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BFH-Urteil vom 25.2.1981 (II R 73/78) BStBl. 1981 II S. 382

1. Ein Grundstück i. S. des § 1 Abs. 1 GrEStGemG kann auch der Teil eines Grundstücks im bürgerlich-rechtlichen Sinne sein (Anschluß an Urteil des Bundesfinanzhofs vom 4. November 1959 II 18/57 U, BFHE 71, 16, BStBl III 1960, 253).

2. Eine entsprechende Aufteilung bei einem Gebäude findet nicht statt, wenn dieses teils zu begünstigten und teils zu Wohnzwecken verwendet werden soll.

Nordrhein-Westfälisches GrEStGemG § 1 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

I.

Mit Vertrag vom ... kaufte die seither ein Krankenhaus betreibende Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) mehrere Parzellen, auf denen sich das Krankenhaus sowie das zugehörige Schwesternwohnheim befinden.

Dem Antrag der Klägerin, ihr Steuerbefreiung nach dem nordrhein-westfälischen Gesetz über Befreiung des Grunderwerbs zu gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecken von der Grunderwerbsteuer (GrEStGemG) vom 14. Juli 1964 zu gewähren, folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA-) nicht in Beziehung auf das Schwesternwohnheim, sondern setzte insoweit gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer fest, und zwar mit der Begründung, daß nach § 1 Abs. 1 letzter Satz GrEStGemG der Erwerb eines Grundstücks, das überwiegend zu Wohnzwecken verwendet werden soll, von der Steuerbefreiung ausdrücklich ausgenommen sei.

Mit der Einspruchsentscheidung setzte das FA sodann die Grunderwerbsteuer herab, womit es den gegen die Steuerfestsetzung der Höhe nach erhobenen Einwendungen stattgab und außerdem berücksichtigte, daß nach Ansicht der Klägerin die zum Schwesternwohnheim gehörende anteilige Grundfläche lediglich ... m ausmache. Im übrigen blieb der Einspruch erfolglos.

Die daraufhin erhobene Klage ist vom Finanzgericht (FG) als unbegründet abgewiesen worden. Das FG hat ausgeführt, das FA habe zu Recht eine Aufteilung in steuerbegünstigte und nichtsteuerbegünstigte Grundflächen vorgenommen, dabei sei es nicht darauf angekommen, ob die von der Klägerin erworbenen Parzellen eine wirtschaftliche Einheit i. S. des § 2 Abs. 3 Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) darstellten. Unerheblich sei ferner, ob sich das Schwesternwohnheim als für die Klägerin unentbehrlich ansehen lasse.

Mit der Revision beantragt die Klägerin, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Grunderwerbsteuerbescheid in der Fassung der Einspruchsentscheidung ersatzlos aufzuheben. Sie rügt Verletzung des § 1 Abs. 1 GrEStGemG und macht geltend, ihr hätte im Hinblick darauf Steuerfreiheit im vollen Umfang zuerkannt werden müssen, daß die erworbenen Parzellen unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine wirtschaftliche Einheit darstellten, die überwiegend gemeinnützig verwendet werde.

Das FA ist der Revision entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision wird als unbegründet zurückgewiesen § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), da der Klägerin in dem jetzt noch streitigen Umfang Steuerfreiheit nicht zusteht.

1. Nach § 1 Abs. 1 GrEStGemG ist bei den in der Vorschrift angeführten Körperschaften und Vermögensmassen der Erwerb eines Grundstücks, das unmittelbar für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke bestimmt ist, von der Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz ausgenommen. Die Steuerbefreiung erfaßt dagegen nicht den Erwerb eines Grundstücks, das überwiegend zu Wohnzwecken verwendet werden soll. Demzufolge hat das FG zu Recht entschieden, daß die Klägerin nicht in größerem als dem erlangten Umfang Steuerfreiheit in Anspruch nehmen darf.

§ 1 Abs. 1 GrEStGemG enthält weder ausdrücklich noch sinngemäß eine Regelung des Inhalts, daß unter "Grundstück" nur ein Grundstück i. S. des bürgerlichen Rechts zu verstehen sei (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG); er bestimmt auch nicht, daß § 2 Abs. 3 Satz 1 GrEStG angewendet werden müßte, wonach für den Fall, daß sich ein Rechtsvorgang auf mehrere Grundstücke bezieht, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören, diese Grundstücke als ein Grundstück zu behandeln sind. Der Senat hält es hierwegen für angebracht, bei der Auslegung des Grundstücksbegriffes auf sein vor Erlaß des GrEStGemG ergangenes und darum dessen Gesetzgeber bekanntes Urteil vom 4. November 1959 II 18/57 U (BFHE 71, 16, BStBl III 1960, 253) zurückzugreifen, in dem für einen Sachverhalt, bei dem ein erworbenes Grundstück nur teilweise für steuerbegünstigte Zwecke bestimmt war, ausgesprochen ist, daß als Grundstück i. S. der betreffenden Befreiungsvorschrift die Teilfläche eines Grundstücks im bürgerlich-rechtlichen Sinne zu verstehen sei. Die in dem zitierten Urteil maßgebenden Überlegungen haben im vorliegenden Fall gleichermaßen Bedeutung. Auch bei der Anwendung des GrEStGemG müßte es als eine auf Zufälligkeiten beruhende und darum nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung empfunden werden, wenn die Steuerfreiheit davon abhinge, ob und inwieweit die dem begünstigten Zweck dienende Grundfläche zum Zeitpunkt des Erwerbs mit weiteren Grundflächen zu einem Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne zusammengefaßt ist. Ferner wird auch im Rahmen des GrEStGemG nur eine ggf. auf Teilflächen eines Grundstücks im bürgerlich-rechtlichen Sinne abgestellte Gesetzesanwendung dem gesetzgeberischen Willen gerecht, für den sich nicht annehmen läßt, daß die im GrEStGemG vorgesehenen Vergünstigungen davon abhängig sein sollten, ob der Befreiungstatbestand gerade bei Zugrundelegung des bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriffs verwirklicht wird.

Der Senat hält es dagegen nicht für gerechtfertigt, im Rahmen des GrEStGemG den Grundsatz der flächenweisen Aufteilbarkeit des Grund und Bodens dahin weiterzuentwickeln, daß eine entsprechende Aufteilung auch innerhalb eines Gebäudes vorgenommen wird, wenn bei diesem bestimmte abgrenzbare Nutzflächen dem begünstigten Zweck ausschließlich dienen, während dies im übrigen nicht der Fall ist. In dieser Hinsicht läßt sich nicht annehmen, daß eine derartige Auslegung dem gesetzgeberischen Willen entspräche. Vielmehr kann aus der Regelung im letzten Satz des § 1 Abs. 1 GrEStGemG geschlossen werden, daß der Gesetzgeber ein selbständiges Gebäude als nicht mehr teilbare Einheit behandelt haben will, so daß es insoweit für die Steuerfreiheit darauf ankommt, ob im Rahmen der Zweckbestimmung die begünstigten oder die nichtbegünstigten Zwecke überwiegen.

2. Gegen vorstehende Grundsätze hat das FG nicht verstoßen. Das FG hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin darin zu folgen, daß im Hinblick auf die Unentbehrlichkeit des Schwesternwohnheimes für den Krankenhausbetrieb sowie im Hinblick auf weitere wirtschaftliche und auf technische Verflechtungen die umstrittene Parzelle mit dem auf ihr befindlichen Gebäude in vollem Umfang von der Grunderwerbsteuer ausgenommen werden müßte. Das FG hat statt dessen richtigerweise die Ansicht des FA gebilligt, daß das Schwesternwohnheim und die zugehörigen ... m2 an Grund und Boden - die Bemessung dieser Teilfläche beruht auf den Angaben der Klägerin - als überwiegend Wohnzwecken dienend, von der Steuerbefreiung ausgenommen sind. Es unterliegt schließlich keinen Bedenken, daß das FG es in diesem Zusammenhang abgelehnt hat, wegen der teilweisen Nutzung des Schwesternwohnheimes zu anderen als Wohnzwecken im Umfang von ... v. H. eine Aufteilung des Gebäudes vorzunehmen, so daß die Revision insgesamt als unbegründet zurückzuweisen war.