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BFH-Urteil vom 12.12.1979 (II R 36/75) BStBl. 1980 II S. 215

Verpflichtet sich anläßlich der Gründung einer GmbH und Co. KG einer der Kommanditisten zur Übertragung eines bisher von ihm allein geführten Unternehmens zur Erfüllung der Einlagepflicht und ist weiter vereinbart, daß die Einlagen anderer Kommanditisten durch "Umbuchung aus dem Kapital" des Einbringenden erbracht werden, so ist auch der Erwerb der Kommanditanteile durch diese Kommanditisten unter den weiteren Voraussetzungen des § 29 UmwStG 1969 von der Gesellschaftsteuer befreit.

KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 2 Nr. 3, § 8; UmwStG 1969 § 29.

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) wurde mit Wirkung zum 30. Dezember 1972 gegründet und an diesem Tage in das Handelsregister eingetragen. Gesellschafter sind die X GmbH als Komplementärin (Einlage: 10.000 DM) und als Kommanditisten A(Vater) (Einlage: 260.000 DM), B (Einlage: 65.000 DM), C (Einlage: 100.000 DM) und D (Einlage: 65.000 DM). Hinsichtlich der Einlageverpflichtungen besagt § 3 des Gesellschaftsvertrages folgendes: "Die X GmbH erbringt ihre Einlage in bar. A bringt in Anrechnung auf seine Einlage das von ihm unter der Fa.... bisher betriebene Unternehmen zu dem Buchwert am 30. Dezember 1972 in die Gesellschaft ein. Die Einlagen der B, C und D werden im Wege der Schenkung durch Umbuchung aus dem Kapital von A erbracht." Während der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) den Erwerb der Kommanditanteile durch A nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform (UmwStG 1969) gesellschaftsteuerfrei beließ, setzte es hinsichtlich der Erwerbe der übrigen Kommanditanteile mit Bescheid vom 19. April 1973 gegen die Klägerin Gesellschaftsteuer in Höhe von 4.600 DM fest. Es ging dabei davon aus, daß diese Kommanditisten ihre Gegenleistung weder durch Übertragung eines Unternehmens im ganzen, eines Betriebes oder Teilbetriebes noch eines Mitunternehmeranteils erbracht haben.

Der nach erfolgloser Durchführung des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens erhobenen Klage, mit der die Klägerin die Aufhebung der Gesellschaftsteuerfestsetzung begehrt, hat das Finanzgericht (FG) stattgegeben. Seine Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1975 S. 278 (EFG 1975, 278) veröffentlicht.

Mit der Revision beantragt das FA sinngemäß, die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen. Es rügt Verletzung materiellen Rechts sowie Verstoß gegen die Denkgesetze.

Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG 1972) unterliegt der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber der Gesellschaftsteuer. § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 befreit Rechtsvorgänge i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 von der Gesellschaftsteuer, wenn und soweit als Gegenleistung für den Erwerb der Gesellschaftsrechte das Vermögen eines Unternehmens als Ganzes, ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil auf die Kapitalgesellschaft übertragen wird.

1. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 seit dem 1. Januar 1972 auch dann eingreift, wenn der der Gesellschaftsteuer unterliegende Ersterwerb auf der Gründung einer seit diesem Tage als Kapitalgesellschaft geltenden Kommanditgesellschaft, zu deren persönlich haftenden Gesellschaftern eine GmbH gehört, beruht (§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972). Seit dem 1. Januar 1972 zählen diese handelsrechtlich den Personengesellschaften zugehörigen Kommanditgesellschaften kapitalverkehrsteuerrechtlich zum Kreis der Kapitalgesellschaften. Der Umstand, daß bis dahin diese Art von Kommanditgesellschaften nicht selbst als Kapitalgesellschaften anzusprechen waren und deshalb § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 auf den Ersterwerb von Anteil an ihnen nicht anwendbar war (vgl. Urteil des Senats vom 17. April 1975 II R 64/72, BFHE 116, 54, BStBl II 1975, 646), steht dem nicht entgegen. Die Aufnahme in den Kreis der Kapitalgesellschaften hat allgemein eine Veränderung hinsichtlich der gesellschaftsteuerrechtlichen Behandlung dieser Art von Kommanditgesellschaften bewirkt.

2. Zutreffend ist das FG auch zu dem Ergebnis gelangt, daß der der Gesellschaftsteuer unterliegende Ersterwerb der Kommanditanteille (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972) der Kommanditisten B, C und D nach § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 steuerfrei war, weil dafür eine Gegenleistung i. S. der Vorschrift erbracht wurde. Die Kommanditisten waren entgegen der Annahme des FA nicht etwa zu einer Geldeinlage verpflichtet, für die an Erfüllungs Statt eine Abbuchung vom Kapitalkonto des Vaters erfolgte. Abgesehen davon, daß dieses "Kapitalkonto" nicht etwa ein Geldkonto ist, sondern nur der Kapitalanteil, der den verhältnismäßigen Anteil des Vaters am Gesamthandsvermögen zum Ausdruck bringt, ist dem FG darin beizupflichten, daß § 3 des Gesellschaftsvertrages die Erfüllung der Einlagepflichten aller Kommanditisten durch Einbringung des Vermögens des bisher von A allein betriebenen Unternehmens statuiert. Nach § 161 Abs. 1 HGB muß die Einlage des Kommanditisten (sein Beitrag) in der Einlage von Vermögenswerten bestehen. Damit ist aber die Erfüllung der Einlagepflicht durch einen Dritten nicht ausgeschlossen, weil der Kommanditist insoweit nicht zur Leistung in Person verpflichtet ist (§ 267 BGB). Da der Klägerin außer der Bareinlage der persönlich haftenden Gesellschafterin nur das Vermögen des bisherigen Einzelunternehmens zustehen sollte muß die Einbringungsverpflichtung der Erfüllung aller Einlagepflichten gedient haben. Wäre der Vater allein zur Erfüllung seiner Einlagepflicht zur Einbringung des Vermögens des von ihm bisher allein betriebenen Unternehmens verpflichtet gewesen, so könnte auch die "Umbuchung" aus seinem Kapital die Einlageverpflichtung der Kinder nicht erfüllen. Das Vermögen wäre an die bedungene Einlage des Vaters gebunden. Es ist sinnwidrig, anläßlich der Gründung einer Kommanditgesellschaft zu unterstellen, daß einer der Kommanditisten bedungenermaßen eine bestimmte Einlage zu leisten habe, diese aber nach Leistung herabgesetzt wird, um dann der Leistung bedungener Einlagen weiterer Kommanditisten zu dienen. Im Gegensatz zur Auffassung des FA ist § 3 des Gesellschaftsvertrages deshalb nicht nur auslegungsfähig, sondern auch auslegungsbedürftig. Die vom FG gefundene Auslegung widerspricht nicht den allgemeinen Auslegungskriterien (§§ 133, 157 BGB).

Diente die Einbringung des Vermögens des väterlichen Unternehmens somit der Erfüllung der Einlagepflicht aller Kommanditisten, war sie auch Gegenleistung für den Erwerb sämtlicher Gesellschaftsrechte im gesellschaftsteuerlichen Sinne (§ 6 Abs. 1 KVStG 1972). Unbeschadet der Frage, wie diese eine Gegenleistung bei Bejahung der Steuerpflicht zur Findung der zutreffenden Gegenleistung für den Ersterwerb des einzelnen Gesellschaftsrechtes aufzuteilen ist, genügt für die Anwendung von § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 die Feststellung, daß als Gegenleistung für den Erwerb aller Gesellschaftsrechte das Vermögen eines Unternehmens als Ganzes auf die Klägerin übertragen wurde. Der Entschluß des Vaters zur unentgeltlichen Beteiligung seiner Kinder an diesem Vermögensgegenstand vermittels ihrer Beteiligung an der Klägerin läßt nicht schon im Vorfeld der Einbringung eine Teilung dieses Vermögensgegenstandes zu; er bleibt Gegenleistung für den Erwerb aller Kommanditbeteiligungen an der Klägerin. Der Umstand, daß die Kinder ihre Einlageverpflichtung durch den Vater erfüllt bekamen, beruht auf dem Entschluß zur unentgeltlichen Zuwendung, hindert aber nicht die Befreiung des Erwerbs der Gesellschaftsrechte aus § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969. Zu Recht hat das FG ausgeführt, diese Vorschrift verlange nicht, daß der Erwerber der Gesellschaftsrechte selbst die Gegenleistung erbringt; die Gegenleistung (§ 8 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a KVStG 1972) muß nur derart sein, wie sie dort aufgeführt ist. Wer die Leistungspflicht erfüllt (die Gegenleistung für den Leistungsverpflichteten also bewirkt), ist für die Befreiung irrelevant.