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BFH-Beschluss vom 15.9.2010 (I B 27/10) BStBl. 2010 II S. 935
Änderung und Richtigstellung des Senatsbeschlusses vom 28. Juli 2010 I B
27/10; BFH als zuständiges Gericht der Hauptsache für Änderung von
AdV-Beschlüssen von Amts wegen
1.
Änderung und Richtigstellung des Senatsbeschlusses vom 28. Juli 2010 I B
27/10 (DStR 2010, 1777).
2.
Der BFH kann als Beschwerdegericht zuständiges Gericht der Hauptsache für
die amtswegige Änderung oder Aufhebung eines AdV-Beschlusses nach Maßgabe
von § 69 Abs. 6 Satz 1 FGO sein (Abgrenzung vom Senatsbeschluss vom 25. März
1993 I S 5/93, BFHE 171, 197, BStBl II 1993, 515).
FGO § 69 Abs. 3, Abs. 6 Satz 1; KStG 2002 §
14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2.
Vorinstanz: Sächsisches FG vom 30. November
2009 6 V 1426/09
Sachverhalt
I.
1
Der Senat hat durch
Beschluss vom 28. Juli 2010 I B 27/10 (Deutsches Steuerrecht - DStR - 2010,
1777, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt) über die Beschwerde der
Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) gegen den
vorangegangenen ablehnenden Beschluss des Sächsischen Finanzgerichts (FG)
vom 30. November 20096 V 1426/09 entschieden. In der Sache ging es um die
Aussetzung der Vollziehung (AdV) eines Bescheids über die Festsetzung von
Steuervorauszahlungen. Die Beschwerde hatte Erfolg in Bezug auf die
Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer für die Wirtschaftsjahre ab
2010/2011, sie blieb im Ergebnis jedoch erfolglos hinsichtlich der
Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer für das Wirtschaftsjahr 2009/2010.
Entscheidungsgründe
II.
2
Letzteres - die Erfolglosigkeit der
Beschwerde hinsichtlich der Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer für das
Wirtschaftsjahr 2009/2010 - ist nach Lage der Dinge ohne hinreichende
Rechtsgrundlage geschehen. Der Senat ändert seinen Beschluss vom 28. Juli
2010 deswegen gemäß § 69 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) und gibt der Beschwerde nunmehr in vollem Umfang
statt.
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1. Der Senat hat in dem Bezugsbeschluss
unter II.3.b dd der Entscheidungsgründe ausgeführt:
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"Die mit der 'Klarstellungsvereinbarung'
vom 25. August 2009 vorgenommene und im Januar 2010 im Handelsregister
eingetragene Änderung des § 3 BGV [Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag] vermag im Hinblick auf das Wirtschaftsjahr
2009/2010 nichts am Fehlen der Voraussetzungen des § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG
2002 zu ändern. Die in § 17 Satz 1 KStG 2002 für den GmbH-Konzern
angeordnete entsprechende Anwendung von § 14 KStG 2002 betrifft auch die
Voraussetzungen zu Beginn und Ende der Wirksamkeit des
Ergebnisabführungsvertrages. Der Vertrag muss also gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1
Nr. 3 Satz 1 KStG 2002 auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen sein und
während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden. Diese zeitlichen
Erfordernisse erstrecken sich gleichermaßen auf die Einbeziehung der
Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG gemäß § 17
Satz 2 Nr. 2 KStG 2002 (vgl. Senatsurteile vom 22. Februar 2006 I R 74/05,
BFH/NV 2006, 1513 und I R 73/05, GmbHR 2006, 890 sowie in DStR 2010, 858)."
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Unter II.4.b der Entscheidungsgründe heißt
es sodann im Hinblick auf die durch die "Klarstellungsvereinbarung" vom 25.
August 2009 und die "Änderungsvereinbarung" vom 2. Dezember 2009
vorgenommenen Änderungen des ursprünglichen Ergebnisabführungsvertrages und
deren Eintragung in das Handelsregister am 28. Januar 2010:
6
"Das erste Wirtschaftsjahr der
Antragstellerin, in dem die durch die Eintragung im Handelsregister wirksam
gewordene geänderte Regelung des § 3 BGV n.F. von Anfang an gilt, ist das am
1. Juli 2010 beginnende Wirtschaftsjahr 2010/2011. Da nach der ebenfalls
geänderten Bestimmung des § 5 BGV n.F. der Vertrag erstmals zum 30. Juni
2015 gekündigt werden kann, ist er ab diesem Zeitpunkt mindestens noch auf
fünf Jahre abgeschlossen und kann in diesem Zeitraum tatsächlich
durchgeführt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG 2002).
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Mithin ist nach summarischer Prüfung ab dem
1. Juli 2010 vom Bestehen einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft
zwischen der Antragstellerin und der D-AG auszugehen. Das hat gemäß § 17
Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 KStG 2002 zur Folge, dass ab diesem Zeitpunkt die
Gewinne der Antragstellerin körperschaftsteuerrechtlich nicht mehr dieser,
sondern der D-AG zuzurechnen sind..."
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2. Diese zeitliche Differenzierung
entspricht nicht der einschlägigen Regelungslage in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
und Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002). Denn danach muss der
Gewinnabführungsvertrag zwar auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und
während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden (§ 14 Abs. 1 Satz
1 Nr. 3 Satz 1 KStG 2002). Eine vorzeitige Beendigung des Vertrages durch
Kündigung ist (nur) unschädlich, wenn ein wichtiger Grund die Kündigung
rechtfertigt (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG 2002). Ein solcher
Aufhebungsgrund war im Streitfall indessen gegeben. Denn der ursprüngliche
Gewinnabführungsvertrag entsprach - unbeschadet seiner
gesellschaftsrechtlichen Wirksamkeit und wie im Senatsbeschluss in DStR
2010, 1777 im Einzelnen ausgeführt - nicht den spezifischen
steuerrechtlichen Anforderungen des § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG 2002.
Dessentwegen änderten die Antragstellerin und die D-AG den Vertrag am 2.
Dezember 2009 und passten ihn an die steuerrechtlichen Anforderungen an. Die
Änderungsvereinbarung wurde am 28. Januar
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3. Der Senat ist befugt, seinen Beschluss
zu ändern. Diese Befugnis ergibt sich aus § 69 Abs. 6 Satz 1 FGO. Zwar räumt
diese Vorschrift eine solche Änderungsbefugnis nur dem "Gericht der
Hauptsache" ein, und hat der Senat - für die insoweit gleichlautende
Vorläuferregelung des § 69 Abs. 3 Satz 5 FGO a.F. - entschieden, Gericht der
Hauptsache in diesem Sinne sei nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens nicht
mehr der Bundesfinanzhof (BFH), sondern das Finanzgericht (Senatsbeschluss
vom 25. März 1993 I S 5/93, BFHE 171, 197, BStBl II 1993, 515 - vorangehend
Senatsbeschluss vom 22. Januar 1992 I B 77/91, BFHE 166, 350, BStBl II 1992,
618 -; vgl. ebenso BFH-Beschluss vom 16. Dezember 1994 VIII S 4/94, BFH/NV
1995, 800). Doch lagen diesen Entscheidungen und dem Streitfall
unterschiedliche Ausgangssituationen zugrunde: Dort war über entsprechende
Änderungs- und Aufhebungsanträge des Steuerpflichtigen nach ablehnender
Entscheidung durch den BFH zu befinden, hier aber geht es um die
Richtigstellung eines Beschlusses über den AdV-Antrag durch das
entscheidende Gericht von Amts wegen. Diese Unterscheidung wird -
zwischenzeitlich und abweichend von der früheren Regelungslage (vgl. dazu
Gosch in Beermann/Gosch, § 69 FGO Rz
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So gesehen ist im Falle eines
AdV-Beschlusses im Beschwerdeverfahren Gericht der Hauptsache i.S. des § 69
Abs. 6 Satz 1 FGO aber der BFH und nicht das FG; die konstitutive
Beschlusszuständigkeit des BFH wirkt fort. Das gilt jedenfalls dann, wenn
sich die Hauptsache - wie vorliegend - noch im behördlichen
Einspruchsverfahren befindet und das FG insoweit noch nicht mit dieser
"Hauptsache" befasst ist.
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4. Konsequenz der vom Senat vollzogenen
Änderung des Ausgangsbeschlusses ist die vollumfängliche Aussetzung bzw.
Aufhebung der Vollziehung des angefochtenen Vorauszahlungsbescheids.
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