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BFH-Urteil vom 6.2.1980 (II R 61/78) BStBl. 1980 II S. 213

1. Wird die Einlageverpflichtung eines Kommanditisten einer GmbH & Co. KG durch Aufrechnung erfüllt, entsteht die Gesellschaftsteuer unbeschadet der zivilrechtlichen Rückbeziehung erst im Zeitpunkt der Abgabe der Aufrechnungserklärung, weil erst mit dieser die Leistung bewirkt wird.

2. Der Wert der Gesellschaftsrechte als Besteuerungsgrundlage umfaßt auch bei Kommanditanteilen an einer nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972 als Kapitalgesellschaft geltenden KG nicht den Wert der noch ausstehenden Einlageverpflichtungen.

KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 2 Nr. 3, § 8.

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kommanditgesellschaft, zu deren persönlich haftenden Gesellschaftern eine GmbH gehört. Diese ist in die aus natürlichen Personen bestehende KG am 30. September 1972 eingetreten. Gleichzeitig fand ein Kommanditistenwechsel statt. Der neue Kommanditist erwarb die Kommanditbeteiligung von 250.000 DM, auf die Einlagen noch nicht geleistet waren, im Wege der Sonderrechtsnachfolge und erhöhte sie gleichzeitig um 750.000 DM. Die Einzahlungsverpflichtung des Kommanditisten in Höhe von nunmehr 1 Mio. DM wurde 1973 durch mündlich geschlossenen Aufrechnungsvertrag gegen eine dem Kommanditisten aus der Zeit vor dem 30. September 1972 gegenüber der Klägerin (der damals aus natürlichen Personen bestehenden KG) zustehende Forderung in Höhe von 1 Mio. DM verrechnet.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte gestützt auf § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) 1972 für die im Wege der Verrechnung erfolgte Erfüllung der Einlageverpflichtung des Kommanditisten gegen die Klägerin Gesellschaftsteuer in Höhe von 20.000 DM (2 v. H. aus 1 Mio. DM) fest.

Die nach erfolgloser Durchführung des Einspruchsverfahrens erhobene Klage, mit der die Klägerin die ersatzlose Aufhebung der Steuerfestsetzung unter Freistellung von der Gesellschaftsteuer nach § 29 des Umwandlungs-Steuergesetzes (UmwStG) begehrt, hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Sie rügt Verletzung materiellen Rechts.

Das FA ist der Revision entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Zutreffend hat das FG die Gesellschaftsteuerfreiheit der Leistung auf die Kommanditeinlage verneint.

1. Mit dem Eintritt der GmbH in die zu diesem Zeitpunkt aus natürlichen Personen als Gesellschaftern bestehende Klägerin wurde die bereits vorhandene Kommanditbeteiligung zu einer Beteiligung an einer als Kapitalgesellschaft geltenden Kommanditgesellschaft (§ 6 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972). Diese Zuordnung der Kommanditbeteiligung zu einer Kapitalgesellschaft i. S. des Gesellschaftsteuerrechts unterlag der Gesellschaftsteuer nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 (vgl. Urteil des Senats vom 27. Januar 1972 II R 148/70, BFHE 105, 68, BStBl II 1972, 431). Diesen Vorgang, dessen Steuerfreiheit nach § 29 UmwStG nach Ansicht der Finanzverwaltung möglich ist, hat das FA mit dem angefochtenen Bescheid jedoch nicht zur Steuer herangezogen. Die Frage, ob dieser Vorgang steuerpflichtig ist oder nicht, braucht daher nicht entschieden zu werden. Würde die Steuerfreiheit verneint, so wäre die Steuer, weil eine Gegenleistung nicht zu bewirken war, aus dem Wert des Kommanditanteils zu berechnen (§ 8 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b KVStG 1972, vgl. dazu die Entscheidung vom 21. Juni 1972 II B 44/71, BFHE 112, 74). Nach § 8 Satz 2 KVStG 1972 gilt als Wert der Gesellschaftsrechte, soweit diese einen Nennwert haben, mindestens der Nennwert jedoch abzüglich der darauf ausstehenden Einlagen.

2. Nach dem Aufbau des Kapitalverkehrsteuergesetzes entsteht die Steuer für einen der Gesellschaftsteuer unterliegenden Vorgang nicht mit der Begründung der Verpflichtung zur Leistung, sondern erst mit deren Erfüllung (vgl. Urteile vom 25. Mai 1971 II R 38/70, BFHE 103, 355, BStBl II 1971, 786, vom 24. Juli 1972 II R 69/71, BFHE 107, 58, BStBl II 1972, 907, und vom 31. Januar 1979 II R 46/77, BFHE 127, 227, BStBl II 1979, 382). Ist bei Gründung einer gesellschaftsteuerrechtlich als Kapitalgesellschaft geltenden KG die Einlage noch nicht erbracht, kann dementsprechend für den nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG der Gesellschaftsteuer unterliegenden Ersterwerb keine Steuer entstehen. Die Steuer entsteht dann erst nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 Nr. 2 KVStG mit der Erfüllung der Einlagepflicht. Auch bei einer Erhöhung der Kommanditbeteiligung, die als solche stets nur den Tatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 2 KVStG erfüllen kann (vgl. Urteile vom 21. Oktober 1969 II 141/65, BFHE 97, 320, BStBl II 1970, 99, und vom 16. März 1977 II R 83/71, BFHE 122, 555, BStBl II 1977, 699), entsteht die Gesellschaftsteuer nicht mit der Begründung der Einlageverpflichtung, sondern mit der Erfüllung dieser Leistung.

Dementsprechend ist im vorliegenden Fall mit der Bewirkung der geschuldeten Einlage die Gesellschaftsteuer aus dem Wert der Leistung (§ 8 Satz 1 Nr. 2 KVStG 1972) gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1972 entstanden. Unbeschadet etwaiger zivilrechtlicher Rückwirkungen des Aufrechnungsvertrages vom 11. August 1973 in die Zeit, in der die Klägerin noch nicht gesellschaftsteuerrechtlich als Kapitalgesellschaft galt, kann die durch Aufrechnung erfüllte Leistungsverpflichtung gesellschaftsteuerrechtlich nicht bewirkt sein, bevor die Aufrechnung nicht erklärt oder vereinbart wird. Denn erst mit dieser Erklärung oder Vereinbarung erhöht sich das in der Klägerin zusammengefaßte Vermögen. Der Senat kann sich nicht der Auffassung anschließen, daß das durch die Aufrechnung rückwirkende Erlöschen der Forderung (§ 389 BGB) Ausdruck einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise sei, die im Steuerrecht besonders beachtet werden müßte. Denn einerseits ist der Tatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 2 KVStG einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise in dem Sinn nicht zugänglich, daß von dem tatsächlichen Zeitpunkt abgewichen würde, in dem die Leistung erbracht wird, und andererseits hat die Aufrechnungslage für sich allein keinerlei Rechtswirkungen (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 39. Aufl., § 389 Anm. 1), insbesondere nicht solche, die durch teleologische Auslegung einer Norm des Verkehrsteuerrechts als Bewirken einer Leistung angesehen werden könnten.

3. Die Festsetzung der Steuer aus der Bewirkung der Einlageverpflichtung wird auch nicht dadurch berührt, daß ihr ein ggf. nach § 29 UmwStG steuerfreier gesellschaftsteuerrechtlich bedeutsamer Vorgang vorangegangen ist. Da für diesen, hätte er der Steuer unterlegen, wie unter 1. ausgeführt, die Steuer vom Wert der Gesellschaftsrechte zu berechnen gewesen wäre, würde der durch Eintritt einer Kapitalgesellschaft als Komplementärin verwirklichte Ersterwerb von Gesellschaftsrechten die Steuer auf die weiteren Pflichtleistungen nicht verbrauchen. Aus § 8 Satz 2 KVStG 1972 ist nämlich entsprechend dem allgemeinen Aufbau des Gesellschaftsteuerrechts (vgl. unter 2.) zu entnehmen, daß der Wert der Gesellschaftsrechte nicht die noch ausstehenden Einlagen umfassen darf, weil eben die Erfüllung dieser Verpflichtung selbständig nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 KVStG der Steuer unterliegt. Die von der Klägerin unterstellte Steuerfreiheit des Eintritts der GmbH zum 30. September 1972 nach § 29 UmwStG kann nicht weiter reichen, als - ungeachtet der Befreiungsvorschrift - die Steuer entstanden wäre. Da ausstehende Einlagen den Wert der Gesellschaftsrechte mindern, würden sie in die Bemessungsgrundlage nicht eingegangen sein.