn die Versicherungsprämien als Betriebsausgaben abgezogen werden könnten. Auch das ist jedoch nicht der Fall.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können Prämien für Versicherungen, die ein privates Risiko eines Gesellschafters abdecken, nicht als Betriebsausgaben der Personengesellschaft abgezogen werden (vgl. z.B. Senatsurteile vom 11. Mai 1989 IV R 56/87, BFHE 157, 152, BStBl II 1989, 657, und vom 6. Februar 1992 IV R 30/91, BFHE 167, 366, BStBl II 1992, 653, sowie Senatsbeschluss vom 8. September 1993 IV B 11/93, BFH/NV 1994, 539). Der Versicherungsanspruch gehört in diesem Fall nicht zum Betriebsvermögen der Gesellschaft. Allerdings bleibt er, wenn er der Gesellschaft und nicht dem begünstigten Gesellschafter zusteht, weiterhin Gesamthandsvermögen. Die Prämienzahlungen stellen Entnahmen dar, die Versicherungsprämie wird bei Fälligkeit steuerfrei vereinnahmt. Diese Grundsätze gelten auch für Rückdeckungsversicherungen (vgl. Reuter, GmbHR 1997, 1127; Schmidt, a.a.O., § 15 Rdnr. 588). Da der Rückdeckungsanspruch zum (Privat-)Vermögen der Gesellschaft gehört, werden die durch die Prämienzahlungen verkörperten Entnahmen aber nicht einem Gesellschafter, sondern - entsprechend der gesamthänderischen Bindung des Rückdeckungsanspruchs - allen Gesellschaftern zugerechnet.