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BFH-Urteil vom 7.8.1980 (II R 82/78) BStBl. 1980 II S. 757

Erwerben zwei Personen, die nicht Angehörige im Sinne des § 8 Abs. 2 des II. WoBauG sind, je zur Hälfte eine Eigentumswohnung, um sie gemeinsam zu bewohnen, so handelt es sich um eine eigengenutzte Eigentumswohnung (Abweichung von BFHE 123, 374, BStBl II 1978, 39).

GrESBWG Schleswig-Holstein § 2 Nr. 2, § 3; II. WoBauG § 8 Abs. 2, § 12 Abs. 1 Satz 2.

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) ersteigerten 1976 je zur ideellen Hälfte eine Eigentumswohnung in A. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte die Gewährung der Steuerfreiheit gemäß § 2 Nr. 2 des Schleswig-Holsteinischen Gesetzes über die Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaues, bei Maßnahmen aus dem Bereich des Bundesbaugesetzes und bei Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur (GrESBWG) ab, weil die Kläger zueinander nicht in einem Angehörigenverhältnis im Sinne des § 8 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) ständen.

Im Einspruchsverfahren legten die Kläger eine Bescheinigung der Stadt A vor. Aus dieser ergab sich, daß der Erwerbsvorgang den Erwerb von Wohnungseigentum an einer steuerbegünstigten Wohnung als eigengenutzter Eigentumswohnung betreffe, daß es sich bei den Erwerbern um Nichtfamilienangehörige handele und daß es dem FA überlassen bleibe, in eigener Zuständigkeit die weiteren Voraussetzungen für die Steuerfreiheit zu überprüfen.

Das FA wies die Einsprüche als unbegründet zurück.

Mit ihrer auf Aufhebung der Steuerbescheide gerichteten Klage haben die Kläger vorgetragen, daß die erworbene Wohnung zum Bewohnen durch sie bestimmt sei. Die Voraussetzungen des § 2 Nr. 2 GrESBWG seien deshalb erfüllt.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben.

Entscheidungsgründe

Die wegen grundsätzlicher Bedeutung vom FG zugelassene Revision des FA ist unbegründet. Das Urteil des FG enthält keinen Rechtsfehler.

Die Kläger haben die Voraussetzungen des § 2 Nr. 2 GrESBWG erfüllt. Sie haben die Eigentumswohnung als eigengenutzte Eigentumswohnung erworben.

Eine eigengenutzte Eigentumswohnung ist eine Eigentumswohnung, die zum Bewohnen durch den Eigentümer (oder seine Angehörigen) bestimmt ist (§ 3 Abs. 2 GrESBWG i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 2 des II. WoBauG). Eigentümer der Wohnung können, wie im vorliegenden Fall, auch mehrere Personen sein. Dies zeigt deutlich die Vorschrift des § 2 Nr. 1 GrESBWG. Bis 1962 war der Erwerb eines steuerbegünstigten Eigenheimes durch eine Person von der Grunderwerbsteuer befreit, die das Hausgrundstück als Eigenheim übernahm. Durch die Novelle vom 28. Juni 1962 wurde die Vorschrift dahin gefaßt, daß der Erwerb durch natürliche Personen von der Grunderwerbsteuer befreit wurde. Dadurch wurde klargestellt, daß auch der Erwerb eines Grundstücks durch mehrere Personen unter die Steuerbefreiungsvorschrift des § 2 Nr. 1 GrESBWG fällt, wenn sie das Haus als Eigenheim nutzten. Für die vergleichbare Vorschrift des § 2 Nr. 2 GrESBWG kann nichts anderes gelten, auch wenn in dieser Vorschrift die Person des Erwerbers nicht genannt ist.

Weder aus dem GrESBWG noch aus dem II. WoBauG läßt sich schließen, daß der Erwerb einer Eigentumswohnung durch mehrere Personen nur dann steuerfrei ist, wenn die mehreren eigennutzenden Erwerber zueinander im Angehörigenverhältnis stehen. Wie der vorliegende Fall zeigt, ist die Eigennutzung einer Eigentumswohnung durch mehrere Erwerber auch dann denkbar, wenn diese nicht zueinander in einem Angehörigenverhältnis stehen. Gemäß § 743 Abs. 2 BGB ist jeder Teilhaber einer Gemeinschaft zum Gebrauche des gemeinschaftlichen Gegenstandes insoweit befugt, als nicht der Mitgebrauch der übrigen Teilhaber beeinträchtigt wird. Das bedeutet, daß jeder Miteigentümer zum Gebrauch des ganzen gemeinsamen Gegenstandes berechtigt ist. Nutzen die mehreren zueinander nicht in einem Angehörigenverhältnis stehenden Miteigentümer die erworbene Wohnung im ganzen gemeinsam, so ist diese Wohnung zum Bewohnen durch die Wohnungseigentümer im Sinne der ersten Alternative des § 12 Abs. 1 Satz 2 des II. WoBauG bestimmt. Die Frage einer Nutzung durch Angehörige der Wohnungseigentümer kommt unter diesen Umständen nicht zur Entscheidung.

Der Senat hat allerdings in seinem Urteil vom 31. August 1977 II R 92/72 (BFHE 123, 374, BStBl II 1978, 39) eine andere Auffassung vertreten. Er hat erklärt, daß ein Wohngebäude, das im Eigentum mehrerer Personen stehe, die im Sinne des § 8 Abs. 2 des II. WoBauG nicht in einem Angehörigenverhältnis zueinander ständen, kein Eigenheim im Sinne des § 2 Nr. 1 GrESBWG sei. Hieran hält er jedoch nicht mehr fest. Auf die Angehörigeneigenschaft der Bewohner kommt es nur dann an, wenn nicht die Eigentümer das Haus (oder die Eigentumswohnung) bewohnen. Der Senat weist jedoch ausdrücklich darauf hin, daß der Fall II R 92/72 auch nach der nunmehr vom Senat vertretenen Auffassung im Ergebnis nicht anders hätte entschieden werden können. Die damaligen Erwerber hatten kein steuerbegünstigtes Eigenheim erworben. Die Grundsteuerbegünstigung scheiterte daran, daß das Haus mehr als zwei Wohnungen enthielt (vgl. hierzu das dasselbe Haus betreffende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 1977 VIII C 36.76, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 454.4, § 9 II. WoBauG Nr. 7).