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BFH-Urteil vom 2.4.1980 (IV R 38/79) BStBl. 1980 II S. 636

Die Unterrichtstätigkeit in Meistervorbereitungskursen der Handwerkskammern kann wissenschaftliche Tätigkeit i. S. des § 34 Abs. 4 EStG sein.

EStG § 34 Abs. 4.

Sachverhalt

Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1974, ob der Unterricht in Buchführung, Bilanzkunde und Steuerwesen bei Meistervorbereitungskursen eine wissenschaftliche Tätigkeit i. S. des § 34 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) darstellt.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein Dipl.-Volkswirt, war Angestellter der Handwerkskammer X. Daneben war er als Dozent bei den von der Kammer veranstalteten Meistervorbereitungskursen tätig und unterrichtete in Buchführung, Bilanzkunde und Steuerwesen. Den Antrag auf Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 4 EStG 1974 - streitig sind noch Einnahmen von 7.570 DM - lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ab.

Die Klage hatte in diesem Punkt keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus:

Der Unterricht des Klägers in Buchführungs- und Bilanzkunde sowie Steuerwesen stelle keine wissenschaftliche Tätigkeit dar. Der Unterricht erstrecke sich zu einem nicht unwesentlichen Teil auf die Darstellung von einfachen in einem Handwerksbetrieb laufend vorkommenden Buchführungsvorgängen. Dies stelle keine wissenschaftliche Tätigkeit dar. Das gelte auch für den weiteren Unterricht im Rahmen der Meistervorbereitung. Bei der vom Kläger gegebenen Darstellung der Bilanzanalyse handle es sich um einfache bilanzielle Beurteilungen, die an Hand von einfach gestalteten Bilanzen kleiner Betriebe angestellt würden. Nach der Verordnung über die Berufsausbildung zum Industriekaufmann vom 24. Januar 1978 mit Rahmenlehrplan gehörten die vom Kläger dargestellten Probleme der Liquiditätsbeurteilung, der Anlagendeckung und ähnliches bereits zur Lehrlingsausbildung eines Industriekaufmanns. Die Lehrlingsausbildung stelle aber noch keine wissenschaftliche Tätigkeit dar. Zur wissenschaftlichen Bilanzanalyse gehöre die Untersuchung umfangreicher, nach aktienrechtlichen Grundsätzen erstellter Unternehmensbilanzen. Ein wissenschaftlich betriebener Unterricht in Bilanzanalyse müsse deshalb von den aktienrechtlichen Bilanzierungsgrundsätzen ausgehen. Er müsse über die vom Kläger dargestellten Überlegungen hinaus auch den inneren und äußeren Betriebsvergleich beinhalten und solche Untersuchungen wie z. B. die Ermittlung des steuerlichen Gewinns an Hand der entsprechenden Aufwandsposten, der Finanzierungsmethode des Unternehmens durch Fremd- oder Selbstfinanzierung, des Umfangs der Anlagenfinanzierung durch Absetzung für Abnutzung (AfA) u. ä. einbeziehen. Diese Beurteilungen seien jedoch für einen Handwerksbetrieb noch gar nicht erforderlich. - Es sei auch zu berücksichtigen, daß die Teilnehmer zum größten Teil Handwerksgesellen seien, für die der Unterricht des Klägers eine Erstinformation auf diesem Gebiet sei und nicht - wie im Falle des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. April 1959 VI 29/59 S (BFHE 68, 504, BStBl III 1959, 193) - auf vorher erworbenen Kenntnissen aufbaue. - Das FA sei auch nicht nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, die Steuervergünstigung deshalb zu gewähren, weil es in den Vorjahren den Unterricht des Klägers als wissenschaftliche Tätigkeit beurteilt habe. Die FÄ hätten für jeden Steuerabschnitt den Steueranspruch rechtlich unabhängig von den Entscheidungen für die Vorjahre zu prüfen. Der Steuerpflichtige habe keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung von fehlerhaften Beurteilungen der Vorjahre.

Mit der auf seine Nichtzulassungsbeschwerde hin zugelassenen Revision rügt der Kläger unter anderem falsche Sachverhaltsfeststellung und -würdigung sowie mangelhafte Sachverhaltsaufklärung durch das FG. Die Revision wird im wesentlichen wie folgt begründet:

1. Das FG habe außer acht gelassen, daß der Kläger auch noch Unterricht im Steuerwesen erteilt habe und dies einen erheblichen Teil der Dozententätigkeit einnehme, wie bereits in der Einspruchsentscheidung aufgeführt und in der Klageschrift vorgetragen worden sei.

2. Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß nur die Grundzüge der Buchführungstechnik dargestellt worden seien. Aus dem Schreiben der Handwerkskammer vom 6. November 1972, auf das sich das FG selbst gestützt habe, gehe hervor, daß auch komplette Jahresabschlüsse erstellt worden seien und der Kläger die Bedeutung der Buchführung und des Rechnungswesens als Führungsinstrument eines Handwerksunternehmens dargestellt habe. Im Bilanzanalyse-Unterricht seien äußere und innere Betriebsvergleiche der verschiedensten Art durchgeführt worden; dabei sei von den aktienrechtlichen Bilanzierungsgrundsätzen ausgegangen worden und es sei z. B. auch der steuerliche Gewinn an Hand entsprechender Aufwandskosten ermittelt worden. Es seien außerdem die Fragen der Fremd-, Eigen- und Selbstfinanzierung angesprochen worden, wie die der Klageschrift beigefügten Anlagen bewiesen. Die Voraussetzungen, die das FG selbst als für einen Bilanzanalyse-Unterricht erforderlich genannt habe, seien also erfüllt gewesen. Der Unterricht des Klägers gehe noch weit über die vom FG geforderten Unterrichtsinhalte hinaus; denn es würden auch Bewegungsbilanzen, Unternehmensbudgets und ähnliches erstellt.

3. Nach der vom FG herangezogenen Verordnung über die Berufsausbildung zum Industriekaufmann vom 24. Januar 1978 (BGBl I, 162) mit Rahmenlehrplan beinhalte die Lehrlingsausbildung zum Industriekaufmann das Fach Bilanzanalyse überhaupt nicht. Das FG sei also von völlig falschen Grundlagen bei seiner Schlußfolgerung ausgegangen, daß die Lehrlingsausbildung noch keine wissenschaftliche Tätigkeit darstelle. Auch wenn man die Meinung des FG teilen würde, daß Bilanzanalyse zur Führung eines Handwerksbetriebes nicht notwendig sei, sei dennoch das Fach Bilanzanalyse Prüfungsfach, das alle vom FG für die Anerkennung als wissenschaftlicher Unterricht geforderten Unterrichtsinhalte umfasse.

4. Das FG-Urteil weiche außerdem von einer Vielzahl von BFH-Entscheidungen ab, so von dem Urteil in BFHE 68, 504, BStBl III 1959, 193, mit dem der Unterricht an einer Abendschule, die die Ablegung der Technikerprüfung für Elektriker und Schlosser zum Ziel habe, als wissenschaftliche Tätigkeit anerkannt worden sei, und von dem Urteil vom 30. April 1952 IV 73/52 U (BFHE 56, 425, BStBl III 1952, 165), mit dem der BFH Unterricht über die Entwicklung des Steuerwesens an Volkshochschulen als wissenschaftliche Tätigkeit anerkannt habe. Die Entscheidung des FG beruhe auch auf dieser Abweichung.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkünfte aus den Meisterkursen nach § 34 Abs. 4 EStG zu besteuern.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur beantragten Herabsetzung der Einkommensteuer.

Das FG hat zu Unrecht die Unterrichtstätigkeit des Klägers über Buchführungs- und Bilanzkunde sowie über Steuerwesen nicht als wissenschaftliche Tätigkeit i. S. des § 34 Abs. 4 EStG behandelt.

1. Der Kläger rügt mit Recht, daß das FG den Unterricht im Steuerwesen zwar im Sachverhalt erwähnt hat, bei der Begründung der Nichtwissenschaftlichkeit der gesamten Unterrichtstätigkeit des Klägers darauf jedoch nicht eingegangen ist. Das FG bezieht sich für seine Beurteilung, der Unterricht des Klägers erstrecke sich zu einem nicht unwesentlichen Teil auf die Darstellung von einfachen Buchführungsvorgängen eines Handwerksbetriebes, auf das Schreiben der Handwerkskammer vom 6. November 1972. Aus diesem ergibt sich indessen, daß der Buchführungs- und Steuerunterricht in den Meistervorbereitungslehrgängen 100 Stunden je Kursus umfaßt, und in der Regel mit 70 Stunden auf Buchführungs- und mit 30 Stunden auf Steuerunterricht aufgeteilt wird sowie daß im Steuerunterricht nicht nur alle wichtigen Steuergesetze behandelt, sondern auch die Möglichkeiten einer sinnvollen betrieblichen Steuerpolitik diskutiert, die Zusammenhänge der einzelnen Steuerarten durchgesprochen und weiterhin Rechtsmittel, Steueraufsicht, Betriebsprüfung und Steuerfahndung erörtert werden.

Das FG verweist für die - zutreffende - Bemerkung, die Unterrichtung über die Grundzüge der Buchführungstechnik stelle keine wissenschaftliche Tätigkeit dar, auch wenn der Buchführungsunterricht von einem akademisch gebildeten Dozenten durchgeführt werde, auf das BFH-Urteil in BFHE 68, 504, BStBl III 1959, 193. In diesem Urteil wird aber hinsichtlich eines Unterrichts im Steuerwesen und betrieblichen Rechnungswesen auch gerade auf das vorangegangene BFH-Urteil in BFHE 56, 425, BStBl III 1952, 165 Bezug genommen, mit dem Vorträge eines Steueramtmanns a. D. an einer Volkshochschule über Fragen der Entwicklung des Steuerwesens und des betrieblichen Rechnungswesens als wissenschaftliche Tätigkeit anerkannt wurden, obwohl der Vortragende nicht akademisch vorgebildet war.

Das FG hätte somit bei zutreffender Beurteilung des Gegenstandes des Unterrichts, des Umfangs der Unterrichtsstunden über Steuerwesen und der akademischen Vorbildung des Klägers nicht zu dem Ergebnis der Nichtwissenschaftlichkeit der Unterrichtstätigkeit des Klägers in Buchführungs- und Bilanzkunde sowie im Steuerwesen kommen können.

2. Der Kläger wendet sich auch mit Recht gegen die Annahme des FG, er habe nur die Grundzüge der Buchführungstechnik dargestellt. Wie sich aus dem Schreiben der Handwerkskammer vom 6. November 1972 ergibt, umfaßte der Unterrichtsrahmen für 70 Stunden nicht nur die Aufstellung von Bilanzen und Bilanzübersichten, sondern u. a. auch Liquiditätsberechnung, Anlagedeckungsberechnung, Kostenstruktur und Eigenkapitalsentwicklung; der Unterricht sollte außerdem die Bedeutung der Buchführung mit betrieblichem Rechnungswesen, Kalkulation, Statistik als Entscheidungshilfe des Unternehmers vermitteln, was der Kläger durch umfangreiche Anlagen zur Klagebegründung mit den von ihm für den Unterricht entworfenen Bilanzzahlenzusammenstellungen erläutert hatte.

Das FG-Urteil läßt nicht erkennen, aus welchem Grund es sich bei den von dem Kläger gegebenen Darstellungen der Bilanzanalyse um "einfache bilanzielle Beurteilungen", angestellt "an Hand von einfach gestalteten Bilanzen kleiner Betriebe" und damit um eine nichtwissenschaftliche Tätigkeit gehandelt habe. Denn das FG stellt selbst die Einbeziehung des inneren und äußeren Betriebsvergleichs, die Ermittlung des steuerlichen Gewinns an Hand der entsprechenden Aufwandsposten, die Finanzierungsmethode des Unternehmens durch Fremd- und Selbstfinanzierung als Indiz für einen wissenschaftlich betriebenen Bilanzanalyse-Unterricht heraus. Die von dem Kläger mit der Klagebegründung eingereichten Unterlagen lassen indessen eindeutig erkennen, daß auch die von dem FG für die Annahme einer Wissenschaftlichkeit des Unterrichts geforderten Themen behandelt wurden.

Das Argument des FG, solche Beurteilungen seien für einen Handwerksbetrieb noch gar nicht erforderlich, ist schon deshalb nicht von Gewicht, weil es bei der Beurteilung der Wissenschaftlichkeit eines Unterrichts nicht darauf ankommen kann, ob der Unterrichtsstoff später in der Praxis auch genutzt werde, abgesehen davon, daß das Fach Bilanzanalyse für die Meisterprüfung Prüfungsfach war.

3. Die Überlegung des FG, die von dem Kläger behandelten Themen gehörten bereits zur Lehrlingsausbildung eines Industriekaufmanns, die Lehrlingsausbildung stelle aber noch keine wissenschaftliche Tätigkeit dar, hält einer Nachprüfung nicht stand. Der Kläger weist mit Recht darauf hin, daß die von dem FG erwähnte Verordnung über die Berufsausbildung zum Industriekaufmann vom 24. Januar 1978 das Fach Bilanzanalyse nicht beinhaltet. Auch angesichts der Anzahl der dem Kläger bei den Meistervorbereitungskursen für Buchführungsunterricht zugeteilten Unterrichtsstunden kann eine Gleichordnung mit Lehrlingsausbildung ausgeschlossen werden.

4. Das FG bezieht sich für die Beurteilung einer Unterrichtstätigkeit als wissenschaftliche Tätigkeit auf die BFH-Urteile in BFHE 68, 504, BStBl III 1959, 193 und vom 14. Dezember 1967 IV R 149/67 (BFHE 91, 51, BStBl II 1968, 273) und stellt heraus, daß insbesondere auf den vorgetragenen Stoff und die Form der Darbietung abzustellen sei, und daß ferner die Vorbildung der Hörer und die Fortbildung zu eigener wissenschaftlicher Tätigkeit von Bedeutung sein könnten. Damit werden die in langjähriger Rechtsprechung des BFH entwickelten Grundsätze für die Einstufung einer Unterrichtstätigkeit als wissenschaftliche Tätigkeit im wesentlichen angesprochen; jedoch erscheint für die Entscheidung des Streitfalls eine Präzisierung erforderlich.

a) Hinsichtlich der Person des Unterrichtenden und seiner Vorbildung wurde zwar betont, daß für die Ausübung einer wissenschaftlichen Tätigkeit wissenschaftliche Kenntnisse - nach dem allgemeinen Sprachgebrauch im besonderen Maße mit den an Hochschulen gelehrten Disziplinen verbunden - erforderlich sind; es wurde dabei aber eingeräumt, daß wissenschaftliche Kenntnisse auch durch Selbststudium erworben werden können (BFHE 56, 425, BStBl III 1952, 165). Andererseits kann eine unterrichtende Tätigkeit nicht schon deshalb wissenschaftlich i. S. des § 34 Abs. 4 EStG sein, weil der Unterrichtende über besondere, durch Studium erworbene pädagogische und didaktische Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, sofern der dargebotene Stoff kein wissenschaftlicher ist (BFH-Urteil vom 8. August 1974 IV R 105/71, BFHE 113, 233, BStBl II 1974, 744, über den Fall eines Berufsschullehrers für Gehörlose).

b) Entscheidendes Gewicht ist indessen Stoff und Gegenstand des Unterrichts zuzumessen. Der Unterricht muß in jedem Fall über das Vermitteln von Grundwissen hinausgehen. Bereits in dem BFH-Urteil in BFHE 68, 504, BStBl III 1959, 193 wurde herausgestellt, daß Unterricht über Kurzschrift und die Grundzüge der Technik kaufmännischer Buchführung - auch erteilt von einem Dipl.-Kaufmann - nicht wissenschaftlich ist. Es kann weder der Unterricht in Englisch in der Umgangssprache oder über die Grundzüge der Algebra (BFH-Urteil vom 16. Juni 1971 IV R 96/66, nicht veröffentlicht - n. v. -) noch der Deutschunterricht in der Mittelstufe eines Gymnasiums (BFH-Urteil vom 30. Oktober 1975 IV R 79/72 n. v.) als wissenschaftlich angesehen werden. Die Rechtsprechung hat bei wirtschaftskundlichen Themen stets darauf abgestellt, ob es sich bei diesen Themen um solche handelt, wie sie auch den volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Disziplinen der Hochschulen eigentümlich sind (so bereits in BFHE 56, 425, BStBl III 1952, 165). Ebenso wird in dem BFH-Urteil in BFHE 68, 504, BStBl III 1959, 193 als maßgeblich herausgehoben, daß der Unterrichtsstoff auch an technischen Hochschulen oder an Ingenieurschulen behandelt wird.

Im Streitfall ist das FG danach mit Recht davon ausgegangen, daß die Unterrichtung in den Grundzügen der Buchführungstechnik nicht als wissenschaftliche Tätigkeit anzusehen ist. Es hat indessen zu Unrecht den Unterrichtsstoff, den der Kläger in Buchführungs- und Bilanzkunde sowie im Steuerwesen in den Meistervorbereitungskursen vorzutragen hatte, mit dem Stoff eines Unterrichts in den Grundzügen der Buchführungstechnik gleichgesetzt. Es ist nicht zu verkennen, daß die Unterrichtsthemen des Klägers auch bei den betriebswirtschaftlichen Disziplinen der Hochschulen behandelt werden.

c) Um eine Unterrichtstätigkeit als wissenschaftliche Tätigkeit beurteilen zu können, ist ferner die Art und Weise des Vortrags von Bedeutung, ob nämlich die Vortragstätigkeit nach Form und Niveau als wissenschaftlich zu kennzeichnen ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 56, 425, BStBl III 1952, 165 und in BFHE 91, 51, BStBl II 1968, 273). Hierbei kann auch eine Rolle spielen, ob der Unterricht nach einem festgelegten Schema abgehalten oder ob ein selbsterarbeiteter Studienplan zugrunde gelegt wird.

Im Streitfall ist danach zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, daß er seinen Unterrichtsstunden in Bilanzkunde auch selbst entworfene Bilanzzahlenzusammenstellungen zugrunde gelegt hat.

d) Vorbildung und Ausbildungsgrad der Schüler und Hörer hatte die Rechtsprechung des BFH zunächst nicht als entscheidend angesehen (so BFH-Urteil in BFHE 56, 425, BStBl III 1952, 165). Später wurde aber klargestellt, daß diese Umstände im Rahmen der Gesamtwürdigung von Bedeutung sein können (BFHE 91, 51, BStBl II 1968, 273). Das brauchte noch nicht zum Tragen zu kommen, wenn es sich um Hörer einer Volkshochschule handelt, aber Unterrichtsstoff und Vortragsweise eindeutig als wissenschaftlich einzustufen waren, wie im Falle des BFH-Urteils in BFHE 56, 425, BStBl III 1952, 165; dabei ging man offensichtlich davon aus, daß der durchschnittliche Bildungsgrad der Besucher von Volkshochschulen jedenfalls in etwa dem der mit dem Studium an eigentlichen Hochschulen beginnenden Hörer entsprechen werde. Beschränkt sich der Lehrstoff dagegen auf Themen, die auch Gegenstand des Schulunterrichts sind, so muß - schon im Interesse einer vom Einzelfall unabhängigen Gleichmäßigkeit der steuerrechtlichen Behandlung - eine Differenzierung stattfinden, bei der weder das Niveau der Unterstufe noch das der Mittelstufe, sondern nur das der zur Hochschulreife führenden Oberstufe als noch im Rahmen der Wissenschaftlichkeit liegend angesehen werden kann (BFH-Urteil vom 20. April 1978 IV R 9/74, BFHE 125, 365, BStBl II 1978, 560). Bei Unterrichtsthemen, die nicht zugleich Gegenstand des Schulunterrichts sind, kann der Bildungsstand der Hörer im Rahmen der Gesamtwürdigung als Indiz für die Beurteilung des Unterrichts als wissenschaftlich herangezogen werden; er schließt diese Wertung jedenfalls nicht aus.

Im Streitfall hat das FG u. a. ausgeführt, daß die Unterrichtsthemen des Klägers bereits zur Lehrlingsausbildung eines Industriekaufmanns gehörten, die Lehrlingsausbildung aber noch keine wissenschaftliche Tätigkeit darstelle. Während die Prämisse dieser Begründung, wie bereits ausgeführt, nicht gegeben war, ist die daraus gezogene Schlußfolgerung als solche zutreffend. Weil der Kläger indessen weder Unterrichtsstoff für die Lehrlingsausbildung vortrug noch Lehrlinge auszubilden hatte, wäre zu prüfen, ob die Fortbildung von Gesellen, würde es sich um die Einstufung von Schulunterrichtsthemen handeln, einer Ausbildung auf der Grundlage der mittleren Reife in etwa gleichzustellen wäre. Dabei wird man im Falle des Klägers den Ausbildungsstand seiner Hörer als der Meisterprüfung zustrebender Handwerksgesellen wohl eher über als unter dem Niveau der mittleren Reife liegend einstufen können. Doch braucht dies nicht abschließend entschieden zu werden, da der Unterricht des Klägers bereits nach Stoff und Vortragsweise als wissenschaftlich betrachtet werden muß.

e) Zu der Frage, inwieweit auch das Ziel des Unterrichts als Kriterium für seine Beurteilung als wissenschaftliche Bedeutung hat, ist zunächst auf das BFH-Urteil in BFHE 68, 504, BStBl III 1959, 193 zu verweisen, mit dem die Vortragstätigkeit an einer technischen Abendschule, die zur Abschlußprüfung mit Diplom und der Bezeichnung "Techniker" führte, als wissenschaftlich eingestuft wurde. In gleicher Weise wurde die Unterrichtstätigkeit eines Dozenten an einem Abendgymnasium mit dem Ziel der Reifeprüfung (Aufnahmevoraussetzung mittlere Reife) beurteilt. Auch in dem BFH-Urteil in BFHE 125, 365, BStBl II 1978, 560 wurde entscheidend auf das Ziel der Unterrichtstätigkeit, nämlich die wissenschaftliche Studien eröffnende Hochschulreife zu vermitteln, abgestellt.

Für den Streitfall ist daraus zu folgern, daß die Ausrichtung des Unterrichts auf einen von den Hörern erstrebten qualifizierteren Abschluß (Techniker, Reifeprüfung) nicht immer Voraussetzung für die Wissenschaftlichkeit der Unterrichtstätigkeit zu sein braucht, für diese Beurteilung aber von besonderer Bedeutung sein kann. Der Senat hat keine Bedenken, auch die Meisterprüfung, auf deren Vorbereitung die Unterrichtstätigkeit des Klägers in Buchführungs- und Bilanzkunde sowie im Steuerwesen angelegt war, als einen solchen qualifizierteren Abschluß in dem dargelegten Sinne anzusehen.

Das Urteil des FG, das von anderen Überlegungen ausgeht, war daher aufzuheben. Der Senat kann selbst entscheiden. Die von dem FG getroffenen Feststellungen reichen nach den obigen Ausführungen aus, die hier streitigen Nebeneinkünfte des Klägers als solche aus wissenschaftlicher Tätigkeit i. S. des § 34 Abs. 4 EStG einzuordnen.