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BFH-Urteil vom 8.8.1979 (II R 119/78) BStBl. 1980 II S. 11

Die Steuerbefreiung nach § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 greift auch dann ein, wenn zwei der drei Erben eines Einzelunternehmers das durch Erbauseinandersetzung erhaltene bewegliche Betriebsvermögen in eine GmbH gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten einbringen, während der dritte Erbe nicht in die GmbH eintritt, aber das ihm vorher durch die Erbauseinandersetzung zu Alleineigentum zugeteilte Betriebsgrundstück an die GmbH verpachtet.

UmwStG 1969 § 29 Satz 1 Nr. 2.

Sachverhalt

I.

Die Klägerin wurde 1971 als GmbH errichtet und in das Handelsregister eingetragen. Die beiden Gesellschafter A und B brachten das bewegliche Betriebsvermögen einer Gießerei ein. Diese hatte ihr Vater bis zu seinem Tode (August 1970) allein betrieben; anschließend hatten seine Erben - die Witwe und die beiden vorgenannten Gründer der GmbH - das Unternehmen ohne ausdrücklichen Abschluß eines Gesellschaftsvertrages fortgeführt. Durch einen im Dezember 1970 geschlossenen Vertrag hatten sie sich dahin auseinandergesetzt, daß die Witwe unter anderem das Betriebsgrundstück der Gießerei und die beiden Söhne A und B das übrige Betriebsvermögen erhalten sollten. Die Witwe verpachtete dann das Betriebsgrundstück an die GmbH.

Das beklagte Finanzamt (FA) setzte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) Gesellschaftsteuer fest. Steuerbefreiung gemäß § 29 Satz 1 Nr. 2 des Umwandlungs-Steuergesetzes 1969 (UmwStG 1969) verweigerte es mit der Begründung, auf die GmbH sei nicht ein Betrieb i. S. dieser Vorschrift übertragen worden; denn das Betriebsgrundstück habe man nicht in die GmbH eingebracht.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin Aufhebung des Urteils des Finanzgerichts (FG), der Einspruchsentscheidung und des Steuerbescheides.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision der Klägerin ist begründet.

Der erste Erwerb der Gesellschaftsrechte durch die Gesellschafter A und B an der GmbH unterliegt der Gesellschaftsteuer (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1959). Er ist jedoch gemäß § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 steuerfrei.

Entgegen der Ansicht des FG und des FA haben die Gesellschafter einen Betrieb i. S. des § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 auf die GmbH übertragen. Zwar fordert diese Vorschrift, daß der Kapitalgesellschaft der vollständige Betrieb mit seinen wesentlichen Grundlagen übertragen wird. Deshalb gehört zu einem solchen Betrieb auch ein Grundstück, das dem Betrieb dient und im Eigentum des bisherigen Betriebsinhabers steht (Urteil vom 6. Oktober 1975 II R 42/75, BFHE 117, 295, BStBl II 1976, 120). Im vorliegenden Fall gehörte jedoch das Grundstück nicht mehr zu dem Betrieb, als dieser im März 1971 in die GmbH eingebracht wurde; denn bereits vorher (im Dezember 1970) hatten sich die bisherigen Betriebsinhaber A und B sowie die Witwe des Verstorbenen dahin auseinandergesetzt, daß die Witwe als Mitinhaberin des Betriebes ausschied und als Miterbin u. a. mit dem Betriebsgrundstück abgefunden wurde.

Der Umstand, daß der Auseinandersetzungsvertrag vom Dezember 1970 und die Gründung der GmbH im März 1971 zeitlich nahe beieinanderliegen, ist entgegen der Ansicht des FG unerheblich. Zwar kann ein derartiger zeitlicher Zusammenhang von Bedeutung sein, besonders wenn er auf eine Verknüpfung mehrerer Verträge zu einer einheitlichen Vereinbarung hindeutet, die auch steuerrechtlich als Gesamtheit zu würdigen ist. Für den vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Beteiligten des Auseinandersetzungsvertrages vom Dezember 1970 durch Erbfall Inhaber des (nunmehr aufgeteilten) Vermögens geworden waren und die Beendigung dieser Zufallsgemeinschaft anstrebten. Der Auseinandersetzungsvertrag bildete daher nach seinem objektiven, vom Revisionsgericht voll überprüfbaren Inhalt keine untrennbare Einheit mit dem später abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag vom März 1971.

Die Voraussetzungen des § 29 Satz 2 UmwStG 1969 sind ebenfalls erfüllt. Nach dem vom FA nicht bestrittenen Vortrag der Kläger hat das Unternehmen, zu welchem der übertragene Betrieb gehörte, in der Hand des Erblassers schon am 1. Januar 1968 bestanden. Die Errichtung der GmbH ist vor dem 31. Dezember 1972 in das Handelsregister eingetragen worden.