| | Home | | | Index | | | EStG | | | Neuzugang | | | Impressum |
|
BFH-Urteil vom 21.3.2007 (V R 28/04) BStBl. 2010 II S. 999
Erbringt eine berufsbildende Einrichtung i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG
1991/1993 zusätzlich zu den unmittelbar der Ausbildung dienenden Leistungen
ausbildungsbegleitende sozialpädagogische Leistungen, die nicht selbst die
Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1991/1993 erfüllen, sind diese
unter den Voraussetzungen des Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie
77/388/EWG nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG
steuerbefreit.
UStG 1991/1993 § 4 Nr. 21 Buchst. b;
Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und Abs. 2.
Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom
18. April 2002 5 K 189/97 (EFG 2002, 1265)
Sachverhalt
I.
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, führt Fortbildungs- und
Umschulungsmaßnahmen im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit (BA) und für
den Arbeitsförderungsdienst der Bundeswehr durch. Sie veranstaltete in den
Streitjahren 1990 bis 1994 - in der Regel einjährige - Kurse in den
Fachbereichen Gastronomie, Floristik, Textil und EDV / Schreibtechnik.
Teilnehmer waren überwiegend Langzeitarbeitslose, Spätaussiedler und
Asylanten. Für Aussiedler und Asylanten veranstaltete sie außerdem
Deutschkurse. Das Entgelt für die Durchführung der Bildungsmaßnahmen
gewährte die BA nach dem in den Streitjahren geltenden
Arbeitsförderungsgesetz - AFG - (seit dem 1. Januar 1998 Drittes Buch
Sozialgesetzbuch - SGB III -); die Höhe richtete sich nach der
Teilnehmerzahl; Kosten für Lehr- und Lernmittel ersetzte die BA bis zu einem
monatlichen Pauschbetrag in Höhe von 30 DM. Prüfungsgebühren und Kosten für
Arbeitskleidung je Teilnehmer "auf Nachweis und Empfangsbestätigung".
Außerdem gewährte die BA auf
besonderen Antrag für die sozialpädagogische Betreuung der Teilnehmer eines
Lehrgangs monatlich 4.950 DM. Im Rahmen dieser sozialpädagogischen Betreuung
kümmerten sich die Mitarbeiter der Klägerin um Fahrgelegenheiten für die
Lehrgangsteilnehmer zu den Unterrichtsstätten. Sie sorgten für die Betreuung
der Kinder, indem sie Kindergarten- und Hortplätze besorgten. Für
Teilnehmer, die Drogenprobleme hatten, vermittelten sie Kontakte zu
Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen. Verschuldeten Teilnehmern
versuchte sie, durch Gespräche mit Banken oder Schuldenberatungsstellen zu
helfen. Mit anderen Teilnehmern an den Fortbildungsmaßnahmen übte die
Klägerin Rechnen, Lesen und Schreiben.
Die Klägerin besitzt in
Übereinstimmung mit dem Erlass des Niedersächsischen Finanzministeriums vom
19. Mai 1994 (Niedersächsisches Ministerialblatt - ND MinBl - 1994, 941) in
Verbindung mit der Bestätigung der BA eine Bescheinigung, wonach sie eine
Einrichtung i.S. von § 4 Nr. 21 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes 1991/1993
(UStG) ist, die auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des
öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Aufgrund
dieser Bescheinigung betrachtete sie sämtliche Zahlungen der BA als Entgelte
für steuerbefreite Umsätze.
Im Anschluss an eine
Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -
FA-) die Auffassung, zwar seien die Lehrgangsgebühren und ein Teil der
Entgelte für Lehr- und Lernmaterial und Arbeitskleidung steuerfrei. Nicht
steuerfrei seien aber die Entgelte für die sozialpädagogische Betreuung, für
Lehr- und Lernmaterial sowie für Arbeitskleidung, soweit es sich dabei nicht
um selbsterstellte Gegenstände handele. Diese Leistungen unterlägen der
Regelbesteuerung.
Einspruch und Klage, mit der
die Klägerin die Steuerbefreiung für die sozialpädagogischen Leistungen
geltend machte, hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG)
führte in dem in "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 2002, 1265
veröffentlichten Urteil im Wesentlichen aus, die Klägerin sei zwar eine
Einrichtung i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG; denn nach dem Erlass des
Niedersächsischen Finanzministeriums in ND MinBl 1994, 941 genüge hierfür
die Bescheinigung der BA gemäß § 34 AFG, welche die Klägerin besitze. Diese
Bescheinigung binde jedoch nur hinsichtlich der Qualifikation der Klägerin,
nicht hinsichtlich der Beurteilung der Umsätze.
Die streitigen
sozialpädagogischen Betreuungsleistungen der Klägerin erfüllten nicht die
Voraussetzungen der Steuerbefreiung i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG; denn
mit Ausnahme der Lese-, Schreib- und Rechenübungen seien dies keine
unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen gemäß § 4
Nr. 21 Buchst. b UStG; hierunter fielen nur Leistungen, die ihrer Art nach
den Zielen der Berufsaus- und Fortbildung dienen. Hilfen für die private
Lebensführung, die der Berufsaus- oder Fortbildung nützen, zählten, auch
wenn sie im Einzelfall wichtig für den Erfolg seien, nicht dazu.
Die sozialpädagogische
Betreuung sei auch keine unselbständige Nebenleistung zur Schul- und
Ausbildungsleistung, die umsatzsteuerlich wie die Hauptleistung behandelt
werden müsste.
Aus dem Gemeinschaftsrecht
ergebe sich nichts anderes, zumal die Befreiungsvorschriften eng auszulegen
seien.
Lediglich die Schreib-,
Rechen- und Leseübungen dienten unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck.
Die Steuerfreiheit dieser Leistungen könne jedoch deshalb nicht
berücksichtigt werden, weil die Klägerin deren Umfang nicht - wie
erforderlich - habe konkretisieren können; Anhaltspunkte hierfür ergäben
sich auch nicht aus den Akten.
Hiergegen richtet sich die
Revision der Klägerin.
Sie trägt im Wesentlichen
vor, bei den streitigen Leistungen handele es sich um mit der Fortbildung
und der Umschulung "eng verbundene" Leistungen i.S. des Art. 13 Teil A
Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Außerdem rügt sie als
Verfahrensfehler Verletzung rechtlichen Gehörs durch das FG. Sie habe bis
zur mündlichen Verhandlung keine Veranlassung gehabt, den Umfang der
Entgelte aus den Leistungen in Form von Schreib-, Rechen- und Leseübungen
herauszurechnen. Auch habe sie sich mit dem Aufteilungsvorschlag des FG in
der mündlichen Verhandlung, für die das FG im Übrigen keine Kriterien
mitgeteilt habe, nicht auseinandersetzen können.
Die Klägerin beantragt, das
angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 1996
aufzuheben und die Umsatzsteuer für 1990 bis 1994 "ohne Berücksichtigung der
Umsätze aus der sozialpädagogischen Betreuung" festzusetzen.
Das FA beantragt die
Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet; sie führt zur
Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an
das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Entgegen der Auffassung des FG kann sich
die Klägerin unmittelbar auf die ihr günstigere Regelung in Art. 13 Teil A
Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG berufen. Die Feststellungen des
FG erlauben keine abschließende Entscheidung.
1. Der Senat muss nicht entscheiden, ob dem
FG der von der Klägerin gerügte Verfahrensfehler unterlaufen ist. Die
Klägerin hat ihre Revision auch auf Verletzung materiellen Rechts gestützt.
In einem solchen Fall muss der Bundesfinanzhof (BFH) das angefochtene Urteil
in vollem Umfang auf Verletzung revisiblen Rechts prüfen, ohne dabei an die
vorgebrachten Revisionsgründe gebunden zu sein (vgl. z.B. BFH-Urteil vom
15. Oktober 1997 I R 42/97, BFHE 184, 444, BStBl II 1999, 316). Da die
Revision aus anderen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung führt, kann
offenbleiben, ob die Klägerin auch infolge eines Verfahrensfehlers in ihren
Rechten verletzt ist.
2. Die Klägerin kann sich für die gegenüber
der BA sowie dem Arbeitsförderungsdienst der Bundeswehr erbrachten
sozialpädagogischen Leistungen unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1
Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG berufen, weil eine entsprechende
Steuerbefreiung im UStG fehlt.
a) Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21
Buchst. b UStG liegen - wie das FG zu Recht entschieden hat - nicht vor.
Nach § 4 Nr. 21 Buchst b UStG sind die
unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater
Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen
steuerfrei, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf
einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts
abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.
Berufsbildende Schulen oder Einrichtungen
sind Einrichtungen, die Leistungen erbringen, die ihrer Art nach den Zielen
der Berufsaus- oder der Berufsfortbildung dienen (BFH-Urteile vom
18. Dezember 2003 V R 62/02, BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252; vom 10. Juni
1999 V R 84/98, BFHE 188, 462, BStBl II 1999, 578). Sie müssen spezielle
Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln, die zur Ausübung bestimmter
beruflicher Tätigkeiten notwendig sind (vgl. BFH in BFHE 204, 355, BStBl II
2004, 252; Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Urteil vom 3. Dezember 1976
VII C 73.75, BStBl II 1977, 334). Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin;
dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar"
bezieht sich, wie der BFH im Urteil vom 3. Mai 1989 V R 83/84 (BFHE 157,
458, BStBl II 1989, 815) zu § 4 Nr. 21 UStG 1980 ausgeführt hat, nicht auf
den Inhalt der Leistungen, sondern beschreibt die Art und Weise, in der die
Leistungen bei der Erfüllung des Schulzweckes und Bildungszweckes der
Einrichtung eingesetzt werden müssen, d.h. es dienen solche Leistungen
unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck, die ihn nicht nur ermöglichen,
sondern ihn selbst bewirken. Unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck in
diesem Sinn dienen, wie das FG zu Recht entschieden hat, nur die im Rahmen
der sozialpädagogischen Betreuung gegenüber den Teilnehmern der
Fortbildungsmaßnahmen ergänzende Rechen-, Lese- und Schreibübungsleistungen,
die von der BA erstattet worden sind, nicht dagegen die übrigen Leistungen
der sozialpädagogischen Betreuung.
b) Andere der in § 4 UStG geregelten
Steuerbefreiungen für diese Leistungen kommen offensichtlich nicht in
Betracht.
c) Entgegen der Auffassung des FG kann sich
die Klägerin insoweit jedoch auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der
Richtlinie 77/388/EWG berufen.
Nach dieser Bestimmung befreien die
Mitgliedstaaten die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder
Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche
Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen
durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben
betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden
Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung.
aa) Das UStG hat diese
Richtlinienbestimmung - wie auch andere in Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG
aufgeführte Steuerbefreiungen - bisher lediglich dadurch "umgesetzt", dass
es die bereits bei Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG vorhandenen,
teilweise bereits im UStG 1951 enthaltenen Steuerbefreiungstatbestände im
Wesentlichen unverändert weitergeführt hat. Der Senat lässt im Streitfall
offen, inwieweit eine richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 21 Buchst. b
UStG möglich wäre; denn die Klägerin kann sich für die Umsatzsteuerfreiheit
der streitigen Leistungen auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie
77/388/EWG berufen (zur Berufbarkeit ausführlich Senatsurteile vom
18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143; vom 19. Mai
2005 V R 32/03, BFHE 210, 175, BStBl II 2005, 900).
bb) Durch die Befreiung der in Art. 13
Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG bezeichneten Leistungen
sowie der mit diesen eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von
Gegenständen soll gewährleistet werden, dass der Zugang zu den bezeichneten
Leistungen nicht durch höhere Kosten versperrt wird, die entstünden, wenn
diese Tätigkeiten oder die mit ihnen eng verbundenen Dienstleistungen und
Lieferungen von Gegenständen der Mehrwertsteuer unterworfen wären (vgl.
Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - vom
20. Juni 2002 Rs. C-287/00, Kommission/Deutschland, Slg. I-2002, 5811 Rz 47,
BFH/NV Beilage 2002, 135 Rz 47, Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 2002, 316
betreffend Hochschulunterricht; BFH-Urteil in BFHE 210, 175, BStBl II 2005,
900). Eng mit der Fortbildung und beruflichen Umschulung verbunden sind
deshalb ausbildungsbegleitende, individuelle Hilfen - wie Maßnahmen zum
Abbau von Sprach- und Bildungsdefiziten und zur sozialpädagogischen
Begleitung -, die im Einzelfall zur Erreichung des mit der Ausbildung und
Umschulung verfolgten Zieles erforderlich sind.
cc) Nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b
erster Spiegelstrich der Richtlinie 77/388/EWG sind allerdings
Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen von der in Abs. 1
Buchst. i vorgesehenen Steuerbefreiung ausgeschlossen, wenn sie zur Ausübung
der Tätigkeiten, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht
unerlässlich sind.
Ob dies der Fall ist, kann der Senat
mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen des FG nicht beurteilen.
Allerdings spricht für die Annahme, dass die streitigen sozialpädagogischen
Leistungen für den jeweiligen Ausbildungserfolg in diesem Sinn unerlässlich
waren, im Streitfall, dass es sich um Fortbildungs- und
Ausbildungsleistungen i.S. des § 34 Abs. 1 AFG handelt. Nach dieser
Vorschrift fördert die BA die Teilnahme an beruflichen Bildungsmaßnahmen
u.a. nur nach vorheriger Prüfung der Maßnahme sowie unter der Voraussetzung,
dass die Maßnahme eine erfolgreiche berufliche Bildung erwarten lässt und
nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant und
durchgeführt wird, wobei bei der individuellen Förderung auch die
persönlichen Verhältnisse der Antragsteller zu berücksichtigen sind (vgl.
§ 39 Nr. 1 AFG). Sind vom BA unter diesen Voraussetzungen nicht nur die
Kosten der unmittelbar der Aus- und Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahme
dienenden Leistungen der Klägerin erstattet worden, sondern unter
Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse der einzelnen Teilnehmer auch
Leistungen wie Stützunterricht zum Abbau von Sprach- und Bildungsdefiziten
sowie die sozialpädagogische Begleitung zur Sicherung des Aus-,
Fortbildungs- oder Umschulungszweckes, spricht dies dafür, dass diese
Leistungen für die steuerbefreiten Tätigkeiten unerlässlich sind. Bestätigt
wird dies durch § 241 des seit dem 1. Januar 1998 geltenden SGB III -
Arbeitsförderung -, wonach ausdrücklich u.a. auch Maßnahmen "zum Abbau von
Sprach – und Bildungsdefiziten", zur "Förderung der Fachpraxis und
Fachtheorie" und zur "sozialpädagogischen Begleitung" zu den
förderungsfähigen Maßnahmen der betrieblichen Ausbildung gehören. Die
insoweit erforderlichen tatsächlichen Feststellungen wird das FG allerdings
noch nachzuholen haben.
Anhaltspunkte dafür, dass die streitigen
Leistungen im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche
Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb
mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen
Unternehmen durchgeführt werden (Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter
Spiegelstrich der Richtlinie 77/388/EWG) sind anhand der Feststellungen des
FG nicht erkennbar.
dd) Die Klägerin erfüllt auch die
persönlichen Voraussetzungen des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der
Richtlinie 77/388/EWG.
Befreit sind nur Einrichtungen des
öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere
Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter
vergleichbarer Zielsetzung.
(1) Der Begriff "Einrichtung" ist
grundsätzlich weit genug, um auch private Einheiten mit
Gewinnerzielungsabsicht zu erfassen (EuGH-Urteil vom 26. Mai 2005
Rs. C-498/03, Kingscrest Associates Ltd und Montecello Ltd, BFH/NV Beilage
2005, 310 Rz 35; vgl. auch EuGH-Urteil vom 7. September 1999 Rs. C-216/97,
Gregg, Slg. 1999, I-4947 Rz 17). Hat der Gemeinschaftsgesetzgeber die
Inanspruchnahme der betreffenden Befreiungen nicht ausdrücklich vom Fehlen
eines Gewinnstrebens abhängig gemacht - wie z.B. in Art. 13 Teil A Abs. 1
Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG -, kann das Streben nach Gewinnerzielung
die Inanspruchnahme dieser Befreiungen nicht ausschließen (EuGH-Urteil in UR
2005, 486 Rz 40 und 43).
(2) Nach den Feststellungen des FG besitzt
die Klägerin eine Bescheinigung, wonach sie eine Einrichtung i.S. von § 4
Nr. 21 Buchst. b UStG ist, die auf einen Beruf oder eine vor einer
juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung
ordnungsgemäß vorbereitet. Das genügt. Im Übrigen hat der erkennende Senat
zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG bereits
entschieden, dass die Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung
mit sozialem Charakter auch aus der Übernahme der Kosten für seine
Leistungen durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen
Sicherheit abgeleitet werden kann. Maßgebend ist insoweit, dass es sich
ihrer Art nach um Leistungen handelt, für die die Kosten von den
Sozialversicherungsträgern übernehmbar waren (BFH-Urteile in 211, 543, BStBl
II 2006, 143; vom 22. April 2004 V R 1/98, BFHE 205, 514, BStBl II 2004,
Werden die in Art. 13 Teil A Abs. 1
Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG bezeichneten Leistungen von dem
betreffenden Sozialversicherungsträger erstattet, kann daraus auch die
Anerkennung des Mitgliedstaates abgeleitet werden.
(3) Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin
die Unterrichtsleistungen nicht in eigener Verantwortung erbracht hat (vgl.
Schlussanträge der Generalanwältin des EuGH vom 8. März
Wäre dies nicht der Fall, käme auch eine
Befreiung der streitigen Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der
Richtlinie 77/388/EWG in Betracht. Für die Inanspruchnahme der
Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie
77/388/EWG genügt es, dass zwei Voraussetzungen erfüllt sind, und zwar
- zum einen, dass es sich um Leistungen
handelt, die mit der Fürsorge oder der sozialen Sicherheit verbunden sind,
und
- zum anderen, dass diese Leistungen von
Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die von
dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit im Wesentlichen
sozialem Charakter anerkannt worden sind, erbracht werden (EuGH-Urteil in
BFH/NV Beilage 2005, 310 Rz 34; Senatsurteil in BFHE 211, 543, BStBl II
2006, 143; in BFHE 205, 514, BStBl II 2004, 849).
ee) Die in Art. 13 Teil A Abs. 2 der
Richtlinie 77/388/EWG vorgesehene Möglichkeit, die Gewährung der in Abs. 1
dieser Bestimmung vorgesehenen Befreiungen von der Erfüllung einer oder
mehrerer Bedingungen abhängig zu machen, steht der Steuerbefreiung nicht
entgegen. Diese Beschränkung der Befreiungsregel hat - wie der EuGH mehrfach
entschieden hat (Urteile vom 10. September 2002 Rs. C-141/00, Kügler, Slg
2002, I-6833, UR 2002, 513 Rz 60, und in BFH/NV Beilage 2005, 310 Rz 42) -
nur Eventualcharakter. Ein Mitgliedstaat, der es unterlassen hat, die
insoweit erforderlichen Maßnahmen zu treffen, kann sich nicht auf sein
eigenes Unterlassen berufen, um einem Steuerpflichtigen eine Steuerbefreiung
zu verwehren, die dieser nach der Richtlinie 77/388/EWG in Anspruch nehmen
kann.
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat keine tatsächlichen
Feststellungen zu den Leistungen für den Arbeitsförderungsdienst der
Bundeswehr und außerdem keine Feststellungen zu den von der Klägerin für die
Streitjahre erklärten Vorsteuerbeträgen getroffen. Der Rechtsstreit muss
deshalb nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO an das FG zurückverwiesen werden. |