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BFH-Urteil vom 4.12.1979 (VIII R 96/76) BStBl. 1980 II S. 201

1. Im Anwendungsbereich des § 7 b EStG 1975 kann ein Steuerpflichtiger die erhöhten Absetzungen nur einmal für ein einziges Objekt in Anspruch nehmen (BFH-Urteil vom 4. Dezember 1979 VIII R 23/78).

2. Objekt in diesem Sinne ist auch der Anteil an einem Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus oder an einer Eigentumswohnung.

EStG 1975 § 7b Abs. 7.

Sachverhalt

Die Klägerinnen und Revisionsklägerinnen (Klägerinnen) - zwei Schwestern - waren je zur Hälfte Miteigentümerinnen einer 1971 hergestellten und eigengenutzten Eigentumswohnung. Auf die Herstellungskosten nahmen sie erhöhte Absetzungen nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) vor. Diese Eigentumswohnung verkauften sie am 15. Juli 1975. Im Jahr 1975 ließen beide Klägerinnen ein Einfamilienhaus errichten, das ihnen zur Hälfte gehört und zum 30. November 1975 gemeinschaftlich bezogen wurde.

In der Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1975 machten die Klägerinnen einen Verlust von 11.584 DM geltend, bei dessen Errechnung sie erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG sowohl für die Eigentumswohnung als auch für das Einfamilienhaus ansetzten. Demgegenüber ließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) nur die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG auf die Eigentumswohnung zu, ermittelte einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung von 4.308 DM und erließ einen entsprechenden Feststellungsbescheid für 1975.

Die Sprungklage, mit der die Klägerinnen Ansatz des erklärten Verlustes, hilfsweise nur unter Berücksichtigung der erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG für das Einfamilienhaus beantragten, blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus:

Die von den Klägerinnen begehrten erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG für das Einfamilienhaus könnten weder zusätzlich zu den erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG für die Eigentumswohnung noch allein unter Verzicht auf die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG für die veräußerte Wohnung gewährt werden. Nach § 7 b Abs. 7 EStG 1975 könne ein Steuerpflichtiger "erhöhte Absetzungen ... nur für ein" Objekt in Anspruch nehmen. Bei diesem Wortlaut könne der Steuerpflichtige jeweils für den gesamten Begünstigungszeitraum nur auf sein erstmals ausgewähltes Objekt abschreiben. Hierfür spreche nicht nur die Regelung in § 7 b Abs. 3 EStG 1975, sondern auch die Begründung des Gesetzes zur Neuregelung der Absetzung für Abnutzung bei Gebäuden vom 16. Juni 1964 - AfA-Neuregelungsgesetz 1964 - (BGBl I 1964, 353, BStBl I 1964, 384), nach der die gewünschte private Eigentumsbildung an Grund und Boden in einer Hand erreicht werden sollte. Die Übertragung nicht ausgenutzter erhöhter Absetzungen nach § 7 b EStG innerhalb eines Begünstigungszeitraums auf ein anderes Objekt könne zu der sicher nicht gewollten Möglichkeit einer Förderung von insgesamt bis zu acht, bei Eheleuten bis zu sechzehn Objekten führen. Hiernach entfalle für die Klägerinnen die Möglichkeit, unter Verzicht auf die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG für die Eigentumswohnung eine erhöhte Absetzung nach § 7 b EStG für das Einfamilienhaus in Anspruch zu nehmen. Soweit die Klage darauf gestützt werde, daß die Klägerinnen wegen ihres Miteigentums die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG noch nicht voll ausgenützt hätten, stehe dem die Regelung in § 15 Abs. 4 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) 1975 entgegen, die auch mit dem Einkommensteuergesetz in Einklang stehe.

Mit der Revision wird unrichtige Rechtsanwendung gerügt und vorgebracht, es könne offenbleiben, ob die erhöhte Absetzung nach § 7 b EStG jeweils für einen Begünstigungszeitraum nur für das erste ausgewählte Objekt vorgenommen werden könne, wenn das ganze Objekt gewechselt werde. Sei die erhöhte Absetzung nach § 7 b EStG nur für ein Teilobjekt - im vorliegenden Fall Anteil an einer Eigentumswohnung - in Anspruch genommen worden, dann dürfe sie für ein weiteres Teilobjekt nicht ausgeschlossen werden. Soweit sich aus § 15 Abs. 4 EStDV etwas anderes ergebe, habe diese Regelung keine Ermächtigungsgrundlage im Einkommensteuergesetz; durch sie werde § 7 b EStG in unzulässiger Weise eingeschränkt.

Die Klägerinnen beantragen, unter Aufhebung der Vorentscheidung einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung für 1975 von 11.584 DM festzustellen.

Das FA beantragt Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt aus anderen als den geltend gemachten Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Streitsache an das FG.

1. Der Vorentscheidung ist im Ergebnis darin beizutreten, daß im Anwendungsbereich des § 7 b EStG 1965 und 1975 der Steuerpflichtige die erhöhten Absetzungen nur einmal für ein Objekt in Anspruch nehmen kann und daß dies auch gilt, wenn der Steuerpflichtige an einem Objekt nur beteiligt ist.

Die Beschränkung der Begünstigung auf ein einziges, nicht auswechselbares Objekt bei Gebäuden, für die der Bauantrag nach dem 31. Dezember 1964 gestellt wurde, ergibt sich aus § 7 b Abs. 6 Satz 1 EStG 1965 und § 7 b Abs. 7 Satz 1 EStG 1975. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 4. Dezember 1979 VIII R 23/78 (BStBl II 1980, 199) entschieden und begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Entscheidung verwiesen.

2. Objekt in diesem Sinne ist auch der Anteil an einem Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus und einer Eigentumswohnung. Daß der Objektverbrauch nach § 7 b Abs. 6 Satz 1 EStG 1965 bzw. Abs. 7 Satz 1 EStG 1975 auch dann eintritt, wenn ein Steuerpflichtiger nur mit einem Anteil beteiligt ist, ergibt sich aus der erwähnten Vorschrift i. V. m. dem das Gesetz zutreffend auslegenden § 15 Abs. 4 Satz 1 EStDV (i. d. F. der Verordnung über die Änderung der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung vom 14. April 1966, BGBl I 1966, 209, BStBl I 1966, 243).

§ 15 Abs. 4 Satz 1 EStDV, der für die Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen bei Personenmehrheiten den Anteil des einzelnen Steuerpflichtigen am Gebäude dem Gebäude selbst gleichstellt, wird von der Rechtsprechung als mit dem Gesetz in Einklang stehend angesehen (vgl. z. B. Entscheidung des FG Hamburg vom 20. April 1976, Entscheidungen der Finanzgerichte 1976 S. 437 - EFG 1976, 437 -); die Finanzverwaltung verfährt danach (vgl. Abschn. 59 b Abs. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1975). Im Schrifttum wird dieser Auffassung zum Teil gefolgt (vgl. Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl., § 7 b EStG, Anm. 342, mit Nachweisen), andererseits auch die Meinung vertreten, der Objektverbrauch trete bei Anteilen erst ein, wenn diese insgesamt ein Ganzes ergeben (vgl. z. B. Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 12. Aufl., § 7 b EStG, Randnr. 67 a, mit Nachweisen).

Die in § 15 Abs. 4 Satz 1 EStDV enthaltene einschränkende Auslegung des Gesetzes rechtfertigt sich aus dem im Urteil des Senats vom 4. Dezember 1979 VIII R 23/78 dargelegten Zweck des Gesetzes in seinen Fassungen für 1965 und 1975. Die in der Förderung der Vermögensbildung einerseits und der Verhinderung unangemessenen Gebrauchs der Steuervergünstigung andererseits liegenden Zielsetzungen des Gesetzes erlauben es, bei dem Beteiligten einer Personenmehrheit den Objektverbrauch bereits dann eintreten zu lassen, wenn ein Anteil an einem begünstigten Objekt hergestellt oder erworben wird. Darin liegt auch keine Schlechterstellung gegenüber einem Steuerpflichtigen, der die Begünstigung für ein ganzes Objekt in Anspruch nehmen kann. Der Beteiligte wird bereits mit seinem ersten Anteil Bauherr oder Ersterwerber i. S. von § 7 b EStG (vgl. BFH-Urteil vom 19. Februar 1974 VIII R 114/69, BFHE 112, 131, BStBl II 1974, 704) und entscheidet sich damit für eine mögliche Form der Inanspruchnahme der Steuervergünstigung. Bei weiteren Anteilen wird er erneut Bauherr oder Ersterwerber.

Für die Richtigkeit dieser Auslegung spricht auch, daß die bisher in § 15 Abs. 4 EStDV enthaltene Regelung nunmehr in das Gesetz übernommen wurde (§ 7 b Abs. 6 Satz 1 EStG 1977). Eine Änderung der materiellen Rechtslage war damit nicht beabsichtigt (vgl. Bundestags-Drucksache 8/286 S. 15).

3. Die Vorentscheidung mußte jedoch aufgehoben werden, weil aus ihr nicht zu entnehmen ist, wann die Bauanträge für die von den Klägerinnen hergestellten Gebäude gestellt wurden. Die Objektbeschränkung tritt nur ein bei Gebäuden, für die der Bauantrag nach dem 31. Dezember 1964 gestellt wurde. Das FG muß die entsprechenden Feststellungen nachholen und erneut entscheiden.