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BFH-Urteil vom 28.10.1980 (VIII R 105/77) BStBl. 1981 II S. 212

Bei der Ermittlung des Restwerts einer vermieteten, bisher vom Eigentümer selbst genutzten Eigentumswohnung i. S. des § 7 b Abs. 1 Satz 2 EStG sind die im Nutzungswert der Wohnung enthaltenen AfA nach § 7 EStG zu erfassen.

EStG § 7 Abs. 4, § 7b; EStG 1977 § 21a Abs. 3 Nr. 2; EStDV 1969 ff. § 15 Abs. 1 Satz 2.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1974 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Sie sind Ersterwerber einer Eigentumswohnung, die sie ab Fertigstellung im Jahre 1966 selbst bewohnten und vom 1. August 1971 ab vermietet haben. Von 1966 bis 1973 nahmen die Kläger die erhöhten Absetzungen nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch.

Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Streitjahr 1974, dem ersten Jahr nach Ablauf des Begünstigungszeitraums des § 7b EStG, minderte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Anschaffungskosten zur Ermittlung des Restwerts i. S. des § 7b Abs. 1 Satz 2 EStG nicht nur um die erhöhten Absetzungen des § 7b EStG, sondern auch um die Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 EStG unter Hinweis auf Abschn. 59a Abs. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR).

Die Sprungklage hiergegen hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat sein Urteil wie folgt begründet: Zu den im Grundbetrag des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus abgegoltenen Werbungskosten gehöre grundsätzlich auch die AfA. An die Stelle der normalen AfA nach § 7 EStG treten gemäß § 7b Abs. 1 Satz 1 EStG die erhöhten Absetzungen des § 7b EStG, nicht aber neben sie, wenn sie auch gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) in voller Höhe vom Grundbetrag abgesetzt werden können. Daraus folge, daß die AfA nach § 7 EStG während des Begünstigungszeitraums des § 7b EStG vom Grundbetrag nicht abgesetzt werde. Es sei nicht zulässig, die Vergünstigung des § 7b EStG durch Kürzung des Restbetrages um eine fiktive AfA nach § 7 EStG nachträglich zum Teil rückgängig zu machen.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA mit der folgenden Begründung: Im Urteil vom 1. Dezember 1967 VI R 90/66 (BFHE 91, 155, BStBl II 1968, 267) habe der Bundesfinanzhof (BFH) ausgesprochen, daß der Eigentümer eines Einfamilienhauses die erhöhten Absetzungen des § 7b EStG neben der im Grundbetrag erfaßten AfA des § 7 EStG geltend machen könne, und darauf hingewiesen, daß der Gesetzgeber diese doppelte Berücksichtigung offenbar in Kauf genommen habe. Diese Auffassung gelte auch für § 21a EStG 1974. Die Berechnung des Grundbetrages weise jedoch einen Fehler auf, der berichtigt werden müsse.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuer auf 78.775 DM festzusetzen. Die Kläger beantragen die Revision zurückzuweisen.

Auf Anregung des Senats ist der Bundesminister der Finanzen (BdF) dem Verfahren beigetreten und hat sich wie folgt geäußert: Abweichend von dem Grundsatz des § 7b Abs. 1 Satz 1 EStG, wonach die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG an die Stelle der AfA nach § 7 EStG treten, habe der Verordnungsgeber ursprünglich in § 10 Abs. 3 EStDV 1949, später in § 15 Abs. 1 und 3 EStDV 1955 und nunmehr in § 21a Abs. 3 Nr. 2 EStG 1977 bestimmt, daß die erhöhten Absetzungen zusätzlich vom Grundbetrag des nach der Einfamilienhaus-Verordnung (EinfHaus-VO) zu ermittelnden Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus abgezogen werden können. Der Anordnung liege die Vorstellung zugrunde, daß der Nutzungswert von selbstgenutzten Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen in einem vereinfachten Verfahren ermittelt werde, bei dem die Normal-AfA bereits berücksichtigt sei. Dieses wenig aufwendige und eingespielte Verfahren zur Einkunftsermittlung habe nicht durch Rückrechnung der im Nutzungswert abgegoltenen Normal-AfA wahrend der Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG belastet werden sollen. Die Bestimmungen enthielten aber keine von den Grundsätzen des § 7b EStG abweichende Methode zur Berechnung der Restwert-AfA. Unterbliebe die Berücksichtigung der in der Einfamilienhaus-Verordnung bzw. im § 21a EStG erfaßten Normal-AfA, so führe dies im Ergebnis zu einer Erweiterung der AfA-Bemessungsgrundlage bei einem ursprünglich selbstgenutzten Einfamilienhaus oder einer Eigentumswohnung, was nicht dem Willen des Gesetzgebers entspreche.

Die Kläger erwidern hierauf, aus der Formulierung des § 15 EStDV ergebe sich, daß für die Anwendung des § 7b EStG auf Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen von einem im pauschalierten Nutzungswert enthaltenen Normal-AfA-Satz "gegen Null" ausgegangen werden solle.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Das FA hat den Restwert i. S. des § 7b Abs. 1 Satz 2 EStG entsprechend der Verwaltungsanweisung in Abschn. 59 a Abs. 2 EStR zutreffend ermittelt, indem es die Anschaffungskosten der Eigentumswohnung sowohl um den Gesamtbetrag der den Klägern gewährten erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG als auch um den Gesamtbetrag der AfA des § 7 Abs. 4 EStG gekürzt hat. Denn diese AfA ist den Klägern in den Jahren der Eigennutzung der Wohnung neben der vom Grundbetrag des § 2 EinfHaus-VO besonders abgesetzten erhöhten Absetzungen des § 7 b EStG im Grundbetrag gewährt worden. Die Einfamilienhaus-Verordnung ist auf Eigentumswohnungen gemäß § 62 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) vom 15. März 1951 (BGBl I 1951, 175) anzuwenden.

Daß die normale AfA im Grundbetrag enthalten ist, ergibt sich aus Buchst. B zu § 2 Abs. 6 des Erlasses des Reichsministers der Finanzen vom 27. Januar 1941 S 2182 - 150 III (RStBl 1941, 97), wonach ein Abzug für andere Hausunkosten als für Zinsen nicht in Betracht kommt, weil alle anderen Hausunkosten - also auch die AfA - bereits abgegolten sind. Diese Auffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteile in BFHE 91, 155, BStBl II 1968, 267; vom 18. Januar 1972 VIII R 74/68, BFHE 104, 349, BStBl II 1972, 342).

Es gibt allerdings keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Erfassung der AfA im Nutzungswert der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus, da die Höhe des Nutzungswerts durch keine die einzelnen Posten benennende Kalkulation ermittelt worden ist. Da aber unter dem Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus nach § 2 EinfHaus-VO der Netto-Nutzungswert zu verstehen ist, also der Mietwert nach Abzug der Werbungskosten (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 3. Dezember 1958 1 BvR 488/57, BStBl I 1959, 68), sind dabei auch AfA nach § 7 EStG berücksichtigt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG). Hiergegen spricht auch nicht, daß die Höhe der im Nutzungswert erfaßten Normal-AfA nicht eindeutig feststeht, nachdem § 7 Abs. 4 und 5 EStG eingefügt wurde, der Grundbetrag aber trotz der Erhöhung der AfA unverändert blieb. Denn es ist nicht ersichtlich, daß die Höhe der AfA bei Einfamilienhäusern oder Eigentumswohnungen nach anderen Regeln zu bestimmen wäre als bei anderen Gebäuden. Die Regeln des § 7 Abs. 4 EStG müssen daher auch auf die im Nutzungswert enthaltene AfA angewandt werden.

Entgegen der Ansicht der Kläger kann aus der Regelung des § 15 EStDV und der entsprechenden Regelung in § 21a Abs. 3 Nr. 2 EStG 1977 nicht der Schluß gezogen werden, daß bei der Anwendung des § 7b EStG auf Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen nach dem Willen des Verordnungs- bzw. Gesetzgebers die im Nutzungswert berücksichtigte Normal-AfA außer Betracht bleiben solle. Diese Ansicht führte nicht einmal zur Übereinstimmung des § 7b Abs. 1 Satz 1 EStG, demzufolge die erhöhte Absetzung abweichend von der Normal-AfA des § 7 Abs. 4 und 5 EStG, d. h. an deren Stelle vorgenommen werden kann, und § 15 EStDV bzw. § 21a Abs. 3 Nr. 2 EStG 1977, wonach die erhöhte Absetzung von dem Grundbetrag abgezogen werden kann, in dem die Normal-AfA berücksichtigt ist, also neben die Normal-AfA tritt. Denn auch wenn diese Normal-AfA auf null DM gemindert wird, ist doch das Nebeneinander der beiden Absetzungen nicht vermieden. Lediglich das Ergebnis stimmt überein. Hinzu kommt, daß der Verordnungsgeber in § 15 EStDV, zum mindesten aber der Gesetzgeber in § 21a Abs. 3 Nr. 2 EStG 1977 für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen zwar eine von § 7b EStG abweichende Regelung treffen konnte, damit jedoch die Tatsache, daß in dem Nutzungswert der eigenen Wohnung die Normal-AfA erfaßt ist, nicht aus der Welt schaffen konnte. Daraus folgt, daß die im Nutzungswert enthaltene Normal-AfA nur außer acht gelassen werden kann, wo dies ausdrücklich vorgeschrieben ist, für den Abzug der erhöhten Absetzungen also durch § 15 EStDV bzw. § 21a Abs. 3 Nr. 2 EStG 1977. Für die Ermittlung des Restwerts nach § 7b Abs. 1 Satz 2 EStG fehlt eine entsprechende Regelung, so daß hier beide nebeneinander vorgenommenen Absetzungen in Rechnung zu stellen sind. Im übrigen teilt aber der Senat die Auffassung des BdF, daß die Regelung des § 15 EStDV bzw. des § 21a Abs. 3 Nr. 2 EStG 1977 der Verwaltungsvereinfachung dienen sollte und die steuerliche Besserstellung der Nutzer der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus bzw. der Eigentumswohnung gegenüber den anderen Steuerpflichtigen im Rahmen des § 7 b EStG lediglich hingenommen worden ist.

Es ist auch nicht richtig, wenn die Kläger ausführen, ihnen würde durch die Anrechnung der Normal-AfA zusätzlich zur erhöhten Absetzung des § 7b EStG bei der Ermittlung des Restwerts nach § 7b Abs. 1 Satz 2 EStG die Vergünstigung des § 7b EStG entzogen. Diese Vergünstigung besteht lediglich in der vorzeitigen Berücksichtigung von AfA-Beträgen, die nach allgemeiner Regelung erst später hätten in Anspruch genommen werden können. Sie besteht aber nicht darin, dem Steuerpflichtigen eine Absetzung über die Anschaffungs- bzw. Herstellungsaufwendungen hinaus zu gewähren. Den Klägern verbleibt in jedem Falle der vorzeitige Abzug erhöhter Absetzungsbeträge und damit die in § 7b EStG gewährte Steuervergünstigung. Mehr können sie nicht verlangen. Daß dem Inhaber einer Wohnung im eigenen Einfamilienhaus oder einer Eigentumswohnung, der auch nach Ablauf des Begünstigungszeitraums des § 7b EStG die Wohnung selbst nutzt, die überhöhten AfA Beträge des § 15 EStDV bzw. des § 21a Abs. 3 Nr. 2 EStG 1977 verbleiben, hat der Verordnungs- bzw. Gesetzgeber in Kauf genommen, wie bereits ausgeführt.