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BFH-Urteil vom 4.12.1980 (V R 120/73) BStBl. 1981 II S. 189

Die Beratung und Vertretung in wirtschaftlichen Angelegenheiten ist für die Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchprüfers berufstypisch und unterliegt damit dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 5 UStG 1967.

UStG 1967 § 12 Abs. 2 Nr. 5; WPO §§ 2, 43, 129, 130.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

Der Kläger, Revisionsbeklagte und Anschlußrevisionskläger (Kläger) ist vereidigter Buchprüfer. Er berechnet die Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 des Umsatzsteuergesetzes - UStG 1967 -). Mit einem "Sozietäts- und Praxisüberlassungsvertrag" vom 6. November 1968 schloß er sich mit dem ehemaligen Steuerbeamten H, "zunächst zum Zwecke der gemeinsamen Praxisausübung in einer Sozietät zusammen, um in einem Zeitraum von zehn Jahren die gesamte Praxis nach und nach auf Herrn H zu übertragen" (§ 1 des Vertrages). Gemäß § 2 des Vertrages brachte der Kläger zum 2. Januar 1969 seine bestehende Steuerpraxis einschließlich der Klientel in die Sozietät ein. Hiervon ausgenommen blieb die Testamentsvollstreckung für die Erben nach dem verstorbenen Fabrikanten S, die Generalbevollmächtigung für die Witwe S sowie die Vermögensverwaltung für die Erben nach dem verstorbenen Fabrikanten W. Der Kläger war ferner im Besitze einer schon zu Lebzeiten des Erblassers S erteilten Generalvollmacht, die über dessen Tod hinaus wirksam geblieben ist. Im Aufgabenbereich als Testamentsvollstrecker und Generalbevollmächtigter fielen neben steuerlicher Beratung in der Hauptsache Überwachungs- und Kontrollfunktionen bei der Nachlaßbeteiligung an je einer Personen- und Kapitalgesellschaft und die Verwaltung eines größeren Vermögens an. Der Kläger erhielt für diese Tätigkeit im Jahre 1969 Vergütungen, und zwar 33.904,12 DM für das Jahr 1968 und 13.132 DM für das Jahr 1969.

Der Beklagte, Revisionskläger und Anschlußrevisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hat zunächst bezüglich dieser in den Jahren 1968 und 1969 erbrachten Tätigkeit die Auffassung vertreten, sie seien nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 5 UStG 1967 begünstigt, und hat dementsprechend die Umsatzsteuer unter Anwendung des allgemeinen Steuersatzes festgesetzt. Im Laufe des Klageverfahrens hat das FA jedoch , wegen des Hinweises auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BdF) vom 23. Oktober 1972 (BStBl I 1972, 547) die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die Umsätze 1968 zugestanden und beantragt, dies bei der finanzgerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen.

Das Finanzgericht (FG) ist dem gefolgt und hat außerdem gemäß dem erhobenen Klageantrag erkannt, daß auch die entsprechenden Umsätze 1969 in Höhe von 13.132 DM nach § 12 Abs. 2 Nr. 5 UStG 1967 begünstigt seien, und die Umsatzsteuer dementsprechend herabgesetzt.

Der Sozietäts- und Praxisüberlassungsvertrag vom 6. November 1968 lautet in seinem § 3, daß der "Praxiswert (Klientel) 130.000 DM beträgt, der in zehn gleichen Jahresraten ab 1969 als Vorwegvergütung vom steuerlichen Gewinn der Sozietät" an den Kläger zu zahlen ist. Nach § 4 des Vertrages wird das Anlagevermögen der bisherigen Einzelpraxis (Einrichtung, Maschinen, Fachbücherei und dergleichen) nach Vornahme einer gemeinsamen Inventur zu einem noch zu vereinbarenden Preis von der Sozietät übernommen. Nach Ablauf von fünf Jahren ab Übergabe des Anlagevermögens hatte H den Kaufpreis an den Kläger zu zahlen. Der Zahlungsmodus sollte sich nach der finanziellen Situation der Sozietät richten. Bis zur Zahlung des Kaufpreises wurde eine jährliche Verzinsung mit 3 v. H. (als Vorwegvergütung vom steuerlichen Gewinn der Sozietät) vereinbart. Der Gewinn der Sozietät, der gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt wurde, sollte nach Abzug der erwähnten Vorwegvergütung zu 70 v. H. dem H und zu 30 v. H. dem Kläger zufallen.

Der Kläger erteilte der Sozietät über den Praxiswert-Übernahmepreis eine Rechnung von 130.000 DM und wies die hierauf entfallene Umsatzsteuer von 14.300 DM gesondert aus. Die Sozietät hat diese Umsatzsteuer im Jahre 1969 gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 als abziehbare Vorsteuern behandelt. Im Jahr 1969 hat die Sozietät ferner auf den vereinbarten Praxiswert-Übernahmepreis eine erste Rate von 11.000 DM an den Kläger gezahlt.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens hat das FA diesen Vorgang wie folgt gewürdigt und die Umsatzsteuer entsprechend festgesetzt. Der Kläger habe mit der Einbringung der Einzelpraxis in die Sozietät eine sonstige Leistung i. S des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 erbracht, der als Gegenleistung der Sozietät die Gewährung von Gesellschaftsrechten gegenüberstehe. Es sei mithin ein tauschähnlicher Umsatz gegeben, wobei die Leistung des Klägers in einer Geschäftsveräußerung im ganzen bestünde, für die sich die Bemessungsgrundlage aus § 10 Abs. 4 i. V. m. § 10 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 ergebe. Maßgebliches Entgelt sei danach der gemeine Wert des Gesellschaftsrechts, der dem gemeinen Wert der übertragenen Besitzposten entspreche. Dieser sei anzusetzen mit dem Firmenwert von 130.000 DM und dem sonstigen abnutzbaren Anlagevermögen, das entsprechend der Vermögensaufstellung für die Zwecke der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1969 mit 13.300 DM anzusetzen sei, so daß das Entgelt für die Geschäftsveräußerung im ganzen mit 143.300 DM zu bemessen und die Steuer insoweit mit 15.763 DM festzusetzen sei. Darauf daß dem Kläger im. Jahre 1969 nur ein Teilbetrag von 11.000 DM zugeflossen sei, komme es nicht an, weil die Gegenleistung in der Gewährung von Gesellschaftsrechten bestehe, die die Sozietät im Jahre 1969 gewährt habe.

Demgegenüber hat der Kläger vorgebracht, es läge eine Praxisaufgabe mit Übergangsvereinbarung vor, auf die im Innenverhältnis die Vorschriften der §§ 705 ff. BGB Anwendung finden sollten. Daher seien auch nur die von H jährlich gezahlten Kaufpreisraten zu versteuern.

Das FG hat die vom FA eingenommene Rechtsauffassung grundsätzlich als zutreffend beurteilt, jedoch die Gegenleistung anders bemessen. Maßgeblich ist nach seiner Auffassung nicht der Wert der erbrachten Leistung, sondern der Wert der Gegenleistung (empfangene Gesellschaftsrechte), den es in entsprechender Anwendung der zu § 13 des Bewertungsgesetzes 1965 (im folgenden: BewG) aufgestellten Hilfstafel 2 mit 113.952 DM angesetzt hat (darauf entfallende Umsatzsteuer: 12.534,72 DM). Der Kläger habe jedoch in seiner Rechnung über den Praxiswert-Übernahmepreis von 130.000 DM die darauf entfallende Umsatzsteuer von 14.300 DM gesondert ausgewiesen. Den Differenzbetrag zwischen 12.534,72 DM und 14.300 DM schulde der Kläger gemäß § 14 Abs. 2 UStG 1967. Die im Schrifttum teilweise vertretene Auffassung, diese Vorschrift reife nur dann ein wenn von einem richtigen Entgelt ausgehend eine zu hohe Steuer ausgewiesen worden sei, sei abzulehnen. Diese Auffassung, Fälle der vorliegenden Art über § 17 UStG 1967 zu regulieren, laufe dem Sinn und Zweck des § 14 Abs. 2 UStG 1967 zuwider und führe gerade bei tauschähnlichen Umsätzen zu einem verdeckten Preisnachlaß.

Mit der Revision begehrt das FA, die im Jahre 1969 erbrachten Umsätze aus Testamentsvollstreckung und Generalbevollmächtigung in Höhe von 13.132 DM dem allgemeinen Steuersatz zu unterwerfen und insoweit das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben. Der Kläger übe seine freiberufliche Tätigkeit ab 1. Januar 1969 allein im Rahmen der Sozietät aus. Daneben sei er als Unternehmer tätig, der Umsätze aus einer in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG erfaßten Tätigkeit der Vermögensverwaltung erbringe. Die Begünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 5 UStG 1967 könne entgegen der Auffassung des FG nicht aus der Erwägung gewahrt werden, der Kläger wickle mit dieser Vermögensverwaltung lediglich seine ehemalige freiberufliche Tätigkeit als vereidigter Buchprüfer ab.

Der Kläger begehrt zum einen, die Revision des FA zurückzuweisen. Zum anderen verfolgt er mit seiner Anschlußrevision den im Klageverfahren eingenommenen Rechtsstandpunkt weiter und erstrebt sinngemäß, lediglich die im Jahre 1969 vereinnahmte erste Rate von 11.000 DM, auf den Praxiswert-Übernahmepreis der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Entscheidungsgründe

I.

Revision und Anschlußrevision sind begründet.

Die Revision des FA führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils.

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 5 UStG 1967 sind die Lieferungen und sonstige Leistungen aus der Tätigkeit eines freien Berufes i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG begünstigt. Der Kläger übt als vereidigter Buchprüfer einen der sogenannten Katalogberufe des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus. Er ist mit denjenigen Umsätzen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 5 UStG 1967 begünstigt, die - an seinem Berufsbild gemessen - für ihn berufstypisch sind.

1. Für die Bestimmung des Berufsbildes und Kreises berufstypischer Tätigkeiten sind die Vorschriften der §§ 129, 130 des Gesetzes über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung - WPO -) vom 24. Juli 1961 (BGBl I 1961, 1049) maßgeblich. Gemäß § 129 Abs. 1 WPO haben vereidigte Buchprüfer die berufliche Aufgabe, Prüfungen auf dem Gebiete des betrieblichen Rechnungswesens, insbesondere Buch- und Bilanzprüfungen, vorzunehmen. Für Wirtschaftsprüfer bestimmt § 2 Abs. 1 WPO entsprechend, daß diese die berufliche Aufgabe haben, betriebswirtschaftliche Prüfungen, insbesondere solche von Jahresabschlüssen wirtschaftlicher Unternehmen, durchzuführen. Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer sind außerdem befugt, ihre Auftraggeber in steuerlichen Angelegenheiten zu beraten und zu vertreten (§ 2 Abs. 2, § 129 Abs. 2 WPO). Mit dem Beruf eines Wirtschaftsprüfers und eines vereidigten Buchprüfers sind gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 1 WPO (für vereidigte Buchprüfer aufgrund der Verweisung in § 130 WPO) vereinbar alle Tätigkeiten, welche Beratung und Wahrung fremder Interessen in wirtschaftlichen Angelegenheiten zum Gegenstand haben.

2. Mit der Beschreibung der dem Wirtschaftsprüfer und dem vereidigten Buchprüfer zugewiesenen und vorbehaltenen Aufgaben im Bereich des Prüfungswesens (§ 2 Abs. 1, § 129 Abs. 1 WPO) wird nur der engere Kreis der berufstypischen Tätigkeit umrissen (Berufsbild im engeren Sinne), jedoch nicht abschließend festgelegt. Dies ergibt sich schon daraus, daß Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer befugt sind, die steuerliche Beratung und Vertretung wahrzunehmen (§ 2 Abs. 2, § 129 Abs. 2 WPO). Die gesetzestechnische Abtrennung der Steuerberatungsbefugnis vom Berufsbild im engeren Sinne erfolgte allein aus der Erwägung, daß für diese Tätigkeiten andere Vorschriften maßgeblich sein können (vgl. Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestags, zu Bundestags-Drucksache III/2565, Abschn. C, zu § 2 und zu §§ 128 bis 131 WPO). Hier ist in erster Linie an die berufsrechtlichen Vorschriften für Steuerberater, geregelt im Steuerberatungsgesetz, zu denken.

Zwischen diesen beiden Tätigkeitsbereichen eingebettet ist die Beratung in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Durch sie werden insbesondere aus Prüfungen gewonnene Erkenntnisse zum Nutzen der Betriebe verwertet. Deshalb war im Regierungsentwurf einer Wirtschaftsprüferordnung ursprünglich vorgesehen, die Befugnis zur Beratung und Vertretung in wirtschaftlichen Angelegenheiten gleichrangig zur Beratung und Vertretung in steuerlichen Angelegenheiten zu normieren (vgl. Amtliche Begründung des Regierungsentwurfs einer Wirtschaftsprüferordnung, Bundestags-Drucksache III/201, S. 34 - zu § 2 -, sowie Amtliche Begründung des Regierungsentwurfs einer Buchprüferordnung, Bundestags-Drucksache III/202, Erster Teil, S. 23). Wie in der Amtlichen Begründung ausgeführt, sollte mit der Befugnis zur Beratung und Vertretung in wirtschaftlichen Angelegenheiten der Entwicklung der Praxis Rechnung getragen werden. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde jedoch die Wirtschaftsberatung nach § 43 Abs. 4 Nr. 1 WPO verwiesen. Wie dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 9. Mai 1967 I b ZR 59/65 (BGHZ 48, 12) zu entnehmen ist, sollte den Wirtschaftsprüfern (und auch den vereidigten Buchprüfern) diese Tätigkeit nicht verwehrt werden. Die Einstufung als vereinbare Tätigkeit trug nur den Befürchtungen der Anwaltschaft Rechnung, daß die Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer unter Berufung auf Art. 1 § 5 des Gesetzes zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung auch die Rechtsberatung in wirtschaftlichen Angelegenheiten an sich ziehen könnten. Bei dieser Sachlage hat sich nach Auffassung des erkennenden Senats nichts an der in der Amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf enthaltenen und die tatsächlichen Verhältnisse beschreibenden Sachaussage geändert, daß Beratung und Vertretung in wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Prüfungsaufgabe sachlich eng verbunden sind. Wenn den Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern aus den vorbezeichneten Gründen nicht die ausdrückliche Befugnis zur Beratung und Vertretung in wirtschaftlichen Angelegenheiten zugesprochen wurde, so kann dies nichts daran ändern, daß diese Tätigkeit das Berufsbild des Wirtschaftsprüfers und des vereidigten Buchprüfers mitbestimmt. Insofern trägt § 43 Abs. 4 Nr. 1 WPO der Beschreibung des Berufsbildes im engeren Sinne, welches für die Besteuerung als maßgeblich zu betrachten ist, nur unzureichend Rechnung.

3. Die Feststellungen des FG lassen nicht erkennen, ob der Kläger - neben einem geringfügigen Anteil steuerlicher Beratung - aufgrund seiner Generalvollmacht und in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker eine wirtschaftsberatende Tätigkeit entfaltet hat. Es ist lediglich festgestellt, daß der Kläger Überwachungs- und Kontrollfunktionen bei der Nachlaßbeteiligung an je einer Personen und Kapitalgesellschaft gehabt und ein größeres Vermögen verwaltet hat.

Wirtschaftsberatung ist ihrem Wesen nach Beratung eines anderen, also die Gewährung einer Entscheidungshilfe. Vertretung in diesem Bereich darf nicht die Entscheidung des Beratenen ersetzen oder verdrängen. Beratung, die sich in der Form der Überwachung und Kontrolle, vollzieht, muß sich folglich auf die Übermittlung des Überwachungs- und Kontrollergebnisses an den Beratenen beschränken, dem - unter Umständen ergänzt um sachverständige Hinweise - die Entscheidung ermöglicht wird. Überwachungs- und Kontrollbefugnisse, die zum Eingriff in die Entscheidungsbefugnisse des Überwachten berechtigen (und sei es in der Form eines Vetos), überschreiten den Rahmen der wirtschaftlichen Beratung. Mithin ist Mitwirkung an Entscheidungsprozessen, bei denen der Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer die Entscheidung allein übernimmt oder mitträgt, keine berufstypische wirtschaftliche Beratung mehr, sondern Teilhabe an der Geschäftsführung und Wahrnehmung von Vermögensverwaltung.

Letztere kann nicht unter Berufung auf § 43 Abs. 4 Nr. 4 WPO deshalb als berufstypisch angesehen werden, weil dort die treuhänderische Tätigkeit als vereinbar mit dem Berufe des Wirtschaftsprüfers und vereidigten Buchprüfers aufgeführt ist. Zwar wird in der Amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf einer Wirtschaftsprüferordnung ausgeführt, die treuhänderische Tätigkeit gehöre nach der historischen Entwicklung zu den Aufgaben, mit denen ein Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer von der Wirtschaft betraut werde. Was angesichts des weitgespannten Treuhandbegriffs unter einer für den Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer typisch treuhänderischen Tätigkeit verstanden wird, ist offengeblieben. Es mag sein, daß im Einzelfall bestimmte treuhänderische Funktionen mit der wirtschaftlichen Beratung untrennbar verknüpft sind und deshalb ihre Wahrnehmung vom Gesetz als vereinbar und damit als erlaubt betrachtet wird. Eine von der Wirtschaftsberatung abgekoppelte Vermögensverwaltung hält sich jedoch nach Auffassung des Senats nicht mehr im Rahmen einer berufstypischen, d. h. das Bild des Wirtschaftsprüferberufes prägenden Betätigung. Dafür spricht insbesondere, daß auch das Gesetz eine solche ausschließliche Vermögensverwaltung nicht als berufstypisch ansieht, denn eine solche Tätigkeit auf diesem Sektor wäre selbst dann, wenn sie noch als treuhänderische Betätigung zu beurteilen wäre, an eine Ausnahmegenehmigung der Wirtschaftsprüferkammer gebunden (vgl. § 43 Abs. 4 Nr. 4 WPO).

Die Sache ist nicht spruchreif, da die vom FG getroffenen Feststellungen nicht die Entscheidung ermöglichen, ob der Kläger ganz oder teilweise eine wirtschaftsberatende Tätigkeit entfaltet hat (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Senat sieht sich in diesem Zusammenhang zu dem Hinweis veranlaßt, daß nach den getroffenen Feststellungen keine Grunde ersichtlich sind, warum für das Jahr 1969 nicht nach den Grundsätzen des BdF Erlasses vom 23. Oktober 1972 (BStBl I 1972, 542) verfahren worden ist (vgl. hierzu Beschluß vom 24. Januar 1974 V B 35/73, BFHE 111, 444, BStBl II 1974, 372).

II.

Die Anschlußrevision des Klägers ist begründet.

1. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß der Kläger und sein Partner H sich seit dem 2. Januar 1969 zum Zwecke der gemeinsamen Berufsausübung zu einer Sozietät zusammengeschlossen haben. Dies ergibt sich zum einen aus den vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere aus der Absicht, durch gemeinschaftliches Handeln Gewinne zu erzielen und diese (nach Abzug der Vorwegvergütung) im Verhältnis 30:70 zu teilen. Diese vertraglich bekundeten Intentionen haben der Kläger und H nach den vom FG getroffenen Feststellungen nach außen hin durch Auftreten als Sozietät verwirklicht (gemeinsames Praxisschild, gemeinsame Büroräume, entsprechende Geschäftsstempel und Briefköpfe auf Geschäftsbögen).

Ohne Bedeutung ist, daß der Kläger den Zusammenschluß zur Sozietät der für ihn zuständigen Wirtschaftsprüferkammer nicht angezeigt hat (vgl. Abschn. III Nr. 6 der Richtlinien für die Berufsausübung der Wirtschaftsprüfer - Stand 1. Dezember 1977 -) und daher die Zustimmung der Wirtschaftsprüferkammer zur Sozietät nicht erteilt worden ist; denn der Kläger und H haben die Sozietät im Verhältnis zu sich selbst und ihren Auftraggebern verwirklicht. Auf die berufsrechtlichen Folgen ihres Handelns kommt es für die Umsatzbesteuerung nicht an.

2. Dem FG kann jedoch nicht in der Auffassung gefolgt werden, daß sich der Sozietätsgründungsvorgang umsatzsteuerrechtlich in der Form einer "Geschäftsveräußerung im ganzen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten" vollzogen habe. Der Vorgang der Sozietätsgründung ähnelt vielmehr dem in § 24 HGB geregelten Fall der Aufnahme eines Gesellschafters in ein bestehendes Handelsgeschäft. Nach zutreffender Auslegung des sogenannten Sozietäts- und Praxisüberlassungsvertrages vom 6. November 1968 hat der Kläger in die Sozietät - wie auch H - lediglich seine Arbeitskraft eingebracht und überdies der Sozietät seine Praxis samt Klientel gegen Entgelt überlassen. Dies ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem am gleichen Tage abgeschlossenen Zusatzvertrag, in dem es heißt: Die Arbeitsleistung des Klägers für die Sozietät soll sich nach der prozentualen Gewinnbeteiligung (ohne Berücksichtigung der Vorwegvergütungen) richten. Für den Kläger waren bestimmte Sätze der üblichen Arbeitszeit vorgesehen. Die Arbeitszeit (gleich Gewinnbeteiligung) wurde für 1969 mit 40 v. H. angesetzt. Sie fiel (bis zum Jahre 1976) jährlich um 5. v. H. und erreichte im Jahre 1979 null.

Die in den §§ 2 und 3 des sogenannten Sozietäts und Praxisüberlassungsvertrages vom 6. November 1968 enthaltene Vereinbarung, daß der Kläger seine Steuerpraxis einschließlich Klientel in die Sozietät zum Preis von 130.000 DM einbringe, steht neben der Sozietätsvereinbarung der beiderseitigen Arbeitsleistung. Zwar konnte die Begründung einer Sozietät nur dann einen Sinn haben, wenn ihr die Klientel der bislang vom Kläger betriebenen Einzelpraxis zugänglich gemacht wurde. Deshalb war die dahin gehende Verpflichtung des Klägers auch wirtschaftlich sinnvoll und notwendig. Der Kläger war jedoch nur gewillt, der Sozietät seine Praxis samt Klientel gegen Zahlung von 130.000 DM zuzüglich Umsatzsteuer zu überlassen. Dieser Betrag ist das Entgelt für die Praxisüberlassung und nicht - wie das FG meint - für die "Gesellschaftsrechte". Die Rechte eines jeden Partners der Sozietät bestanden lediglich in dem Anspruch auf die Mitarbeit des anderen Partners.

3. Die Überlassung der Klientel an die Sozietät gegen einen Preis von 130.000 DM (zuzüglich Umsatzsteuer) ist eine entgeltliche Leistung des Klägers i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967. Sie wurde im Jahre 1969 erbracht. In diesem Besteuerungszeitraum berechnete der Kläger die Steuer gemäß § 20 UStG 1967 nach vereinnahmten Entgelten, so daß gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG 1967 für die Entstehung der Steuerschuld die Entgeltsvereinnahmung maßgeblich ist. Der Kläger hatte im Jahre 1969 eine erste Kaufpreisrate von 11.000 DM erhalten. Es ist mithin für diesen Besteuerungszeitraum bei Anwendung des allgemeinen Steuersatzes von 11 v. H. (im Wege der Herausrechnung) eine Steuerschuld von 1.090,10 DM entstanden.

Der Kläger war gleichwohl berechtigt, der Sozietät eine Rechnung über den gesamten Kaufpreis zu erteilen, also neben dem umsatzsteuerrechtlichen Entgelt von 130.000 DM den hierauf entfallenden Steuerbetrag von 14.300 DM gesondert in Rechnung zu steilen. Die nach § 14 Abs. 1 UStG 1967 erforderlichen Voraussetzungen, insbesondere die Ausführung steuerpflichtiger Leistungen, liegen vor. Ebenso war die Sozietät als Leistungsempfänger nicht gehindert, die ihr in Rechnung gestellte Umsatzsteuer gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 als Vorsteuer abzuziehen, denn sie hatte die für ihr Unternehmen bestimmte Leistung erhalten. Das für § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 geltende Soll-Prinzip, das den Abzug der Vorsteuer schon dann zuläßt, wenn der Leistungsempfänger das Entgelt noch nicht an den leistenden Unternehmer entrichtet hat, führt zwar im Regelfall der Soll-Besteuerung normalerweise nicht (oder nur unwesentlich) zu einem zeitlichen Auseinanderfallen von Entstehung der Steuerschuld und des Vorsteuerabzugsanspruchs. Im Falle der Ist-Besteuerung des leistenden Unternehmers tritt jedoch wie vorliegender Fall zeigt - eine andere Wirkung ein, die jedoch vom Gesetz hingenommen wird.