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BFH-Urteil vom 4.12.1979 (VIII R 23/78) BStBl. 1980 II S. 199

§ 7b Abs. 6 Satz 1 EStG 1974 läßt die erhöhten AfA nur für ein einziges, nicht auswechselbares Objekt zu.

EStG 1974 § 7b Abs. 6.

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war Eigentümer einer im Jahre 1969 bezugsfertig gewordenen Eigentumswohnung, für die der Antrag auf Baugenehmigung nach dem 31. Dezember 1964 gestellt worden war. Für diese Wohnung beantragte und erhielt er für die Jahre 1969 bis 1971 die Vergünstigung des § 7 b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Im Jahre 1973 veräußerte der Kläger die Wohnung, nachdem er im Jahre 1972 ein von ihm errichtetes Einfamilienhaus bezogen hatte, für das der Antrag auf Baugenehmigung ebenfalls nach dem 31. Dezember 1964 gestellt worden war. Wie für die Vorjahre 1972 und 1973 nahm der Kläger auch für das Streitjahr 1974 für das Einfamilienhaus die Vergünstigung des § 7 b EStG 1974 in Anspruch, die ihm der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) unter Hinweis auf § 7 b Abs. 6 EStG 1974 verweigerte.

Die Sprungklage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) begründet seine Entscheidung wie folgt: § 7 b Abs. 6 Satz 1 EStG 1974 enthalte eine personenbezogene Objektbeschränkung. Komme dies auch im Wortlaut nicht mit ausreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, so lasse die Entstehungsgeschichte der Bestimmung doch erkennen, daß jedem Steuerpflichtigen die Vergünstigung nur noch für ein Objekt zustehen solle.

Hiergegen richtet sich die vom Senat wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zugelassene Revision mit der folgenden Begründung: Bei der Auslegung der mehrdeutigen Bestimmung des § 7 b Abs. 6 Satz 1 EStG 1974 sei in Betracht zu ziehen, daß die Einkommensteuer eine Abschnittsteuer sei. Das sei für die Auslegung des § 7 b EStG deshalb wesentlich, weil der Steuerpflichtige für jeden Besteuerungsabschnitt bestimmen könne, ob er die Vergünstigung in Anspruch nehmen will oder nicht. Deshalb komme der Vergünstigung keine über den einzelnen Besteuerungsabschnitt hinausreichende Bedeutung zu.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und das steuerpflichtige Einkommen um 6.975 DM und dementsprechend die Einkommensteuerschuld herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Das FA hat dem Kläger für das Streitjahr die Vergünstigung des § 7 b EStG unter Hinweis auf § 7 b Abs. 6 Satz 1 EStG 1974 zu Recht verweigert.

1. Nach § 7 b Abs. 6 Satz 1 EStG 1974 kann der Steuerpflichtige die erhöhten Absetzungen nach den Absätzen 1 bis 3 des § 7 b EStG nur für ein Einfamilienhaus oder für ein Zweifamilienhaus oder für eine Eigentumswohnung oder für den Ausbau oder die Erweiterung eines Ein- oder eines Zweifamilienhauses oder einer Eigentumswohnung in Anspruch nehmen. Die Vergünstigung wird damit auf ein einziges Objekt beschränkt. Daß es sich bei den Wörtern "ein", "eine" nicht um unbestimmte Geschlechtswörter, sondern um Zahlwörter handelt, ist eindeutig § 7 b Abs. 6 Satz 2 EStG 1974 zu entnehmen, der den Wörtern "ein", "eine" das Wort "zwei" entgegensetzt. Außerdem würde Abs. 6 andernfalls lediglich die Absätze 1 und 2 wiederholen, was der Gesetzestechnik widersprechen würde.

Hierüber besteht im übrigen auch kein Streit. Dieser geht darum, ob die Inanspruchnahme der Vergünstigung für mehr als ein Objekt lediglich im selben Veranlagungszeitraum nebeneinander oder auch in mehreren Veranlagungszeiträumen nacheinander unterbunden wird. Der Kläger leitet seine Ansicht, daß lediglich das Nebeneinander verhindert werden soll, daraus ab, daß es sich bei der Einkommensteuer um eine Abschnittsteuer handele und demzufolge die Einschränkung des § 7 b Abs. 6 Satz 1 EStG 1974 ebenfalls jeweils nur für den betreffenden Veranlagungszeitraum gelte, für den die erhöhten Absetzungen für Abnutzung (AfA) in Anspruch genommen werden. Hiernach wäre allerdings die Zulassung der Vergünstigung für nur ein Objekt auf den Ausschluß der Vergünstigung für mehr als ein Objekt im gleichen Veranlagungszeitraum, also auf das Verbot des Nebeneinander beschränkt. Nach § 2 Abs. 1 EStG 1974 bemißt sich allerdings die Einkommensteuer nach dem Einkommen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Damit wird aber dem Steuerpflichtigen nicht das Recht eingeräumt, das Objekt, für das er die Vergünstigung des § 7 b EStG in Anspruch nimmt, beliebig zu wechseln. Auf die AfA nach §§ 7 ff. EStG bezogen besagt § 2 Abs. 1 EStG lediglich, daß nur die auf das Kalenderjahr entfallende AfA berücksichtigt werden kann. Darüber, für welches Objekt die AfA in Anspruch genommen werden kann, sagt die Vorschrift nichts. Das Objekt wird vielmehr in den §§ 7 ff. EStG bestimmt. Die Objektbezogenheit des § 7 b EStG 1974 insbesondere ergibt sich aus der Regelung des § 7 b Abs. 1 Satz 3 EStG 1974, wonach die erhöhte AfA für das Objekt nur gewährt wird, soweit die Aufwendungen nicht 150.000 DM bzw. 200.000 DM übersteigen.

2. Hinzu kommt, daß auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift die vom Kläger für zutreffend erachtete Auslegung des § 7 b Abs. 6 Satz 1 EStG 1974 nicht rechtfertigt, sondern dafür spricht, daß der Steuerpflichtige die Vergünstigung insgesamt nur für ein Objekt erhalten soll.

a) Nachdem die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG zunächst für beliebig viele Objekte in Anspruch genommen werden konnten, sollte mit dem Gesetz zur Neuregelung der Absetzung für Abnutzung bei Gebäuden vom 16. Juni 1964 (BGBl I 1964, 353, BStBl I 1964, 384) erreicht werden, der Abschreibungsvergünstigung den Charakter einer Maßnahme zur Förderung der Eigentumsbildung in privater Hand zu geben und eine unangemessene Inanspruchnahme des Steuervorteils zu verhindern (vgl. Bundestags[BT]-Drucksache IV/2008 S. 8 Buchst. b, cc). Dazu war ursprünglich eine Regelung beabsichtigt, nach der erhöhte Absetzungen bis zu einem Höchstbetrag von 250.000 DM, bei Eheleuten von 500.000 DM, ohne Beschränkung auf ein bestimmtes Objekt hätten vorgenommen werden können (vgl. BT-Drucksache IV/1892). Bei einer derartigen Beschränkung hätte die Vergünstigung in der Regel nur durch mehrere Objekte ausgeschöpft werden können, hätten mithin auch mehrere Objekte als begünstigt angesehen werden müssen. Indes wurde in das Gesetz nicht diese, sondern eine andere Regelung übernommen, in welcher eine betragsmäßige Begrenzung mit niedrigeren Sätzen - 150.000 DM oder 200.000 DM - in § 7 b Abs. 1 Satz 3 mit der Beschränkung auf ein Objekt in § 7 b Abs. 6 Satz 1 EStG 1965 ff., bzw. Abs. 7 Satz 1 EStG 1975 verbunden wurden. Hieraus ist zu schließen, daß mit der Gesetzesänderung eine Beschränkung der Steuervergünstigung auf jeweils ein Objekt eines Steuerpflichtigen gewollt war.

b) Diese im Wortlaut der Vorschrift hinreichend zum Ausdruck gelangte Absicht des Gesetzgebers fügt sich ein in die Entwicklung, welche die Gesetzgebung über die Steuervergünstigung beim Wohnungsbau nach § 7 b EStG von ihren Anfängen an bis in die heutige Zeit genommen hat. Wie der Senat in seinem Urteil vom 8. November 1977 VIII R 110/76 (BFHE 123, 560, BStBl II 1978, 82) im einzelnen ausgeführt hat, war Zweck der Steuervergünstigung ursprünglich die uneingeschränkte Förderung des Wohnungsbaus, später nach der hier in Rede stehenden Gesetzesfassung eine Förderung sowohl der Schaffung von Wohnraum als auch der Bildung von Vermögen in privater Hand, und ist jetzt seit 1977 - soweit eine Förderung des Wohnungsbaus von der Vermögensbildung abzugrenzen ist - nur noch die Vermögensbildung oder die Erhaltung von gebildetem Vermögen. Diese unterschiedlichen Zielsetzungen des § 7 b EStG rechtfertigen es auch, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung unterschiedlich zu bestimmen. So reichte es im Hinblick auf den bereits erwähnten Zweck des Gesetzes in seinen Fassungen für 1965 und 1975 aus, die Steuervergünstigung nur noch für jeweils ein Objekt eines Steuerpflichtigen zu gewähren; denn damit waren die Möglichkeiten zur Schaffung von Wohnraum und zur Bildung von Vermögen eröffnet und die Gefahren einer unangemessenen Inanspruchnahme der Vergünstigung ausgeschaltet. Diese die enge Auslegung bestimmende Zielsetzung des Gesetzes wird deutlich bei einem Vergleich der im Streitjahr maßgebenden Gesetzesfassung mit der Neufassung des § 7 b EStG durch das Gesetz über steuerliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude vom 11. Juli 1977 (BGBl I 1977, 1213, BStBl I 1977, 360). Mit der Neufassung des Gesetzes, die neben vermögenspolitischen auch wohnungspolitische, städtebauliche und arbeitsmarktpolitische Zielsetzungen verfolgte (vgl. BT-Drucksachen 8/286 und 8/463), wurde neben der Beschränkung der Steuervergünstigung auf ein Objekt des Steuerpflichtigen die Möglichkeit geschaffen, ein nach einem Erstobjekt noch zur Verfügung stehendes Abschreibungsvolumen auf ein anderes, ein Folgeobjekt, zu übertragen und den gesamten Begünstigungszeitraum auszunutzen (§ 7 b Abs. 5 EStG 1977). Diese Neufassung des Gesetzes ist nicht als Klarstellung eines bereits bestehenden Rechtszustands anzusehen. Dazu bestand kein Anlaß, da nach herrschender Meinung die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung für ein einziges Objekt des Steuerpflichtigen zum Objektverbrauch führte und eine Rechtsunsicherheit insoweit nicht bestand. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, ging davon auch der Gesetzgeber aus (vgl. BT-Drucksachen 8/286 S. 14 und 8/463 S. 2).

Der Kläger irrt, wenn er meint, daß dieser Überlegung die Entscheidung des Senats vom 11. April 1978 VIII R 119/76 (BFHE 126, 13, BStBl II 1979, 17) entgegenstehe. Diese Entscheidung schließt nicht aus, eine neue Vorschrift zur Auslegung einer früheren Vorschrift heranzuziehen.