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BFH-Urteil vom 5.3.1980 (II R 19/75) BStBl. 1980 II S. 255

Das Halten einer Zugmaschine und eines Anhängers durch eine landwirtschaftliche Genossenschaft, die mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen handelt, ist nicht von der Kraftfahrzeugsteuer befreit, wenn sie die Fahrzeuge nicht nur verwendet, um Dünge- und Pflanzenschutzmittel auf den Feldern von Landwirten auszubringen, sondern auch dazu verwendet, um die von ihr beschafften Dünge- und Pflanzenschutzmittel im Rahmen ihres Handelsbetriebs zu den Feldern der auftraggebenden Landwirte zu befördern.

KraftStG i.d.F. des ÄndG vom 17. März 1964 § 2 Nr. 6 Satz 1 Buchst. b, c; KraftStG 1979 § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. b, c.

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine landwirtschaftliche Genossenschaft, die den Groß- und Einzelhandel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen betreibt. Sie meldete am 25. März 1969 das Halten eines Anhängers (amtliches Kennzeichen ..., zwei Achsen, verkehrsrechtlich höchstzulässiges Gesamtgewicht 9.000 kg) und am 31. März 1970 das Halten einer Zugmaschine (amtliches Kennzeichen ..., zwei Achsen, verkehrsrechtlich höchstzulässiges Gesamtgewicht 5.600 kg) zum Verkehr auf öffentlichen Straßen an. Bei der Anmeldung machte sie geltend, das Halten der beiden Fahrzeuge sei von der Steuer befreit gemäß § 2 Nr. 6 Satz 1 Buchst. b des Kraftfahrzeugsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 17. März 1964 - KraftStÄndG 1964 - (BGBl I 1964, 145, BStBl I 1964, 243), denn der Anhänger solle ausschließlich zum "Ausbringen von Dünger und Pflanzenschutzmitteln für die Landwirtschaft", die Zugmaschine ausschließlich zur "Durchführung v. Flüssig- und Gasdüngung im Lohn" verwendet werden.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hielt die Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift zunächst für gegeben und erteilte der Klägerin für jedes der beiden Fahrzeuge eine "Bescheinigung über Kraftfahrzeugsteuerbefreiung". Später stellte das FA fest, "daß die Klägerin in der Mehrzahl aller Fälle das von ihr auf den Feldern anzubringende Spritzgut (Schädlingsbekämpfungsmittel) sowie Gas- und Flüssigkeitsdünger) selbst bei den Landwirten anlieferte und es entsprechend dem anhand einer Zähluhr ermittelten Verbrauch entweder gesondert oder zusammen mit dem für das Ausbringen berechneten Arbeitslohn (sog. Inklusivpreis) in Rechnung stellte". Daraus zog es den rechtlichen Schluß, daß die Klägerin ihre beiden Fahrzeuge nicht ausschließlich zur Durchführung von Lohnarbeiten für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe, sondern auch "innerhalb ihres eigenen Gewerbebetriebes" verwende. Es setzte durch Bescheide vom 27. Oktober 1970 die Kraftfahrzeugsteuer für das Halten des Anhängers und der Zugmaschine rückwirkend (ab Zulassungstag) fest; den gemeinschaftlichen Einspruch wies es zurück. Während des finanzgerichtlichen Verfahrens änderte es die angefochtenen Bescheide und setzte durch Bescheide ohne Datum (an die Klägerin zur Post gegeben am 27. Mai 1974) für die Zeit ab Geltendmachung des Steueranspruchs (28. Oktober 1970) die Kraftfahrzeugsteuer für das Halten des Anhängers einmalig auf 2.853,80 DM und für das Halten der Zugmaschine auf 679 DM fest (bei jährlicher Entrichtung der Steuer). Die Klägerin hat beantragt, die geänderten Bescheide zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Auch wenn man Gasdüngungen und Pflanzenschutzspritzungen als Lohnarbeiten beurteile, sei das Halten der beiden Fahrzeuge nicht von der Steuer befreit, weil die Fahrzeuge nicht "ausschließlich" zu den genannten Zwecken verwendet worden seien, sondern auch, um das auszubringende Material an die Landwirte zu liefern. Verkauf und Ausbringung des Materials seien als einheitliche Leistung zu beurteilen, bei der der Lieferungscharakter überwiege. Das komme in dem Preis zum Ausdruck, den die Klägerin den Landwirten für das Ausstreuen und Ausspritzen des Düngers berechnet habe. Er betrage nur rund 10 v. H. des Düngerpreises.

Mit der Revision rügt die Klägerin unrichtige Anwendung des § 2 Nr. 6 Satz 1 Buchst. b KraftStÄndG 1964. Sie beantragt, das angefochtene Urteil, die Einspruchsentscheidung sowie die Kraftfahrzeugsteuerbescheide vom 27. Oktober 1970 und die geänderten Bescheide (ohne Datum) aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Gegenstand des Verfahrens sind die geänderten Bescheide (§ 68 FGO). Sie sind rechtmäßig. Das Halten der Zugmaschine und des Anhängers zum Verkehr auf öffentlichen Straßen unterliegt der Kraftfahrzeugsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStÄndG 1964) und ist nicht gemäß § 2 Nr. 6 Satz 1 Buchst. b KraftStÄndG 1964 von der Steuer befreit. Nach dieser Vorschrift (jetzt § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. b KraftStG 1979) ist von der Steuer befreit das Halten von Zugmaschinen und Kraftfahrzeuganhängern hinter Zugmaschinen "solange diese Fahrzeuge ausschließlich ... zur Durchführung von Lohnarbeiten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ... verwendet werden". Die Befreiungsvorschrift kann ihre Wirkung nicht entfalten, weil die Klägerin Zugmaschine und Anhänger nicht "ausschließlich" zur Durchführung von Lohnarbeiten (zum Ausbringen der Dünge- und Pflanzenschutzmittel), sondern - wie das FG festgestellt hat - in einer Reihe von Fällen auch dazu verwendet hat, die von ihr beschafften Dünge- und Pflanzenschutzmittel im Rahmen ihres Handelsbetriebs zu den Feldern der auftraggebenden Landwirte zu befördern. Da es sich insoweit um ein Befördern von Gütern für eigene Zwecke, nicht um Beförderungen für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe handelt, kann schon aus diesem Grunde auch Buchst. c der Befreiungsvorschrift nicht wirksam werden (vgl. Egly, Kraftfahrzeugsteuer, Kommentar, 2. Aufl., 1964 S. 173).

Es entspricht dem Zweck der Befreiungsvorschrift, ihren Anwendungsbereich in der dargestellten Weise zu begrenzen. Das geht hervor aus dem schriftlichen Bericht des Finanzausschusses über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 17. Mai 1963 (Bundestags-Drucksache IV/1281). Dort ist ausgeführt, der Finanzausschuß habe sich (in Übereinstimmung mit dem Ernährungsausschuß und dem Verkehrsausschuß) nicht entschließen können, den zahlreichen Wünschen auf Ausdehnung der Befreiungsvorschrift (z. B. dem Antrag, die Beförderung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und Bedarfsgüter schlechthin als begünstigt anzuerkennen) nachzugeben. Er hielt es vielmehr für angebracht, "grundsätzlich nur die Transporte der Landwirtschaft, nicht jedoch die gewerblicher Unternehmen zu begünstigen". Im gleichen Sinne hat er in seinem weiteren Bericht vom 3. Dezember 1963 (Bundestags-Drucksache IV/1690 S. 2 li. Sp.) betont, die Vorschrift des § 2 Nr. 6 solle "nach ihrem Sinn und Zweck so weit wie nur möglich auf den Bereich der Land- und Forstwirtschaft beschränkt bleiben".

Die Höhe der Kraftfahrzeugsteuer hat das FA richtig errechnet.