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BFH-Urteil vom 28.2.1980 (V R 152/74) BStBl. 1980 II S. 671

1. Regale, die aus genormten Stahlregalteilen zusammengesetzt werden und nach ihrer betrieblichen Zweckbestimmung in der Regel auf Dauer in dieser Zusammensetzung genutzt werden sollen, sind einer selbständigen Bewertung und Nutzung fähige Wirtschaftsgüter (Anschluß an BFHE 129, 315, BStBl II 1980, 176). Übersteigen die Anschaffungskosten für das einzelne Regal nicht die Betragsgrenze des § 6 Abs. 2 EStG, kommt Selbstverbrauchsteuerpflicht nach § 30 UStG 1967 nicht in Betracht.

2. Die auf die nichtunternehmerische Verwendung eines Flugzeugs entfallenden Kosten i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG 1967 bestimmen sich nach den tatsächlichen Gesamtkosten für das Flugzeug mit dem Aufteilungsmaßstab der unternehmerischen und nichtunternehmerischen Flugminuten. Unerheblich ist, daß die Charterung eines anderen Flugzeugs preislich günstiger wäre (Anschluß an Urteil vom 28. Februar 1980 V R 138/72).

UStG 1967 § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, § 10 Abs. 5 Nr. 2, § 30; EStG § 6 Abs. 2.

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt eine Großbuchbinderei. Sie erwarb in den Jahren 1970 und 1971 größere Mengen genormter Stahregalteile (Anschaffungskosten von 13.860,56 DM und 21.347,04 DM). Diese Teile fügte die Klägerin zu zahlreichen Regalen zusammen. Soweit der auf das einzelne Regal entfallende Anschaffungsaufwand 800 DM nicht überschritt, nahm die Klägerin Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch und hielt deswegen eine Selbstverbrauchsteuerpflicht i. S. des § 30 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1967) für nicht gegeben.

Das Finanzamt (Beklagter) vertrat demgegenüber die Auffassung, es komme nicht auf den Anschaffungspreis für das einzelne Regal, sondern auf die Gesamtanschaffungskosten der in einem Wirtschaftsjahr angeschafften Regalteile an. Es hat demgemäß die von der Klägerin in Anspruch genommene Bewertungsfreiheit versagt und im Rahmen der endgültigen Umsatzsteuerfestsetzungen für 1970 und 1971 die Selbstverbrauchsteuer für das Jahr 1970 um 784,56 DM und für das Jahr 1971 um 821,04 DM erhöht.

Ferner vertrat das Finanzamt die Auffassung, die Klägerin habe bezüglich der privaten Verwendung des unternehmenseigenen Flugzeugs die Bemessungsgrundlage des Eigenverwendungsverbrauchs (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG 1967) unzutreffend angesetzt (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG 1967). Die Klägerin hat in ihren Umsatzsteuererklärungen die Verwendung des Flugzeugs für außerhalb des Unternehmens liegende Zwecke nach den Charterpreisen pro Minute bemessen, die für ein Flugzeug der betreffenden Größenklasse anderswo hätten gezahlt werden müssen. Das Finanzamt hingegen ermittelte die auf die außerbetriebliche Verwendung entfallenden Kosten aus den gesamten Flugzeugkosten entsprechend dem Anteil der privaten Flugminuten (ohne Werkstattflüge) des betreffenden Wirtschaftsjahres. Es ist aufgrund dieser Auffassung zu einer Erhöhung der auf den Eigenverwendungsverbrauch entfallenden Umsatzsteuer von 249,04 DM im Jahre 1970 und von 418,11 DM im Jahre 1971 gekommen.

Das Finanzgericht hat die Klage, mit der eine Herabsetzung der Umsatzsteuerfestsetzungen 1970 und 1971 um die vorbezeichneten Mehrsteuern auf Selbstverbrauch und Eigenverwendungsverbrauch begehrt wird, abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist teilweise begründet.

1. Körperliche Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten gemäß § 6 Abs. 2 EStG im Jahre der Anschaffung oder Herstellung in voller Höhe als Betriebsausgaben abgesetzt werden können, unterliegen nicht der Steuer für den Selbstverbrauch (§ 30 Abs. 2 Satz 1 UStG 1967). Dem für die Beurteilung als geringwertige Wirtschaftsgüter gemäß § 6 Abs. 2 EStG maßgeblichen Erfordernis der selbständigen Bewertungs- und Nutzungsfähigkeit genügen die von der Klägerin aus den erworbenen Einzelteilen zusammengesetzten Regale.

Der gegenteiligen Auffassung des Finanzgerichts kann nicht gefolgt werden. Dieses meint, es handle sich um jederzeit austauschbare Normteile desselben Systems, so daß die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die Anschaffung der zu einem einheitlichen Ganzen gehörenden beweglichen Wirtschaftsgüter anzuwenden seien mit der Folge, daß die Gesamtheit der von der Klägerin angeschafften Regalteile als das der selbständigen Bewertung und Nutzung fähige Wirtschaftsgut anzusehen und den einzelnen von der Klägerin geschaffenen Regalen dies abzusprechen sei. Aus dem Umstand, daß die Regale aus genormten Einzelteilen zusammengesetzt worden sind, kann jedoch nicht geschlossen werden, die betriebliche Zweckbestimmung der Einzelteile sei auf eine ständige Trennung und ein erneutes Zusammenfügen zu neuen Einheiten mit zeitlich begrenzter Lebensdauer gerichtet gewesen. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die aus genormten Einzelteilen zusammengesetzten Stahlregale (wie sie heutzutage weit verbreitet sind) auf Dauer so genutzt werden, wie sie zusammengesetzt worden sind.

Die von der Klägerin zusammengesetzten Regale sind nach ihrer betrieblichen Zweckbestimmung einer selbständigen Nutzung fähig. Da die betriebliche Zweckbestimmung auf die selbständige Nutzung dieser Regale gerichtet ist, kommt es auf die Endgültigkeit des Zusammenfügens und die Möglichkeit erneuter Zerlegung dieser Regale nicht an. Der erkennende Senat tritt insoweit dem Urteil des IV. Senats vom 26. Juli 1979 IV R 170/74 (BFHE 129, 315, BStBl II 1980, 176) bei und nimmt auf die Gründe dieses zwischen denselben Beteiligten ergangenen Urteils Bezug. Mithin ist für diejenigen Regale, deren Anschaffungsaufwand den Betrag von 800 DM nicht überschritten hat, die Selbstverbrauchsteuerpflicht zu verneinen.

2. Der in der nichtunternehmerischen Flugzeugbenutzung liegende Eigenverwendungsverbrauch im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG 1967 ist gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG 1967 mit den entstandenen Kosten als Bemessungsgrundlage zu besteuern. Wie der erkennende Senat mit dem Urteil vom heutigen Tage V R 138/72 (BFHE 130, 111; BStBl II 1980, 309) entschieden hat, sind Kosten i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG 1967 die auf den nichtunternehmerisch verwendeten Gegenstand entfallenden Anteile der tatsächlich für diesen Gegenstand angefallenen Gesamtkosten. Der Unternehmer hat sich für die nichtunternehmerische Nutzung dieses Gegenstandes, die mit bestimmten Kosten verbunden ist, entschieden und nicht einen anderen Gegenstand gewählt, dessen Benutzung weniger gekostet hätte.

Das Umsatzsteuerrecht knüpft an dasjenige Entgelt an, das für den Leistungsaustausch im Einzelfall festgelegt ist; davon darf nicht deshalb nach oben oder nach unten abgewichen werden, weil jemand das im Einzelfall festgelegte Entgelt für unangemessen hält. Diese Grundsätze gelten auch im Bereich der Eigenverbauchsbesteuerung. Der Unternehmer kann wählen, ob er für die nichtunternehmerische Verwendung ein Flugzeug chartern und damit preiswerter fliegen will als mit dem eigenen Firmenflugzeug. Er wird mitunter auch bei der Auswahl zwischen zwei fremden Flugzeugen gute Gründe für die Wahl des teuereren Flugzeugs haben können. Die getroffene Entscheidung ist für die Besteuerung maßgeblich.

Bei der Bemessung der Kosten nichtunternehmerische Verwendung ist von den Gesamtkosten des für diese Verwendung ausgewählten Flugzeugs auszugehen. Diese Gesamtkosten sind aufzuteilen nach unternehmerischen und nichtunternehmerischen Flugminuten, wobei die Werkstattflüge der unternehmerischen Sphäre zugeordnet werden müssen.