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BFH-Urteil vom 29.10.1980 (I R 61/77) BStBl. 1981 II S. 336

1. Von einer Organgesellschaft in ihrer Bilanz gebildete Rücklagen sind nur dann "bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet", wenn die Organgesellschaft einen konkreten Anlaß für die Bildung der Rücklagen dartun kann.

2. Ein konkreter Anlaß kann auch dann vorliegen, wenn das Unternehmen besondere Risiken trägt, die es bei Ausschüttung der in Rücklage gestellten Beträge an den Organträger ohne Gefährdung des Unternehmens möglicherweise nicht abdecken könnte.

KStG 1968 § 6 Abs. 1 Satz 2, § 7a Abs. 1 Nr. 5.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Streitig ist, ob ein von der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer GmbH, als Organgesellschaft abgeschlossener Gewinnabführungsvertrag trotz Bildung von Rücklagen der Besteuerung zugrunde zu legen ist.

Die Klägerin befaßte sich mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen und dem Prämieninkasso. Alleinige Gesellschafterin war die Y-Gesellschaft. Einer der Geschäftsführer der Klägerin war zugleich Vorstandsmitglied der Y-Gesellschaft. Mit dieser schloß die Klägerin im Jahre 1970 einen "Organschafts- und Ergebnisausschließungsvertrag". Darin verpflichtete sie sich u.a., ihren Gewinn an die Y-Gesellschaft als Organträger abzuführen; Rücklagen sollte sie im Einvernehmen mit dem Organträger unter Beachtung von § 7a Abs. 1 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) bilden dürfen.

Von ihren Gewinnen stellte die Klägerin 1971 und 1972 jeweils 100.000 DM und 1973 70.000 DM in Rücklage. Im Jahre 1973 erhöhte sie ihr Kapital aus Gesellschaftsmitteln um 180.000 DM.

Bei den Körperschaftsteuerveranlagungen 1970 bis 1973 blieb die Organschaft zwischen der Klägerin und der Y-Gesellschaft zunächst unbeanstandet. Die Veranlagungen für 1970 und 1971 waren endgültig, diejenigen für 1972 und 1973 vorläufig. Nach einer Betriebsprüfung erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA-) die Organschaft nicht mehr an. Rücklagen könnten im Rahmen eines Gewinnabführungsvertrages (GAV) nur bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung aus besonderem Anlaß gebildet werden. Nach dem Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen (BMWF) vom 30. Dezember 1971 F/IV B 5 - S 2755 - 42/71 Tz. 22c (BStBl I 1972, 2) könne dies insbesondere bei einer geplanten Betriebsverlegung oder Kapazitätserweiterung geschehen. Daran fehle es hier. Die Klägerin habe wegen Ausweitung ihres Geschäfts wohl mehr Kapital benötigt; dieses hätte jedoch von außen, nicht durch Bildung von Rücklagen, zugeführt werden müssen. Tatsächlich sei dies auch beabsichtigt gewesen, da die Rücklagen alsbald in Stammkapital umgewandelt worden seien. Die an den Organträger abgeführten Beträge seien verdeckte Gewinnausschüttungen.

Auf dieser Grundlage berichtigte das FA die Körperschaftsteuerveranlagungen 1970 und 1971 unter Berufung auf § 222 der Reichsabgabenordnung (AO) und die Veranlagungen 1972 und 1973 (endgültig) unter Bezugnahme auf § 225 AO.

Mit ihrer unmittelbar zum Finanzgericht (FG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, die Voraussetzungen einer Berichtigungsveranlagung nach § 222 AO hätten für die Veranlagungszeiträume 1970 und 1971 nicht vorgelegen. Dem FA sei die Bildung der Rücklagen bekannt gewesen. Im übrigen könnten die Rücklagen nicht beanstandet werden, weil zu ihrer Bildung ein wirtschaftlich begründeter Anlaß bestanden habe.

Die Klage hatte Erfolg. Das FG hob die berichtigten Körperschaftsteuerbescheide 1970 und 1971 auf und setzte die Körperschaftsteuerschuld für 1972 und 1973 jeweils endgültig auf 0 DM fest. Die Frage, ob dem FA die Rücklagen bekannt gewesen seien, könne offenbleiben. Jedenfalls rechtfertige sich deshalb keine höhere Besteuerung. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1977 S. 397 (EFG 1977, 397) abgedruckt.

Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung des § 7a Abs. 1 Nr. 5 KStG. Es macht geltend, das FG verkenne die Rechtslage, wenn es davon ausgehe, die Klägerin habe wegen des durch die Verwendung fremder Gelder erhöhten Risikos ihr Eigenkapital durch Rücklagen verstärken müssen. Die Auffassung des FG, die Y-Gesellschaft habe damit rechnen müssen, daß größere Verluste der Klägerin nicht durch das Eigenkapital gedeckt werden könnten, sei unzutreffend; denn nicht die Klägerin, sondern die Y-Gesellschaft als Organträger habe für die Verluste einzustehen. - Auch von der Kapitalstruktur der Klägerin her lasse sich die Rücklage nicht begründen. Das FG habe nicht berücksichtigt, daß die Bilanzsumme der Klägerin in ihrer Bilanz auf den 31. Dezember 1971 (3,4 Mio. DM) nur deshalb so hoch sei, weil in ihr die Forderungen und Verbindlichkeiten aus dem Prämieninkasso mit rd. 3 Mio. DM enthalten seien. Dabei handle es sich um Treuhandvermögen, das als Fremdvermögen üblicherweise nicht in der Bilanz des Treuhänders auszuweisen sei. - Das vorhandene Eigenkapital von je 30.000 DM decke in allen Jahren das gesamte Anlagevermögen sowie einen Teil der Außenstände. Die Kapitalstruktur der Klägerin habe sich seit Abschluß des Gewinnabführungsvertrages nicht verschlechtert. Im Gegenteil sei durch die Erhöhung der Geldbestände in den Jahren 1971 bis 1973 gegenüber 1969 während der ganzen Laufzeit des GAV eine Verbesserung der Liquidität eingetreten. Dies habe dazu geführt, daß die Klägerin von ihrem Bankguthaben lt. Bilanz auf den 31. Dezember 1973 einen Betrag von (120.000 DM + 300.000 DM =) 420.000 DM langfristig als Festgeld habe anlegen können. Ziehe man hiervon die streitigen Rücklagen von 270.000 DM ab, so verbleibe immer noch ein Betrag von 150.000 DM, welcher der Klägerin als Liquiditätsreserve zur Verfügung gestanden habe. - Jedenfalls sei die Rücklage der Höhe nach nicht anzuerkennen. Die Klägerin hätte bei Nichtbestehen eines GAV ihren Gewinn selbst versteuern müssen. Nach Abzug der Steuern wären ihr in den Jahren 1971 und 1972 Gewinne von 84.421 DM bzw. 94.228 DM verblieben. Durch die Bildung der Rücklagen seien ihr 1971 (100.000 DM % 84.421 DM =) 15.579 DM und 1972 (100.000 DM % 94.228 DM =) 5.772 DM verblieben. Dies sei zu Lasten des Organträgers gegangen, der bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise insoweit der Klägerin Kapital zugeführt habe. Es sei nicht Zweck eines GAV, auf diese Weise Kapital von der Mutter- auf die Tochtergesellschaft zu verlagern, zumal die Zuführung von Eigenkapital von außen der Gesellschaftsteuer unterliege.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision des FA zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Der erkennende Senat kann es - ebenso wie das FG - offenlassen, ob in den Streitjahren 1970 und 1971 die Voraussetzungen des § 222 AO (Vorliegen neuer Tatsachen) erfüllt waren. Jedenfalls steht die Bildung der Rücklagen der Anerkennung des GAV und damit der Organschaft nicht entgegen. Die Abführung des Gewinns von der Klägerin an die Y-Gesellschaft ist keine verdeckte Gewinnausschüttung (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KStG).

1. Eine Organschaft mit einer GmbH als Organgesellschaft kann - neben anderen Voraussetzungen - nach § 7a Abs. 1 Nr. 5 i.V. m. Abs. 2 KStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung auch anerkannt werden, wenn die Organgesellschaft freie Rücklagen bildet. Sie darf jedoch nur insoweit Beträge der freien Rücklage zuführen, als dies bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet ist. Der Senat teilt die Auffassung des FG, daß das Gesetz mit den Merkmalen "bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet" unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet, die sich durch Auslegung soweit bestimmen lassen, daß die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften nicht berührt wird (vgl. hierzu z.B. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 14. März 1967 1 BvR 334/61, BVerfGE 21, 209, 215).

Damit weicht der erkennende Senat von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 7. Mai 1968 II 208/61 (BFHE 92, 519, BStBl II 1968, 612) ab. In diesem Fall hatte der II. Senat des BFH die nach § 2 Nr. 3 Buchst. b des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) 1934 und 1955 und § 2 Nr. 4 Buchst. b KVStG 1959 erhebliche Frage zu entscheiden, ob eine Gesellschafterin ihrer Organgesellschaft gegenüber auf eine Forderung verzichtet und dadurch eine freiwillige Leistung erbringt, die geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, wenn sie es der Organgesellschaft gestattet, "wirtschaftlich vertretbare offene oder stille Rücklagen" zu bilden. Der II. Senat des BFH hatte dies bejaht, weil diese Formel keinen hinreichend bestimmten Bemessungsmaßstab enthalte. Nach der Rechtslage, die für die Entscheidung des II. Senats in BFHE 92, 519, BStBl II 1968, 612 verbindlich war, hatte das Gesetz noch keine Bestimmung über die Schädlichkeit oder Unschädlichkeit einer derartigen Vertragsvereinbarung enthalten. Eine Bindung des erkennenden Senats an die Entscheidung des II. Senats scheidet schon deshalb aus, weil sich die gesellschaftsrechtliche Rechtslage inzwischen geändert hat. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 KVStG 1972 gilt bei Bestehen eines Ergebnisabführungsvertrags der Verzicht des Gesellschafters (Organträger) auf einen Teil des Jahresüberschusses der Kapitalgesellschaft nicht als freiwillige Leistung, soweit dieser Teil des Jahresüberschusses in freie Rücklagen eingestellt wird und dies bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet ist. Im übrigen müssen die Maßstäbe an die Bestimmtheit einer Vertragsregelung nicht ohne weiteres die gleichen sein wie diejenigen an die Bestimmtheit des Gesetzes.

a) Was mit der Wortfassung "bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet" gemeint ist, muß aus dem Sinnzusammenhang der Einzelregelungen über die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht bestimmt werden. Die Organschaft führt zur Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Träger des Unternehmens (Organträger). Der Regelung liegt der Gedanke zugrunde, daß das Einkommen eines Unternehmens einem anderen Unternehmen zum Zwecke einer Vermeidung der Doppelbesteuerung nur unter bestimmten, im Gesetz festgelegten Voraussetzungen zugerechnet werden soll. Die Organgesellschaft soll nicht nur hinsichtlich der Beteiligungsverhältnisse (§ 7a Abs. 1 Nr. 1 KStG), der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung (§ 7a Abs. 1 Nr. 2 KStG) und auf eine bestimmte Zeit (§ 7a Abs. 1 Nr. 4 KStG) in das Unternehmen des Organträgers integriert sein. Vielmehr soll auch sichergestellt sein, daß das Organ seinen "ganzen Gewinn" an ein anderes Unternehmen abführt (§ 7a Abs. 1 Satz 1 KStG). Mit dieser Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers wäre es unvereinbar, wenn die zuständigen Organe nach freiem Belieben bestimmen könnten, ob und in welcher (handelsrechtlich zulässigen) Höhe Rücklagen gebildet werden sollen. Ein solches Belieben kann nur dadurch ausgeschaltet werden, daß für die Bildung von Rücklagen ein konkreter Anlaß gefordert wird, der auch aus objektiver Sicht die Bildung der Rücklagen rechtfertigt. Insoweit teilt der erkennende Senat die Auffassung der Finanzverwaltung in Tz. 22c des Schreibens des BMWF vom 30. Dezember 1971 (ebenso Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, Heidelberg 1975, Rdnr. 412a; Selchert, Der Betrieb 1977 S. 27, 29 - DB 1977, 27, 29 -). Diesen konkreten Anlaß muß die Organgesellschaft dartun.

b) Hiervon abgesehen darf jedoch das kaufmännische Ermessen nicht weiter eingeschränkt werden, als es durch gesetzliche Vorschriften, durch Satzung, Gesellschaftsvertrag oder GAV ohnedies der Fall ist.

aa) Dies bedeutet einmal, daß die Bildung von Rücklagen nicht auf besonders ausgewählte betriebliche Anlässe - etwa die in Tz. 22c des Schreibens vom 30. Dezember 1971 beispielhaft genannten Fälle der Betriebsverlegung, Werkserneuerung und Kapazitätsausweitung - beschränkt werden kann. Diese Beschränkung ergäbe schon deshalb wenig Sinn, weil auch bei Vorliegen dieser besonderen Voraussetzungen nicht verhindert werden kann, daß zwar Beträge einer freien Rücklage zugeführt, gleichwohl aber die geplanten Investitionen mit Fremdmitteln finanziert werden. Welche betrieblichen Anlässe die Bildung (oder Erhöhung) einer freien Rücklage rechtfertigen, läßt sich nicht allgemein sagen, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. dazu z.B. Selchert, a.a.O.). Eine bloß gewohnheitsmäßige Bildung von freien Rücklagen genügt nicht. Andererseits läßt sich weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus seinem Sinn herleiten, daß das Ziel einer Verbesserung der Kapitalstruktur eines Unternehmens ohne weiteres als schädlich angesehen werden muß. Ein konkreter Anlaß zur Bildung von freien Rücklagen kann jedenfalls dann vorliegen, wenn ein Unternehmen besondere Risiken trägt und es bei Ausschüttung der entsprechenden Beträge als Gewinn möglicherweise Verluste ohne Gefährdung des Unternehmens nicht abdecken könnte. Rücklagen, durch die Gewinne der Ausschüttung entzogen werden, sind das geeignete Mittel zur Bildung von Risikokapital. Dabei ist grundsätzlich dem Unternehmen überlassen zu bestimmen, ob es sich erforderliches Kapital durch Bildung von Eigen- oder Fremdkapital beschaffen will (Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl., § 7a KStG Anm. 49).

bb) Ein konkreter Anlaß für die Bildung freier Rücklagen kann nicht ohne weiteres mit der Begründung verneint werden, aufgrund des GAV müsse nicht die Organgesellschaft, sondern der Organträger für mögliche Verluste einstehen. Diese Erwägung verkennt, daß trotz des GAV die rechtliche Selbständigkeit des Organs unberührt bleibt und daß sich die Organgesellschaft durch die Bildung von Rücklagen auch für die Zeit nach Ablauf des GAV soll absichern dürfen (vgl. Schulze zur Wiesche, DB 1973, 1.417). Die Vorschrift des § 7a Abs. 1 Nr. 5 KStG billigt der Organgesellschaft gerade in gewissem Umfang die Wahrung ihrer wirtschaftlichen Eigeninteressen zu.

cc) Innerhalb der aufgezeigten Grenzen muß den für die Bildung der Rücklage zuständigen Organen ein Beurteilungsspielraum eingeräumt werden. Es kann nicht Sache des FA oder der FG sein, ihre Beurteilung an die Stelle der Organe des Unternehmens zu setzen, die im Zweifel die betrieblichen Verhältnisse des Unternehmens am besten einschätzen können.

2. Das FG hat ausgeführt, daß die Klägerin hinreichende Gründe für die Rücklagenzuführung aus dem Gesichtspunkt der Risikoabdeckung dargetan hat. Es hat es für glaubhaft gehalten, daß der Versicherungsprüfer (des Organträgers) auf einer Erhöhung des Eigenkapitals bestanden hat, da die Klägerin habe befürchten müssen, daß größere Verluste nicht vom Eigenkapital gedeckt werden könnten und das ihr zur Verwaltung überlassene Versicherungsvermögen beeinträchtigt werden könne. Wenn die Klägerin diesem Verlangen ihres Hauptgeschäftspartners gefolgt sei, so habe sie im wohlverstandenen eigenwirtschaftlichen Interesse gehandelt. Diese Würdigung des FG ist rechtlich möglich. Die dagegen erhobenen Einwendungen des FA greifen nicht durch.

a) Das FG hat festgestellt, daß die Bilanzsumme der Klägerin zum 31. Dezember 1971 ohne Erhöhung der Rücklagen 3,4 Mio. DM betragen hat, jedoch nur Eigenkapital in Höhe von 30.000 DM ausgewiesen worden ist. Der Einwand des FA, die Bilanzsumme müsse nach unten korrigiert werden, da sie zu Unrecht die Forderungen und Verbindlichkeiten aus dem Prämieninkassogeschäft mitenthalte, trifft nicht den Kern der Sache. Es ist nicht entscheidungserheblich, ob die genannten Forderungen und Verbindlichkeiten als Treuhandvermögen in der Bilanz auszuweisen sind. Jedenfalls ist aus der Höhe der vom FA selbst angeführten Verbindlichkeiten der Klägerin aus ihrem Inkassogeschäft ein Geschäftsumfang erkennbar, der die Annahme erheblicher Risiken der Klägerin als tatsächlich möglich zuläßt. Dieser Geschäftsumfang gestattet auch den weiteren Schluß, daß die Klägerin Anlaß hatte, eine freie Rücklage zu bilden, insbesondere, weil sie durch den Versicherungsprüfer des Organträgers hierzu gedrängt worden ist. Daß die Klägerin auf diese Weise in der Lage gewesen ist, zusätzliche Geldbeträge auf Bankguthaben "längerfristig" festzulegen, kann allein nicht gegen die Zulässigkeit der Rücklagen angeführt werden.

b) Aber auch die Angriffe des FA gegen die Höhe der Rücklage gehen fehl. Dies gilt insbesondere für die Erwägung, im vorliegenden Fall sei durch die Bildung der freien Rücklagen vom Organträger in einer dem Sinn der Organschaft widersprechenden Weise Kapital vom Organträger auf die Organgesellschaft überführt worden. Richtig ist, daß die Bildung von Rücklagen beim Organ den an den Organträger abzuführenden Gewinn mindert, ohne daß der Organträger deshalb eine geringere Steuerschuld des Organs zu begleichen hätte. Denn die Rücklage mindert als Gewinnverwendung nicht das dem Organträger zuzurechnende und von ihm zu versteuernde Einkommen der Organgesellschaft. Dies ist aber die zwangsläufige Folge der gesetzgeberischen Entscheidung, nach der gemäß § 7a Abs. 1 Nr. 5 KStG in bestimmtem Rahmen die Bildung freier Rücklagen im Unternehmen der Organgesellschaft zugelassen wird. Desgleichen kann auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, daß durch die Bildung von Rücklagen und deren spätere Umwandlung in Nennkapital Gesellschaftsteuer erspart werde (§ 2 Abs. 2 Nr. 2, § 7 Abs. 3 Nr. 2 KVStG 1972). Auch diese Folgerung hat der Gesetzgeber bewußt in Kauf genommen, wenn er die Bildung freier Rücklagen in der Bilanz der Organgesellschaft grundsätzlich zugesteht. - Der Senat sieht im Hinblick auf das Geschäftsvolumen der Klägerin aus dem Inkassogeschäft einerseits und dem Betrag der freien Rücklage andererseits auch im übrigen keine Veranlassung, die von der Klägerin gebildete freie Rücklage der Höhe nach zu beanstanden.