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BFH-Urteil vom 12.2.1980 (VIII R 114/77) BStBl. 1980 II S. 494

1. Überträgt der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft auf seine Gesellschaft eine im Privatvermögen gehaltene wesentliche Beteiligung i. S. v. § 17 EStG an einer anderen Kapitalgesellschaft gegen einen unangemessen niedrigen Kaufpreis und ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten, so erfüllt die Abtretung der Anteile an der anderen Kapitalgesellschaft an die aufnehmende Kapitalgesellschaft den Tatbestand der Veräußerung i. S. v. § 17 Abs. 1 EStG nicht nur in Höhe des vereinbarten Kaufpreises, sondern auch in Höhe der verdeckten Einlage bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft.

2. Veräußerungspreis i. S. v. § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG für die wesentliche Beteiligung an der anderen Kapitalgesellschaft ist in diesem Fall neben dem Barpreis auch die Wertsteigerung, welche die Beteiligung an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft durch Zuführung einer verdeckten Einlage erfährt. Anzusetzen ist dafür der Verkehrswert der verdeckt eingelegten Anteile.

3. Zu den Anschaffungskosten i. S. v. § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG der wesentlichen Beteiligung an der anderen Kapitalgesellschaft gehört auch eine verdeckte Einlage des Gesellschafters bei dieser Gesellschaft durch Übernahme eines Bilanzverlustes.

4. Die Gewinnermittlung nach § 17 Abs. 2 EStG ist nicht nach dem Zuflußprinzip, sondern nach einer Stichtagsbewertung auf den Zeitpunkt der Veräußerung vorzunehmen.

EStG § 17 Abs. 1 und 2.

Sachverhalt

Mit notariellem Vertrag vom 22. Dezember 1970 veräußerten die Ehefrau des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) zu 1 und deren Töchter, die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) zu 2a und zu 2b, ihre im Privatvermögen gehaltenen Anteile an der N-GmbH, an welcher die Ehefrau des Klägers zu 1 mit 60 v.H. und ihre beiden Töchter mit je 20 v.H. des Stammkapitals beteiligt waren. Die Ehefrau des Klägers zu 1 ist inzwischen verstorben und von diesem sowie den Klägerinnen zu 2a und 2b beerbt worden. Die Anteile an der N-GmbH wurden zu einem Preis von 1 DM veräußert; Bemessungsgrundlage des Preises war nach dem Kaufvertrag die Zwischenbilanz der N-GmbH zum 31. Juli 1970. Vor Abschluß des Kauf- und Abtretungsvertrages, und zwar am selben Tag, hatte sich die Ehefrau des Klägers zu 1 in einer Gesellschafterversammlung der N-GmbH schriftlich verpflichtet, den zum Zeitpunkt der Anteilsveräußerung ermittelten Bilanzverlust der N-GmbH in Höhe von 375.708 DM als Hauptgesellschafterin allein zu übernehmen.

Käuferin der Anteile war die I-GmbH. An der I-GmbH waren der Kläger zu 1 mit 18,75 v.H., seine Ehefrau mit 37,50 v.H., die IZ-AG mit 18,75 v.H. sowie die IV-AG mit 25 v.H. beteiligt. An den beiden zuletzt erwähnten AG war der Kläger zu 1 allein oder anteilig beteiligt; das Beteiligungsverhältnis änderte sich nach einem Vertrag vom 7. Dezember 1970, wobei die tatsächliche Anteilsübertragung im Jahre 1971 erfolgte.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 1970 machten der Kläger zu 1 und seine Ehefrau einen Veräußerungsverlust aus der Veräußerung der wesentlichen Beteiligung der Ehefrau an der N-GmbH geltend, der wie folgt errechnet war:

Ursprüngliche Anschaffungskosten beim Erwerb

der Anteile                                                                            150.000 DM

als Anschaffungskosten zu behandelnde Zubußen

Forderungsverzicht vom 18. Dezember 1968

(Verrechnung mit einer Darlehensforderung)                               91.000 DM

Forderungsverzicht vom 16. Dezember 1970

(Verrechnung mit einer Darlehensforderung)                             178.117 DM

Zubuße durch Verlustübernahme

vom 22. Dezember 1970                                                        375.708 DM

                                                                                             ----------------

                                                                                           794.825 DM

./.                                                                                                  1 DM

                                                                                             ----------------

                                                                                           794.824 DM

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) kam zur Auffassung, die von der Ehefrau des Klägers zu 1 am 22. Dezember 1970 übernommene Zubußeverpflichtung gehöre nicht zu den Anschaffungskosten i. S. von § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG), ermittelte den Veräußerungsverlust mit nur 419.117 DM und erließ einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid für 1970.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus:

Die Zubußeverpflichtung vom 22. Dezember 1970 gehöre nicht zu den Anschaffungskosten i. S. vom § 17 EStG der veräußerten Anteile.

Zu den Anschaffungskosten i. S. von § 17 EStG gehöre zwar auch eine nachträglich eingegangene Zubußeverpflichtung, wenn Ernsthaftigkeit und Erfüllbarkeit der Verpflichtung gegeben seien. Letzteres sei hier der Fall; die Abwicklung der Verpflichtung habe sich aus glaubhaft vorgebrachten Gründen verzögert und die Klägerinnen zu 2a und zu 2b seien zur Erfüllung bereit, außerdem sei die Zubußeverpflichtung in den Bilanzen der N-GmbH ausgewiesen worden.

Zu den Anschaffungskosten der veräußerten Anteile könne die Zubußeverpflichtung aber deshalb nicht gerechnet werden, weil sie von der Ehefrau des Klägers zu 1 nicht aus wirtschaftlichen Erwägungen wie bei Geschäften mit einem Dritten üblich eingegangen worden sei, sondern aus persönlichen Gründen. Die Übernahme der Zubußeverpflichtung sei allein mit einer Interessenidentität zwischen der Verkäuferin und der zum damaligen Zeitpunkt vom Kläger zu 1 beherrschten Käuferin - der I-GmbH -, an der außerdem auch noch die Ehefrau des Klägers zu 1 beteiligt gewesen sei, zu erklären. Unbeachtlich sei, daß sich bei der Käuferin die Beteiligungsverhältnisse später geändert hätten. Angesichts der Interessenidentität sei auch der niedrige Verkaufspreis von 1 DM verständlich. Ziel der Zubußeverpflichtung sei nach alldem nicht mehr die Erhaltung der Anteile, sondern deren Verkauf gewesen.

Für die Entscheidung des Falles komme es nicht darauf an, ob die Zubußeverpflichtung als Schenkung oder als verdeckte Einlage zu qualifizieren sei.

Mit der Revision wird Verletzung des § 17 EStG und des § 76 Abs. 1 und 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) gerügt und dazu vorgebracht:

Zu Unrecht habe das FG angenommen, daß für die Übernahme der Zubußeverpflichtung nicht wirtschaftliche, sondern persönliche Gründe maßgebend gewesen seien. Zwar müsse bei der Übernahme der Zubußeverpflichtung und der Kaufpreisvereinbarung geprüft werden, ob diese auch im Verhältnis zueinander völlig fremd gegenüberstehenden Dritten vollzogen worden wären. Dabei dürfe aber der Gesichtspunkt der Interessenidentität zwischen Verkäufer und Käufer allein nicht entscheidend sein. Das FG habe diesem Gesichtspunkt nur deshalb ein entscheidendes Gewicht beimessen können, weil es die Beteiligungsverhältnisse bei der Käuferin nicht ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt entsprechend gewertet habe. Wirtschaftlich betrachtet habe der Kläger zu 1 bereits zum Zeitpunkt der Anteilsveräußerung keine beherrschende Stellung mehr gehabt. Bei der Ehefrau sei der Anteilsverkauf mit der Erwartung verknüpft gewesen, daß über ihre Beteiligung an der I-GmbH ein wirtschaftlicher Nutzen an sie zurückfließen werde. Trotz der Zubußeverpflichtung sei der Kaufpreis von 1 DM realistisch gewesen. Wenn auch nach der Verlustübernahme für das Stammkapital wieder volle Deckung bestanden habe, so sei doch für die Kaufpreisermittlung auch die Ertragslosigkeit des Unternehmens zu berücksichtigen gewesen.

Die Kläger beantragen Aufhebung der Vorentscheidung und Zürückverweisung der Streitsache, soweit nicht nach Sach- und Rechtsstand im vorliegenden Verfahren anerkannt wird, daß die Zubußeverpflichtung zu den Anschaffungskosten der GmbH-Anteile i. S. von § 17 EStG gehört.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Streitsache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

I. Die Vorentscheidung hat im Ergebnis zutreffend die Erfüllung des Veräußerungstatbestandes nach § 17 Abs. 1 EStG bejaht, unrichtig ermittelt wurde jedoch der Veräußerungsgewinn oder -verlust nach § 17 Abs. 2 EStG.

1. Die kaufweise Übertragung der von der Ehefrau des Klägers zu 1 in ihrem Privatvermögen gehaltenen Anteile an der N-GmbH auf die I-GmbH war eine Veräußerung i. S. von § 17 Abs. 1 EStG; ob der Kaufpreis angemessen war oder nicht, ist für die Frage der Veräußerung unerheblich.

a) Veräußerung i. S. von § 17 Abs. 1 EStG ist jedes Rechtsgeschäft, das auf die Übertragung des rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums an Anteilen einer Kapitalgesellschaft gegen Entgelt gerichtet ist, wenn der Veräußerer am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war. Demgemäß stellt auch die kaufweise Übertragung einer wesentlichen Beteiligung eine Veräußerung dar (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. Oktober 1974 IV R 223/72, BFHE 113, 456, BStBl II 1975, 58). Die für die Veräußerung notwendige Übertragung erfolgt beim Rechtskauf durch Abtretung (§§ 433, 398, 413 BGB). Im Streitfall geschah dies nach den Feststellungen des FG zusammen mit dem Verkauf der Anteile an der N-GmbH.

b) Veräußerung i. S. von § 17 Abs. 1 EStG ist auch ein Rechtsgeschäft, bei dem eine private wesentliche Beteiligung zu einem unangemessen niedrigen Barpreis und ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten auf eine Kapitalgesellschaft übertragen wird, an welcher der Übertragende als Gesellschafter beteiligt ist.

Ob oder inwieweit in einem solchen Fall eine Veräußerung nach § 17 Abs. 1 EStG vorliegt, ist umstritten. Nach dem BFH-Urteil vom 25. November 1965 IV 216/64 S (BFHE 84, 303, BStBl III 1966, 110), das den Fall der Übertragung einer wesentlichen Beteiligung auf eine Kapitalgesellschaft, an der die Beteiligung besteht, betraf, führt die Übertragung nur nach Maßgabe der Gegenleistung zu einem Veräußerungsgewinn, wenn der Wert der Beteiligung zwar erheblich höher als die Gegenleistung ist, die Kapitalgesellschaft die Beteiligung jedoch nur mit ihren tatsächlichen Anschaffungskosten einbucht. Nach dem Urteil des Niedersächsischen FG vom 4. Juli 1974 II 160/70 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1975 S. 65 - EFG 1975, 65 -) führt die Veräußerung in jedem Fall nur nach Maßgabe des erzielten Barpreises zu einem Veräußerungsgewinn. Die Revision gegen dieses Urteil wurde inzwischen als unbegründet zurückgewiesen (BFH-Urteil vom 5. Juli 1979 IV R 202/74, nicht veröffentlicht). Die hier behandelte Rechtsfrage blieb aber offen, weil der Steueranspruch verjährt war. Im Schrifttum halten Herrmann/Heuer (Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 19. Aufl., § 17 EStG Anm. 77) in einem solchen Fall die Aufteilung der Übertragung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil für erforderlich, während L. Schmidt (Die Information über Steuer und Wirtschaft, Ausgabe A, Nr. 16/1979 S. 361) jede Übertragung einer wesentlichen Beteiligung im Wege einer verdeckten Einlage als eine Veräußerung i. S. von § 17 Abs. 1 EStG ansieht. Der letzterwähnten Auffassung ist auch der erkennende Senat. Die Annahme, daß die Übertragung einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung auf eine Kapitalgesellschaft durch einen Gesellschafter gegen einen unangemessen niedrigen Kaufpreis nicht nur in Höhe des vereinbarten Kaufpreises, sondern auch im Umfang der Unangemessenheit eine Veräußerung i. S. von § 17 Abs. 1 EStG darstellt, beruht darauf, daß die im BFH-Urteil vom 26. Juli 1967 I R 138/65 (BFHE 89, 524, BStBl III 1967, 733) für die Übertragung einer im Betriebsvermögen gehaltenen Beteiligung ausgesprochenen Grundsätze auch für einen Vorgang im privaten Bereich gelten. Nach dem Urteil BFHE 89, 524, BStBl III 1967, 733 tritt eine Gewinnrealisierung ein, wenn zu einem Betriebsvermögen gehörende Anteile unter ihrem tatsächlichen Wert auf eine Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft ebenfalls zum Betriebsvermögen des Veräußerers gehören. Maßgebend dafür ist, daß durch die verdeckte Einlage zusätzliche nachträgliche Anschaffungskosten für die Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft entstehen, deren Aktivierung auf dem Beteiligungskonto zu einer buchmäßigen Vermögensmehrung führen. Im Hinblick auf das Entstehen von verdeckten Einlagen und auf die Inhaltsgleichheit des Anschaffungskostenbegriffs im betrieblichen und im privaten Bereich besteht kein Anlaß, die Übertragung einer wesentlichen Beteiligung aus dem Privatvermögen anders zu behandeln als die aus einem Betriebsvermögen.

Soweit der Senat mit dieser Entscheidung von dem Urteil BFHE 84, 303, BStBl III 1966, 110, abweicht, hat der IV. Senat auf Anfrage der Abweichung zugestimmt.

2. Die Ermittlung des Veräußerungsgewinns i. S. von § 17 Abs. 2 EStG ist fehlerhaft, weil sowohl die Anschaffungskosten der veräußerten Anteile an der N-GmbH als auch deren Veräußerungspreis nicht richtig ermittelt wurden.

a) Zu den Anschaffungskosten i. S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG der veräußerten Beteiligung an der N-GmbH gehört auch die Übernahme des Verlustes der N-GmbH vom 22. Dezember 1970 durch die Ehefrau des Klägers zu 1.

Anschaffungskosten i. S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG sind der Anschaffungspreis und weitere Aufwendungen auf die Anteile an einer Kapitalgesellschaft. Zu den Anschaffungskosten von im Privatvermögen gehaltenen Kapitalanteilen gehören auch solche Aufwendungen, die - durch die Anschaffung veranlaßt - zur Werterhöhung der Anteile gemacht werden. Obwohl der Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört, können solche Aufwendungen schon deshalb nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, weil sie als Anschaffungskosten der Kapitalanteile zu behandeln sind. Denn zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung gehören auch verdeckte Einlagen eines Gesellschafters. Solche Aufwendungen sind aus dem Gesellschaftsverhältnis veranlaßt und erhöhen nachträglich den Wert der Anteile. Diese Beurteilung für im Privatvermögen gehaltene Kapitalanteile stimmt überein mit der Wertung für den betrieblichen Bereich. Wie zuletzt im BFH-Urteil vom 9. März 1977 I R 203/74 (BFHE 122, 68, BStBl II 1977, 515) ausgesprochen wurde, entstehen durch verdeckte Einlagen eines Gesellschafters bei diesem zusätzliche Anschaffungskosten für die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft, die zu aktivieren sind.

Geht man von diesen Grundsätzen aus, dann ist die Verlustübernahme durch die Ehefrau des Klägers zu 1 bei den Anschaffungskosten der Beteiligung an der N-GmbH anzusetzen, weil sie eine verdeckte Einlage bei der N-GmbH darstellt und im Zeitpunkt der Übernahme des Verlustes zu berücksichtigen ist.

aa) Nach der Rechtsprechung des BFH liegt eine verdeckte Einlage vor, wenn ein Gesellschafter seiner Kapitalgesellschaft einen Vorteil zuwendet, den ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht einräumen würde (vgl. Urteil vom 19. Februar 1970 I R 24/67, BFHE 98, 254, BStBl II 1970, 442). Das kann der Fall sein, wenn ein Gesellschafter einen Zuschuß zur Abdeckung eines Bilanzverlustes leistet (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 18. September 1934 I A 217/33, Steuer und Wirtschaft 1934 II Nr. 761).

Nach den insoweit nicht angegriffenen und verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommenen Feststellungen des FG übernahm die Ehefrau des Klägers zu 1 mit ihrer Verpflichtung vom 22. Dezember 1970 den Bilanzverlust der N-GmbH vor der Veräußerung der Beteiligung in einer Art und Weise, daß sowohl die Ehefrau selbst als auch nach ihrem Tod die Erben - die Klägerinnen zu 2a und 2b - aus der Verpflichtung in Anspruch genommen werden konnten. Einen solchen in der Verlustübernahme liegenden Vorteil würde ein der N-GmbH fremder Dritter der Gesellschaft nicht eingeräumt haben, da es an einer angemessenen Gegenleistung fehlte. War danach die Verlustübernahme im Gesellschaftsverhältnis verursacht, dann ist es belanglos, welche sonstigen Gründe bei der Ehefrau des Klägers zu 1 für die Übernahme der Verpflichtung sonst noch vorlagen.

bb) Daß die Verlustübernahme bereits im Zeitpunkt der Entstehung der Verpflichtung und nicht erst bei der Erfüllung zu berücksichtigen ist, folgt aus der Art der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG. Die in § 17 Abs. 2 EStG geregelte Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlustes bildet zwar eine Gewinnermittlung eigener Art und stimmt nicht in jeder Beziehung mit der nach den §§ 4 bis 7e EStG vorzunehmenden Gewinnermittlung überein (vgl. BFH-Urteil vom 7. März 1974 VIII R 118/73, BFHE 112, 459, BStBl II 1974, 567). Gleichwohl gilt für diese Gewinnermittlung nicht das Zuflußprinzip des § 11 EStG wie bei den Einkünften i. S. von § 2 Abs. 4 Nr. 2 EStG. Es ist vielmehr für alle den Veräußerungsgewinn beeinflussenden Faktoren eine Stichtagsbewertung auf den Zeitpunkt der Veräußerung vorzunehmen. Begründet ist dies darin, daß die Gewinnermittlung nach § 17 Abs. 2 EStG im Rahmen der Einkunftsart von Einkünften aus Gewerbebetrieb vorzunehmen ist und damit der dabei sonst maßgebenden Art der Einkünfteermittlung näher steht als der Überschußrechnung, wie sie für die anderen Einkunftsarten nach § 2 Abs. 4 Nr. 2 EStG angeordnet ist.

b) Beim Veräußerungspreis der veräußerten Beteiligung an der N-GmbH i. S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG ist neben dem vereinbarten Barpreis auch die Wertsteigerung zu berücksichtigen, welche die Beteiligung der Ehefrau des Klägers zu 1 an der I-GmbH durch Zuführung einer verdeckten Einlage erfahren hat. Anzusetzen ist dafür der Verkehrswert der verdeckt eingelegten Anteile an der N-GmbH.

aa) Wie in den Ausführungen unter Nr. 1b) dargelegt, stellt die Übertragung von Anteilen auf eine Kapitalgesellschaft im Wege der verdeckten Einlage ebenfalls eine Veräußerung i. S. von § 17 Abs. 1 EStG dar. Wenn dafür die Überlegung mitbestimmend ist, daß durch eine verdeckte Einlage für die Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft zusätzliche Anschaffungskosten i. S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG in Höhe des Verkehrswerts der verdeckt eingelegten Anteile entstehen, dann ist der Begriff des Veräußerungspreises in § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG dahin zu verstehen, daß dieser auch die durch die verdeckte Einlage bedingte Wertsteigerung der Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft umfaßt. Bei Vereinbarung eines unangemessen niedrigen Kaufpreises für die zu übertragende Beteiligung gehört demzufolge zum Veräußerungspreis nicht nur der vereinbarte Barpreis, sondern auch die Werterhöhung bei den Anteilen der Kapitalgesellschaft, auf welche die Beteiligung übertragen wird.

bb) Die in den Veräußerungspreis mit einzubeziehende Wertsteigerung bei den Anteilen der aufnehmenden Kapitalgesellschaft ist mit dem Verkehrswert der übertragenen Beteiligung anzusetzen. Maßgebend dafür ist die Überlegung, daß dem Veräußerer der Beteiligung dieser Aufwand wert ist, um seine Beteiligung an der aufnehmenden Gesellschaft zu erhalten oder deren Wert zu steigern, er außerdem diesen Aufwand wiederum als Anschaffungskosten i. S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG bei den Anteilen der aufnehmenden Gesellschaft behandeln kann. Eine gleichzeitige Abschreibung der Beteiligung an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft auf den niedrigeren Teilwert (BFH-Urteil BFHE 122, 68, BStBl II 1977, 515) kommt bei den Einkünften nach § 17 EStG nicht in Betracht.

II. Die Vorentscheidung, bei der von anderen Rechtsüberlegungen ausgegangen wurde und die darauf beruht, war aufzuheben. Die Sache geht an das FG zurück, das bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlustes die Verlustübernahme bei der N-GmbH vom 22. Dezember 1970 berücksichtigen und ermitteln muß, ob oder in welcher Höhe infolge einer verdeckten Einlage eine Wertsteigerung bei den Anteilen an der I-GmbH anzusetzen ist.