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BFH-Beschluß vom 16.6.1980 (III B 41/79) BStBl. 1980 II S. 487

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob bei der Ermittlung des Einheitswertes eines Zweifamilienhauses im Ertragswertverfahren eine höhere als die preisrechtlich zulässige Miete zugrunde gelegt werden kann.

FGO § 69; BewG 1965 §§ 76, 79.

Sachverhalt

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) erweiterte ein ihr und ihrem Ehemann gehörendes Einfamilienhaus ohne Inanspruchnahme öffentlicher Wohnungsbaumittel i. S. des § 6 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) um eine weitere Wohnung. Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA -) führte daraufhin auf den 1. Januar 1978 eine Wert- und Artfortschreibung durch. Dabei ging er von der Grundstücksart Zweifamilienhaus aus und stellte den Einheitswert im Wege des Ertragswertverfahrens auf....DM fest. Der Wertfeststellung liegt eine aus dem Mietspiegel für nicht grundsteuerbegünstigten Wohnraum in Mehrfamilienhäusern entnommene Miete von monatlich 4,20 DM je qm Wohnfläche zugrunde, die das Baujahr des Hauses und die Größe der Gemeinde, in der es belegen ist, berücksichtigt. Diese Miete erhöhte das FA um 5 v. H., um die Vorteile des Wohnens im Zweifamilienhaus gegenüber dem Wohnen in einem Mehrfamilienhaus zu erfassen. Gegen den Einheitswertbescheid erhoben die Antragstellerin und ihr Ehemann Einspruch und beantragten die Aussetzung der Vollziehung. Das FA lehnte den Antrag ab. Daraufhin beantragte die Antragstellerin beim Finanzgericht (FG), die Vollziehung des angefochtenen Einheitswertbescheides auszusetzen. Das FG hat dem Antrag teilweise stattgegeben. Seiner Ansicht nach bestehen mit Rücksicht auf den (Vorlage-)Beschluß des erkennenden Senats vom 12. Mai 1978 III R 18/76 (BFHE 125, 188 BStBl II 1978, 446) insoweit ernsthafte Zweifel i. S. des § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einheitswertbescheides, als diesem eine höhere als die für vergleichbare öffentlich geförderte Wohnungen maßgebliche, preisrechtlich zulässige Miete von 2,35 DM je qm Wohnfläche zugrunde liegt. Dementsprechend hat es die Vollziehung des angefochtenen Einheitswertbescheides insoweit ausgesetzt, als er die Höhe von .... DM übersteigt.

Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde des FA. Dieses macht geltend, die Einheitswertfeststellung entspreche dem geltenden Recht. Entgegen der Auffassung des FG könne die Antragstellerin auch unter Berücksichtigung des Beschlusses in BFHE 125, 188, BStBl II 1978, 446 keine Ermäßigung des Einheitswertes erwarten. Im Hinblick auf das (höhere) Wertniveau der im Sachwertverfahren bewerteten Ein- und Zweifamilienhäuser, der Geschäftsgrundstücke und der unbebauten Grundstücke könne innerhalb der Einheitswerte zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 1964 eine größere Gleichmäßigkeit der Bewertung nicht dadurch erreicht werden, daß freifinanzierte Nachkriegswohngrundstücke ebenfalls auf der Grundlage der (niedrigeren) Mieten für öffentlich geförderte Eigenheime bewertet würden.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Antrag der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. An der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einheitswertbescheides bestehen im Hinblick auf den Beschluß des erkennenden Senats in BFHE 125, 188, BStBl II 1978, 446 ernstliche Zweifel i. S. des § 69 Abs. 3 FGO.

Der Senat hat zwar in dem angeführten Beschluß den im Streitfall nicht anzuwendenden Art. 2 Abs. 1 Satz 2 des Bewertungsänderungsgesetzes (BewÄndG) 1965 wegen Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) für verfassungswidrig angesehen. Er hat dabei jedoch ausdrücklich dargelegt, daß dies Auswirkung auf den Begriff der üblichen Miete i. S. des § 79 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) 1965 hat, und zwar insofern, als es einer neuen Begriffsbestimmung der üblichen Miete durch den Gesetzgeber bedarf (vgl. dazu im einzelnen Abschn. II. 1. des Beschlusses). Dies kann sich auch auf die Einheitswertfeststellung von Einfamilienhausgrundstücken auswirken, die - wie im Streitfall - ohne öffentliche Wohnungsbaumittel i. S. des § 6 des II. WoBauG finanziert worden sind. Dabei geht der Senat davon aus, daß eine Neubestimmung des Begriffs der üblichen Miete auch zu einer Ermäßigung des Einheitswertes für freifinanzierte Wohnbauten führen kann. Das FA macht zwar insoweit geltend, eine Korrektur dieser Einheitswerte würde die Ungleichmäßigkeit der Bewertung im Verhältnis zu den im Sachwertverfahren durchgeführten Wertermittlungen verschärfen. Der Senat würde jedoch eine Korrektur nach unten nur dann für ausgeschlossen halten, wenn die für den freifinanzierten Wohnungsbau im Ertragswertverfahren ermittelten Einheitswerte wenigstens annähernd einem Vergleich mit den Verkehrswerten standhielten. Dies ist jedoch nicht der Fall. Nach dem Vorbringen des Bundesministers der Finanzen in dem beim Senat anhängigen Verfahren III R 41/75 erreicht das Einheitswertniveau der im Ertragswertverfahren ermittelten Einheitswerte von Wohngrundstücken (Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und Mietwohngrundstücke) überwiegend nicht einmal 50 v. H. der Verkehrswerte von 1964. Damit erscheint dem Senat das Verhältnis der Einheitswerte zu den Verkehrswerten so intensiv gestört, daß auch eine Korrektur der im Ertragswertverfahren ermittelten Werte nach unten nicht ausgeschlossen erscheint. Im übrigen beweist der Hinweis des FA auf die Diskrepanz zum Sachwertverfahren nur, daß offensichtlich auch erhebliche Ungleichmäßigkeiten zwischen dem Wertniveau der im Ertragswertverfahren und der im Sachwertverfahren ermittelten Einheitswerte bestehen.

Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist der Senat der Ansicht, daß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einheitswertbescheides insoweit bestehen, als diesem eine höhere als die preisrechtlich zulässige Miete zugrunde liegt. Der so ermittelte Einheitswert stellt aber andererseits auch die untere Grenze für eine mögliche Aussetzung dar.